BMW S 1000 XR 2020 Test, Video, Fazit

Die Neuauflage der supersportlichen Reisemaschine – alles besser?

Es gibt bestimmt viele Motorräder, die es nötiger hätten als die BMW S 1000 XR, völlig überarbeitet zu werden. Aber bitte, wir werden uns nicht wehren, wenn uns die Bayern eine noch bessere Version dieses Adventure-Sport-Bikes, wie es BMW selbst nennt, präsentieren! Doch eine Frage stellt sich: Bleibt die XR der Wolf im Schafspelz oder wurde sie weichgespült?

Ein kleines Update sieht ja wohl anders aus neuer Motor, neues Chassis, neue Schwinge, neue Optik, neue Ergonomie, kurzum alles neu an der offensichtlich wirklich neuen BMW S 1000 XR. Klar, es gab ein paar Kritikpunkte an der Vorgängerin in Sachen Vibrationen und zu scharfem Sound, aber gleich alles erneuern? Nun, die Bayern machen eben keine halben Sachen, nachdem das Superbike S 1000 RR im Vorjahr erneuert wurde und weiterhin als Hauptteilespender für die S 1000 XR dient, bot es sich eben an, auch das Adventure-Sport-Bike zu erneuern.

Entwarnung: Die BMW S 1000 XR behält ihren sportlichen Charakter!

Vorweg gleich die Entwarnung an alle, die diesen unfassbar sportlichen Charakter an der S 1000 XR schätzen, der den Fahrer eigentlich ständig anstachelt, gefälligst einen sportlichen Strich auf der Straße zu ziehen. Die neue große XR (man muss mit Erscheinen der F 900 XR ja nun differenzieren) bleibt ihrer Linie treu und wurde zwar wirklich mit der neuen Generation etwas mehr in Richtung Touring gerückt, bleibt aber immer noch eine unglaublich agile Crossover-Vertreterin. Bei den ersten Testfahrten in Spanien offenbarte sich wieder diese enorme Antrittsstärke, die den Piloten herrlich leichtfüßig in Null Komma nix auf über 200 km/h katapultiert so easy, dass man es vor lauter Freude und Sicherheitsgefühl gar nicht gleich merkt.

Der Motor der S 1000 XR musste nicht stärker werden

Schuld daran hat nach wie vor zu einem sehr großen Anteil der Vierzylinder-Reihenmotor, der erneut aus der S 1000 RR stammt. Im Superbike auf 207 PS erstarkt und wir wissen, dass BMW da von einem Durchschnittswert spricht; weitaus stärkere Ausreißer nach oben sind eher Regel als Glücksfall war es bei der S 1000 XR offenbar gar nicht nötig, im PS-Kapitel nachzulegen. Weiterhin stehen also 165 PS bei 11.000 Umdrehungen aus 999 Kubik Hubraum zur Verfügung, das Drehmoment bleibt mit 114 Newtonmeter bei 9250 Touren ebenfalls gleich hoch. Da war es den Technikern also ganz offensichtlich wichtiger, dem Triebwerk bessere Manieren beizubringen, als die ohnehin sehr ausgeprägte Sportlichkeit zu erhöhen.

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Mit den Genen des Superbikes BMW S 1000 RR lebt es sich nun mal gut!

Erreicht wird dies beim Antrieb der neuen S 1000 XR durch viele kleine Puzzleteile, die insgesamt zu einem homogeneren Gesamtgefüge führen. Die obersten drei Gänge 4, 5 und 6 sind länger übersetzt, was wegen des lineareren Drehmomentverlaufs des Motors auch voll in Ordnung geht und damit einher gehend wird das Drehzahlniveau gesenkt, was wiederum das Geräuschniveau und den Verbrauch optimiert. Das Verdichtungsverhältnis wurde von 12 auf 12,5:1 erhöht, die DLC-beschichteten Schlepphebel wurden um 25 Prozent leichter, der Antrieb der Nockenwelle kommt ohne Zwischenrad aus und die Öl- sowie Wasserpumpe wurden zusammengelegt. Alles in allem spart der Motor damit stolze 5 Kilo gegenüber der Vorgängerin ein, was aber wiederum nicht weiter wundert, wenn man bedenkt, dass das Triebwerk ja von der neuen S 1000 RR abstammt, die ebenfalls um Einiges leichter wurde.

Premiere: Die S 1000 XR ist eine (fast) vollausgestattete BMW ab Werk!

An der ganzen BMW S 1000 XR wurden sogar 10 Kilo eingespart ausstattungsbereinigt wohlgemerkt, denn die neue XR hat nun schon richtig viele coole Features serienmäßig mit an Bord, die bei der Vorgängerin noch in der langen Zubehörliste angekreuzt werden mussten. Inkludiert sind nun also Fahrmodi Pro mit den vier Modi Rain, Road, Dynamic und Dynamic Pro (letzterer frei programmierbar), Dynamic ESA (das elektronische Fahrwerk), ABS Pro (mit Kurven-ABS), DTC (die dynamische Traktionskontrolle), eine Wheelie-Control, Hillstart Control Pro (die Berganfahrhilfe), Dynamic Braking Control (verhindert irrtümliches Gasgeben beim Bremsen), das 6,5 Zoll große Farb-TFT-Display mit verschiedenen Anzeigemöglichkeiten und Connectivity sowie LED-Beleuchtung rundum.

Das Fahren der S 1000 XR ist wahrlich keine Qual

Das ist doch eine ganze Menge und wer will, kann sich seine XR noch weiter hochrüsten, es gäbe das Dynamic ESA Pro (mit automatischem Beladungsausgleich), Headlight Pro (mit adaptivem Kurvenlicht), Tempomat und den Schaltassistent Pro mit Blipper-Funktion. Doch all diese Helferlein in Ehren, fahren muss man auch die neue BMW S 1000 XR schon selbst und das ist bei Gott keine Qual. Abgesehen von der bereits erwähnten tollen Performance des Motors, der nun noch souveräner in allen Lebenslagen mächtig Druck liefert und sich dabei trotzdem akustisch weniger in den Vordergrund spielt, als noch bei der Vorgängerin, wurde auch das nun FlexFrame genannte Chassis, das den Motor mehr mittragend integriert, völlig neu gestaltet.

Die BMW S 1000 XR schafft den Spagat zwischen Touring und Sport

Dadurch wurde in weiterer Folge auch die Ergonomie verändert ich spreche in so einem Fall ungern von verbessert, denn die optimale Sitzposition ist sehr subjektiv. Aber mein Eindruck und auch jener der anderen Journalisten war, dass man, wenn man sich auf der alten XR schon wohlgefühlt hat, auf der Neuen noch besser aufgehoben ist. Man rückt 20 Millimeter näher zum 30 Millimeter schmäleren Lenker, der im Übrigen mit eingepressten Gummibuchsen etwaigen Vibrationen vorbeugt. Damit sitzt man einerseits absolut gemütlich, aber auch sportlich genug, um die nach wie vor ausgeprägte Sportlichkeit zu genießen. Lange Radien sind dabei die liebste Spielwiese der S 1000 XR, die das ganze enge Winkelwerk nach wie vor nicht so sehr mag.

Das Dynamic ESA-Fahrwerk bügelt alles glatt

Als Alternative zu Sporttourern ist die XR aber immer noch ein heißer Tipp, die langen Federwege mit 150 Millimeter vorne und hinten in Kombination mit dem sensiblen ESA-Fahrwerk filtern auch noch die gröbsten Stöße heraus. Zusätzlich geht der verstellbare Windschutz in Ordnung und die 320er-Doppelscheiben-Bremsanlage mit radialen Vierkolben-Sätteln ist zu allen Schandtaten bereit - packt also beim gemütlichen Flanieren nicht allzu brachial zu, kann aber beim harten Anbremsen so richtig fest zubeißen. Und wenn es nach der großen XR geht, steht einer sehr sportlichen Fahrerei nach wie vor nichts im Wege!

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Die Konkurrenz des sportlichen Crossover-Bikes

BMW hat sich bereits mit der ersten Generation der S 1000 XR sehr schlau in eine Nische zwischen Reiseenduro und Sporttourer gesetzt, in der man immer noch ziemlich alleine die Kunden an Land zieht. Außer der ähnlich starken Ducati Multistrada 1260 S gibt es kaum vergleichbare Gegner - die KTM 1290 Super Adventure S ist zwar gleich stark, aber doch eine echte Reiseenduro und die Kawasaki Versys 1000 SE fährt mit ihrem Vierzylinder-Triebwerk eine ganz ähnliche Schiene, ist aber viel schwächer. Bleiben schließlich noch die Honda Crosstourer, die in gewisser Weise als Urmutter der sportlichen Sporttouring-Reiseenduro-Crossover gilt, aber viel schwerer als die S 1000 XR ist und schließlich die altehrwürdige Triumph Tiger 1050 Sport, die wiederum viel schwächer als die BMW ist und weder bei Optik noch Technik mit der modernen Bayerin mithalten kann.

Insiderinfos: Warum besitzt die neue BMW S 1000 XR nicht das innovative ShiftCam?

Als technische Ablegerin der S 1000 RR wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass auch die neue S 1000 XR die variable Ventilsteuerung ShiftCam bekommt das teilespendende Superbike hat sie ja auch. Meine Vermutung war sofort, dass dies ganz einfach aus Kostengründen geschah, denn der Sinn von ShiftCam ist auch bei tourentauglichen Motorrädern gegeben, wie man an der BMW R 1250 GS bestens erkennen kann. Den Grund erklärte mir aber ein Techniker: Das ShiftCam der S 1000 RR ist ein völlig anderes, als jenes in den Boxer-Motoren der R 1250-Modelle. Da ist es tatsächlich auf mehr Punch im niedrigeren und mittleren Drehzahlbereich ausgelegt, während es bei der S 1000 RR erst später, bei viel höheren Drehzahlen zum Tragen kommt. Und das hätte bei der S 1000 XR, die ja in der neuesten Generation neben der sportlichen Note noch mehr auf Touring ausgelegt werden sollte, einfach nichts gebracht. Also raus damit, Kosten gespart und alle haben etwas davon.

Fazit: BMW S 1000 XR 2020

An alle, die eine BMW S 1000 XR wegen ihres ausgeprägten, sporltichen Charakters schätzen: Keine Sorge, auch die neue große XR kann und will gefordert werden! Allerdings kommt diese Aufforderung zur Sportlichkeit nun viel höflicher und weniger bestimmend – die neue S 1000 XR kann also tatsächlich auch gemütlich auf Tour gehen. Der souveränere Motor mit einem lineareren Drehmomentverlauf und die gesenkte Geräuschkulisse machen es möglich. Die Ergonomie ist gelungen, der Windschutz geht in Ordnung, die Bremsen können sowohl Sport als auch Cruisen. Die Vibrationen wurden weiter reduziert, aber Vorsicht: Ein weichgespülter Reisedampfer will die S 1000 XR dennoch nicht sein, Dynamik steht nach wie vor al erster Stelle!


  • Agiler und laufruhigerer Motor
  • Kraft in allen Lebenslagen
  • bequem sportliche Sitzposition
  • gute Bremsen
  • umfangreiche Serienausstattung
  • Schaltassistent mit Aufpreis
  • zu dezente Farboptionen

Bericht vom 02.03.2020 | 70.594 Aufrufe

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