Neue KTM 890 Adventure für 2023 im ersten Test

Gelungenes Update für 2023 in der Adventure Familie von KTM

Auf den ersten Blick sieht die überarbeitete 890 Adventure nur nach einem optischen Facelift aus. Doch auch unter der neu gestalteten Verkleidung verbergen sich einige Veränderungen, welche sie tatsächlich zu einem spürbar besseren Motorrad machen - gleichermaßen für den Straßen- und Offroad Einsatz. Im ersten Test in Portugal, entlang der sonnigen Atlantikküste, durften wir sie ausgiebig bewegen und Erfahrungen sammeln.

KTM 890 Adventure Rahmen und Motor bleiben 2023 unverändert

Der bewährte LC8c Motor mit 889 Kubikzentimetern findet auch 2023 wieder den Weg ins Chassis der Adventure Mittelklasse von KTM. Er darf mittlerweile definitiv als ausgereift bezeichnet werden. Mit seinem druckvollen Charakter, sauberem Ansprechverhalten und kaum Vibrationen hat der Antrieb viele Fans. Was gibt es dazu noch zu sagen? Eher wenig. Qualitätsprobleme, welches es beim Vorgänger Modell mit dem 790er Aggregat gegeben hatte, gehören längst der Vergangenheit an. In diversen Dauertest-Szenarien über die letzten beiden Jahre machte sich der Antrieb nicht nur in der 1000PS Redaktion viele Freunde, egal ob im Gelände oder auf der Straße. Die spritzig servierten 105 Pferde, gepaart mit kräftigen 100 Nm Drehmoment sorgen selbst bei sportlicher Hatz auf der Hausstrecke für ein Lächeln unterm Helm. Der sagenhaft funktionierende Quickshifter in Kombination mit der toll abgestimmten Elektronik, machen sie auch unter diesem Aspekt zu einer der besten ihrer Klasse. Speziell wenn es sportlich zur Sache geht, eben typisch KTM "Ready to Race".

Das Haar in der Suppe

Bereits in der letzten Modellgeneration musste man genau hinsehen um, abgesehen von der polarisierenden Optik der Frontpartie, ein Haar in der Suppe zu finden. Freunde des sportlichen Fahrens auf der Landstraße kamen bereits mit der Vorgängerin voll auf ihre Kosten. Ein etwas knöchernes Ansprechverhalten über Bodenwellen und Schläge in Schräglage dämpfte zwar das vollendete Glücksgefühl aber in Anbetracht der restlichen Performance war das für diese Fahrzeugklasse schwer in Ordnung. Bei Interessenten mit Ansprüchen, welche mehr in Richtung komfortables Touring gingen, sah die Sache dann schon anders aus. Hier wurde immer wieder das straffe, nicht einstellbare Fahrwerkssetup moniert, dass in Kombination mit der knackig hart gepolsterten Sitzbank nicht gerade ein Komfortwunder lieferte. Dem haben sich die KTM Entwickler für 2023 angenommen.

In Sachen Elektronik und Bedienkonzept stellten sich in ausgiebigen Praxis-Tests ebenfalls immer wieder kleinere Schwächen heraus. Beispielsweise wenn man sich auf einer Tour befindet, welche häufig zwischen On- und Offroad Bedingungen wechselt. Dann war zwar recht zügig der Fahrmodus, beispielsweise von "Road" auf "Offroad" oder das frei konfigurierbare "Rally" Profil, umgestellt - hinterher musste allerdings nochmal in die Tiefen des Menüs eingetaucht werden, um auch die ABS Einstellung entsprechend an den Untergrund anzupassen. 2023 wurde dieser Schritt deutlich vereinfacht, da das ABS Setup per Voreinstellung direkt mit den Fahrmodi verbunden ist. Hier wurde toll mitgedacht, danke KTM! Ebenfalls hält ein neues, vergrößertes und besser ablesbares TFT Display Einzug. Diese 5 Zoll Ausführung mit kratzfestem Mineral-Verbundglas hat sich bereits in der Konzernschwester 901 Norden bewährt. Umgestaltete Menü- und Info-Grafiken erleichtern zudem die ohnehin bereits sehr logische und intuitive Bedienung über die 4-tasten Schaltereinheit am linken Lenkerende.

Mehr Komfort auf der KTM 890 Adventure für 2023

Schwingt man sich auf die Sitzbank der neuen 890 Adventure werden einem sofort wieder die bekannten Tugenden des Modells klar. Der weit nach unten gezogene Tank sorgt für einen tiefen Schwerpunkt und ermöglicht eine schlanke Mitte. Die Sitzhöhe ist etwas angewachsen, sie liegt nun um einen Zentimeter über der letzten Generation. Kleinere Fahrerinnen und Fahrern brauchen aber keinen Bammel haben - in der Praxis ist es nämlich so, dass die weichere Polsterung deutlich nachgibt und im Endeffekt wird kaum ein Unterschied zum Vorgängermodell spürbar sein. Soll es doch noch tiefer werden, kann mittels optionalem Tieferlegungskit die Sitzhöhe um 25mm abgesenkt werden. Die serienmäßige Verstellbarkeit von 840mm auf 860mm - ganz ohne Werkzeug - wird wiederum die Großgewachsenen erfreuen.

Richtig lange Tagesetappen werden mit der überarbeiteten Polsterung wohl eher zum Genuss als bisher. Das generelle Sitzgefühl bleibt aber unverändert. Für die Marke typisch nimmt man sportlich, nah am Lenker Platz und hat eher den Eindruck oben drauf als im Fahrzeug integriert zu sein. Für Großgewachsene, ab etwa 185 cm, empfiehlt sich eine Verstellung auf die obere Sitzbank-Position um den Kniewinkel tourentauglich zu halten. Schätzt man im Solo-Betrieb auf sportlichen Ausfahrten das kompakte Sitzarrangement, so könnten auf Mehrtagestouren mit Sozia und ordentlich Gepäck auf der kompakt gebauten KTM Kompromisse notwendig werden - aber auch wirklich nur dann.

KTM 890 Adventure Cockpit 2023
Auch aus Sicht des Fahrers macht das neue Cockpit einen deutlich wertigeren Eindruck als beim Vorgängermodell

Ein weiteres Komfort-Plus verspricht bereits im Stand die neu gestaltete Frontpartie. Die Seitenverkleidung streckt sich nun beinahe bis zum Scheinwerfer nach vorne. Die voluminösere Verkleidung samt Windschild wird von neu gestalteten Aluminium Trägern sehr robust an Ort und stelle gehalten. Im Fahrbetrieb resultieren diese Veränderungen, bereits bei gemäßigten Landstraßentempo, in spürbar besseren Wetterschutz. Auf eine Verstellbarkeit des Windschilds muss bei alledem leider nach wie vor verzichtet werden. Zuletzt sei noch erwähnt, dass die Umgestaltung der Front nicht nur optisch als echter Fortschritt bezeichnet werden darf, auch das subjektive Sicherheitsgefühl im Sattel nimmt durch die solide Konstruktion im Cockpit zu.

KTM 890 Adventure im Jahr 2023 mit einstellbarem Fahrwerk

Die 43mm WP APEX Upside-Down-Gabel bietet nun eine Einstellbarkeit in Zug- und Druckstufe. Das Federbein ist ebenfalls in Zugstufe und Vorspannung verstellbar. Im Grundsetup wurde man etwas weicher, was offen gesprochen auch etwas besser zur Fahrzeugkategorie passt. Das Fahrwerk spricht auf den ersten Zentimetern der 200 mm Federweg nun auch feiner an und dämpft sanfter, wovon man unabhängig vom Untergrund in jeglichem Fahrzustand profitiert. Weiterhin wahrnehmbar ist eine starke Progression in der Dämpfung, welche für Reserven sorgt, wenn das Gelände härter wird oder auf der Straße beherzt sportlich Be- und Entschleunigt wird.

Für alle, die nach diesen Zeilen nun Bedenken haben, dass die 890 Adventure im Zuge der Modellpflegemaßnahmen zur weichgespülten Sänfte für betagte Möchtegern-Abenteurer mutiert ist, kann Entwarnung gegebenen werden. Nach wie vor bleibt sie ihren bekannten Qualitäten treu. Kaum eine andere Reiseenduro der Mittelklasse kann so schnell, so hart und so präzise bewegt werden wie die KTM. Geht es sportlich zur Sache möchte sie mit ordentlich Druck am Lenker geführt werden, sie belohnt dafür den Fahrer mit großartiger Stabilität am Kurveneingang und in den Radien. Ein Alleinstellungsmerkmal? Konkurrenz stellt unter diesem Aspekt aus unserer Sicht nur die Ducati Desert X dar, diese spielt bei ähnlicher Ausstattung allerdings preislich eine Liga darüber.

KTM 890 Adventure Test auf der Straße 2023
Im sportlichen Straßenbetrieb ist die 890 Adventure immer noch eine Macht

KTM 890 Adventure Erfahrungen im Landstraßenbetrieb

Spannend gestaltete sich im Testgeschehen auch die Frage, wie die 890 Adventure mit der neuen Serienbereifung für 2023 harmoniert. War am Vorgängermodell noch ein stark straßenorientierter Avon Pneu montiert, hält nun ein bewährter Player in diesem Segment Einzug. Der Pirelli Scorpion Rally STR ist zwar auf den ersten Blick deutlich grobstolliger gestaltet, hat sich aber in unseren vergangenen Tests bereits mehrfach ganz nah an der "eierlegenden Wollmilch-Sau" positioniert. Die Optik ist gefällig, der Grip auch auf befestigtem Untergrund phantastisch und kommt doch mal sportlich spät der Grenzbereich, dann läuft alles transparent und gut kontrollierbar ab. Einzig ein sanftes Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage kann dieser Kombination angekreidet werden, letzteres bleibt aber in unkritischem Rahmen und trübt den Fahrspaß keineswegs.

Im Rahmen der Modellpflege hat auch eine überarbeitete Elektronik Einzug gehalten. Das neue 9,3 mp ABS Modul von Bosch wird von einem 6-D Sensor mit Daten versorgt und regelt damit noch feinfühliger. Die bereits erwähnte Koppelung an den jeweiligen Fahrmodi ist dabei eine echte Hilfe und lässt in unserem Testszenario mit der 890 Adventure kaum Wünsche offen. Wer kann und möchte, hat immer noch die Möglichkeit den Blockierverhinderer manuell, für den harten Offroad-Einsatz, komplett zu deaktivieren. Selbiges ist ab 2023 übrigens auch mit der Traktionskontrolle im optionalen "Rally Mode" möglich. Wie bisher kann während der Fahrt von Stufe 1 bis 9 die Regelintensität der Traktionskontrolle verstellt werden. Ein weiterer 3-Sekunden-Druck auf den unteren Pfeiltaster stellt sie dann auf 0 und gibt dem Fahrer somit die volle Freiheit über das Geschehen am Hinterrad.

Nicht neu aber immer noch absolute Spitzenklasse - und daher auch die Erwähnung wert - ist der Schaltautomat, welcher bei KTM "Quickshifter+" heißt. Die Gänge werden damit zügig und nahezu ruckfrei durchsortiert. Dabei ist es ganz egal ob der Gasgriff offen oder geschlossen ist. Das Bediengefühl ist nach wie vor etwas knöchern, aber das tut der perfekten Funktion keinen Abbruch. Einzig der Faktor, dass auch in der Saison 2023 noch Aufpreis gezahlt werden muss, um als Besitzer der 890 Adventure in diesen Genuss zu kommen, stößt etwas sauer auf. Wer schon dabei ist, in der Aufpreisliste Häkchen zu setzten, sollten auch direkt Heizgriffe, die Geschwindigkeitsregelanlage und den Rally Modus mitbestellten um aus der KTM eine perfekte Allrounderin zu machen.

KTM 890 Adventure läuft im Rally Modus zu Bestform auf

Nach wie vor bietet KTM eine freie Konfiguration aller elektronischen Helferlein im Rally Mode an. Mit deaktivierter Wheelie-Control lässt sich die Adventure - dank reichlich Druck in den ersten drei Gängen - ganz souverän und kontrolliert aufs Hinterrad nehmen. Nicht zuletzt im Gelände ist das eine echte Hilfe. Sehr angenehm auch die Tatsache, dass die Traktionskontrolle jederzeit angepasst werden kann, ganz ohne dabei den Gasgriff zu schließen oder gar anhalten zu müssen. Speziell auf wechselnden Untergründen im unbefestigten Terrain eine großartige Sache. Wer in der Kaufentscheidung noch unsicher ist, ob er dieses oder andere aufpreispflichtige Features auch tatsächlich benötigt, kann auf den ersten 1500 Kilometern eine Vollausstattung testen. Jede 890 Adventure wird 2023 mit dem sogenannten "Demo Mode" ausgeliefert. Nach Ablauf dieser Kilometer Distanz kann dann jedes Extra beim Händler nach Wunsch einzeln nachgekauft werden.

KTM 890 Adventure Offroad Test 2023
Die neue KTM 890 Adventure funktioniert mit ihren 200 mm Federweg auch in leichtem und mittelschwerem Gelände ausgezeichnet

Wo wir schon beim Thema Rally waren. Für echte Offroad-Cracks, welche mit einer 890 Adventure ins harte Gelände vordringen möchten, hat KTM das "R" Modell im Sortiment, welches allem voran mit längeren Federwegen und angepasster Ergonomie, sowie einigen weiteren Offroad-spezifischen Ausstattungsmerkmalen die Offroad Praxis erleichtert. Die von uns getestete Standard Version zeigt sich aber auch bereits gut gerüstet für Ausflüge in leichte und mittelschwere Sektionen - sie steckte im Test einiges weg. Die Bodenfreiheit ist mit 233 Millimetern ausreichend und der neue, vergrößerte Unterfahrschutz aus Aluminium, welcher Motor und Tank abdeckt zeigte sich ebenfalls hart im Nehmen. Mit der einstellbaren Fahrwerkshardware kann jetzt zudem gut auf individuelle Bedürfnisse im Offroad-Betrieb justiert werden. Die bewährten Vorzüge des Tanks mit tiefem Schwerpunkt kommen auch im Low-Speed Handling über knackige Passagen voll zu tragen. Sie wirkt damit stets sehr handlich ohne kippelig zu werden.

KTM 890 Adventure Preis und Verfügbarkeit für 2023

Zum Zeitpunkt des Tests, Anfang Dezember 2022, hat KTM noch keine offiziellen Preise für die neue 890 Adventure kommuniziert. Auch die Verfügbarkeit wurde nur grob, mit dem ersten Quartal 2023, angegeben. Fest steht jedoch, dass sie sich etwas über dem bisherigen Preis der Vorgängerin, aber unter der Konzernschwester Husqvarna Norden 901, einsortieren wird. Nach untenhin rundet dann für 2023 die in China gefertigte 790 Adventure das Programm ab. Sie erhält ebenfalls die neue Optik und viele Features der 890er, ist aber mit ihren drosselbaren 95 PS nicht zuletzt speziell für den A2 Führerschein ein spannendes Fahrzeug. Zudem wird sie sich auch preislich deutlich von der großen Schwester abgrenzen und somit einen attraktiven Einstieg in die Mattighofener Reiseenduro-Mittelklasse darstellen.

1000PS.com - Unsere internationalen Websites für KTM

Für unsere 1000PS Freunde aus anderen Ländern bieten wir unter 1000PS.com folgende Inhalte an:

Fazit: KTM 890 Adventure 2022

Sie ist nach wie vor eine der sportlichsten Reiseenduros am Markt. Kaum ein anderes Adventure Bike der Mittelklasse mit 21 Zoll Vorderrad kann so schnell, hart und präzise bewegt werden wie die KTM. Für 2023 bekam sie ein überarbeitetes und jetzt auch einstellbares Fahrwerk spendiert, welches immer noch zum sportlichen Charakter passt aber für etwas mehr Komfort im Sattel sorgt. Der Motor darf jetzt definitiv als ausgereift bezeichnet werden. Mit seinem druckvollen Charakter, sauberem Ansprechverhalten und kaum Vibrationen hat das Aggregat aus Mattighofen viele Fans. Mit der Modellpflege hat eine neue Elektronik an der KTM Einzug gehalten. ABS und Traktionskontrolle regeln nun noch feinfühliger und sind besser auf die Fahrmodi abgestimmt. Das neue 5 Zoll Display liefert dabei stets perfekten Überblick.


  • Bewährter und souveräner Motor
  • vergleichsweise geringes Gewicht
  • verbessertes Fahrwerk
  • komfortablere Sitzbank
  • Kombination von Fahrmodi und ABS Einstellung
  • Quickshifter arbeitet ausgezeichnet
  • Made in Austria
  • Windschild nicht verstellbar
  • für hartes Gelände zu wenig Federweg
  • viele sinnvolle Extras aufpreispflichtig

Bericht vom 04.12.2022 | 53.756 Aufrufe

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