Korsika Urlaub

Nie wieder Streit mit der besseren Hälfte über die Urlaubsplanung. Kurvenreiches Strandparadies, wir kommen!

Wenn du das machst, ziehe ich wieder zu meinen Eltern! pfaucht es hasserfüllt aus dem Schlafzimmer. Dass meine Ankündigung für zwei Wochen alleine auf Motorradurlaub fahren zu wollen keine überschwängliche Begeisterung bei meiner Herzallerliebsten hervorrufen würde, hatte ich mir schon gedacht. Ich hatte extra auf eine günstige Gelegenheit gewartet um meine Pläne zu offenbaren und mein Abendessen schon mal sicherheitshalber aus der Pizzeria selbst mitgebracht - aber solch drastische Sanktionsmaßnahmen hatte ich von ihr nicht erwartet. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon den Ich bin weg-Zettel auf dem Küchentisch liegen, und mich selbst entweder unter schmutziger Wäsche ersticken oder schlicht und einfach verhungern. Das musste natürlich unbedingt verhindert werden. Also besser daheim bleiben…


Andererseits wäre das ein Eingeständnis einer Niederlage gewesen, und als komplexbeladener Möchtegernmacho gefällt mir das gar nicht. Wie so oft in meinem Frust sperrte ich mich mit einem Asterix-Heft im WC ein, dem Ort an dem schon Caesar, Michelangelo und Hermann Nitsch die revolutionärsten Ideen kamen und schon löste sich mein Problem quasi von alleine.

Der kleine Gallier erlebte nämlich sein zwanzigstes Abenteuer in der wildromantischen, bergigen Natur Korsikas. Bingo!

Korsika ist bekanntlich eine Insel; Die sind meist im Meer und meine Herzallerliebste zelebriert Sonnenbäder an Mittelmeerküsten mit einer Leidenschaft, mit der andre Chateau Petrus Rotwein verkosten.  Also gemeinsamer Motorrad/Strand Kombinationsurlaub!

Als ich nach vierstündiger Überfahrt von Livorno nach Bastia den gesalzenen PKW-Anhänger-Zuschlag der Fährgesellschaft schon fast wieder vergessen hatte, rollen wir aus dem Schiffsrumpf direkt in das Paradies.

86 Prozent der korsischen Fläche sind Bergland, der Rest sonnige Küstenlinie. 50 Gipfel liegen über 2000 Metern Seehöhe wer vom Strand weg startet, kann also jeden Höhenmeter live und hautnah erleben.

 


Besonders angetan hat es mir die Region rund um den Fischerort Porto mit dem charakteristischen Wehrturm mitten im Meer. Gleich südlich des Städtchens liegt die Calanche, bekannt durch wild verwittertes rotes Porphyrgestein in bizarren Formationen, die an Fabelwesen oder Tiere erinnern. Unterbrochen werden die mächtigen Felsen nur durch enge, abenteuerliche Straßen mit wirklich endlosen Kurvenkombinationen.   

Einziger Nachteil der Region: Im Hochsommer heizen sich die Steine so stark auf, dass es selbst im erotischen Protektor-Netzleiberl unerträglich heiß wird. Wer schon einmal mit dem Motorrad durch eine Sauna gefahren ist, weiß was ich meine.

Abkühlung findet man trotz Meernähe nur schwer, außer man ist geübter Kletterer und schafft auch mit Motorradstiefeln den Abstieg zum Strand.

Wer es noch heißer mag und die Fahreigenschaften seines Motorrades auf sandigen Wüstenböden austesten möchte, sollte einen Abstecher in die Désert des Agriates machen. Sie liegt im Westen des zauberhaften Ortes und ehemaligen römischen Handelspunktes Saint Florent und ist mit 17 Hektar eher eine Mini-Sahara. Sie wurde früher landwirtschaftlich bewirtschaftet und ist heute bis auf Wanderer und vereinzelte Geländewagenfahrer von Menschen verlassen.


Hier darf man sich auf einigen Wegen noch ganz legal wie Cyril Despres fühlen und kann Paris-Dakar bis hin zur Ankunft am Ozean in Miniatur nachstellen. Auf einen Sturz sollte man  aber besser verzichten, sonst zeigt die wuchernde Macchia ihre dornigen Zähne.

Erfrischung findet man vor allem im Osten Korsikas. Die Castagniccia ist wohl die charakteristischste und traditionsreichste Region der Insel (soweit man bei Korsikas Vielfalt von typisch sprechen kann), und hat teilweise große Ähnlichkeit mit hügeligen österreichischen Wäldern. Namensgeber der Region sind die ausgedehnten Kastanienwälder, früher ökonomische Grundlage der Bevölkerung. Das Angenehme für Motorradfahrer: Die Luft ist kühl, die Straßen beschattet. Den Gedanken an die korsischen Wildschweine sollte man aber immer präsent haben. Sie nutzen die schattigen Plätze für ein Schläfchen und zeigen sich völlig unbeeindruckt wenn man eine ehrfürchtige Vollbremsung vor ihrer Schnauze hinlegen muss.

Nach 14 Tagen Kurvenwetzen fällt der Abschied von Korsika schwer. Die Insel hätte noch viel mehr zu entdecken gehabt, aber die Reifen sind fertig, und die sonnengerötete (ääähh… gebräunte) Haut meiner Herzallerliebsten auch. Doch ich komme wieder, soviel steht fest. Korsika ist mit Sicherheit eines der schönsten Motorradreviere der Welt, und mehr als nur einen Urlaub wert. Egal in welche Richtung man fährt enge Kurven sind überall, und die Landschaft an jeder Ecke anders und noch schöner als zuvor. Straßenkarte oder geplante Routen sind so unnötig wie ein Navigationssystem auf der Tangente, außer vielleicht um den Weg zurück zum Hotel zu finden. Fairerweise sollte noch erwähnt werden, dass Treibstoff, Unterkunft und Kulinarisches auf der Insel nicht billig sind. Aber das ist bei den eingesparten Scheidungskosten locker drin.

Bericht vom 26.07.2006 | 4.943 Aufrufe

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