Test der überarbeiteten Yamaha Tracer 900 und Tracer 900 GT 2018

Fahrwerk, Radstand, Aerodynamik – alles dreht sich um Stabilität

Yamaha überarbeitet 2018 das beliebte Sport-Touring-Modell Tracer 900 und nimmt sich dabei beherzt der kritischen Stimmen aus dem Markt an. Es wurde offensichtlich penibel zugehört und analysiert, denn nahezu alles ist beim neuen Modell ein klein wenig besser geworden. Als Spezialisten für den drehmomentstarken Cross-Plane-Dreizylinder entsandte man mich, MEX, ins sonnige Spanien zum Pressetest der japanischen Allzweckwaffe.

Die Eckdaten waren auf der Eicma bereits publiziert und weckten sofort Interesse. Die Schwinge wurde um sage und schreibe 6 cm (!) verlängert. Ob das noch dem bekannt sportlich-agilen Tracer Konzept treu bleiben wird? Die Spannung war groß. Für diejenigen Leser, welche die ursprünglich 2015 vorgestellte Version nicht kennen, sei angemerkt: Die Yamaha Tracer 900 ist genau das Bike für alle Interessenten denen die MT-09 zu einseitig auf sportlichen Landstraßenbetrieb ausgelegt war. Sie bietet mehr Komfort, mehr Windschutz, mehr Reichweite und natürlich auch mehr Optionen bezüglich Gepäcksystemen und Stauraum.

Test der überarbeiteten Yamaha Tracer 900 und Tracer 900 GT 2018

Optischer Feinschliff an der Yamaha Tracer 900

Am besten unterscheiden kann man die neue Version der Tracer 900 beim Blick auf das Windschild. Die Formgebung ist hier nun allgemein etwas breiter. Mit zusätzlichen, markanten Ausformungen im unteren Bereich der Scheibe wird der Fahrtwind besser über den Lenker und die Handguards geführt. Die Veränderungen an der Front- und Seiten-Verkleidung fallen erst beim zweiten Blick so richtig ins Auge. Die zerklüftete Linienführung rund um die Scheinwerfer wurde etwas gemildert und mehr plane Flächen integriert. Ähnlich gingen die Designer bei den seitlichen Windabweisern und der Tankverkleidung vor, die Formgebung wurde etwas runder und gleichmäßiger. Ganz neu sind auch die Handprotektoren. Die ausladende und spacige Anmutung der Teile am Vorgängermodell wich nun einer kompakteren und weniger aufwändigen Gestaltung. Der klare Vorteil liegt hier aber in der besseren Aerodynamik. Zusammen mit dem überarbeiteten Windschild - welches sich nun übrigens mit einer Hand wunderbar einfach in der Höhe justieren lässt - und dem um 1,6 cm schmäleren Lenker wurde eine merklich bessere Aerodynamik für Fahrten bei hoher Geschwindigkeit erzielt.

Plus 6 Zentimeter an der Schwinge

Wo wir doch schon beim Thema Hochgeschwindigkeitsstabilität sind - hier kommt auch die überarbeitete Schwinge ins Spiel. Ganze 6 Zentimeter sind eine Ansage und können als tiefer Eingriff in die Geometrie des Fahrzeuges bezeichnet werden. Warum macht Yamaha das? Wer die Vorgängerin nicht selbst gefahren ist, möge einen Blick in diverse Testbericht werfen. Das wunderbare, spielerische Handling der Tracer 900 war unter gewissen Umständen ein zweischneidiges Schwert. Bei sehr hohem Tempo etwa oder auch starker Zuladung, beispielsweise mittels Topcase oder Sozia, konnte sich das Motorrad unschön aufschaukeln. Dem wurde nun mit der verlängerten Schwinge ordentlich entgegengewirkt. Zulasten der Agilität? Glücklicherweise nur minimal. Hier ist Yamaha ein toller Kunstgriff gelungen. Das Bike liegt tatsächlich spürbar stabiler, büßt aber kaum etwas von dem spielerischen und sportlichen Handling ein, welches die Fangemeinde, wie auch ich, an ihr seit jeher so mochten. Einzig die Wheelie-Qualitäten sind nun deutlich schlechter. Stieg die Vorgängerin noch im zweiten Gang mittels kräftigem Dreh am Gashahn auf, macht die neue Tracer 900 jetzt nur noch im Ersten Männchen. Diese Information nur am Rande, entscheidendes Kaufkriterium wird das wohl keines sein. Für Interessenten, die noch mehr Spaß und Action im Sattel spüren wollen, gibt es die perfekte Alternative in Form des nacktes Schwestermodells MT-09 bzw. MT-09 SP.

Das Fahrwerk an der Yamaha Tracer 900 und Tracer 900 GT

Feinschliff betrieben die Ingenieure aus Japan auch beim Thema Fahrwerk. Beim Standardmodell wurde das Dämpfungsverhalten am Heck nun einen Tick straffer abgestimmt, was sich meines Erachtens bei flotter Fahrt positiv bemerkbar macht. Allgemein ist das Fahrwerks-Setup ganz ordentlich und zur Fahrzeugkategorie passend ausgeführt. Bekanntlich ist das Bessere aber des Guten Feind dieses Sprichwort kann sehr gut beim Umstieg auf die Tracer 900 GT angewandt werden. War die versammelte Journalistentruppe vormittags noch mit dem Standard-Bike unterwegs, durfte am Nachmittag auf der Premiumvariante in Form der GT-Version Platz genommen werden. Hier spürt man sofort, dass das Fahrwerk eine andere Hausnummer ist. Sowohl die Gabel an der Front als auch der Dämpfer im Heck sprechen feiner auf kleine Fahrbahnunebenheiten an. Zudem liegt die GT insgesamt satter am Asphalt und erfreut den Fahrer mit einem sehr transparenten Feedback. Das güldene 41mm Kayaba Federelement an der Front ist voll einstellbar in Druck- und Zugstufe sowie auch in der Federvorspannung, das Federbein erlaubt die Anpassung der Zugstufe sowie hydraulisch, mittels externem Handrad die Adjustierung der Vorspannung auf verschiedene Beladungszustände.

Tracer 900 GT – zahlt sich der Griff zur Premium-Variante aus?

Abgesehen vom Fahrwerk kann die GT auch noch mit weiteren tollen Komfortfeatures glänzen. Im Cockpit überrascht ein hochwertig anmutendes Farbdisplay, welches man in ähnlicher Form bereits von der R1 oder der MT-10 SP kennt. Während sich Fahrer der Standard Tracer mit einem etwas globigen Teil, welches ursprünglich schon in der Super Ténéré Verwendung fand, begnügen müssen. Dieses ist zwar ebenfalls perfekt ablesbar und hält alle relevanten Informationen für den Fahrer bereit, wirkt aber ein bisschen in die Jahre gekommen.

Eine tolle Sache an der Yamaha Tracer 900 GT sind auch die Heizgriffe, welche sich in drei Stufen mittels der übersichtlichen Bedienelementen am Lenker verstellen lassen. Wer jemals welche hatte, wird sie nicht mehr missen wollen. Bei kühlen Witterungsbedingungen ein echter Segen. Für ausgedehnte Touren findet sich auch ein Tempomat an Bord. Dieser Funktioniert ab 50 km/h in den Gängen 4 bis 6. Die Bedienung erfolgt auch hier intuitiv über einen dreiteiligen Wählschalter am linken Lenkerende. Käufer der Premiumvariante werden darüber hinaus noch mit einem Schaltautomaten für zügiges Hochschalten belohnt. Das verbaute System hat sich bereits in der MT-09 bewährt und funktioniert im positiven Sinne unauffällig. Serienmäßig sind an der GT zudem 2 Stück Hardcase-Koffer verbaut, die jeweils 22 Liter fassen. Dank einer zum Fahrzeug passenden Lackierung fügen sie sich unaufdringlich in das Gesamterscheinungsbild mit ein und bieten echten Mehrwert für ausgedehnte Touren.

Verbesserungen auch beim Komfort für große Fahrer und -Beifahrer.

Für mehr Komfort sorgte Yamaha unter anderem auch mit einer Überarbeitung der Sitzbank. Kontur und Machart unterscheiden sich vom Vorgängermodell. Subjektiv hätte ich auch die Verwendung von einem etwas härteren Schaumstoff attestiert. Den Zugewinn von 5mm Höhe spüren aber wohl nur ganz sensible Naturen. Sehr praktisch auch die weiterhin in der Höhe verstellbare Sitzbank. Ohne Werkzeug kann sowohl bei der Tracer 900 als auch bei der Tracer 900 GT zwischen einer Sitzhöhe von 850 und 865 mm Variiert werden. Ein oftmals erwähnter Kritikpunkt an der 2015 vorgestellten Version war die Sitzposition der Sozia bzw. des Sozius. Hauptgrund war die zu hoch angebrachte Rastenanlage für den Hintermann. Dem hat man sich angenommen und die entsprechenden Teile überarbeitet, rund 3cm tiefer hat der Passagier hinten drauf die Füße nun platziert. Etwas mehr Platz hat man ebenfalls geschaffen, indem der Heckrahmen samt Sitzbank 2cm länger wurde. Dies harmoniert meiner Meinung nach auch optisch mit der verlängerten Schwinge sehr gut.

Kritik sein mir an dieser Stelle mit meinen 1,90 m und der Schuhgröße 46 erlaubt. Waren die nach unten versetzten Fußrasten für den Hintermann zuvor noch als Lob verbucht, muss hier gesagt sein, dass Fahrer mit großen Füßen merklich in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Speziell dann, wenn man als Pilot eine sportliche Sitzposition einnimmt, die Ferse nach hinten wandert und nur die Fußballen auf den Rasten ruhen. Schätzungsweise ab Größe 44/55 wird es mit dem Platz knapp. Abgesehen von dieser Tatsache ist der Komfort für großgewachsene Piloten als sehr gut zu bezeichnen. Abhilfe kann natürlich schnell mit einer verstellbaren Rastenanlage aus dem Zubehör geschaffen werden.

Yamaha Tracer 900 – Eckdaten

Die motorischen Eckdaten bleiben im Übrigen zur alten Tracer 900 gleich. Der Dreizylinder schiebt nach wie vor mit seinen 115 Pferden aus 847 Kubik mächtig an. Die 87,5 Newtonmeter Drehmoment drücken den Gummi in allen Fahrsituationen kraftvoll in den Asphalt. Mit dem Tankvolumen von 18 Litern kommt man laut Angaben von Yamaha mindestens auf eine Reichweite von 300 Kilometern. Beim Gewicht legte man um 2 Kilogramm zu, so dass nun die Zahl 214 im vollgetankten Zustand auf der Waage erscheint.

Ebenfalls wurden die hilfreichen Features die man bereits seit längerem von der Yamaha Dreizylinder-Familie kennt, übernommen. Da wäre Die Anti-Hopping Kupplung, die ein Stempeln des Hinterrades beim harten Ankern vor Spitzkehren zuverlässig verhindert und natürlich auch noch die dreistufige Traktionskontrolle, welche nicht ganz sanft aber dennoch vor ungewollten Powerslides schützt. Die D-Modes, wie Yamaha seine Einstellungen zur Veränderung der Motorcharakteristik nennt, wurde für die Tracer 2018 nochmal etwas verfeinert. Es stehen drei Stück zur Auswahl: A (sehr direktes Ansprechverhalten), STD (Standard) und zuletzt noch B (defensives, sanftes Ansprechverhalten).

Sinnvolles Zubehör aus den Regalen von Yamaha

Wer Wert auf Individualität legt, sollte auch einen Blick in den umfangreichen Zubehörkatalog von Yamaha werfen. Beim Thema Optik und Sound empfiehlt sich die optionale Akrapovic Komplettanlage. Sie sieht toll aus, ist dank Verwendung von Titan und Carbon leichter, und klingt zudem erwachsener als das Original. Eine tolle Sache für Ganzjahres-Fahrer ist mit Sicherheit die beheizbare Komfortsitzbank. Für Piloten die des Öfteren auch nachts unterwegs sind oder sein müssen, empfehlen sich auch die hübsch verarbeiteten LED Zusatzscheinwerfer.

Yamaha Tracer 900 und Tracer 900 GT Preis 2018

Preise in Österreich: Tracer 900 - € 12.299,- / Tracer 900 GT - € 13.999,-

Preise in Deutschland: Tracer 900 - € 10.595,- / Tracer 900 GT - € 12.195,-

Preise in der Schweiz: Tracer 900 - CHF 12'590,- / Tracer 900 GT - CHF 13'590,-

Fazit: Yamaha Tracer 900 2018

Die sportliche Allzweckwaffe von Yamaha wurde weiter verbessert. Sie ist das perfekte Bike für alle, denen die nackte MT-09 zu spartanisch auf sportliche Landstraßenfahrten ausgelegt ist. Dank der längeren Schwinge sowie der besseren Aerodynamik sind mit dem Jahrgang 2018 auch die Hochgeschwindigkeitsprobleme, mit welche die Vorgängerin zu kämpfen hatte, großteils eliminiert. Die Premiumvariante in Form der Tracer 900 GT legt noch einen oben drauf und kann mit tollen Komfortfeatures zusätzlich überzeugen.


  • Kraftvoller Motor
  • Gelungene Überarbeitung des Fahrwerks
  • Fahrspaß garantiert
  • Bessere Stabilität als bei der Vorgängerin
  • Gelungene Überarbeitung der Aerodynamik
  • Komfortgewinn für Sozius
  • Sozius Rastenanlage schränkt Bewegungsfreiheit ein
  • Display wirkt in die Jahre gekommen
  • ABS und Traktionskontrolle nur auf Basisniveau

Fazit: Yamaha Tracer 900 GT 2018

Die sportliche Allzweckwaffe von Yamaha wurde weiter verbessert. Sie ist das perfekte Bike für alle, denen die nackte MT-09 zu spartanisch auf sportliche Landstraßenfahrten ausgelegt ist. Dank der längeren Schwinge sowie der besseren Aerodynamik sind mit dem Jahrgang 2018 auch die Hochgeschwindigkeitsprobleme, mit welche die Vorgängerin zu kämpfen hatte, großteils eliminiert. Die Premiumvariante in Form der Tracer 900 GT legt noch einen oben drauf und kann mit tollen Komfortfeatures zusätzlich überzeugen.


  • Kraftvoller Motor
  • Top Fahrwerk
  • Fahrspaß garantiert
  • Bessere Stabilität als bei der Vorgängerin
  • Gelungene Überarbeitung der Aerodynamik
  • Komfortgewinn für Sozius
  • Tempomat
  • Heizgriffe
  • Schaltautomat
  • Hübsches Farbdispay
  • Sozius Rastenanlage schränkt Bewegungsfreiheit ein
  • ABS und Traktionskontrolle nur auf Basisniveau

Bericht vom 17.04.2018 | 159.954 Aufrufe

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