KTM Riders Academy Erfahrungsbericht

Schaaf berichtet von dem Sicherheitstraining

Fahrsicherheitstrainings für Motorradfahrer gibt es viele und sie sind bestimmt nichts Neues. Bei manchen jedoch muss aber leider sogar deren Sinnhaftigkeit in Frage gestellt werden. Die neu geschaffene KTM Riders Academy allerdings verspricht, es deutlich besser zu machen. Das gebotene Trainingskonzept soll sich stark von konventionellen Angeboten unterscheiden, die Kurse werden nächstes Jahr starten. Vorab wurden nun sechs Medienvertreter eingeladen, sich selbst ein Bild davon zu machen. So kam ich also in den Genuss, den Wahrheitsgehalt dieses Versprechens höchstpersönlich für euch zu überprüfen!

KTM hat gute Gründe, gemeinsam mit dem bayrischen Top-Experten für Motorradsicherheit Klaus Schwabe eine neuartige Form des Fahrsicherheitstrainings zu entwickeln. Denn steigende Zulassungszahlen im Zweiradbereich bedeuten leider auch ein Plus in der Unfallstatistik. Da wir nun aber in einer Zeit leben, in der Sicherheit in den Vorder- und Selbstbestimmung in den Hintergrund gedrängt werden soll, fühlen sich unsere Volksvertreter dazu verpflichtet, uns Motorradfahrer besser vor uns selbst zu schützen. Ein Selbstschutz, der vor allem durch Tempolimits und Streckensperrungen verstärkt werden soll. Somit wird es sicherlich nicht einfacher, unser geliebtes Hobby in möglichst vollen Zügen zu genießen. Dieser Umstand sollte der Motorradindustrie durchaus Sorgen bereiten, denn langfristig bedeutet weniger Freude am Zweirad schlicht und ergreifend niedrigere Verkaufszahlen und somit weniger Profit.

Jede Menge Kompetenz

Selbstverständlich jedoch steht der wirtschaftliche Aspekt nicht im Vordergrund. In erster Linie geht es natürlich darum, die Sicherheit zu erhöhen, Unfälle zu vermeiden und den Fahrspaß zu steigern. Man könnte aber trotzdem salopp sagen: Geht's den Motorradfahrern gut, geht's den Herstellern gut. KTM erkennt diesen Umstand und macht Nägel mit Köpfen und unterstützte Klaus Schwabe bei der Gründung der Riders Academy. Welcher aber übrigens nicht der einzige Experte im Team ist. Um sich von anderen Anbietern abzuheben, wurde ein weiterer Experte mit ins Boot geholt: Sebastian Will, seines Zeichens Verkehrspsychologe am renommierten Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW).

Der deutsche Verkehrssicherheitsrat sowie der Verband der europäischen Motorradhersteller (ACEM) waren mit Kursinhalten und Personalwahl sichtlich zufrieden und verpassten der KTM Riders Academy im September 2018 ihr Gütesiegel, den European Training Quality Label - Award.

Unterwegs auf heiligem Boden

Klaus Schwabe, der sogar die Päpstliche Schweizergarde in Sachen Motorradfahren ausbildet und damit einer der wenigen Menschen ist, die im Vatikan ein Motorrad bewegen dürfen, sucht sich die Trainer für seine Akademie innerhalb des KTM Netzwerks ganz gezielt selbst aus. Und stellt so sicher, dass die zukünftigen Coaches über exzellente Fähigkeiten in Sachen Motorradbeherrschung verfügen. Diese werden schließlich von Herrn Schwabe persönlich intensiv ausgebildet.

Intensive Einzelbetreuung in Deutschland und Österreich

Die ersten Kurse der KTM Riders Academy sollen pünktlich zum Saisonstart 2019 beginnen und bestehen aus sechseinhalb Stunden auf dem Übungsplatz und einem zweiten Tag draußen auf der Straße.15 Trainer werden sich dann darum kümmern, Motorradbesitzer aller Art zu bewussteren und damit besseren Fahrern zu machen. Das WIVW sorgt dabei übrigens dafür, dass die Trainings laufend wissenschaftlich evaluiert werden, um so durch ständige Verbesserungen das Maximum herausholen zu können.

Abgehalten werden die Trainings zunächst an verschiedenen Orten in Deutschland und Österreich. Die Teilnehmer absolvieren das zweiteilige Programm auf ihren eigenen Maschinen, ganz egal, von welchem Hersteller. Befindet sich der benötigte Übungsplatz für den ersten Trainingstag nicht in unmittelbarer Nähe von kurvigen Straßen, kann der zweite Tag zu einem späteren Zeitpunkt an einem entsprechendem Ort gebucht werden.

Ein Coach kümmert sich um maximal sechs Teilnehmer gleichzeitig. Dadurch wird sichergestellt, dass während des zweitägigen Trainings eine intensive Einzelbetreuung möglich ist. Klaus Schwabe betont, dass dieser Umstand besonders wichtig ist, da jeder über ganz unterschiedliches Können und Erfahrung verfügt. Es gibt kein allgemeines Rezept, das für jede und jeden funktioniert.

Den Anfang macht der Übungsplatz

Die Kursteilnehmer sollen lernen, ein Motorrad tatsächlich und bewusst zu lenken. Eine Fähigkeit, die vielen Fahrern fehlt. Dabei ist ein bewusstes Steuern der Maschine enorm wichtig, um die Chancen zu erhöhen, im Ernstfall richtig zu reagieren. Und gleichzeitig steigt auch der Fahrspaß, wenn man erst einmal begreift, was wie möglich ist. Der erste Teil des Kurses, das sogenannte Street Training Basic, zeigt den Teilnehmern auf einem Übungsplatz genau dies vor. Motorräder mit Auslegern, im Prinzip so etwas wie Stützräder, lassen die Maximalschräglage ertasten, mit blockierendem Vorderrad bremsen und in Schräglage über Sand auf dem Asphalt fahren. Ohne jegliches Sturzrisiko.

Die Grundlagen für das bewusste Motorradfahren

In den sechseinhalb Stunden auf dem Trainingsplatz werden so alle Grundlagen der Motorradbeherrschung gelehrt, die dann am Tag zwei des Kurses draußen auf der Straße in die Praxis umgesetzt werden. Fünf Journalisten und ich lernten alles über Sitzposition, Blicktechnik, Lenken und Bremsen, jeweils anhand von praktischen Übungen. Die Anweisungen während der Übungen kamen per Funkgerät direkt in den Helm.

Die Kombination von einem Trainingstag auf dem Platz und einem auf der Straße hat mich selbst überzeugt und gleichzeitig überrascht. Überzeugt deshalb, weil sehr gut zu sehen und vor allem zu spüren war, wie anwendbar die Übungen von Tag 1 dann während Tag 2 auf der Straße waren. Das meiste habe ich zwar instinktiv auch schon vor dem Training richtig gemacht, allerdings hat der Besuch der Akademie enorm geholfen, mein Bewusstsein auf dem Bike zu steigern. Das Bewusstsein dafür, auf welche Art und Weise sich mein Körpereinsatz auf der Straße tatsächlich auswirkt.

Ebenso wurde ich, wie erwähnt, auch überrascht. Denn zwei Tage Training mit nur sechs Teilnehmern lassen genug Zeit, um in die Tiefe der Materie einzudringen. Ich konnte Kniffe erlernen, die mir selbst nicht bekannt waren. Und auch meine Fragen theoretischer Natur wurden alle anschaulich von Herrn Schwabe beantwortet.

Fahrsicherheit im kurvigen Alltag

Der zweite Tag, das sogenannte Street Training Advanced, führte uns auf kurvige Bergstraßen rund um Berchtesgaden. An ausgewählten und geeigneten Abschnitten wird dabei vor allem auf Blicktechnik und Linienwahl eingegangen. Erneut unter ständiger Beobachtung des Trainers und permanenter Funkverbindung. All die Grundlagen des sicheren Bergfahrens, die man im Basic-Kurs erlernen und erspüren konnte, kamen nun zum Einsatz. Ich habe es tatsächlich sehr genossen, unter professioneller Beobachtung durch die Kehren zu zirkeln. Die Priorität dabei liegt natürlich auf Sicherheit, allerdings wurde dabei niemals mahnend der Zeigefinger erhoben. Was vor allem daran liegt, dass Klaus Schwabe es erfolgreich schafft zu beweisen, dass sich Sicherheitsreserven und Fahrspaß nicht gegenseitig ausschließen.

Exklusive Betreuung inklusive

Den größten Nutzen des Street Training Advanced bietet sicherlich das ebenso inkludierte Einzelcoaching. Im Laufe des Tages bekam jeder Teilnehmer die Möglichkeit, während der Bergstraßenfahrt per Bluetooth-Anlage im Helm mit dem Trainer direkt in Verbindung zu stehen. Wodurch noch einmal gezielter auf jeden einzelnen Teilnehmer eingegangen werden konnte. Diese Einzelsessions bildeten den Abschluss des Trainingstages. Nach welchem nicht nur ich, sondern auch die Kollegen mit mehr Fahrerfahrung, alle der Meinung waren, tatsächlich sinnvoll dazugelernt zu haben.

Zahlreiche Unfälle passieren in niedriger Schräglage

Abschließend stellt sich nun aber natürlich auch die Frage, ob ein solcher Trainingstag für jeweils 319€ wirklich effektiv dazu beitragen kann, Unfälle aus Eigenverschulden zu vermeiden. Ich persönlich denke, dass ein rascher Blick in die Statistik diese Frage mit einem Ja beantwortet: Der durchschnittliche Motorradfahrer in Deutschland legt 3000km pro Jahr zurück. Diese relativ geringe Kilometerleistung führt dazu, dass sich viele Biker bereits in relativ niedrigen Schräglagen (um die 20 Grad) unwohl fühlen, weil ihnen die entsprechende Erfahrung fehlt. Dabei könnten laut Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften rund 27% aller Unfälle vermieden werden. Eine Untersuchung hat ergeben, dass der Großteil der selbst verschuldeten und tödlichen Motorradunfälle bei weniger als 20% Schräglage stattgefunden haben. Die Analysen zeigten, dass den Unfallopfern in allen Fällen maximal 35 Grad Schräglage gereicht hätten, um der tödlichen Situation zu entkommen. Und dies auf Straßen, auf denen die äußeren Bedingungen leicht 40 Grad Schräglage zugelassen hätten. Ein besseres Bewusstsein für Schräglage sowie Fahrzeugbeherrschung kann somit definitiv lebensrettend sein.

Ich durfte selbst die Erfahrung machen, dass zwei Trainingstage mit der Akademie auch mein Bewusstsein für Schräglagen und notwendige Sicherheitsreserven erfolgreich erhöht haben. Zusätzlich konnte ich das ein oder andere Fahrtechnik-Detail erlernen, welches mir vorher noch nicht bekannt war. Ich komme nun also zu dem Schluss, dass es sich für beinahe jede und jeden lohnen wird, ein bisschen was vom Ersparten in die KTM Riders Academy by Klaus Schwabe zu investieren!

Bericht vom 26.10.2018 | 17.448 Aufrufe

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