ContiRoadAttack 2

Die Traction Skin Oberfläche war bitter nötig. Mieses Wetter beim Reifentest.

ContiRoadAttack 2

1000PS Vorstadtreporter Klaus Grammer flog für 1000PS ins "Contidrom" und testete den neuen ContiRoad Attack 2. Endlich mal ein neuer Reifen bei dem man die technischen Highlights nicht nur im Inneren findet, sondern auch ganz offensichtlich an der Oberfläche ertasten kann. Raue Angelegenheit...


Ich entwickle mich in letzter Zeit durch ständiges Beobachten einschlägiger Internetseiten zu einem Wetter- und Vulkanascheexperten. Die Asche verschonte mich und daher kam es nur zu einer 1-stündigen Verspätung am Flughafen Frankfurt. Was heutzutage leider als normal bezeichnet werden muss. Das Wetter, das im Contidrom herrschte, kann man als gerade noch erträglich bezeichnen. Am Vormittag regnete es bei ca. 9°C. Nachmittags trocknete der große Kurs des Contidroms ab und es wurde tatsächlich zur Attacke geblasen. Gott sei Dank haben wir uns am Vorabend des ContiRoadAttack 2 Tests mit einem angeblich medizinisch wertvollen Kräuterschnaps hervorragend auf die Nässe und Kälte des folgenden Tages eingestellt. So ungewöhnlich wie der Schnaps war die ganze WildLand Hotelanlage.
 

Wild West Flair in Deutschlands Norden. Beim Bogenschießen wurde Klaus Grammer von den österreichischen Kollegen leider ständig verfehlt, der Kräuterschnapps hatte also tatsächlich eine gesundheitsfördernde Wirkung.
 


Die Technik:


   
Drei Punkte wurden uns bei der Präsentation durch die Produktmanager besonders ans Herz gelegt:


Sicherheit durch Continental-Traction-Skin-Technologie:

Bei dieser Technologie wird es durch eine spezielle Beschichtung der Reifenform möglich, keine Trennmittel beim Backen der Reifen zu verwenden. Daher kommt der Reifen bereits mit einer rauen Oberfläche aus der Form. Dadurch wird eine sichere und extrem kurze Einfahrzeit des Reifens möglich und die unschönen Stürze auf der Ausfahrt des Reifenhändlers gehören der Vergangenheit an. Die technische Neuerung steckt hier also im Produktionsprozess, in der Praxis kann man den Unterschied aber mit den bloßen Händen ertasten. Der Reifen fühlt sich tatsächlich an wie ganz feines Schleifpapier und hat eine wunderbar raue Oberfläche. Selbst wenn das alles gar nichts bringen würde, der raue Reifen gibt ein gutes Gefühl im Kopf.
 

Continous-Compound-Technologie:

Durch die unterschiedliche Temperatur beim Backen der Reifen während der Produktion wird ein ausgewogener Mischungsverlauf mit nur einer Gummimischung erreicht. Die Laufflächenmitte wird stärker erhitzt und dadurch härter als die Reifenflanke. Dies ergibt, über den Querschnitt verteilt, praktisch unzählige Mischungen. So steigt die Sicherheit in Kurven, ohne auf hohe Laufleistung verzichten zu müssen. Bei anderen Herstellern gibt es 3-Zonen Reifen, 5 Zonen Reifen und ähnliche Lösungen. Die chemische Zusammensetzung des Reifens ist bei Conti eben über die gesamte Lauffläche gleich, der Unterschied liegt hier wieder im Produktionsprozess. Theoretisch betrachtet hat man bei Conti den Vorteil, dass man keinerlei abrupte Übergänge hat welche zu Stabilitäts- oder Haltbarkeitsproblemen führen. In der Praxis muss man aber sagen, dass die Lösungen von Dunlop, Metzeler, Pirelli und Bridgestone auch gut funktionieren.
 
Black Chili Compound: (Spinnendiagramm)

Als solche wird die verwendete Silica-Rußmischung bezeichnet. Das besondere daran ist, dass ein sehr teurer Kohlenstoff aus Japan verwendet wird, der sich auch in den aktuellen Formel 1 Reifen wieder findet. Dadurch ergibt sich die hohe Gesamtqualität des Reifens bei Kälte und Hitze.
 

Was wäre ein neuer Reifen ohne deutliche Verbesserungen in allen Bereichen. Klingt oft unrealistisch, doch die Technik bleibt nirgendwo stehen. Nicht bei den Handys, nicht bei den Computern, nicht bei den Motorrädern und auch nicht bei den Reifen. Nicht im Chart: Das Thema Aufwärmzeit, welches mit dem neuen Reifen ebenfalls verbessert wurde.


Der Test:


Das dem Continental Konzern gehörende Contidrom nona, ist eine imposante Anlage mit unterschiedlichsten Streckenvarianten. Da auch andere Testgruppen aus der Automobilindustrie anwesend waren, hatten wir einen genauen Zeitplan einzuhalten. Doch ein Paralleltest mit Porsche GT3s im Nacken hätte dem Test bestimmt die nötige Würze gegeben. Doch das Leben eines Motorradjournalisten ist den Verantwortlichen hier mehr wert als eine gute Story. Das lob ich mir als Betriebsrat bei 1000PS natürlich ganz besonders.

Der erste Punkt der Tagesordnung sah das Fahren auf dem großen Trockenhandlingkurs vor. Dieser war natürlich nass, weil sich das Wetter nicht einmal bei den sehr pingeligen Deutschen an den Plan hält. Trotzdem fuhren wir eine Stunde mit den verschiedensten Motorrädern auf diesem mit unterschiedlichsten Kurven und Kurvenkombinationen ausgestatteten Kurs. Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass der Reifen - gleichgültig ob auf Touren- oder Sportmaschine montiert - in mittelschnellen und schnellen Kurven sehr viel Vertrauen schafft. Ich hatte nie das Gefühl mich in Gefahr zu befinden und das obwohl ich nun schon seit Jahrzehnten einen schlechten Ruf als Regen-Weichei genieße. Beim Anbremsen und Herhausbeschleunigen aus den Spitzkehren baut der RoadAttack 2 sehr viel Grip auf.
 

Als nächstes stand für uns ein Zeitfenster auf dem Oval zur Verfügung. Wir wurden ermahnt nicht schneller als 160 durch die Steilkurven zu fahren. Toleriert werden auch noch Geschwindigkeiten bis 200 km/h. Laut den Verantwortlichen kann man - bedingt durch die in der fast senkrechten Kurve auftretenden Fliehkräfte - zuerst die Kontrolle über sich selbst und dann über das Motorrad verlieren. Tatsächlich entstand ein wirklich komisch bedrückendes Gefühl beim Rasen durch die Steilwand. Aber eine Journalie (halb Journalist halb Kanalie) wäre nicht was er ist, wenn er nicht probieren würde wie schnell es wirklich geht. Den höchsten Topspeed erreichte ich auf der Geraden mit 287 km/h und in der Steilwand mit 245 km/h. Beides auf einer GSX-R 750. Allerdings muss ich einräumen, dass der Blick auf den Tacho in der Wand tatsächlich ein erhebliches Unwohlsein auslöst. Ich hatte dabei immer das Gefühl die Orientierung zu verlieren. Der Reifen selbst zeigte sowohl auf der Geraden als auch in den Kurven eine derart stoische Ruhe, dass zu keiner Zeit und auf keinem der Testmotorräder irgendwelche Bedenken bezüglich seiner Fähigkeiten bei hohen Geschwindigkeiten auftraten. Er zeigte auch nach vielen Runden im Oval keinerlei Verschleiß, was ich von meiner Nackenmuskulatur nicht behaupten kann.
 

Nach der kulinarisch wertvollen Mittagspause überraschten mich die sehr freundlichen und zuvorkommenden Continental-Marketingmenschen doch sehr. Der Plan sah vor, dass nach der Pause auf dem Nasshandlingkurs gefahren werden muss was ich mir eigentlich sparen wollte, weil ich dachte diesen Part schon erledigt zu haben. Denkste!!! Obwohl die Strecke gerade trocken wurde, schickten sie uns wieder ins Wasser.

Ein Zeitplan ist ein Zeitplan und Pläne müssen eingehalten werden so ist das nun mal in Deutschalnds Norden!! Auch wenn man bereits genug Zeit bei Nässe und Kälte auf dem Motorrad verbracht hat. Die einzige Erkenntnis, die ich am Vormittag im Nassen noch nicht gewonnen habe, war jene, dass ich mir nicht nur die Lederkombi mit Plastiksäcken hätte ausstopfen sollen, sondern auch die Stiefel. Denn wenn die Deutschen eine Strecke unter Wasser setzen dann machen sie das ordentlich! Hurra!
 

Was geschehen ist weiß ich nicht ich vermute, dass der mitgereiste österreichische Continental Manager Manfred Jung seinen Einfluss geltend machte und wir daher noch einmal außerplanmäßig auf dem großen Trockenhandlingkurs fahren durften. Auf diesem, einer Rennstrecke sehr ähnlichen Streckenteil, beeindruckte mich der ContiRoadAttack 2 nachhaltig. Die Haftung im kalten und warmen Zustand war ausgezeichnet. Auch die eher tourenorientierten Bikes lagen in den sehr schnellen Kurven neutral und in der langsamsten Spitzkehre überzeugte der Reifen durch seine Zielgenauigkeit. Die Motorräder, die ständig unter den Journalisten getauscht wurden, waren permanent im Einsatz, trotzdem zeigte sich kein nennenswerter Verschleiß, was auf eine hohe Kilometerleitung schließen lässt.

Insgesamt überzeugt der ContiRoadAttack 2 in allen Belangen. Der Fortschritt in der Reifentechnik kommt echt beim Endprodukt und damit beim Kunden an. Offen gesagt ist es bei dem derzeitigen Stand der Technik beinahe schon verschwenderisch mächtig sportliche Reifen bei der Ausfahrt nach Südtirol zu montieren. Vermeintlich unspektakuläre Tourenpneus wie der topmoderne RoadAttack 2 machen am Pass keinerlei Abstriche nötig. Abstiche machen muss dann leider nur der Reifenhändler beim Reifenverkauf. Denn komischerweise werden die Tourenreifen nicht nur immer besser, sondern sie halten auch noch länger.
 

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Text: Klaus Grammer
Bilder: Continental

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Bericht vom 04.06.2010 | 34.396 Aufrufe

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