125 km/h schneller Elektroroller - Felo FW-06 Test 2023
Extrovertierter E-Roller im Check
Die Elektromobilität bietet Herstellern viel Freiheit bei Design und verbauten Features. Es steht eine Zeit voller spannender Fahrzeuge vor uns - der Felo FW-06 kann als Vorreiter von brutalem Design mit cleverer Technik gesehen werden. Wir haben ihn in der Schweiz getestet.
Der Hersteller Felo wird wahrscheinlich vielen noch kein Begriff sein. Erst 2019 gegründet, ist der FW-06 das Erstlingswerk des Herstellers, welcher in einer Kooperation mit Kymco entwickelt wurde. Know-How aus Taiwan trifft also auf Tatendrang aus China - eine Kombination, die nun auf europäischem Boden Fuß fassen will. In unserem elektrischen Rennsport ist man bereits angekommen, schließlich stellt Felo den Hauptsponser des MotoE Gresini Racing Teams dar.
Felo FW-06 Leistung und Beschleunigung
In nur 1,7 Sekunden auf 50 km/h - diese irrwitzige Zahl kursiert im Internet zum FW-06. Natürlich ist das kein Indikator für die sonst übliche Null auf Hundert Zeit, doch die ist bei einem Stadtgefährt sowieso irrelevant. Das bedeutet aber, dass der Elektromotor ordentlich Kraft haben muss, was sich im Datenblatt bestätigt: 5 kW Nennleistung und 11 kW Maximalleistung, womit sich der Felo FW-06 in der A1-Führerscheinklasse positioniert. Hinzu kommt das gewaltige Drehmoment von 336 Nm, das für einen kurzen Moment freigesetzt werden kann. Ist das nicht viel zu viel für ein Fahrzeug äquivalent zur 125er Roller Klasse? Schließlich dürfen bereits 16-Jährige den FW-06 bewegen...
Die Boost-Funktion gibt dem Felo zwei Gesichter
Die Sorge, dass Felo über das Ziel hinausgeschossen ist, ist schnell verflogen. Grund dafür ist ein kleiner Boost-Knopf auf der linken Bedieneinheit, der die volle Leistung freigibt. Wird er nicht betätigt, liegt die Höchstgeschwindigkeit 90 km/h und der Elektroroller beschleunigt mit einer ähnlichen Kraft wie ein Verbrennerroller der 125er Klasse. Dabei lässt sich der Vortrieb angenehm dosieren, was vor allem bei dem Schlechtwetter während unseres Tests von Vorteil war. Sollte dennoch zu viel Leistung am Hinterrad anliegen, fängt die serienmäßige Traktionskontrolle den FW-06 sicher ein.
Will man die volle Leistung des Felo spüren, muss der Boost-Schalter bedient werden. Mit ihm aktiv, beschleunigt der Elektroroller auf seine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h und sorgt für zügigen Vortrieb, mit dem auch Steigungen kein Problem sind. Unter Boost-Beschleunigung spürt man auch schnell eine Schwäche des Felo FW-06: Das nicht einstellbare Fahrwerk passt nicht ganz zur sportlichen Optik, weshalb das Federbein tief eintaucht, sobald die volle Beschleunigung freigesetzt wird.
Fahrverhalten Stadt und Landstraße
Das soft abgestimmte Fahrwerk hat jedoch zur Folge, dass der Felo in seinem natürlichen Lebensraum - der Stadt - äußerst komfortabel über Bodenunebenheiten schwebt. Die schmale Reifendimension von 110/80-14 vorne und 140/70-14 hinten lässt ihn zudem wendig um Kurven gehen, während die 14 Zöller noch genügend Stabilität bei Landstraßentempo bieten. Nicht nur stabil, sondern auch sicher säuselt der Elektroroller über den Asphalt, denn dank ABS an der Front und solider Bremsperformance passt auch die Verzögerung des 125 Kilogramm schweren Rollers. Tatsächlich kann das Fahrerlebnis als relativ unaufgeregt beschrieben werden. Der Felo FW-06 funktioniert einfach.
Felo FW-06 Reichweite und Ladegeschwindigkeit
Der FW-06 wird von Felo klar im urbanen Umfeld platziert. Kunden mit Laternenparkplatz könnten es aber schwer haben, den FW-06 zu laden, da sein Akku fest verbaut ist und somit nicht in der Wohnung geladen werden kann. Je nach Fahrweise (und Verwendung des E-Boosts) bietet der Elektroroller eine Reichweite von 120 bis 140 Kilometer, bevor der 5,6 kWh große Akku wieder an die Steckdose muss. Geladen wird an der Schuko-Steckdose per Standard Ladegerät, das beim Kauf enthalten ist. Bis der Felo FW-06 wieder voll geladen ist, vergehen sieben bis acht Stunden. Auf die Batterie gibt der Hersteller außerdem eine Garantie von acht Jahren, beziehungsweise 80.000 Kilometer.
Design bringt Nachteile im Alltag
"Eine neue Kategorie, Hälfte Motorrad und Hälfte Roller", schreibt Felo in der FW-06 Broschüre. Tatsächlich wäre es unfair dieses Gefährt als puren Roller anzusehen, denn dafür bringt er einfach nicht die Qualitäten dieser Klasse mit. Das Design fällt sportlich-extravagant aus, was sich auf den eigentlich praktischen Nutzen eines Rollers negativ auswirkt. Wind- und Wetterschutz sind kaum gegeben, das Staufach unter der Sitzbank bietet nur Raum für kleine Gegenstände wie eine Geldbörse und auch der Soziussitz lädt nicht gerade auf Fahrten zu zweit ein. Den einzigen Trost schenkt das offene Handschuhfach, das eine USB-Lademöglichkeit bietet.
Dass der FW-06 aber kein Roller im klassischen Sinne sein möchte, spürt man auch an der Sitzposition. Der hohe Durchstieg verleitet auf ein Aufsteigen wie bei einem Motorrad, was sich auch bei den Fußrasten fortsetzt. Mit relativ spitzem Kniewinkel erinnert die Beinposition an jene auf einem Naked Bike, erst der nahe am Fahrer platzierte Lenker versprüht Roller-Vibes. Tatsächlich erlebt man ein 50/50 Gefühl aus Roller und Motorrad, was schwer mit einem anderen Fahrzeug am Markt zu vergleichen ist. Definitiv etwas Neues und komfortabel noch dazu.
Moderne Features runden den FW-06 ab
Bei zukunftsweisenden Antriebstechnologien braucht es auch moderne Features, um ein Fahrzeug komplett zu machen. Deshalb punktet der Felo mit vollständiger LED-Beleuchtung, einem gut ablesbaren LC-Display und Keyless Go. Zusätzlich kann das Smartphone per Felo Smart App mit dem Fahrzeug verbunden werden, um immer aktuelle Daten zu Akkustand, Reichweite, Standort und vielem Mehr zu erfahren.
In der Schweiz kostet der neue Felo FW-06 CHF 6'950.
Fazit: Felo FW-06 2023
Es ist schwer den Felo in eine der klassischen Motorradgattungen zu packen. Für einen Roller bietet er zu wenig praktischen Nutzen, für ein Motorrad zu wenig Sportlichkeit. Eher kann er als Liebeskind der beiden Klassen gesehen werden. Der FW-06 steht für extrovertiertes Styling kombiniert mit praxistauglichen Fahrleistungen. Wer ein Elektrofahrzeug für die Stadt sucht, mit dem man überall aus der Masse sticht, sollte sich den Felo FW-06 genauer ansehen.- sanfte Gasannahme ohne E-Boost
- kräftige Beschleunigung mit E-Boost
- extrovertierte Optik
- Motorrad-typische Sitzposition
- gute Reichweite
- komfortabel für den täglichen Weg
- kein klassischer Roller daher kaum Stauraum und Wetterschutz
- winziger Soziussitz
- Fahrwerk für sportliche Optik zu weich
Bericht vom 05.01.2024 | 43.297 Aufrufe