Enduro Zypern

Strand, Berge, Wald und Schotter

"Was machst Du nächste Woche?", fragte mich mein Kumpel und seufzte beim trüben November-Ausblick aus dem Fenster. "Wir fliegen nach Zypern Endurofahren!", war die triumphale Antwort.

Die Insel im südöstlichen Mittelmeer war bisher ein weißer Fleck auf der Endurolandkarte von 1000PS. Sie sollte aber gleichzeitig einen anderen weißen Fleck in unserem Kalender ausradieren - Nämlich die endurofreie Zeit in den Monaten November, Dezember und Jänner. In diesen Monaten reicht es nicht ein paar Kilometer in Richtung Süden zu fahren, dann muss man sich schon ins Flugzeug setzen und mit Direktflug nach Zypern ausweichen.

Vor Ort erwartete uns bereits die reizende Marie mit ihrem aphrodisierenden französischen Akzent. Exclaim Endurotours ist unser Partner für die Endurotour in Zypern und die kleine Truppe ist ähnlich multikulturell aufgestellt wie die lebendige Stadt Limassol hier auf Zypern. Richard Reast, der Mastermind hinter Exclaim Endurtours ist halb Zypriote und halb Engländer und hat jahrelang als Werbemanager rund um den Globus gearbeitet. Seine Frau kommt aus Südfrankreich und nun leben sie mit ihren Kids unweit von Limassol, um hier Endurofahrer aus aller Herren Ländern zufrieden zu stellen. In ihrer kleinen Garage haben sie eine handvoll Betas, Gas Gas und KTMs zu bieten. Groß genug um mit ein paar Kumpels Endurofahren zu gehen, aber eben klein und fein genug um immer noch persönlichen Service anbieten zu können.

Hochstapelei beim Endurofahren bringt tolle Videos

Der persönliche Service beginnt natürlich bei der Wahl des Terrains. Bei der Anmeldung müssen Teilnehmer ihr persönliches Niveau von 1-10 (10=already did the Dakar) wählen. NastyNils sammelte die Anmeldebögen der 1000PS Crew ein und korrigierte von 5,7 und 9 auf jeweils "10+". Wir hatten zwar mit "Zweiradprofi" Alex Pauer einen Enduroneuling mit dabei, doch er war früher mal Motocross Racer. Motocross ist ja auch irgendwie Gelände und daher war das Upgrade von 5 auf 10+ mehr als gerechtfertigt und schließlich sollten am Steilhang ja auch grandiose Videos rauskommen.

Um die Hochstapelei auf die Spitze zu treiben zog ich mein ergaunertes Red Bull Romaniacs Finisher T-Shirt über und schüttelte Richard bei der Begrüssung selbstbewusst die Hand. Er war etwas unsicher, da er seinen Angaben zufolge noch nie 4 Piloten mit Niveau 10+ auf Zypern hatte. Wir schwangen unsere eingerosteten und zum Teil etwas voluminös geratenen Körper auf die Bikes und starteten die Tour.

Von 0 auf 2000 Meter, Palmen und Bäume, Sand und Erde

ie Rahmenbedingungen waren wie erwartet. Die Sonne kitzelte unsere Nase, am Horizont schimmerte das Meer und ein unglaubliches Gefühl von Freiheit und Lebenslust durchströmte unsere Körper. Motorradfahren ist einfach wunderbar, am intensivsten erleben wir es aber immer dann wenn daheim das Wetter lausig ist und wir im Süden der Sonne entgegen reiten. Wir bogen in die ersten Seitenwege ab und auch das Terrain war erstmal wie erwartet. Die Schotterstraßen wanden sich den Berg hinauf und forderten die noch etwas steifen Unterarme. Doch bereits am Vormittag konnten wir die Vielfalt inhalieren, welche Zypern zu bieten hat. Felsige Passagen mündeten manchmal in griffigen und saftigen Flussläufen. Auch Wälder mit riesigen Bäumen und griffiger Erde hatte Zypern zu bieten. Sandige Dünen und Strände aber ebenso.

Doch Richard hatte die 10+ am Anmeldeformular nicht vergessen. Wir erreichten den Kalavasos Damm, welcher mit voluminösen Felsbrocken aufgeschüttet worden ist. Der Anstieg war steil, an schwungvolle Anfahrt war nicht zu denken und Richard zeigte bloß mit ausgestreckter Hand auf den Gipfel. Die Kamera wurde ausgepackt und die besten Zuschauerplätze wurden eingenommen. Wir schickten mit Arlo unseren besten Mann zum Fuße des Dammes und der wohl routinierteste Endurist Österreichs, der große Nesut, ging ebenfalls in Stellung. Kaum waren die beiden Helden in Richtung Damm unterwegs offenbarte uns Richard die Wahrheit. Bisher ist noch kein Endurist bis auf den Gipfel gekommen. Der Gipfelsturm von Arlo versetzte die anwesenden Zyprioten in staunen, doch als sich dann auch noch der große Nesut auf den Gipfel quälte wurde an deren Grundfesten gerüttelt. "Er fuhr bis rauf alles im Sitzen!", stammelten die einheimischen Heroes ungläubig. Man riet uns sofort nächste Woche wieder zu kommen um bei der zypriotischen Enduromeisterschaft mitzufahren - ein Sieg sei uns sicher, meinte Richard. Das Angebot war besonders für den großen Nesut verlockend, der Titel wurde neben seinem bulgarischen Extrem-Endurotitel ins Regal passen.

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Unpackbare Steilhänge him Bikers Paradise

Die Erwartungshaltung für die kommenden zwei Tage war somit auf ein neues Niveau geklettert und Richard fuhr mit uns zu den herrlichsten, intensivsten und steilsten Passagen der Insel. Der Klassiker in seinem Programm, der "Viper Trail" wurde ebenso gefahren wie die unpackbaren Steilhänge im "Bikers Paradise". Dort ist der Name Programm. Irgendeine geologische Fügung des Schicksals hat in ein wunderbares Tal ein paar riesige Erdhaufen aufgeschüttet welche mit einer feinen Schicht Wiese überzogen sind. Die Steilhänge haben teilweise astronomische Ausmaße und sind von den vis-a-vis liegenden Hügeln perfekt einsehbar. Es war die Zeit gekommen für Alex "the MX Racer" Pauer. Eigentlich wollte er für den Enduroausflug mit 1000PS 10 Kilo abnehmen und den Heimtrainer ordentlich in die Mangel nehmen. Es kam anders und er nahm den Pizzaboten in die Mangel und packte nochmal 5 Kilo Plus drauf. Doch sein Speed war infernalisch und der Druck aufs Hinterrad riss eine Furche in den Boden welche beinahe flüssiges Magma austreten ließ. Den steilsten aller Berge nahm er mit unglaublichen Anlaufspeed und der Gasgriff seiner 350er Beta RR wurde vom Handgelenk festgenagelt. Furchen, Steine, Kanten - alles war ihm komplett egal und der Gipfelsturm wurde von den anwesenden Fans mit Demut zur Kenntnis genommen.

Völlerei bei der Mittagsrast - Demütigung am Steilhang

Auch in der 1000PS Gruppe macht sich nun etwas Unruhe breit. Alex wurde eigentlich mitgenommen um auf den Videos für ein paar humorvolle Einlagen am Steilhang zu sorgen. Doch nun brannte er uns alle her. Sein Ego nahm unvorstellbare Ausmaße an und beim abendlichen Bier war er kaum noch zu ertragen. Wir mussten ihm am letzten Tag unbedingt sein Maul stopfen und ihn irgendwo scheitern lassen. Der diabolische Plan wurde gemeinsam mit Richard geschmiedet. Die Mittagspause am letzten Tag fand an einem besonders idyllischen Strandrestaurant statt. Das Lokal ist nicht nur für seine grandiose Aussicht bekannt, sondern auch für die irren Portionen. Bei schönem Ausblick aufs blaue Meer und froher Lebenslust wurde übelst eingeworfen. Auch die arge Ware, also der riesige Pastatopf mit Meeresgetier und obendrauf dann noch eine Nachspeise welche wie ein riesiger Brocken Blei im Magen lag. Wir mussten zu Dritt Hand anlegen um die MX-Hose von Alex wieder zu schließen. Am Parkplatz dann der nächste wichtige Schritt zur Demütigung. Wir nahmen ihm die butterweiche Viertakter weg und meinten es sei an der Zeit die 300er Zweitakter von KTM auszuprobieren. Es war kein aktuelles Modell, sondern noch eine von den alten Modellen mit dem argen Antritt. Diese hatte Richard angeblich mit einem Racingfahrwerk ausgestattet, unserer Meinung nach waren im Inneren von Gabel und Federbein einfach Gewindestangen montiert.

Gelangweilte Schönheiten aus Russland in der Innenstadt

Es war eine wunderbare Aussicht mit der lauwarmen Meeresbrise im Rücken. Die von Gott gewollte Rangordnung wurde wieder hergestellt und Alex erhielt die nötige Erdung zurück zum Boden der Realität. Der Hang war steil, wurde von einer Kurve unterbrochen und just nach der Kurve war auch noch eine Felskante implementiert. Da half kein Motocross-Speed, hier war viel Enduroroutine gefragt. Doch trotz oder gerade wegen der internen Rivalitäten war der letzte gemeinsame Abend in der Innenstadt von Limassol voller Freude und Euphorie durchflutet. Das schönste am Endurofahren sind ja bekanntlich die Gespräche danach. Das Wetter war toll, die Endurorunden waren vielfältig und das Meer im Hintergrund erfüllte unsere Herzen mit Urlaubsfreuden. Zypern ist für uns der neue Fixpunkt in der Endurosaison. Die Anreise ist auch im Winter durch die tollen Flugverbindungen relativ günstig und teilweise sogar ohne Umsteigen möglich. Zypern ist zwar Mitglied der EU und auch Euro-Mitglied aber eigentlich schon Teil Asiens. Man fährt quasi wenige Kilometer vor der israelischen Küste in einem gewohnten Kulturraum bei subtropischen Temperaturen. Englisch spricht in Zypern jeder und in den Hotels und Restaurant kommt man teilweise auch mit Deutsch ganz gut voran. Doch keine Angst: Vor allem die Gegend rund um Limassol ist im Winter keine widerliche Touristenhochburg. Die Stadt pulsiert auch im Winter von Montag-Sonntag. Auffällig war die große Frauenanteil in sämtlichen Lokalen. Auch dieses Geheimnis konnten wir lüften. Reiche Russen haben hier ihren Nebenwohnsitz und während die Manager schwer in Moskau schuften, erholen und entspannen sich die schönen einsamen Frauen 2,5h weiter südlich im sonnigen Zypern. Doch klarerweise galt unsere Aufmerksamkeit zu 100% dem herrlichen Enduroausflug.

Kosten Enduro Reise Zypern

Richard Reast verlangt für Enduroausflüge 179 Euro pro Tag. Dabei sind Motorradmiete, Guide, Benzin und auf Wunsch auch Bekleidung im Preis inklusive. Ein mehrtägiges Enduroabenteuer auf Zypern kann optimal mit einem Urlaub kombiniert oder auch als "Stand-alone" Motorradurlaub gebucht werden. Die Hotels sind im Winter überraschend günstig und selbst 4* Hotels kriegt man um 50-60 Euro die Nacht. Richard liefert am Ende der Tour auch ein cooles Video (siehe hier sein Video vom 1000PS Trip) als kostenlose Zugabe ab.

Das Enduroterrain auf Zypern ist vielfältig und kann Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen glücklich machen. Erfahrene Enduristen werden in Rumänien und auch in der Toskana schwierigere Passagen vorfinden, weil dort die schweren Passagen einfach länger und intensiver vorhanden sind. Doch der größte Bonus ist natürlich das Wetter: Zu Neujahr genießt man den Cafe im T-Shirt am Strand um danach wieder im leichten Enduroshirt ins Hinterland zu cruisen. Die langen Pausen im Winter haben endlich ein Ende.

Der Anbieter für Enduroreisen auf Zypern:

Specials von Exclaim Endurotours

  • 10% Rabatt ab mindestens 3 Teilnehmern
  • Alle 2 Monate gibt es auf Zypern Endurorennen welche von Exclaim organisiert werden. Auch für die Rennen kann man um 150 Euro / Tag die Motorräder mieten. Das nächste Event ist am 3. Jänner: Xmas Detox Enduro

Bericht vom 29.11.2014 | 19.466 Aufrufe

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