Kawasaki Z900 70 kW Test

Die Puristin für Fahranfänger und A2-Führerschein-Neulinge

Unsere Serie an Tests für Fahreinsteiger und Führerscheinneulinge in der A2-Klasse geht weiter. Diesmal ist die Kawasaki Z900 in der 70 kW Version dran. Kommen Fahranfänger mit ihr zurecht? Lohnt sie sich als A2-Bike? Stört das Fehlen von elektronischen Hilfsmitteln? Das, und mehr, hat unser Fahranfänger Gregor getestet.

Genau wie die Triumph Street Triple S A2 und die KTM 790 Duke L geht auch Kawasaki einen extra Schritt für die A2-Klasse und baut ihr Erfolgsmotorrad, die Z900, auf 70 kW um. Statt 125 PS werken nur noch 95 Pferdchen in der heißen Japanerin, aber dafür können auch A2-Führerschein Besitzer in den Genuss der Z900 kommen. Dabei präsentiert sich die 70 kW als ausgesprochen Anfänger-freundliches Motorrad. Hauptursache dafür: die Leistungsentfaltung.

Motor und Leistungsentfaltung der Kawasaki Z900 70kW

Beim Motor handelt es sich um einen flüssigkeitsgekühlten Reihenvierzylinder mit 948 cm³. Ungedrosselt leistet er 95 PS bei 8.500 U/min und satte 91,2 Nm bei 6.500 U/min. Auch gedrosselt auf 48 PS kommt die Power spürbar ab ca 6000 Umdrehungen. Darunter läuft der Motor sehr zahm und laufruhig. Ein absoluter Traum im langsamen Stadtverkehr. Diese Ruhe von unten heraus ist auch der größte Pluspunkt für Fahreinsteiger. Das Gas ist fein dosierbar und auch beim rasanteren Beschleunigen entwickelt sich die Leistung, bis auf den leichten Boost bei 6000 Umdrehungen, sehr lineal. Typisch für Vierzylinder will der Motor bei sportlicher Fahrweise auf Drehzahl gehalten werden. Da wirken dann aber doch die geringen 48 PS dagegen. Somit fällt die Beschleunigung doch deutlich geringer aus, als zum Beispiel bei der Street Triple S A2 oder 790 Duke L. Doch nicht nur der Motor ist Schuld an der leichten Trägheit der Z900 70kW.

Handling der Kawasaki Z900 70 kW

Die Z900 ist nämlich auch ein richtig schwerer Brocken im Vergleich zu ihren A2-Konkurrentinnen. Während sich die Triumph und die KTM beide im Bereich von 187 kg (vollgetankt) bewegen, steht die stämmige Japanerin mit 210 kg (vollgetankt) doch um einiges satter da. Vor allem bei einer Leistung von nur 48 PS macht sich das Mehrgewicht von 23 kg doch deutlich bemerkbar. Jedoch eben nur in der Beschleunigung, das Handling ist nämlich absolut Naked-Bike würdig.

Trotz des höheren Gewichts bleibt die Z900 leicht zu bewegen und umzulenken. Einerseits liegt das an der guten Sitzposition. Der Radstand beträgt 1450 mm und die Sitzhöhe 795 mm. Rutscht man mit dem Schritt zum Tank, nimmt man eine sehr angenehme, aufrechte Sitzposition ohne übermäßigen Druck auf die Arme ein. Der Druck auf den Lenker reicht jedoch aus, um ein gutes Feedback vom Vorderreifen zu erhalten. In dieser Sitzposition fühlt sich die Z900 sehr beherrschbar an, und man fühlt sich sehr sicher. Geschmeidig und mit nur leichten Gewichtsverlagerungen lässt sie sich durch Kurven steuern, 210 kg zum Trotz. Allerdings ist der Kniewinkel für größere Piloten recht spitz. Bei mir selbst, mit 185 cm Körpergröße, protestierten die Knie immer als Erste bei längeren Fahrten. Doch es gibt im Original-Zubehör von Kawasaki eine höhere Sitzbank.

Alltagstauglichkeit der Kawasaki Z900 70 kW

Ansonsten ist die Z900 ausgesprochen Touren-tauglich, im Vergleich zu anderen Naked-Bikes. Die Sitzbank ist naturgemäß eher auf der harten Seite und Windschutz fehlt auch. Allerdings leitet die Maske oder der Mini-Windschild vor der LCD-Anzeige den Wind sehr zentriert und gleichmäßig auf die Brust. Dadurch ist sie auch auf der Autobahn sehr gut fahrbar. Auf Verbindungsstrecken bei Touren absolut kein Problem.

Mit 17 l Tankinhalt sind der Tourenfreude auch hier kaum Limits gesetzt. Die Reichweite von ca 300 km laut Hersteller ist für ein Naked-Bike sehr anständig. Je nach Fahrweise kann die effektive Reichweite zwar stark variieren, aber selbst bei ordentlichem Heizen kommt man nur schwer unter 260-270 km pro Tankfüllung.

Ein entscheidender Pluspunkt bei der Alltagstauglichkeit ist auch der Motor. Wie bereits erwähnt, ein Traum im langsamen Verkehr. Absolut ruckelfrei gleitet die Z900 zwischen Auto-Kolonnen hindurch. Beim Drängeln in der Stadt hilft auch noch der ausgesprochen große Lenkeinschlag. Und nicht nur die Leistung, sondern auch das Motorengeräusch hält sich bei niedrigen Drehzahlen vorbildlich zurück. Das trifft sicher nicht jedermanns Geschmack, man will ja schließlich auch was hören, doch bei empfindlichen Nachbarn in der Stadt kann ein dezentes Summen schon auch von Vorteil sein. Dieses bassige Summen klingt auch wirklich gut, doch genau wie der Motor kommt es erst bei ca 6000 Touren in Gang und wird zu dem 4-Zylinder-typischen Kreischen. Die Airbox-Ausführung gibt der Z900 außerdem ein markantes Ansauggeräusch.

Technische Features der Kawasaki Z900 70 kW

Im Gegensatz zur Konkurrenz ist die Z900 aber eine echte Puristin. Sie verzichtet komplett auf jegliche technische und elektronische Spielereien. Wer braucht schon Fahrmodi, Lap-Time-Messer und sonstige Gimmicks. Eine einfaches LCD-Display mit Drehzahlmesser, Geschwindigkeitsanzeige, Ganganzeige und Reichweitenanzeige reichen. Selbst auf eine Traktionskontrolle wird verzichtet. Und ist das schlecht? Gerade für Fahranfänger ist es vielleicht keine blöde Idee zuerst selbst fahren zu lernen, ohne der heute üblichen elektronischen Stützräder. Also selbst auf nassen, rutschigen oder dreckigen Straßen richtig fahren lernen. Einzig ABS leistet sich die Z900, aber darauf möchte dann doch eigentlich niemand mehr verzichten.

Bremsen der Kawasaki Z900 70 kW

Worauf auch niemand verzichten möchte sind gute Bremsen. Und das muss man auch nicht bei der Z900. Vorne verzögert eine Doppelscheibenbremsanlage mit 300 mm Durchmesser und radial montierten 4-Kolben-Sätteln von Nissin. Hinten ist es eine 250 mm Einzelscheibe mit Einkolbensystem, auch von Nissin. Sowohl hinten, als auch vorne ist das Bremsen eine sehr fein dosierbare und mühelose Angelegenheit. Ein bis zwei Finger genügen locker am Bremshebel, selbst bei starkem Verzögern. Und die Hinterradbremse spricht angenehm früh an und lässt sich fein steuern. Das hilft vor allem um in Schräglage leicht mitzuschleifen, falls notwendig. Generell ist das Gefühl beim Bremsen ein sehr sicheres, worüber sich Fahreinsteiger freuen werden.

Fahrwerk der Kawasaki Z900 70 kW

Über das Fahrwerk zu urteilen ist schwer, zumindest für mich. Es handelt sich vorne um ein Upside-Down-Gabel mit 41 mm Durchmesser und hinten um einen horizontalen Back-Link-Gasdruckstoßdämpfer, beides von Kayaba. Einerseits muss löblich erwähnt werden, dass es, im Gegensatz zu KTM und Triumph, in Zug- und Druckstufe voll einstellbar ist. Andererseits konnte ich mich nicht recht damit anfreunden. Obwohl es definitiv nicht zu weich war (auf meinem Allerwertesten lassen sich jetzt noch die Schlaglöcher der letzten Ausfahrt abzählen), war trotzdem bei Bodenwellen in Schräglage eine gewisse Aufschaukel-Tendenz vorhanden. Gerade für Anfänger nimmt es viel vom Sicherheitsgefühl, wenn das ganze Bike in der Kurve plötzlich in die Gegenfahrbahn drängt. Die Einstellung war also eher suboptimal, wäre aber durch die Verstellmöglichkeiten vielleicht schnell zu lösen gewesen.

Fahreinsteigerfreundlichkeit der Kawasaki Z900 70 kW

Alles in allem bleibt die Kawasaki Z900 aber ein sehr Fahreinsteiger-freundliches Motorrad. Der Motor ist sanft und sehr berechenbar, die Bremsen fein dosierbar. Auch Getriebe und Kupplung sind eine absolute Wonne. Die Assist- und Rutschkupplung verhindert das Stempeln des Hinterrads beim Herunterschalten. Außerdem besitzt sie weniger Kupplungsfedern als das Vorgängermodell, soll heißen, sie ist leichter zu betätigen. Ein Finger genügt. Das 6-Gang-Getriebe schaltet sauber und klar. Vor allem wird sehr transparent vermittelt, wann genau der Gang einrastet. Insgesamt bilden Motor, Getriebe und Kupplung einfach ein stimmiges Gesamtpaket.

Die niedrige Sitzhöhe und gute Sitzposition schenken noch mehr Zuversicht und Sicherheitsgefühl. Vor allem den Damen kommt dies zugute. Brems- und Kupplungshebel sind auch einstellbar, also spricht selbst bei zarten Frauenhänden nichts gegen die Z900. Generell spricht für Fahranfänger wenig gegen die Z900. Sie ist ein hochwertiges und leicht zu fahrendes Motorrad. Nur sehr sportlich ambitionierte Fahrer werden sich an der geringeren Beschleunigung stören. Ruhige Gemüter sind mit der Z900 gut beraten.

Preis der Kawasaki Z900 A2-Version

Doch diese hochwertige Verarbeitung hat natürlich ihren Preis. Wer die Kawasaki sein oder ihr Eigen nennen möchte, muss schon einen ordentlichen Batzen ausgeben. Allerdings nicht mehr als bei der Konkurrenz. Kawasaki Z900 70 kW, KTM 790 Duke L und Triumph Street Triple S A2 sind sich nicht nur im Aufbau ähnlich, sondern liegen auch in der gleichen Preis-Klasse. Welche es am Ende wird, muss jeder für sich entscheiden. Jedes der Bikes legt den Fokus doch auf unterschiedliche Werte. Als Entscheidungshilfe empfiehlt es sich aber, auch die anderen Testberichte zu lesen, oder auf Youtube zu schauen.

Zuletzt sei noch angemerkt, dass das Pressemotorrad nicht mit der Serienbereifung ausgestattet war. Anstatt der serienmäßigen Dunlop Sportmax D214 waren Conti Sport Attack 3 auf die 17 Zoll Felgen aufgezogen. Reifen sind immer so ein Thema, viele Wechseln ihre Schlapfen sowieso recht schnell. Deshalb sei das Thema mit der Info, dass der Reifen vorne 120 mm und hinten 180 mm breit ist, abgehakt. Und damit auch der Bericht.

Die Kawasaki Z900 70 kW findet ihr auch auf unserer 1000PS Motorradbörse. Hier gibt es für euch alle Angebote und Preise in Österreich, Deutschland und der Schweiz.

Weitere Informationen unter https://www.kawasaki.at/de/products

Fazit: Kawasaki Z900 70kW 2018

Die Z900 ist ein top Einsteiger-Motorrad. Sehr sanfter Motor, tolle Bremsen und viele Einstellmöglichkeiten am Fahrwerk und den Hebeln. Die Beschleunigung mag für Speed-Junkies vielleicht zu brav sein, doch zum Lernen gerade richtig. Auch das Fehlen von elektronischen Spielereien, Fahrmodi und Traktionskontrolle stört nicht, sondern macht die Z900 zu einem guten Bike, um die Basics der zweirädrigen Fortbewegung zu erlernen. Eine hochwertige Puristin, ein echtes Motorrad, selbst mit nur 48 PS!


  • Sanfter Motor mit Punch bei ca 6000 U/min
  • Fein dosierbare Bremsen
  • Laufruhe des Motors super für Stadtverkehr
  • Typisches 4-Zylinder-Kreischen, aber sehr verhalten bei niedrigen Touren
  • Stabil bei Autobahnfahrten
  • Gutes Handling
  • Für große Menschen recht klein
  • Recht hohes Gewicht von 210 kg
  • Beschleunigung bei 48 PS aufgrund von Gewicht eher mau

Bericht vom 23.11.2018 | 109.606 Aufrufe

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