Suzuki GSX-R 600

Geht die GSX-R 2006 in Führung? Antwort auf diese Frage suchten wir auf der Rennstrecke in Rijeka. Große Überraschungen offenbarten sich.

In der Saison 2006 gehörte die größte Bühne im internationalen Blätterwald eindeutig der scharfen R6 von Yamaha. Die neue GSX-R wurde erst etwas später präsentiert, die Marketingmaschinerie lief etwas dezenter an und so fiel an den Motorradstammtischen die meiste Aufmerksamkeit auf die Yamaha R6 ab. Die GSX-R ein Underdog? 1000PS wird klären!

Sonderprüfung auf der Rennstrecke

Besonders interessiert zogen deshalb die beiden 1000PS Hilfsautoren NastyNils und Klaus Grammer auf die kroatische Rennstrecke Rijeka um die inneren Werte der GSX-R 600 schätzen zu lernen.

Die Rennstrecke in Rijeka darf ohne Übertreibung als Sonderprüfung für Fahrwerk und Pilot bezeichnet werden. Sowohl in Brems- als auch in Beschleunigungszonen ist der kroatische Asphalt mit grimmigen Bodenwollen garniert. Mit Entsetzen konnten die Zuseher am Streckenrand das schlingernde Spektakel auf der Strecke beobachten. Hochsaison für Lenkungsdämpfer. Umso beeindruckender daher die Performance der Suzuki GSX-R.


Klaus Grammer nach dem Sprunghügel von Rijeka. Mit der GSX-R kein Problem.

 

Grandioser Kompromiss

Die Fahrwerksentwickler haben die Grätsche zwischen Stabilität und Agilität perfekt hinbekommen. Der unbarmherzige Mix von im 5. Gang durchfahrenen und mit Bodenwellen übersäten Kurven ist normalerweise ein Garant für breite Angststreifen in den Unterhosen. Nicht so bei der GSX-R. Ohne auch nur einen Schrauben am Fahrwerk angerührt zu haben, begeisterte sie sofort. Eine Investition in schwedisches Fahrwerksgold ist wirklich nur noch für Piloten in professionellen Meisterschaften oder mit großem Geltungsdrang erforderlich.

   
 

Über Bremsen bei Sportmotorrädern gibt es im Jahr 2006 eigentlich nicht mehr viel zu berichten. Durch die Bank arbeiten sie alle auf hohem Niveau. Die Bremse der GSX-R tanzt hier auch nicht aus der Reihe. Druckpunkt, Dosierung und Wirkung sind auf dem Stand der Konkurrenz. Radiale Bremspumpe und radial verschraubte Bremssättel gehören zum Status Quo. Auch in der japanischen Liga spielt die Hinterbremse mit. Für die meisten Piloten auf der Rennstrecke ohnehin kein Thema, würde sich der Bremsenfetischist hier mehr Wirkung bei weniger Anstrengung wünschen.

   

Die Anti-Hopping Kupplung gehört zum Glück in der Saison 2006 ebenfalls zum Supersport Standard. Vorbei sind die Zeiten, als überforderte Piloten mit stempelnden Hinterrad spitz in die Kurven mehr hüpften als bremsten.

Papier ist geduldig, besonders bei Werksangaben, wie man Jahr für Jahr an den internationalen Messeständen mitbekommt. Japanische Spione pirschen durch die Messehallen und sammeln die technischen Daten der Konkurrenz, um dann im Prospekt ein klitzekleines PS mehr und einen Kilo weniger abzudrucken. Leistungsangaben sind somit über Monate hinweg perfekt gehütete Staatsgeheimnisse und erst knapp vor Saisonbeginn kommen die Wahrheiten ans Tageslicht.

Suzuki gibt bei der neuen GSX-R 125PS an. Mit Serienübersetzung, originalen Bridgestone BT 014 Strassenreifen und 0 km am Kilometerzähler wurde die bemitleidenswerte GSX-R 600 sofort ins Zeittraining geschickt. Fazit nach 10 Runden: Suzuki hat mit der neuen GSX-R einen ganz tollen Motor hinbekommen, welcher über ein erstaunlich breites Drehzahlband kräftig anschiebt. Von 10.000 U/min bis über 16.000 U/min bedeuten 6.000 U/min am Drehzahlmesser für Beschleunigungsduelle.

Konkurrenten an der Strecke mit Eisen aus den Modelljahren 04 oder 05 waren zu bemitleiden. Voller Stolz wurde vor 2 Jahren ein dickes Bündel Scheine zum Händler getragen. Um im Fahrerlager zu bestehen, investierte man weitere Scheine in ein paar Extra PS und schon in der nächsten Saison fährt an der Start-Ziel Geraden ein Serienmotorrad mit Taferl, Blinker und leisem Auspuff ganz normal an dir vorbei. Der technische Fortschritt ist grausam und wunderbar zugleich. Im aktuellen Vergleich aller 600er dürfte die Suzuki gemeinsam mit der neuen R6 den Spitzenplatz einnehmen. Kawasaki und Honda werden dann laut aktuellem Zweijahresrythmus im nächsten Jahr wieder in Führung gehen.

Zum Glück beschränkt sich der Fortschritt bei Suzuki nicht nur auf die inneren Werte. Das neue schlanke Layout wirkt nicht nur vorm Cafe, sondern dank kompakter Sitzposition auch auf der Strecke echte Wunder. Das serienmäßige Windschild an der GSX-R bietet auf der Rennstrecke perfekten Windschutz. Ein Upgrade auf eine sogenannte Bubble Scheibe ist nicht mehr nötig.

Die neuen 6er der Saison 06 kehren dem technisch absolut sinnlosen Underseat-Trend endlich wieder den Rücken zu. Underseatpipes mit langen Rohrführungen und mächtigen Abschirmungen unter der Sitzbank haben wir den Marketingstrategen aus Japan zu verdanken. Abgeschaut hat sich das irgendwer mal von Rossis Honda, welche aber mit einem V5 Motor fuhr, der eine größere Rohrlänge unter der Sitzbank für die hintere Zylinderbank benötigte.

Der neue Motor ist in jeder Richtung um einige Zentimeter schmächtiger geworden also liegt NastyNils mit seiner schwindenden Oberkörpermuskulatur voll im Trend. Dadurch hatten die Ingenieure mehr Freiraum um ein toll ausbalanciertes Motorrad auf die Räder zu stellen, weil Parameter wie Schwingenlänge und sämtliche Rahmenabmessungen von den Abmessungen des Motors beeinflusst werden.


Motor und Getriebe wurde im Modelljahr 2006 komplett neu konstruiert.
 


Gut genug für jeden freien Tag: Hobbyfahrer können mit dem original montierten Bridgestone BT-014 stressfreie Rennstreckentage erleben.
 


Bei jeder GSX-R mit dabei: Sitzbankabdeckung.
 


Geiles zerklüftetes Design.

   

Aktuelle Auspufftrends aus Japan

Die Ausfpuffdesigner aus Japan bringen 2006 die neuesten Trends auf den Markt. Zur Zeit ein Muss: MotoGP Style wie an der Suzuki GSX-R 600.

Noch besser erwischte den aktuellen Trend die Yoshimura Crew. Der Auspuff, der keiner ist. Das klitzekleine silbrig glänzende Teil wird uns herrliche Klänge bescheren.

   
 
   

GSX-R Gimmicks ODER: Was hab ich, was Du nicht hast!

Die Dichte in der 600er Klasse ist beklemmend. Umso wichtiger sind daher die kleinen aber feinen Details an den neuen Modellen.

 

Verstellbare Fußrasten

Die neue Fußrastenanlage der GSX-R bietet 3 Vorteile zugleich.

Erstens ist sie für verschiedene Typen von Piloten einstellbar. Zweitens schont sie im Falle eines Sturzes das Ersatzteilbudget. Die Hoffnung, dass trotz gebrochener Fußrastenplatte das Schaltgestänge ganz bleibt, ist berechtigt. Und drittens sind Justagearbeiten an Hebelei und Fußrasterplatte extrem schnell und ohne verbogene Finger durchzuführen.

 

Ganganzeige

Neue Rennstrecke, ein neues Motorrad und viel Winterrost rückten sofort ein kleines aber feines Feature in den Vordergrund: Die Ganganzeige. Superracer werden zwar niemals zugeben auf den elektronischen LED-Freund zu blicken, aber in der Praxis ist es sowohl auf der Strasse als auch auf der Rennstrecke ein hilfreiches Gimmick.

 

 

 

Blinker und Rückspiegel

Besonders für Gelegenheitsracer ein nettes Detail. Beim Ausflug auf die Rennstrecke sind mit 2 Handgriffen 4 teure Sturzteile demontiert. Spiegel wie Blinker links und rechts liegen wohlbehütet in der Box, während der Rest des Eisens im Kiesbett gefoltert wird.

   

Die Farbwahl dürfte im Modelljahr 06 nicht schwer fallen. Die blauweiße Suzuki stellt die anderen Farbvarianten laut unserem Empfinden ganz deutlich in den Schatten. Um die blau lackierten Felgen zogen die Jugo-Kids im Fahrerlager von Rijeka dutzende Kreise.

Doch laut Auskunft von Suzuki Österreich ist in den Schauräumen zur Zeit die schwarze GSX-R das beliebteste Modell. So wie es aussieht werden heuer mehr schwarze als blau-weiße GSX-Rs verkauft werden. Wie immer trifft der Geschmack der 1000PS Testpiloten also nicht ganz den Geschmack der breiten Masse. Bestes Beispiel dafür ist Klaus Grammers Grinser nach seinem Facelifting. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.

 

Fazit: Hätten wir für die ersten Runden mit der GSX-R 600 eine Rennstrecke mit perfektem Belag wie Brünn oder Pannoniaring gewählt, hätte es keine Überraschungen gegeben. Wie all die Jahre zuvor wäre die GSX-R besser, leichter, stärker und schneller gewesen. Doch auf der Rennstrecke in Rijeka offenbarte die Suzuki ihr gesamtes Potential. Das serienmäßige Fahrwerk funktionierte auf Anhieb schlicht und einfach perfekt. Die Konkurrenz wird sich daran die Zähne ausbeißen. Diese Vorteile werden Strassenfahrer und Hobbyracer gleichermaßen zu schätzen wissen. Am meisten jedoch Meisterschaftspiloten welche zu Saisonbeginn nicht Fahrwerksmängel des Herstellers ausbügeln müssen, sondern sich auf Feinabstimmungen beim jeweiligen Rennen konzentrieren können.

 

Technische Daten

Motor 4-Zylinder Reihenmotor, 4-Takt, 16V, DOHC, wassergekühlt
Hubraum
599 ccm
Bohrung x Hub
67 mm x 42,5 mm
Leistung 125 PS (92 Kw) bei 13.500 U/Min
Drehmoment 67,70 Nm bei 11.500 U/Min
Verdichtung
12,5 : 1
Gemischaufbereitung
Elektron. Einspritzung
Antrieb 6-Gang, Kette
Rahmen Twin-Spar, Aluminium
Gabel
43 mm Up-Side down, Zug- und Druckstufe sowie Vorspannung einstellbar
Federbein Zug- und Druckstufe sowie Vorspannung einstellbar
Reifen vo.
120/70ZR17
Reifen hi.
180/55ZR17
Bremsen vo. 2 Scheibenbremsen 310 mm, 4-Kolben-Bremssattel
Bremsen hi. 1 Scheibenbremse 220 mm, 2-Kolben-Bremssattel
Länge: 2.040 mm
Breite 715 mm
Höhe 1.125 mm
Radstand 1.400 mm
Bodenfreiheit 130 mm
Sitzhöhe 810 mm
Trockengewicht 161 kg
Tankinhalt 16,5 l
Preis 11.499 Euro

Demnächst auf 1000PS.at. NastyNils auf GSX-R 750. Die goldene Mitte?
   
Related Links Text: Klaus Grammer, NastyNils

Photos: www.sport-fotografie.de, NastyNils

 

Fazit: Suzuki GSX-R 600 2006

Wie all die Jahre zuvor wäre die GSX-R besser, leichter, stärker und schneller gewesen. Doch auf der Rennstrecke in Rijeka offenbarte die Suzuki ihr gesamtes Potential. Das serienmäßige Fahrwerk funktionierte auf Anhieb schlicht und einfach perfekt. Die Konkurrenz wird sich daran die Zähne ausbeißen.


  • Grandioser Kompromiss - Stabilität, Agilität
  • niveauvolle Bremsen
  • Anti-Hopping Kupplung
  • toller Motor
  • kompakte Sitzposition
  • effizientes Windschild
  • leistungsfähiger Motor.
  • Keine USD Gabel

Bericht vom 28.03.2006 | 40.684 Aufrufe

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