Motorrad-Fahrverbot für Motorräder über 90 dB ab 2024?
Motorrad-Hasser in deutscher Politik wollen Zweiräder verbieten
Lokale Motorrad-Hasser und die "Deutsche Umwelthilfe" wollen ab 2024 Streckensperrungen für Motorradfahrer einführen. Das ärgert nicht nur die deutschen Biker, sondern bedroht auch die Existenz des bekannten Villa Löwenherz Motorrad-Hotels. Doch es regt sich Widerstand.
Seit 2020 gibt es in Tirol Fahrverbote für Motorräder mit Standgeräuschen über 95 dB. Leider haben diese fragwürdigen Maßnahmen anscheinend Fans in Deutschland, denn Lokalpolitiker des niedersächsischen Kreises Holzminden und der Berliner Verein Deutsche Umwelthilfe sind drauf und dran an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen noch viel strengere Fahrverbote einzuführen.
90 dB Fahrverbote im Weserbergland
Darum geht es konkret: Am 26. Juni 2023 wurde vom Kreistag Holzminden beschlossen, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit dem "Pilotprojekt Motorradlärm" zu beauftragen. Im Zuge dieses Projekts sollen von April bis Oktober an den Wochenenden einige Strecken im Weserbergland für Motorradfahrer mit eingetragenen Standgeräuschen von über 90 dB(A) gesperrt werden. Es geht um Abschnitte der L580, L589a, L497, L550, B241 und L428. Obendrauf sollen Geschwindigkeitsbegrenzungen herabgesetzt, Radarfallen aufgestellt und die Strecken an jedem zweiten Wochenende des Monats komplett für motorisierte Zweiräder gesperrt werden, als sogenannte "Lärmpause". Sollten diese Fahrverbote so realisiert werden, dann betrifft das nicht nur einen Großteil der Motorradfahrer der Region, sondern auch das älteste Motorrad-Hotel Deutschlands.
60 % aller Motorradfahrer und legendäres Motorrad-Hotel durch Fahrverbot betroffen
Mit der im Vergleich zu den Tiroler Fahrverboten noch niedrigeren Grenze von 90 dB wären laut unserer Datenbank 60 % aller neuen Motorradmodelle betroffen und auch viele Bikes mit älteren Baujahren liegen über diesem Schwellenwert. Ein Großteil der Motorradfahrer dürfte also nicht mehr auf den betroffenen Strecken unterwegs sein, darunter auch die L550 und B241. Und das ist besonders schlecht für die am Schnittpunkt der beiden Straßen in Lauenförde gelegene Villa Löwenherz, das älteste Motorrad-Hotel Deutschlands. Seit den späten Siebzigern lockt die Villa Löwenherz Zweiradfahrer ins Weserbergland. Der Traditionsbetrieb beschäftigt mittlerweile an die 30 Personen, bietet Übernachtungsmöglichkeiten für 70 Personen, ist nur über die warme Jahreszeit geöffnet und füllt seine Zimmer fast ausschließlich mit Motorradfahrern. In Lauenförde ist es der einzige nennenswerte und größte Tourismus-Betrieb. Regelmäßig ist die Villa ausgebucht und verteilt Gäste auf andere Unterkünfte der Umgebung. All das könnte aber bald Geschichte sein, wenn der Hauptanteil der potenziellen Gäste die Villa Löwenherz gar nicht mehr erreichen kann. Die Effekte der drohenden Fahrverbote spüren die Betreiber schon jetzt. Buchungen im Wert von 13.000 € wurden für das kommende Jahr von besorgten Gästen schon storniert.
Blinder Motorrad-Hass einiger politischen Akteuer als treibender Faktor der Fahrverbote
Solch eine effektive Vernichtung von Tradition, Arbeitsplätzen und Tourismus regt natürlich auch in Lauenförde Widerstand. Bürgermeister Tino Wenkel ist gegen das geplante Fahrverbot und auch im Rat Lauenfördes wurde einstimmig die kategorische Ablehnung der Sperrungen erklärt. Die Verantwortlichen in Holzminden schert der lokale Protest bisweilen eher wenig, dabei ist die Initiative auf dem Mist einiger weniger politisch aktiver Motorrad-Hasser gewachsen. Allen voran wird Edith Götz von der CDU Lauenförde als Drahtzieherin hinter dem Projekt genannt. Sie und die Berliner DUH möchten Motorradfahrer aus dem Weserbergland verbannen und geben, finanziert durch 100.000 € aus dem Steuergeldtopf, recht wenig auf Gegenargumente. Vor der entscheidenden Abstimmung im Kreis Holzminden wurde die Zukunft der Villa Löwenherz und der Widerstand der lokalen Bewohner nur vom grünen, stellvertretenden Landrat Gerd Henke thematisiert, ohne etwas am Ergebnis der Abstimmung zu ändern.
Widerstand gegen Motorrad-Fahrverbote in Deutschland
Dass die geplanten Streckensperrungen 2024 offiziell als Pilotprojekt geführt werden, war womöglich ein schlauer Schachzug der Motorrad-Gegner. Denn auch rechtliche Schritte werden bereits vom lokalen Widerstand in Lauenförde geprüft und in die Wege geleitet. Fahrverbote auf Basis des Standgeräuschs auf kleiner, kommunaler Ebene sind nämlich laut deutschem Recht kaum durchsetzbar und müssten auf wesentlich höherer Ebene beschlossen werden. Doch da es sich eben um ein Pilotprojekt handelt, dessen offizielles Hauptziel die Datenerhebung ist, stehen die Chancen wiederum nicht schlecht, dass Gegenklagen und Berufungen die Fahrverbote nicht vor Ablauf der Saison 2024 verhindern können. Sollte es so kommen, könnte es das Motorrad-Hotel Villa Löwenherz 2025 schon nicht mehr geben. Vielleicht spekulieren Götz und Co. sogar darauf, denn kein Motorrad-Hotel bedeutet auch weniger Motorradfahrer.
Zusätzlich zu den rechtlichen Schritten gegen das Projekt engagiert sich inzwischen auch die Motorrad-Community, wie zum Beispiel mit dieser vom Biker Thomas Sabath ins Leben gerufenen Online-Petition. Knapp 20.000 Motorradfahrer haben hier schon ihre Zustimmung bekundet. Auch von großen Motorrad-Verbänden werden angeblich Aktionen geplant, doch dazu gibt es noch keine Details.
Die Sinnlosigkeit der Fahrverbote auf Basis des Standgeräuschs
Das größte Drama an der Geschichte ist, wie auch schon bei den Fahrverboten in Tirol, dass Streckensperrungen auf Basis des Standgeräusches ihr Ziel völlig verfehlen und die falschen treffen. Wie bereits mehrfach von der Arge2Rad bewiesen wurde, sagt das eingetragene Standgeräusch nichts über den Geräuschpegel während der Fahrt aus. Auch die Bundesanstalt für Straßenwesen und unsere Kollegen bei MOTORRAD haben dies schon in mehrfachen Messungen belegt. Doch mit Logik kommt man gegen die Initiatoren der Motorrad-Fahrverboten anscheinen nicht weit. Selbst die EU-Kommission gab den Tiroler Fahrverboten recht.
Es ist zum Haare Raufen! Doch noch bleibt uns die Hoffnung, dass der Widerstand fruchtet und das Pilotprojekt doch noch verhindert oder zumindest eingedämmt werden kann. Auch die Aktionen der großen Motorrad-Verbände könnten noch einmal Dynamik in die Geschichte bringen, sodass hoffentlich die Villa Löwenherz auch zukünftig Biker empfangen kann und das Weserbergland für Zweirad-Touristen geöffnet bleibt.
Hier findest du alle Artikel zum Thema Motorrad-Fahrverbote:
GREGOR
Weitere BerichteBericht vom 20.12.2023 | 72.913 Aufrufe