Triumph Street Triple RS Landstraßentest 2020

Kann die kleine Britin abseits der Rennstrecke überzeugen?

Am Papier hat die neue Street Triple RS im Vergleich zur Vorgängerin gute Argumente, um auf der Landstraße noch mehr Freude zu spenden. Andererseits hat sich die kleine Britin auch mit erstarkter Konkurrenz herumzuschlagen. Wie gut schlägt sie sich?

Zunächst eine kurze Anmerkung, Zonko, Dennis und ich haben die Streety gemeinsam mit der KTM 890 Duke R und der MV Agusta Brutale 800 RR getestet, weshalb hin und wieder Vergleiche gezogen werden, die ohne dieses Setting nicht möglich gewesen wären.

Triumph Street Triple RS auf der Landstraße – Motor

Das 765 Kubikzentimeter große 3-Zylinder Aggregat entwickelt eine maximale Leistung von 123 PS bei 12.750 U/Min und ein Maximaldrehmoment von 79 Newtonmetern bei 9.350 U/Min. Bei diesen Daten muss man keinen Meter fahren um zu wissen, dass dieser Motor gedreht werden will, um die Street Triple RS sportlich zu bewegen. Glücklicherweise ist er ein sehr drehfreudiger Geselle, der mit einer äußerst harmonischen Leistungsentfaltung überzeugen kann. Wie bereits vermutet geht die Post allerdings erst im oberen Drehzahldrittel so richtig ab. Erschwerend kommt eine relativ lange Übersetzung der unteren Gänge hinzu, als Anhaltspunkt kann ich Kennern der Kalten Kuchl (beliebte Motorradstrecke im Alpenvorland, Nähe Wien) ausrichten, dass man hier über den 2. Gang bis knapp vor St.Aegyd am Neuwalde nicht hinauskommt.

Alles in allem ist der Motor, im richtigen Drehzahlbereich bewegt, allerdings als absolutes Sahnestück zu bezeichnen. Er verleiht der Streety, in Kombination mit der angenehmen Sitzposition ein hohes Maß an Zugänglichkeit, ohne routiniertere Piloten zu langweilen. Der einzigartige Dreizylinder-Sound polarisiert. Entweder man hasst ihn oder man liebt ihn. In Zeiten niedriger Toleranzschwellen hinsichtlich Motoren-Lärms ist positiv zu erwähnen, dass man im niedrigen Drehzahlbereich auf der Triumph unaufdringlich unterwegs ist dennoch ist sie mit einem Standgeräusch von 97 dB zu laut für die Strecken im Außerfern.

Triumph Street Triple RS auf der Landstraße – Fahrwerk, Sitzposition und Ergonomie

Klotzen nicht kleckern dachten sich die Inegnieure bei Triumph, volleinstellbares Fahrwerk, hinten ein Öhlins-STX40-Federbein und vorne die bewährte Showa Big Piston Gabel, mehr geht in der Mittelklasse nicht. Das Grund-Setup der Street Triple RS ist überraschend weich gewählt, das fiel nicht nur mir als (in voller Montur) 100 Kilo-Fahrer, sondern auch Zonko und Dennis auf. Die Einstell-Schrauben an der Gabel sind obendrein leider schlecht zugänglich. Dennoch zahlt sich die Fitzelei aus, als ich bei meinem Wochenendtrip nach dem Test das Setup anpasste, konnte ich eine spürbare Verbesserung feststellen.

Ins Bild passend ist die Sitzbank sehr komfortabel, ja beinahe tourentauglich, was man von einem so sportlichen Motorrad ja grundsätzlich eher nicht erwartet (kein Vorteil ohne Nachteil: für die Transparenz am Track ist der weiche Sitz natürlich nicht optimal). Selbst ein gewisser Windschutz ist durch den kleinen Flyscreen vorhanden. So gehen auch längere Autobahnetappen spielend von der Hand. Zur Sitzposition im Allgemeinen ist zu sagen, dass ich mit einer Größe von 1,87 Metern kein Problem hatte auf der Street Triple Platz zu finden, viel größer sollte man allerdings nicht sein. Der Kniewinkel ist (super-)sportlich spitz. Die Sitzhöhe beträgt 825 mm, durch den relativ schmalen Sattel sollten also auch kleinere Personen problemlos mit der RS zurechtkommen.

Triumph Street Triple RS auf der Landstraße – Bremsen und Reifen

Auf dem Papier liefert die kleine Triumph mächtig ab: Brembo M50 Radial-Vierkolben-Monoblock-Bremssättel, schwimmend gelagerte 310 mm Doppel-Bremsscheiben vorn, mahnen zur Vorsicht beim ersten Zupacken. Diese Sorge ist im Realbetrieb aber unbegründet. Das Bremsverhalten ist eher etwas verhalten und erst beim festeren Zulangen steigert sich die Bremsleistung. Das bedeutet nicht dass die Bremse schlaff wäre, aber im direkten Vergleich zur KTM 890 Duke R, wo man den Hebel nur zärtlich anlegen muss und sofort brachiale Verzögerung erlebt, ist sie eben weniger aggressiv. Noch ein Punkt der die Zugänglichkeit der Triumph Street Triple RS unterstreicht.

Die serienmäßig aufgezogenen Pirelli Diablo Supercorsa SP V3 konnten (bei durchwegs trockenen, beinahe optimalen Verhältnissen) auf ganzer Linie überzeugen. Auf über 400 Kilometern und nach hunderten Kurven stieg ich ohne Rutscher und mit einem breiten Grinsen im Gesicht vom Motorrad. Ein tauglicher Reifen der in Kombination mit der relativ vorderradorientierten Sitzposition auf der Triumph sicher auch auf der Rennstrecke eine gute Figur macht. Auf regennasser Fahrbahn bei Temperaturen um den Gefrierpunkt gilt das naturgemäß weniger diese Erfahrung konnte ich mir glücklicherweise ersparen.

Triumph Street Triple RS - Fahrverhalten auf der Landstraße

Jetzt gehts ans Eingemachte: Ist die Street Triple RS also die optimale Wahl für den flotten Landstraßenritt? Der Schaltassistent (up & down) der in jedem Drehzahlbereich sanft aber präzise funktioniert und ein fast komplettes Elektronikpaket (kein Kurven-ABS!) ließen in Kombination mit dem bisher Erwähnten vermuten, dass die Antwort ein eindeutiges Ja! ist. Ist sie aber leider nicht, die Street Triple RS kann vieles sehr gut, aber ist dennoch nicht perfekt.

So ist man es 2020 z.B. nicht mehr gewohnt, dass das Ansprechverhalten im Sport-Modus leicht ruppig ist. Ein modernes Ride-by-wire System sollte hier über die Fahr-Modi noch eine stärkere Unterscheidung zwischen Einsatz auf der Rennstrecke, mit digitalem Ansprechverhalten, und dem sportlichen Landstraßen-Fahren machen. Hier hat man es mit unterschiedlichen Grip-Niveaus zu tun, speziell in tieferer Schräglage ergibt sich gerade in engen Kehren ein unrundes Fahrverhalten, wenn es einem das Motorrad nicht erlaubt feinfühlig ans Gas zu gehen. Zudem ist die Streety im direkten Vergleich, trotz einem fahrfertigen Gewicht von lediglich 187 Kilo weniger handlich als die Konkurrenz aus Mattighofen. Freilich muss man erwähnen, dass die Triumph dafür eine deutlich höhere Stabilität in länger gezogenen Kurven bietet.

Triumph Street Triple RS – Ausstattung und Konnektivität zeigen Licht und Schatten

Das 5 Zoll TFT-Farb-Display sehr hell, bei meiner Größe/ gewählten Sitzposition aber aufgrund des Winkels nicht wirklich gut ablesbar. Zudem ist leider keine der vier Darstellungs-Varianten wirklich übersichtlich. Positiv ist hingegen zu erwähnen, dass man alle elektronischen Helferlein ganz nach den individuellen Vorlieben anpassen kann. Die Menüführung ist grundsätzlich logisch aufgebaut und man findet nach einiger Zeit, oder wenn man schon andere Triumph-Modelle der vergangenen Jahre gefahren ist entsprechend schneller, zu Recht.

Bis man versucht sein Smartphone via Bluetooth mit dem (aufpreispflichtigen) My Triumph Konnektivitätssystem zu verbinden. Nach zahllosen Versuchen, bei denen entweder das Handy oder die Einheit im Motorrad meldet, dass ein Verbindungsfehler vorliegt, habe ich dann doch eine Verbindung zusammengebracht. Die Navigation wollte allerdings dennoch nicht klappen und die App zeigt an, dass kein Motorrad verbunden ist, obwohl die Meldung Paarung erfolgreich im Display erscheint. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Triumph auf der Homepage die Smartphone-Modelle angibt, mit denen die App getestet wurde und das von mir benutzte iPhone Xr nicht darunter ist (der Vorgänger iPhone X aber sehr wohl). Auf der Tiger 900 Rally Pro, die dasselbe Modul nutzt konnte ich die Navigationsfunktion nutzen. Hoffentlich bessert Triumph hier noch mittels Software-Update nach. Die derzeitige Version ist jedenfalls nur bedingt zu empfehlen.

Im Vergleich zu anderen Herstellern (z.B. KTM) positiv: In der Topversion RS ist, mit Ausnahme der Konnektivitätseinheit, wirklich alles serienmäßig an Bord. Auch die My Triumph App steht kostenfrei zum Download zur Verfügung, während für die vergleichbare KTM MyRide App 8,99 € fällig werden.

Fazit: Triumph Street Triple 765 RS 2020

Nach wie vor ist das RS-Topmodell unter den Street Triples tatsächlich das erstrebenswerteste. Neben dem gewohnt spielerischen Handling, den superdirekten Brembo-Bremsen und dem quirligen Charakter des Dreizylinder-Motors kommt nun noch eine bauchigere Drehzahlmitte, aufgerüstete Elektronik sowie eine Brembo M50-Bremse und die nochmals verschärfte Optik dazu. Dank der sehr sportlichen Pirelli Supercorsa SP V3-Bereifung sind Trackdays tatsächlich ein ernstes Thema, der nun serienmäßige Schaltassistent mit Blipper-Funktion erhöht den Anreiz, auf das neue Modell umzusteigen enorm. Ein herrliches Spaßgerät sowohl für Landstraße als auch Rennstrecke!


  • phantastisch quirliger Motor
  • hoher Qualitätsstandard
  • Quickshifter mit Blipper serienmäßig
  • röhriger Sound
  • exzellente Brembo M50-Bremsanlage
  • ABS und Traktionskontrolle Serie
  • sportliche Optik
  • wenig Gewicht
  • etwas komplizierte Menüführung
  • Konnektivitätssystem bugged
  • Einstellschrauben an der Gabel schlecht zugänglich

Bericht vom 12.07.2020 | 41.597 Aufrufe

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