Reise Marokko Teil 1

Nach Nordafrika ist es nicht halb so weit wie man glaubt. Der Frühling beginnt dort früher als bei uns.
 

Elf und eine Nacht - Marokko Teil 1

Wenn es Traumziele für fernreisewillige mitteleuropäische Motorradler gibt, dann ist eine der Top-Destinationen Marokko. Dort gibts jede Menge schottrige und sandige Gegenden. Für reine Asphalt-Cowboys gilt das aber nicht als Ausrede: Auch die können voll auf ihre Kurven-Rechnung kommen. Und selbst nicht Eisen reitende Begleitung(en) müssen daheimbleiben. Vier gehen in einen Jeep immer noch hinein.

Bildergalerie Marokko Reise

Im Süden ist es immer schön, warm und sonnig. Dieses Klischee, wohl gepflegt von Zentraleuropäern, die winters von meist düsterem Wetter geplagt sind, bestätigt sich für das Siebener-Häuflein Sonnen- und Wärmehungriger, das am Flughafen von Málaga aus dem Flugzeug, in die Motorrad-Kluft und aufs Eisen steigt. Es ist Anfang März. Es scheint die Sonne. Es hat zwanzig Grad. Plus.

Tag 1, Malaga - Algeciras:

Die 120 Kilometer vom Airport der nach Sevilla zweitgrößten Stadt nach Sotogrande gleichen dem sprichwörtlichen Frühlingserwachen, gekrönt von einer Apple Pie-Jause bei Flaherty’s im Hafen von Sotogrande, selbstverständlich mit Blick aufs Meer. Die Krönung setzt sich fort. Man checkt im königlichen Hotel Reina Cristina in Algeciras ein. Lernt sich beim Abendessen kennen. Wird von Reiseleiter Manfred und seinem Marokko-kundigem Partner und Begleitfahrzeug-Piloten Lenny Kravitz aka Aziz gebrieft. Studiert Karten und Strecken. Bereitet sich auf zwölf Tage sowie zehn und eine Nacht in einer anderen als der gewohnten Welt vor.

  
Immer wieder gut: Ankunft in Màlaga, Ausladen & Übernahme der Eisen, Umziehen, Gepäck einladen und los geht die Reise. Pflicht-Stopp auf dem Weg nach Algeciras: Apple Pie-Jause mit Meer- und Yacht-Blick bei Flahertys in Sotogrande.

Tag 2, Algeciras Fès:

Am Morgen geht’s mit der Fähre in knapp einer Stunde von Algeciras nach Ceuta. Es ist bewölkt, windig, das Meer jedoch einigermaßen ruhig. Der Grenzübertritt – und der Eintritt in eine andere Welt - ist rasch erledigt. Der erste Weg führt zum Bankomat, Geld abheben, dann Tanken, und los! Der Atlas liegt vor uns. Nach achtzig Kilometern begrüßt er uns mit Regen. Eine Dauer-Dusche begleitet uns beharrlich, rund 110 Kilometer weit, bis Ouazzane. Wir kontern mit einem Mittags-Stopp. Und konstatieren, dass die Menschen hier scheinbar auf der Straße leben. Es herrscht reges Treiben, auf und neben der Fahrbahn, in- und außerhalb der Dörfer. Es fallen die vielen Mercedes W123 auf. Und das Ur-Modell des „Sprinter“, der hier als – in der Regel heillos überfülltes – Sammeltaxi nach wie vor im Einsatz ist. Nach dem Essen führt die Fahrt weiter, nach Fès. Dem Unwetter, das hier vor kurzem getobt hat, sind wir zwar entkommen, doch es regnet weiter. Stark & heftig. In Fès angekommen sehen wir die Auswirkungen. Die Straßen sind teilweise überflutet, Teile der Fahrbahn sind weggespült, Muren sind abgegangen. Gut durchfeuchtet beziehen wir unsere Zimmer im Hotel Jnane Palace – nach dem ersten Feucht- statt Staub-Bier. Das entspricht zwar nicht so ganz dem Klischee vom sonnig-warm-trockenen Süden, tut aber der guten (Reise-)Laune keinerlei Abbruch. Wir lassen den Pool Pool sein und gehen Abendessen.

 

Der Hafen von Algeciras: Hier ist einer der Angel- und Ausgangspunkte nach Nordafrika, demnach auch nach Marokko.

Auf der Fähre nach Ceuta: Es ist bewölkt und windig, aber nicht kalt, und das Meer zeigt eine recht ruhige Schulter. Hotel Jnane Palace: Nach dem Feucht-Bier kommt die Warm- & Trockenlegung und dann das wohlverdiente Abendessen.

Tag 3, Fès Erfoud:

Der Regen bleibt uns erhalten - bis über den Atlas. Das Resultat: Es grünt allenthalben. Also doch Frühling. Dennoch: Auf 2.200 Meter Höhe hat es gerade einmal zwei Grad plus. Aufwärmen und –trocknen ist angesagt. Magisch zieht uns in Timahdite, südlich von Azrou, der Duft von Holzfeuer an. Wir kehren in ein typisch marokkanisches Wirtshaus ein. Der Fleischhauer residiert gleich nebenan. Dort suchen wir uns die schönsten Stücke aus. Die legt dann der Wirt auf den Grill. Inzwischen schauen wir uns ein wenig um. Man könnte meinen, um gut siebzig Jahre in der Zeit zurückversetzt zu sein – wären da nicht die vielen Handys. Und die teilweise doch moder(nere)n Autos.

Das miese Wetter lässt uns nicht so schnell los. Der Regen klebt uns auf der N13 weiter auf den Fersen, bis vor Midelt. Doch dann ist schlagartig alles anders. Erstens die Landschaft: Sie mutiert zur steinigen Wüste. Zweitens das Wetter: Plötzlich ist die Sonne da. Es ist warm. Wir schätzen zwanzig Grad plus. Im Schatten. Von dem aber keiner da ist, weil’s weit und breit keinen Baum gibt. Dafür spüren wir den Wind, der heftig orgelt und einen von der Ideallinie beuteln will. Aber auch der legt sich, bis wir in Errachidia ankommen. Von da sind es nur noch achtzig Kilometer bis zum Tagesziel: Erfoud. Die Sonne steht auf dem letzten Stück bereits tief am Horizont. Wir passieren grüne Täler, sehen die ersten echten Oasen. Es schlägt die blaue Stunde. In Erfoud herrscht reges Treiben, die Schanigärten der Cafés sind voll. Unser Hotel, das Palms Club, im Kasbah-Stil gehalten, offeriert einen Outdoor-Pool. Wir aber nehmen das marokkanische Buffet zum Abendessen. Outdoor.

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Tag 4 Erfoud - Erg Chebbi Erfoud:

Sonne am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen. Und das Frühstück den Hunger. Dem wird kräftig entsprochen. Denn heute steht Wüstes auf dem Pogramm. Erg Chebbi, im Südosten des Landes, offeriert die ersten Sanddünen unserer Reise. Und auch die höchsten Marokkos. Wir streben Merzouga an. Man kennt den Ort, er ist Stützpunkt der Touareg-Rallye. Auf dem Weg dahin wagt sich mancher in den Sand am Wegesrand. Auch einer auf einer voll bekofferten RT. Trotzdem wird der Flamingo-See linker Hand nicht übersehen.
 

Erg Chebbi: Echte und falsche Berber nehmen Kontakt auf. Dann gehts zum Dünen-Surfen, und die Dromedare schauen gelangweilt dabei zu.

In Merzouga zeigt ein Einheimischer vor, wie das Dünenreiten funktioniert – auf einer reichlich gebrauchten Zweitakt-Mopette. Der Nachahmungstrieb wirkt, alle wollen auf einmal im Sand spielen. Die Dromedare schauen dabei gelassen zu. Derweilen eilt Lenny Kravitz aka Aziz (er heißt Abdelaziz Mouandine, ist aus Marokko, lebt in Österreich) per – modernem - Sprinter voraus, um in der Auberge „Totmaroc“ in seinem Herkunftsort Rissani unser Mittagessen zu ordern. Eine Spezialität, eine Art Calzone mit Fleisch. Die wir im Magen nicht herumwirbeln lassen wollen, weshalb wir die Piste zurück, nordwärts, nach Erfoud, in eher gemächlichem Tempo angehen und uns zwischendurch im Hotel Derkaoua einen frisch gepressten Jus d’Orange genehmigen. Vor dem Abendessen in Erfoud gibt’s dieses Mal eine Massage.


Tag 5, Erfoud Zagora:

Es scheint, als wären wir dem schlechten Wetter entkommen. Es strahlt die Sonne, zum Frühstück, zur Abfahrt und überhaupt. In Erfoud schauen wir uns vor dem Losfahren noch ein paar Steine an: Platten aller Art, Waschtische und Fossilien. Erstere frisch produziert, Zweitere frisch – oder schon früher - gefunden. Landestypisches gibt es dann auch mittags, in Tazzarine: Tajine, ein Schmorgericht aus dem gleichnamigen Tontopf. Zum Ziel des Tages, Zagora, fahren wir durchs Draa-Tal, am Ostufer des Flusses entlang, über unbefestigte Straßen durch winzige Dörfer und wilde Landschaften. Im Palais Asmaa, in Zagora, erweisen wir den modernen Zeiten Reverenz: Es gibt W-LAN. Ansonsten ist das Hotel so, wie wir uns die Paläste aus Tausend und einer Nacht immer schon vorgestellt haben. Das gilt auch fürs Essen.

 

Das Draa-Tal: viel Schotter, wenig Asphalt, kleine und winzige Siedlungen und, nah am Wasser, viel Grün.


Tag 6, Zagora Draa - Zagora:

Gemütlich gehen wir den Tag und das Frühstück an. Dem entsprechend kehren wir auf der Fahrt nach M’Hamid in Tagounite auf einen Whisky Berber/Whisky Marocain ein. Keine Angst. Es handelt sich um Tee, vielmehr Minztee, und diese Minze hat mit der uns bekannten Pfefferminze gar nichts zu tun.
Insgesamt neunzig Kilometer später haben wir den südlichsten Punkt unserer Tour erreicht. Die Grenze zu Algerien ist nur noch fünfundzwanzig Kilometer entfernt.

 

In der Gegend von Zagora: echte Wüste, mit allem Drum und Dran. Berber-Zelte, Wüstenschiffe und ein Ur-Renault R4.

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Wir stehen am Wadi Draa, dem Tal des gleichnamigen Flusses, der ein „episodischer“ ist. Das heißt, er trocknet zwischendurch aus. Davon ist jetzt aber nicht die Rede. Nach den regenreichen Vortagen ist er ein reißendes Gewässer. Beim Pacha kehren wird diesmal zu Mittag ein. Das ist ein Hotel in Ouled Driss, wo vorzüglich gekocht wird.
Diese Stärkung erweist sich im Nachhinein geradezu als prophetisch: Wir probieren eine neue Piste, die sich bald als hart an der Grenze zur Unwegsamkeit entpuppt. Schließlich stoßen wir aber doch wieder auf festen Untergrund, sprich Asphalt. Heute gibt’s im Palais Asmaa ein echtes Staub-Bier. Und eine besonders ausgiebige Dusche.


Reiseführer: Marokko, Verlag Reise Know-How
Karten: Marokko, 1:1.000.000, Michelin
GPS: Marokko Topo für Garmin Mapsource


Interessante Links: Text: Cyrano de Gerasdorf/Redaktion: Trixi Keckeis Fotos: Manfreds Motorradreisen, Johann Göschl, Peter Wiedner, Christian Zeitlberger
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Bericht vom 30.01.2012 | 4.444 Aufrufe

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