50/50-Enduro-Motorradreifen im Test - Dunlop Trailmax Raid 2023

Dunlops erster Premium-Offroadreifen hat es in sich

Das Reiseenduro-Segment wächst und wächst, also ziehen auch die Reifenhersteller nach. Dunlop präsentierte den ersten hauseigenen 50/50 Reifen für Enduros und Adventure Bikes in der Toskana und wir haben dem vielseitigen Pneu dabei auf den Gummizahn gefühlt.

Eigentlich verwunderlich, dass gerade Dunlop, immerhin Erfinder des pneumatischen Reifens und klingender Name am Reifen-Markt, bisher noch keinen grobstelligen Reifen für Reiseenduros im Sortiment hatte. Bei der Konkurrenz findet man diese Abenteuer-Reifen, die gleichermaßen für den Einsatz im losen wie im befestigten Gelände gemacht sind, schon in den unterschiedlichsten Formen und Auslegungen. Metzeler Karoo 4, Pirelli Scorpion Rally, Heidenau K60, Michelin Anakee Wild, Mitas E-09 und Conti TKC 80, um nur ein paar zu nennen. Alles grobe Reifen für mittelernstes Gelände, die aber dennoch auch auf dem Asphalt gut performen wollen. Dunlop hatte aber bisher genau in diesem Bereich ein Loch im hauseigenen Programm. Der Trailmax Meridian ist zum Beispiel als 90/10-Reifen wesentlich straßenorientierter. Der Trailmax Mission geht als 70/30-Pneu schon weiter, wurde aber von der amerikanischen Sparte bei Dunlop entwickelt und an die Ansprüche der US-Kundschaft angepasst, die sich mehr um Langlebigkeit und Laufleistung drehen, als bei den Performance-orientierten Europäern. Und dann folgte bisher bei Dunlop schon der Sprung zum 100-protzentigen Offroadreifen mit Straßenzulassung, dem D908 Rally Raid. Dessen Hinterreifenprofil lieferte auch die Inspiration für den Aufbau des neuen Trailmax Raid.

Der neue Dunlop Trailmax Raid - Zentrale Punkte in der Entwicklung

Um dem anspruchsvollen europäischen Markt einen Offroad-Straßen-Reifen bieten zu können, wurde der Fokus bei der Entwicklung des Trailmax Raid auf die Performance gelegt. Der Reifen sollte möglichst dynamisches Fahren ermöglichen, und das On- als auch Offroad. Vor allem Nassgrip, ein transparenter Grenzbereich und Langlebigkeit standen im Zentrum. Da es sich bei solchen Mischreifen aber immer um einen Kompromiss handelt, müssen in der Regel Abstriche in gewissen Bereichen angenommen werden. Doch Dunlops ehrgeiziges Ziel war es, dass sich der Trailmax Raid auf der Straße nicht als Offroadreifen anfühlen sollte, er dennoch aber auch gröberes Gelände attackieren kann. Das ermöglichen soll die neue Hi-Silica-Gummimischung mit Polymer. Doch wie gut funktioniert der ambitionierte 50/50-Reifen im Fahrbetrieb?

Der Dunlop Trailmax Raid auf der Asphalt-Straße im Test

Unser Test startet auf den gewundenen Straßen der Toskana rund um die berühmte Stadt Siena. Im Frühling erstrahlen die geschwungenen toskanischen Hügel im satten Grün, trotzdem ist es überall staubtrocken. Wie in großen Teilen Mitteleuropas war der Frühling 2023 auch hier bisher viel zu trocken, Feuchtigkeit ist dementsprechend kaum zu finden und der beim Trailmax Raid so wichtige Nassgrip kann an diesem Tag nicht von uns überprüft werden. Das werden heimische Tests mit dem Pneu ergründen müssen.

So bolzen wir im strahlenden Sonnenschein durch das italienische Winkelwerk. Aufeinanderfolgende, enge Radien und guter Asphalt verleiten dazu, es krachen zu lassen. Wir sind dabei auf der Zielgruppe des Trailmax Raid unterwegs, die sich von leichten Dual-Sport-Bikes, über 21-Zoll-Enduros aller Größen, bis zu den 19-Zoll-Big Enduros alà BMW GS und KTM Super Adventure erstreckt. Auf einer Africa Twin starte ich in die ersten Kurven und bin gespannt, wie weit sich der TM Raid treiben lässt. Offroad-Reifen haben auf der befestigten Straße oft zwei Probleme. Einerseits ist oft ein ungutes, gewöhnungsbedürftiges Kippgefühl im Einlenkverhalten zu spüren, da die Kontur des Vorderrads durch grobe Stollen recht eckig ausfallen kann. Der TM Raid arbeitet hier auf zweierlei Wegen dagegen an. Einerseits sind die Stollen in der Waagrechte durch kleine, erhöhte Bereiche im Negativprofil zwischen ihnen verbunden, was die Eigenbewegung der Gummiblöcke minimiert. Zweitens werden die Querrillen im Profil zur Flanke des Reifens hin enger, wodurch bei höheren Schräglagen mehr Gummi auf der Straße aufliegt und so mehr Grip bieten kann. In Kombination mit der recht runden Form des Vorderrads lässt sich der Trailmax Rald extrem harmonisch in die Schräglage drücken. Bei keinem Punkt der Schräglage sind Kipppunkte bemerkbar. Das Gripniveau ist auf den völlig trockenen Straßen auch kein Thema und so fräsen wir bald völlig ungehemmt mit kratzenden Fußrasten durchs italienische Winkelwerk und so wird der Marketingspruch Dunlops, dass der Reifen sich wie ein Straßenpneu anfühlen solle, zur Wahrheit.

Fast! Denn mit Fingerspitzengefühl und Luchsohren ist auch der performante Reifen als Offroad-Gummi erkennbar. Bei höheren Geschwindigkeiten treten leichte Vibrationen auf und bei ca. 70 km/h ist im Sattel ein hohes Heulen zu vernehmen. Das hängt allerdings stark vom Aufbau des Motorrads ab und ist auf sämtlichen getesteten Maschinen zwar wahrnehmbar, aber nicht wirklich störend.

Schotter-Performance des Dunlop Trailmax Raid

Unsere Vormittagstour von ca. 180 km Länge biegt auch immer wieder auf Schotterstraßen ab, die sich durch die Wälder und über die Hügel der Toskana winden. Fahrradfahrern wird eventuell die Eroica-Straße ein Begriff sein. Auf diesen feinen Schotterwegen fühle ich dem TM Raid ein bisschen auf den Zahn. Positiv fällt der klar spürbare Grenzbereich am Hinterrad auf. Obwohl ich echt kein Offroad-Hero und Drift-King bin, lässt sich der Moment des losbrechenden Hinterrads mit dem TM Raid sehr präzise einschätzen. Das macht das Dosieren des Gases am Kurvenausgang sehr einfach und kleine Drifts zaubern ein breites Grinsen unter den Helm.

Grobes Gelände mit dem Dunlop Trailmax Raid im Offroad-Test

Zwischendurch warten auch gröbere Stücke auf uns. Grober Schotter, größere lose Steine, querende Wurzeln und ausgewaschene Spurrillen stehen an. Nur Schlamm oder andere, feuchte bis nasse Untergründe suchen wir vergeblich. Das ist schade, denn gerade bei den enger beieinanderstehenden Stollen des TM Raid wäre der Grad an Selbstreinigung des Reifens im Matsch interessant gewesen.

Über grobe Unebenheiten bollert der Raid souverän und auch die Linienführung gelingt mit dem Pneu gut. Nach dem Mittagessen werden sogar ein paar Single-Trails in Angriff genommen und auch hier zieht man sauber den Strich in den Waldboden. Die größte Prüfung stellen enge Kurven auf hartem, trockenen und schrägen Erdboden an den Reifen. Durch die runde Kontur des Vorderrads befürchte ich wenig Seitenhalt auf dem abschüssigen Gelände, doch für mein Fahrkönnen reicht der Halt der kompakten Stollen. Erst flottere Fahrer, die mit noch mehr Druck ums Eck ziehen wollen, können hier als Limit gelangen.

Laufleistung & Robustheit des Dunlop Trailmax Raid 2023

Nach dem Spaß im Gemüse werfe ich einen Blick auf die Reifen der Testmotorräder. Natürlich ist die Langlebigkeit eines Reifens nach einem Fahrtag nicht erkennbar, doch trotz einiger Meter auf gröberen und teils spitzen Steinen sind keine ausgebrochenen Ecken an den Stollen zu erkennen, selbst auf den ganz schweren Eisen, wie z.B. der Triumph Tiger 1200 Rally Explorer. Zur Laufleistung ist es auch noch zu früh etwas zu sagen, sie hängt von immens vielen Faktoren ab. Doch aufgrund der Performance-orientierten, damit weicheren Gummimischung erwarte ich mir kein Langstreckenwunder, wie z.B. der härtere K60 von Heidenau, sondern eher mittelweite Distanzen. Dunlop selbst gibt an, dass sie auf ihrer spanischen Teststrecke mit rasantem Tempo und sehr griffigem, Gummi-intensiven Asphaltbelag 3.500 bis 4.000 km Laufleistung angepeilt haben, schlussendlich aber sogar ca. 4.500 km abspulen konnten bevor der Reifen durch war.

Freigaben und Rechtliches zum Dunlop Trailmax Raid

Hier noch ein rechtliches Detail, welches vor allem die deutschen Leser betrifft. Der Dunlop Trailmax Raid ist in manchen Größen für 190 km/h Höchstgeschwindigkeit freigegeben, und in manchen bis zu 180 km/h, erkennbar am Buchstabenkürzel T bzw. S. Dank der M+S-Kennzeichnung dürfen die Reifen auch auf Motorrädern aufgezogen werden, deren Höchstgeschwindigkeit über den 190 bzw. 180 km/h liegt, dann braucht es allerdings einen Sticker am Bike, welches darauf hinweist. Sämtliche Dimensionen des Dunlop Trailmax Raid findet ihr am Ende des Berichts.

Dunlop Trailmax Raid - Schlauch- oder Schlauchlos-Reifen?

Beim Dunlop Trailmax Raid handelt es sich um schlauchlose Reifen, die Verwendung in Kombination mit Schläuchen ist aber möglich.

Dunlop Trailmax Raid Preis & Verfügbarkeit 2023

Der Dunlop Trailmax Raid wurde von Beginn an als performanter Premium-Reifen entwickelt und positioniert sich dementsprechend auch preislich so. Einen UVP gibt es bei Reifen nicht, aber nach jetzigem Stand (März 2023) kostet der Satz Trailmax Raid 300+ Euro. Die ersten Größen sind schon verfügbar, mit April und Mai folgen weitere Dimensionen. Im Mai bilden die typischen GS-Dimensionen für 19-Zoll Vorderräder und 17-Zoll Hinterräder den Abschluss. Insgesamt sind dann 3 Vorderraddimensionen und 6 Hinterraddimensionen erhältlich.

Fazit zum ersten Test des Dunlop Trailmax Raid

Der neue Trailmax Raid ist ein sehr ausgeglichener, hochperformanter Reifen, der sich sowohl auf der Straße, als auch im Gelände gut fährt. Durch seine etwas enger stehende Stollen brilliert er vor allem auf dem Asphalt mit tollem Einlenkverhalten und gutem Grip. Auch Offroad kann er bis zum mittelgroben Gelände gut mithalten. Spannend wäre aber gewesen ihn im klebrigen Schlamm zu fahren, um zu klären, ob die enger stehenden Stollen zu einer guten Selbstreinigung fähig sind. Im Vergleich zur Konkurrenz sehe ich den Trailmax Raid gut aufgestellt, wenngleich auch eine Spur Asphalt-orientierter, als z.B den Metzeler Karoo 4 oder den Conti TKC 80. Auf festem Belag hat er dafür die Nase vermutlich auch knapp vorne.

Dunlop Trailmax Raid Größen & Dimensionen 2023

Felge in ZollGrößeLastindex & Geschw.-Freigabe
Vorne19110/80 R 1959T
120/70 R 1960T
2190/90 - 2154T
Hinten17130/80 - 1765S
150/70 R 1769T
170/60 R 1772T
140/80 - 1769S
18140/80 - 1870S
150/70 R 1870T

Alle Angaben ohne Gewähr.

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Bericht vom 04.04.2023 | 33.969 Aufrufe

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