BMW F 800 GS Adventure Test

Wie gut ist die gebrauchte 800er Adventure?

Die F 800 GS Adventure hatte es beim Test nicht leicht. Wir stiegen direkt von der luxuriösen BMW R 1250 GS Adventure auf die kleinere und ältere 800er Adventure um. 2 Tage lang sammelten wir Erfahrungen mit der mittlerweile alten 800er Adventure. Wie hat sie sich geschlagen?

Das Interesse an der BMW F 800 GS Adventure ist nach wie vor hoch. Die Preise für die 800er GS sind auf einem irre hohen Niveau, die Auswahl an verfügbaren Motorrädern ist beschränkt. Warum stehen die Leute auf die "alte" und "kleine" 800er Adventure. Es gibt doch die neue 850er und auch die umfangreich ausgestattete 1250er Adventure? Die Antwort findet man teilweise in den technischen Daten der Maschine, teilweise erfährt man diese aber dann auch im Sattel. Gleich vorweg: Mehr denn je ist die 800er Adventure ein rundum gelungenes Reisemotorrad welches auch 2021 noch eine gute Figur macht.

Autobahn - Die Schwachstelle der 800er

Doch gleich zu Beginn durften wir den wohl größten Schwachpunkt der Maschine erleben. Bei unseren Ausflügen und Touren schrubben wir auch immer mal ein paar Kilometer auf der Küstenautobahn "A7" runter. Denn mit ein paar Kilometern an der Küste kann man einerseits dem schlechten Wetter fliehen und andererseits auch rasch neue Reviere erschließen. Vollgepackt und mit 2 Personen im Sattel schwangen wir uns auf das Asphaltband und waren mit Windschutz und Sitzkomfort zufrieden. Auch die Motorleistung ist grundsätzlich OK. Die Sache hat nur einen Haken. Wenn man gerne ein wenig schneller fährt, dann werden die Vibrationen und die Geräuschkulisse unangenehm. Dieser Punkt schränkt die Zielgruppe vermutlich deutlich ein. Also jene Fahrer, die auch weite Anreisen auf der Autobahn inhalieren müssen, sind sowohl mit der 850er als auch mit der 1200er oder 1250er BMW besser bedient. Jene die mit Reisetempo 130 klar kommen und nur für ein paar Überholmanöver mal den Gasgriff winden werden zufrieden sein. Denn das Revier der Adventure beginnt, sobald die Autobahn zu Ende ist.

Selbstbewusst ins Gelände

Bei den Weggabelungen war ich selbst von mir überrascht, wie selbstbewusst ich mit der 800er Adventure abbog. Im Sattel dieser Maschine machte ich mir kaum Gedanken über vorhandene Umkehrmöglichkeiten oder das Gewicht der Maschine. Ich empfand das Motorrad immer als abenteuerlustiges Reisemotorrad. Bei unserem Test in Südspanien fuhren wir einige Passagen mit Schotter, kurze Geländeetappen und jede Menge schlechten Asphalt. Offen gesagt wählten wir auch Routen, welche wir am Tag zuvor mit der 1250er GS gemieden haben. Die 800er ist auch kein Leichtgewicht. Mit vollem Tank und etwas Gepäck bringt sie bestimmt auch über 250 Kilo auf die Waage. Doch sie vermittelt Vertrauen. Man traut ihr zu, dass sie hart im Nehmen ist und zerrt sie gerne ins Gelände rein. Dort punktet sie mit ihrem gutmütigen Charakter und den harten Nehmerqualitäten. Rangieren geht mit ihr natürlich deutlicher leichter von der Hand als mit der großen 1250er Adventure. Sie bietet tolle Traktion und vermittelt ein sicheres Fahrverhalten. Doch am Ende überzeugt sie mit dem hohen Wohlfühlfaktor. Man fährt einfach sehr gerne mit ihr - auf sehr vielfältigem Terrain.

Liegt die Latte der 1250er zu hoch?

Unser Testmotorrad von Hispania Tours hatte 30.000 km am Buckel. Wie alle Leihmotorräder war auch diese Maschine in einem tollen Zustand und hatte hochwertige Reifen montiert. In unserem Fall Michelin Anakee 3. Doch welche Abstriche muss man im Vergleich zu einer Luxus GS machen? Also welche Features vermisst man, wann man am Tag zuvor die 1250er Adventure fuhr. Klarerweise mal die Souveränität auf der Autobahn. Das war der größte Minuspunkt. Doch wenn man von einer dekadenten Luxusfuhre absteigt, fallen natürlich auch die fehlenden modernen Gadgets auf. Also der mechanische Gasgriff ist im Vergleich zu aktuellen Topbikes schwerfälliger, Handy-Connectivity gibt es natürlich nicht und das umfangreiche Fahrhilfen Paket mit Schräglagensensoren ist auch nicht vorhanden. Trotzdem: Am Ende eines langes Tages steigt man mit einem zufriedenen Gefühl aus dem Sattel. Denn die F800GS bietet eine große Stärke.

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NastyNils

"Die 800er GS ist eine heiße Aktie im 1000PS Gebrauchtmarkt. "

Die 800er GS ist ein Motorrad welches die Grätsche zwischen Reisemotorrad und Enduro richtig gut hinkriegt. Selbst moderne Bikes tun sich schwer die F800GS Adventure in dieser Disziplin zu schlagen. Wir sprechen hier von einem Motorrad mit 23 Liter Tank, geringem Verbrauch, gigantischer Reichweite, tolle Wetterschutz und gutem Fahrkomfort. All das wird kombiniert mit praxistauglichen Skills im Gelände. Diese Eigenschaften machen die 800er Adventure zu einer heißen Aktie im 1000PS Gebrauchtmarkt. Die Kurse steigen - sehr zum Leidwesen von Interessenten.

Technische Daten BMW F 800 GS Adventure

Die technischen Daten der Maschine selbst sind unspektakulär. Wir sprechen von 85 PS bei 7.500 Umin und 83 Nm bei 5750 Umin. Spektakulär ist jedoch der Verbrauch. Dieser lag beim 1000PS bei 4.2 Litern. Die Sitzhöhe der Maschine beträgt 890 mm und die maximale Zuladung beträgt 225 kg. Die 800er GS rollt vorne auf 21 Zoll Rädern und hinten auf 17 Zoll Pneus. Der Federweg beträgt vorne 230mm und hinten 215 mm.

Upgrade beim Fahrwerk bietet sich an.

Beim Thema Fahrwerk darf man insgesamt keine allzu großen Erwartungen haben. Dieses ist auf Komfort getrimmt und funktioniert ganz gut aber ist eben kein Highflyer. Die Maschine wirkt im Zweipersonen Betrieb etwas träge. Da haben aktuelle elektronische Fahrwerkssysteme die Nase vorne. Die Gabel der GS ist vorne auch nicht einstellbar, somit muss man sich mit dem durchschnittlichen Einheitsbrei zufrieden geben. Wer seiner GS ein Upgrade spendieren möchte, der wird vermutlich als Erstes in ein Fahrwerk investieren. Das bietet sich vor allem dann an, wenn das Serienfahrwerk beschädigt ist. Denn ein neues Federbein von Wilbers kostet zum Beispiel 599 Euro und mit frischen Gabelfedern, neuem Öl und einem Service an der Front wird man vermutlich mit etwas über 1000 Euro eine deutliche Besserung erzielen.

Beim Thema Stabilität jedoch war ich bei unserem Test grundsätzlich zufrieden. Wobei ich gestehen muss, dass ich immer nur mit Topcase und nie mit Koffer fahre. Denn so bleibt die Maschine schmal und lässt sich im Gelände einfacher rangieren. Apropos Gelände: Das Fahren im Stehen macht mit der 800er GS richtig Freude. Auch relativ lange Distanzen überwindet man gerne in den Rasten.

Gerne verrate ich euch auch das Highlight unseres Tests. Wir fuhren eine ausgedehnte und intensive Runde in Andalusien. Diese darf gerne nachgemacht werden. Dabei starteten wir in Marbella und fuhren morgens Richtung Atlantik. Bei Tarifa offenbart sich normalerweise ein toller Blick nach Afrika. Wir hatten jedoch Gelegenheit den Wetterschutz der Maschine zu testen. Danach fuhren wir weiter nach Norden und genossen die Ausblicke auf den wilden Atlantik. Die Rückfahrt durch die Berge hatte es in Sich. Dabei gab es Kurven ohne Ende, rauen Asphalt und Schotter. Hier der Link zur Tour.

Eine gebrauchte BMW F 800 GS Adventure ist immer noch eine herzerwärmende Alternative zu aktuellen Reiseenduros. Doch leider ist das Preisniveau im Marktplatz schon sehr hoch. Alternativen wären eine Honda CRF 1000 Africa Twin oder eine aktuelle Tenere. Wobei die Tenere etwas weniger Langstreckenkomfort bietet.

Fazit: BMW F 800 GS Adventure 2021

Die BMW F 800 GS Adventure ist am Gebrauchtmarkt zurecht sehr beliebt. Die Maschine legt eine tolle Grätsche hin. Sie ist einerseits eine erdige Enduro die man ohne mit der Wimper zu zucken ins Gelände mit nimmt. Auf der anderen Seite bietet sie einen tollen Reisekomfort und eine gigantische Reichweite. Ein ehrliches und gelungenes Motorrad. Für viele bietet sie auch noch gerade das richtige Maß an Technik und Ausstattung. Die Gebrauchtpreise sind hoch und werden es bleiben.


  • niedriger Verbrauch
  • Einfache und zugängliche Bedienung
  • Guter Wind- und Wetterschutz
  • hoher Fahrkomfort
  • breiter Einsatzbereich
  • tolle Kombination aus Enduro und Reisemotorrad
  • Macht gerne ein paar Abenteuer mit
  • Übersichtliche Bedienelemente
  • Auf der Autobahn unangenehme Vibrationen
  • Bei höheren Geschwindigkeiten etwas instabil
  • bei voller Beladung wird sie etwas träge

Bericht vom 16.02.2021 | 35.813 Aufrufe

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