Yamaha MT-10SP Test

Yamaha Naked auf R1M Basis

Wenn 160 Pferde an der Kette zerren und der Radstand nur 1.400 mm beträgt dann weißt Du, dass es ein großartiger Tag wird. Die neue Yamaha MT-10 SP ist ein Traummotorrad für Nakedbike Fans. NastyNils testet.

Die tüchtigen Arbeiter hier auf den Ladeflächen der Trucks beweisen Geschmack. Sie sitzen auf den Pickups und geraten in Euphorie sobald sie uns mit den MT-10 Nakeds erblicken. Mit unmissverständlichen Gesten machen sie uns klar, dass es nur einen Weg an ihnen vorbei geben darf. Auf einem Rad! Gut dass die Yamaha MT-10SP so leiwand wheelt.

Yamaha MT-10 SP 2017: Wheelt leiwand!

Doch die Yamaha auf eine Proleten-Fuhre für Wheelyorgien zu reduzieren wäre ein grober Fehler. Denn in dem Motorrad steckt viel mehr als die aggressive Optik vermuten lässt. Wir fuhren beim Test insgesamt fast 400km und das neue Highend Nakedbike von Yamaha begeisterte mit so unterschiedlichen Aspekten.

2017 eine Sahnestück: Der Yamaha MT-10 Motor

Beginnen wir mit dem Herzstück, dem Motor. Das CP4 Aggregat war schon bisher in der MT-10 ein gutes Stück. Doch für 2017 bekam das Aggregat ein kleines Upgrade in Form eines neuen Mappings und einen Quickshifter spendiert. Dieses Upgrade kommt übrigens auch in die 2017er Modelle der Standard MT-10. Damit wurde das Ansprechverhalten vom Motor sanfter und insgesamt geradezu gespenstisch perfekt. Im unteren Drehzahlbereich hat der Motor alle Manieren die man in der Stadt oder beim Zirkeln durch den Stau so schätzt. Er hängt präzise und sauber am Gas, hat keine Lastwechsel und präsentiert sich beinahe so steril wie ein Elektromotor. Eine echte Freude ist es auch im Teillastbereich durch die Landschaft zu cruisen. Auch hier verspürt man nicht die geringste Unruhe und erlebt technokratische Perfektion vom Feinsten. Schon jetzt punktet das CP4 Aggregat mit einem grandiosen direkten Gefühl für das, was am Hinterreifen so abgeht.

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Yamaha MT-10 2017: Das Inferno im oberen Drehzahlbereich

Emotional wird die Maschine erst wenn man den Gasgriff richtig umlegt. Dann plötzlich zeigt das Motorrad die dunkle Seite Japans. Begleitet von einem heiseren Kreischen dreht der Motor schnell und von einem irren Druck begleitet nach oben. Die MT-10 wird oben raus richtig böse und oft erwischt man sich dabei, dass man viel zu früh den nächsten Gang einlegt. Schlicht und ergreifend deshalb, weil man bei Tempo 160 gerne mal das Vorderrad zurück auf den Boden bringt.

Denn erstaunlicherweise bietet die Traktionskontrolle in Stufe 1 zwar Highsiderschutz. Am Kurvenausgang werden Wheelys jedoch trotzdem zugelassen. Wie auch immer die Japaner das geschafft haben: Aber genau so muss das bei einem Nakedbike gemacht werden. Denn Wheelysieren gehört beim Nakedbike zu einem normalen Fahrzustand. Da möchte ich nicht zuerst erstmal im Menü rumfummeln um mir die Genehmigung für einen Wheely einzuholen wenn am Straßenrand ein Hab-Acht der MT-10SP gefordert wird.

Radikaler Radstand: 1400 mm

Der kurze Radstand von 1.400 mm sorgt natürlich auch dafür, dass die Maschine einfach aufsteigt. Sie aber kontrolliert oben zu lassen, ist dann bei einer solch radikalen Geometrie jedoch durchaus eine Herausforderung. Eine tolle Quickie Maschine - die MT10 von Yamaha. Warum auch immer. Insgesamt wirkt das Motorrad trotzdem nicht nervös. Sie lenkt willig aber nicht hyperaktiv ein und hat auch beim Beschleunigen am Kurvenausgang keine nervösen Zuckungen. Sie vermittelt in jeder Lebenslage sehr viel Vertrauen und man traut sich rasch am Kurvenausgang, noch in Schräglage, das Motorrad mit einem leiwanden Wheely auf die nächste Gerade zu schicken.

Am Kurveneingang sorgen das elektronische Fahrwerk und natürlich die Anti-Hoppingkupplung zuerst für Stabilität in der Bremszone. Im Radius hat man ein sattes Gefühl für das Vorderrad und kann das Motorrad problemlos über den Lenker oder aus der Hüfte raus dirigieren.

Yamaha MT-10 SP: Öhlins Electronic Suspension

Das elektronische Fahrwerk von Öhlins (übrigens made in Japan und nicht made in Sweden) taugt mir auch in der MT-10 gewaltig. Wer an Öhlins denkt, denkt natürlich oft an Rennstrecke. Doch als elektronisches Fahrwerk bietet es einfach so viel mehr als bloß tiefe Rundenzeiten. Es bietet mehr Sicherheit, weil das Fahrzeug in der Bremszone stabiler wird. Schlicht und ergreifend deshalb, weil die Öhlins-Blackbox bei harten Bremsmanövern vorne an der Gabel die Druckstufe zu macht. Das vermeintliche Racing-Fahrwerk bietet auch mehr Komfort, weil es bei schlechten Straßen für eine softe Dämpfung sorgt. Es ist so, als hätte man einen perfekt ausgebildeten Fahrwerksingenieur am Beifahrersitz sitzen, welcher während der Fahrt ständig das Setup für den aktuellen Fahrzustand anpasst. Damit ist für mich die SP Version keinesfalls nur ein toller Tipp für Hobbyracer die gerne auf die Rennstrecke gehen. Sondern die SP Version ist für jeden Motorradfahrer und jede Motorradfahrerin da draussen die bessere Wahl, weil sie mit dem elektronischen Fahrwerk vielseitiger, komfortabler, schneller und sicherer wird.

Yamaha MT-10 SP Design

Offen gesagt finde ich alle Details vom Motorrad, auch die Front, großartig. Doch beim Gesamteindruck springt der Funke irgendwie nicht über. Irgendwie fehlt mir eine harmonische Designlinie an dem Motorrad. Das große Ganze sozusagen. Doch trotzdem bin ich froh darüber, dass Yamaha diesen Weg geht. Die MT-10 ist kein 08/15 Nakedbike aus Japan und das stellt sie mit der radikalen Optik unmissverständlich dar.

Yamaha MT-10 SP 2017: Erstaunlich vielseitig.

Erstaunlicherweise bietet die markante Frontmaske auch einen richtig guten Windschutz bis ca. 150 - 160 km/h. Man sitzt auch mit 185 cm richtig gut im Sattel und die knapp 400 km mit der MT-10 waren ein großer Genuss. Das war für mich dann am Ende des Tages auch die größte Sensation. Die MT-10 SP ist eine komplett kranke Funmaschine welche schon beim Motor wie beschrieben die Grätsche zwischen pragmatischem Nutzen und Emotion großartig hinkriegt. Die MT-10 ist auch in der SP Version nicht nur ein Supersportler ohne Verkleidung. Man sitzt großartig auf ihr, kann aber trotzdem super sportlich fahren. Das macht die MT-10 SP zu einem unglaublich vielseitigen Motorrad. Im Yamaha Zubehörprogramm findet man viele Möglichkeiten das Motorrad weiter zu individualisieren. Damit kann man sie sich gerne mit Zubehör zu einer Art Fazer 2017 machen und wird viel Freude daran haben. Oder man montiert ein paar böse Teile von Gilles, ABM oder Rizoma und macht sie zu einem wütenden Streetfighter.

Yamaha MT-10 SP: Feinste Ware sorgt für feine Fahrerei

Als Testpilot fällt es schwer hier negative Aspekte zu entdecken. Yamaha hat hier einfach überall sündhaft teures Zeug reingestopft. Dieser mächtige Rahmen, diese Schwinge, das Öhlinsfahrwerk und der mörderische Motor - man muss kein Hellseher sein um zu erkennen, dass dieses Motorrad einfach herrlich fahren muss. Am Ende kann man nur am Preis herumnörgeln oder sich daran stoßen, dass Yamaha nicht noch einen Schritt weiter gegangen ist. Die IMU mit der Gyrosensorbox aus der R1 ist zum Beispiel nicht mit an Bord. Damit regelt die Traktionskontrolle nicht abhängig von der Schräglage. Was auf der Straße kein Problem ist, aber auf der Rennstrecke bei tiefen Rundenzeiten zu viel Reserven in der Regelung erfordert.

Am Ende wird es aber dann die Optik sein, welche über kaufen oder nicht kaufen entscheidet. Denn kalt lässt der Auftritt der MT-10 SP niemanden. Wer sie optisch cool findet, wird sie im Sattel lieben. Denn sie kann das was die Optik verspricht und legt oben drauf aber jede Menge Vielseitigkeit mit drauf.

Yamaha MT-10 SP Preis

Die Yamaha MT-10 SP kostet in Deutschland 16.495 Euro, in der Schweiz 17.790 CHF und in Österreich inklusive unserer geliebten Nova 19.199 Euro. Aktuelle Preise von Yamaha Händlern hier.

Yamaha MT-10 SP Video

Das umfangreiche Testvideo aus Kapstadt geht am Samstag den 11. März um 20 Uhr auf 1000PS TV online.

Fazit: Yamaha MT-10 SP 2017

Die Yamaha MT-10SP begeistert beim Test mit einem hohen Maß an Perfektion in Kombination mit einer Wagenladung Emotion. Selten gelingt es japanischen Herstellern so tief in die Domäne der Europäer einzudringen. Das Motorrad fährt bei Bedarf sehr böse, kann aber auch ganz zivil im Stadtverkehr genutzt werden. On Top bekommt man noch viel Fahrkomfort spendiert. In Summe ein hervorragendes Universaltalent das deutlich mehr kann als nur böse auszusehen.


  • grandioser Sound
  • hochwertiges Fahrwerk und Chassis
  • angenehmer Windschutz
  • überraschend angenehme Sitzposition
  • tolles Ansprechverhalten vom Motor
  • keine Traktionskontrolle mit Gyrosensor - wäre das Sahnehäubchen bei ernstem Rennstreckeneinsatz
  • Schaltassistent nicht makellos

Bericht vom 05.03.2017 | 116.364 Aufrufe

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