Honda CTX1300/CTX700N

Die Honda CTX1300 und CTX700N im Test. Mutig, anders und erfrischend.
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Honda CTX1300 und CTX700N

Jetzt hat sich Honda schon wieder was getraut...und lehrt uns, warum man an alle Dinge vorurteilsfrei herangehen muss.
 
Sofern es sich um normale Straßen- und nicht Sportmotorräder handelt, hat die kleinere Kubatur der größeren gegenüber immer das Nachsehen. Erst recht, wenn zwei Cruiser die Stirnen gegeneinanderpressen. Aus solcherlei Kräftemessen ist der Spruch No Replacement for Displacement Hubraum ist durch nichts zu ersetzen entstanden, wobei der Ursprung wohl eher in der amerikanischen V8-Geschichte zu suchen wäre. Deshalb war die Begegnung der beiden Exoten CTX700N und CTX1300 nie als Aufeinander-, sondern vielmehr Zusammentreffen geplant.

Wir verachten Anderssein. Leider.

Vom Namen her zwar nächstens verwandt, würde ich die besonderen bis sonderbaren Konzepte eigentlich nicht in einer Familie zusammenfassen. Dafür ist die 700er zu nackt und flink, die 1300er zu gediegen und erhaben, trotzdem sind sie beide Custom Tourer.

Honda hat die wirtschaftlichen wie technischen Möglichkeiten, derartig Andersartiges am Markt zu probieren, ohne bei einem Flop gleich das finanzielle Gerüst der Firma zum Einsturz zu bringen. Man könnte deshalb die Behauptung aufstellen, dass Honda der Grund für effektive Lernprozesse fehle, nämlich schmerzhaftes, folgenschweres Scheitern. Man könnte ihnen aber auch dankbar sein, dass sie sich mit einem ausgeprägten Pioniergeist und erfrischender Kreativität einem gewissen spielerischen Leichtsinn hingeben, den man Lebendigkeit nennen könnte.

Wir verachten Anderssein leider flächendeckend und ächten sie mit erschreckender Konsequenz und Brutalität, obwohl die Vielfalt zu unseren größten Geschenken zählt. Ich begrüße also Konzepte wie die CTX-Baureihe und andere mutige Feldversuche diverser Hersteller, denn Motorradfahren hatte für mich schon immer was mit Anderssein zu tun, im Sinne von sich als individuell, unverwechselbar und eigenverantwortlich zu begreifen.

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Wer das Antlitz der CTX in die Dunkelheit wirft, kann die große Fledermaus rufen. Die Koffer müssten normalerweise weiter Richtung Boden, doch sind die Auspuffrohre im Weg.
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Honda CTX1300 und CTX700N
(65 Fotos)
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Beginnen wir also beim zweitbesten Protagonisten in diesem Duett, der CTX1300. Angetrieben wird der 338 Kilogramm schwere und fast 2,4 Meter lange Cruiser von dem aus der Pan European bekannten, 1.261 Kubik großen und hier 84 PS starken V4-Motor mit Flüssigkeitskühlung und 8 Ventilen. Ein Drehmoment von 106 Nm bei nur 4.500 Touren sorgt für angemessenen, souveränen Vortrieb bei einer dieser Statur entsprechenden Fahrweise.


Bagger mit Vatis Aktenköfferchen.


 

Die Kraft wird über ein 5-Gang Getriebe und eine Kardanwelle an das Hinterrad mit einem imposanten 200/50-17 Zoll Reifen übertragen. Optisch orientiert sich die CTX am Bagger-Stil, mit typisch gechopptem Windschild, Halbverkleidung an der Front und natürlich Seitenkoffern. Diese erinnern leider mehr an Vatis Aktenköfferchen denn an die normalerweise tief heruntergezogenen, überdimensionierten Kästen amerikanischer Bauart. Insgesamt aber wollte Honda keinen Old-School Bobber imitieren, sondern eine moderne Interpretation davon entwerfen.

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Die Instrumentenlandschaft auf solchen Schiffen hat immer was von einem Auto, schließlich ist ja auch der Preis ähnlich. Das Radio läßt sich mit großzügig bemessenen Knöpfen einstellen, was ich trotzdem nicht geschafft habe.
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Komfort nicht auf Goldwing-Niveau.

Technisch ist die CTX sowieso topmodern und sogar mit einer 43mm Upside-Down-Gabel ausgestattet. Hinten kümmern sich zwei kaum sichtbare Federbeine um Kurs und Komfort, obschon letzterer gerne einem höheren Standard gerecht werden könnte, von Goldwing-Niveau ist man doch etwas entfernt. Beim Bremsen gibt sich Honda wie gewohnt keine Blöße, mit zwei 310 mm Scheiben vorne und einer 315 mm Scheibe hinten mit je einer Dreikolbenschwimmsattel-Bremszange (!) ist das Straßenschiff potent ausgestattet und kommt rechtzeitig zur Ruh, wenn der Reiter es gebietet. Der tut sich auf einer Sitzhöhe von nur 735 mm denkbar leicht beim Stehenbleiben. Das Gefühl im Sattel ist wahrlich herrschaftlich, denn der lange, wohlgeformte Vorbau ist Teil der Kulisse. Der weit nach hinten gezogene Lenker erlaubt eine königlich entspannte Haltung, erschwert aber den Zugang zu den beiden Handschuhfächern, die genau darunter liegen. So muss man beim Einstecken und fädeln des iPods die Hände zum Origami falten.

Als nicht minder herausfordernd sollte sich das schlichte Einschalten des Radios herausstellen, das ich den gesamten Test über nicht zum Laufen gebracht habe. Aber egal, dann höre ich mir eben das Gesäusel des V4-Aggregats an, das die CTX nicht aufregend aber kraftvoll beschleunigt.

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Etwas mehr Schräglage, bitte.

Vor dem Gewicht muss man keine Angst haben. Selbst mit einem Schispringer würde der rote Cruiser zwar an der 400 Kilo-Marke kratzen, aber Fahrbarkeit ist ein zentrales Thema bei Honda und die CTX dabei keine Ausnahme. Das Vorderrad nickt beim Einlenken leicht in den Radius ein, um den sanften Koloss dann neutral und ruhig durch die Kurve zu geleiten. Nachdem man nach ein paar Turns die Dynamik verstanden hat, sind es bald die Fußrasten, die den Fahrer an die Grenzen der Physik großer Gegenstände erinnert. Ich weiß schon sehr genau, dass man mit gewissen Motorradtypen gewisse Dinge nicht macht, aber etwas mehr Schräglagenfreiheit darf man hier verlangen, zumal Honda selbst den sportlichen Anspruch mit einer serienmäßigen Traktionskontrolle unterstreicht.

Für diese hatte ich zwar keine Verwendung, aber wenn man schon das Combined-ABS-System serienmäßig montiert, kann man auch gleich die TCS anhängen - warum nicht? Den analogen Anzeigen von Tempo und Drehzahl schenkte ich ebenso wenig Beachtung wie den Zusatzinfos über Benzinstand, Temperatur, Uhrzeit und Tages- bzw. Gesamtkilometern. Dass das Radio nicht ging, war mir gar nicht so unrecht, denn der Windschutz ist meiner Meinung nach nicht ausreichend für den Genuss einer Audioanlage, da lass ich mir den Sound lieber via Bluetooth in den Helm beamen. Die CTX1300 ist ein Gleiter, da braucht es entspannte Musik auf synthetischer Basis mit avantgardistischem Anspruch. Leider kenne ich sowas nicht. Dann wirds halt wieder der Bryan Adams.

 


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Text: kot
Foto:
Kuk

Autor

Bericht vom 12.05.2014 | 31.160 Aufrufe

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