Harley-Davidson Tourer Test 2017

Fahrberichte Street Glide, Road Glide, Ultra Limited 2017

Ich habe lange auf diesen Tag gewartet: Ein amerikanisches Motorrad auf amerikanischem Boden zu fahren. Harley in the USA. Jetzt ist mein Wunschtraum in Erfüllung gegangen, auf den neuen Harley-Davidson Tourern 2017.

Der beste Ort, eine Harley zu fahren, ist in ihrem Heimatland - USA. Und der beste Ort, um Grunge-Musik zu hören, ist an seinem Ursprung - Seattle. Kombiniere beides und du hast den glücklichsten K.OT aller Zeiten. Als ich den Milwaukee Eight 107 Motor der bereits neunten Big-Twin-Generation von Harley-Davidson am Morgen des 11. September 2016 zum ersten Mal gestartet habe und aus dem Boom!-Soundsystem der neuen Street Glide musikalische Melancholien meiner Jugend von Bands wie The Smashing Pumpkins, Pearl Jam und Alice in Chains drangen, traf mich das so tief im Herzen wie der Klang des 1745 Kubik fetten V2.

Street Glide, Road Glide, Road King, Ultra Limited und einige hoch-exklusive CVO-Modelle. Manche Wünsche gehen eben nicht einfach nur in Erfüllung, sie explodieren regelrecht und bergen das Risiko, den Beglückten emotional zu überfordern. Im Vorfeld sorgten nämlich einige Faktoren für Stress und Sorgen. Nach Nordamerika kommt man ja nicht einfach so, man muss mehr oder minder um Erlaubnis bitten und sogar einen kleinen Obolus leisten, damit der Computer auch weiterhin fehlerlose Arbeit leisten und nur die Guten ins Land lassen kann. Durch meine Japan-Reise, die genau 12 Stunden vor meinem Abflug nach Seattle endete, dehnte sich der Trip auf insgesamt 18 Zeitzonen aus. Der Jet-lag dauerte daraufhin eine ganze Woche, ich konnte mich einfach nicht erholen.

Eine weitere Sorge galt den neuen, moderneren Motoren, die nun EURO4-konform sein müssen, was noch strengere Geräusch- und Abgasnormen bedeutet. Für manche Hersteller eine Existenzfrage, für Harley zumindest eine der Identität. Denn ein satter Klang und ein bisschen Nebel gehören nun mal zum Charakter eines amerikanischen Steelhorse.

Kurz und kühl zusammengefasst, bietet Harley ab 2017 für seine Tourer folgende Motoren an:

  • Milwaukee-Eight 107 (107 Kubikzoll, 1.745 cm³, Motoröl als Kühlmedium) für die Modelle Street Glide / Special, Road Glide Special, Road King, Road King Classic und Freewheeler.

  • Twin-Cooled Milwaukee-Eight 107 (107 Kubikzoll, 1.745 cm³, Kühlflüssigkeit als Kühlmedium) mit für die Modelle Ultra Limited, Ultra Limited Low, Road Glide Ultra und TriGlide Ultra.

  • Twin-Cooled Milwaukee-Eight 114 (114 Kubikzoll, 1.868 cm³, Kühlflüssigkeit als Kühlmedium) für die Modelle CVO Limited und CVO Street Glide .

Drehmoment und Technik Harley-Motoren 2017

Mit Öl oder Flüssigkeit werden dabei die Auslassventile gekühlt, es kommt nur mehr eine Nockenwelle zum Einsatz, dafür 4 Ventile pro Zylinder und der Ventilspielausgleich erfolgt hydraulisch. Weniger Vibrationen sind das Resultat, was die Frage aufwirft, wie wenig es in diesem Segment sein dürfen. Während die Leistung im Bereich der schweren Eisen weniger von Interesse ist, beeindrucken die Drehmomentwerte von 153 bzw. 166 NM bei 3250 U/min. Mit dem 114er Motor werden vorerst nur die CVO-Modelle ausgestattet; weiters stehen Screamin Eagle Kits in 4 Ausbaustufen zur Verfügung, um seinem Cruiser noch mehr Kraft und Sound zu verleihen.

Überarbeitetes Fahrwerk. Federbein mit Handrad.

Nach den revolutionären Entwicklungen, die durch das Project Rushmore im Bereich der Tourer umgesetzt wurden, hat Harley das Fahrwerk erneut überarbeitet und verbessert. Die Showa-Gabel spricht nun gleichmässiger an, während sich am Federbein die Vorspannung per Handrad in einem um 15-30% grösseren Bereich einstellen lässt. Weiter zum Einsatz kommen die gekoppelten Reflex-Bremsen mit serienmässigem ABS. Der Schritt, den Harley durch die Rushmore-Revolution gemacht hat, war so gross, dass die Verbesserungen jetzt marginal, das heisst für den Fahrer kaum wahrnehmbar sind. Aber es bestätigt Harleys weg, die Fahrdynamik und Stabilität der Dickschiffe ständig weiterzuentwickeln.

Heat Management?

Deutlicher wirken sich die Änderungen am und um den Motor aus. In den Händen sind nur noch leichte Vibrationen zu spüren, auch zu den Füssen dringt durch die gummierten Trittbretter kaum was durch. Die Sitze sind allesamt bequemer und sogar mit der Hitzeabstrahlung hat sich Harley beschäftigt. Der hintere Krümmer wird näher am Motor geführt und der Kat wurde zurückversetzt, um die Rohre vom Fahrer wegzurücken. Um wie viel sich die neuen Motoren stärker anfühlen, als die alten, kann ich nicht beziffern, laut Harley sind die Beschleunigungswerte aus dem Stand und aus der Fahrt heraus wesentlich besser. Kräftig und mächtig sind auf jeden Fall zwei passende Attribute.

Sound Harley 2017

Ich kann nur den Sound beurteilen, den ich gehört habe und der war in Ordnung. Die Testfahrzeuge waren mit unterschiedlichen Auspuffanlagen und Luftfiltern ausgestattet. Selbstverständlich würde ich selbst zu einem Screamin' Eagle Paket greifen (Stage I, II, III, IV), aber ob der Seriensound der amerikanischen Maschinen jenem der europäischen entspricht, weiss ich nicht. Doch ganz im Vertrauen: Der Seriensound interessiert mich bei einer Harley genau NULL.

Individualität steht sowieso ganz oben im Regelkatalog eines Cruiser-Fahrers, es ist sein unbedingter Wunsch und seine eigentliche Pflicht. Um die Möglichkeiten alleine mit dem Angebot an Harley-Davidson Originalzubehör zu errechnen, braucht es zumindest einen Hochschulabschluss in Mathematik und einen TI-30X Pro. Von unseren Testfahrzeugen glich keines dem anderen und ich hätte jedes sofort mit Handkuss mit nach Hause genommen. Folgende Modelle konnte ich fahren:

Street Glide Special 2017

Es müsste die erste Harley gewesen sein, die ich je fahren durfte, damals in Blau mit einer schön lauten Screamin' Eagle-Anlage. Videos haben wir damals noch nicht produziert, nur ein Soundfile, aufgenommen um ca. 7.15 Uhr morgens in der Wohnhausschlucht um die Ecke. Die Street Glide 2017 in einem sagenhaften Metallic-Tangerine war zwar weniger laut, dafür aber eine der schönsten Harleys, die ich je gefahren bin. Ich konnte mich nicht satt sehen an den grossen Flächen der Frontverkleidung und der tief sitzenden Koffer. Die Street Glide hat ein ausgewogeneres Profil als z.B. die Road Glide, die eine weniger harmonische Figur macht. Man hat nicht den vollen Komfort einer Ultra, aber mehr Fahrdynamik, eine angemessene Schräglagenfreiheit und eine ikonische Harley-Silhouette.

Road Glide Special 2017

Die Road Glide fällt mit ihrer mächtigen Frontverkleidung auf, die einen äusserst coolen LED-Doppelscheinwerfer beherbergt und anders als bei der Street Glide nicht mitlenkt. Die Instrumente sind aufgeteilt. Tacho und Drehzahlmesser am Lenker, der Rest inklusive 6,5-Zoll-Touchscreen Infotainmentsystem ist in der Verkleidung integriert. Sie fährt sich zumindest subjektiv etwas kopflastiger als die Street und wirkt im Strassenbild nicht ganz so elegant. Aber die Optik ist natürlich Geschmackssache und wer sich für eine Road Glide Special entscheidet, der will genau diesen distinktiven Look.

Ultra Limited 2017

Mehr Luxus geht nicht. Ich war diesmal richtig überrascht, wie bequem so ein Touring-Motorrad sein kann. Ehrlich gesagt kann ich mich nicht erinnern, eine Fahrt im Ledersofa schon mal so genossen zu haben. Jetzt kann ich auch meine Frau verstehen, die mich immer drängt, endlich wieder einen Luxustourer auszuleihen, damit wir zu zweit einen gemütlichen Ausflug machen können. Sie thront nämlich noch komfortabler über mir, regelt Lautstärke der Boom!-Boxen und Level der Sitzheizung nach Bedarf selbst und fällt auch nicht runter, wenn sie mal wegdöst. Das ist wahrlich die Königinnenklasse des Touring-Segments. Hier ist von separat bedienbaren Lüftungsöffnungen, über einen Tempomaten und elektronisch versperrbare Koffer bis zum Handy-kompatiblen Soundsystem alles an Board, was ein 5*****-Cruiser braucht. Das fällt natürlich ins Gewicht und man sollte sich bewusst sein, dass diese Masse am Parkplatz sehr real ist und man beachten sollte, so und wie man den Palast abstellt. Aber obwohl der neue Motor selbst mit dieser Masse keine Schwierigkeiten hat, so sollte man sich doch entspannt zurücklehnen und gemütlich dahingleiten. Wäre schade um das schöne Motorrad. Und die Frau.

Road King 2017

Die Klassische mit der Instrumenteneinheit am Tank, einem dicken, mit Nieten verzierten Sitz, Koffern und einem hohen Windschild. Persönlich gefällt mir der Road King eher in der Classic-Variante, allerdings würde ich die Scheibe abmontieren. Plötzlich war es ganz ungewohnt, ohne Radio nur den Fahrtwind und Motorsound im Ohr zu haben. Das Soundsystem lässt sich zwar nachrüsten, passt aber irgendwie nicht zum Wesen dieses Modells. Für mich drückte es am besten das America-Feeling aus, obwohl ich rein optisch andere Bikes bevorzugte. Der Road King mahnte zur Entspannung und Entschleunigung, während sein 107 ci-Motor souveräne Dominanz demonstrierte.

CVO Modelle 2017

Ein eher seltenes Vergnügen ist das Fahren mit Harley's Finest, den CVO Modelle, die im Werk mit zahlreichen Extras und Besonderheiten ausgestattet und nur in limitierter Stückzahl angeboten werden. Nur die CVOs kommen derzeit mit dem 114er Motor mit 1868 Kubik Hubraum und 166 Nm Drehmoment. Wo nichts mehr drüber geht ist die CVO Limited: Granitschwarzer Twin-Cooled Milwaukee-Eight 114 Motor, neue Double Bending Valve Vorderradfederung und die Emulsions-Heckfederung mit einstellbarer Federvorspannung, ein farblich abgestimmter Splitstream Luftkanal, eine LED-Lichtleiste am Tour-Pak-Gepäckträger, LED-Blinker und LED-Umgebungsbeleuchtung, ein gesteppter Sitzbankbezug mit Einnähern, ein verbessertes, integriertes Sicherheitssystem mit Fob und ein Reifendruck-Kontrollsystem.

Nach so einer einzigartigen Erfahrung fällt es mir nicht leicht, wieder in den Büroalltag zurückzufinden, und daraus besteht nun mal der Grossteil meiner Arbeit. Man kann eben nicht jeden Tag Harley in Amerika fahren. Man kann auch nicht jeden Tag Burger essen. Oder zwei. Aber man kann Smashing Pumpkins und Pearl Jam hören; und die neuen Tourer 2017 sind auch schon bei uns abgekommen.

Fazit: Harley-Davidson Touring Road King FLHR 2016

Die Klassische mit der Instrumenteneinheit am Tank, einem dicken, mit Nieten verzierten Sitz, Koffern und einem hohen Windschild. Persönlich gefällt mir der Road King eher in der Classic-Variante, allerdings würde ich die Scheibe abmontieren. Plötzlich war es ganz ungewohnt, ohne Radio nur den Fahrtwind und Motorsound im Ohr zu haben. Das Soundsystem lässt sich zwar nachrüsten, passt aber irgendwie nicht zum Wesen dieses Modells. Für mich drückte es am besten das America-Feeling aus, obwohl ich rein optisch andere Bikes bevorzugte. Der Road King mahnte zur Entspannung und Entschleunigung, während sein 107 ci-Motor souveräne Dominanz demonstrierte.


  • klassisches Modell
  • guter Windschutz
  • mächtig Bumms
  • stabiles Fahrwerk
  • starke Bremsen
  • Schräglage eingeschränkt

Fazit: Harley-Davidson Road Glide FLTR 2016

Die Road Glide fällt mit ihrer mächtigen Frontverkleidung auf, die einen äußerst coolen LED-Doppelscheinwerfer beherbergt und anders als bei der Street Glide nicht mitlenkt. Die Instrumente sind aufgeteilt. Tacho und Drehzahlmesser am Lenker, der Rest inklusive 6,5-Zoll-Touchscreen Infotainmentsystem ist in der Verkleidung integriert. Sie fährt sich zumindest subjektiv etwas kopflastiger als die Street und wirkt im Straßenbild nicht ganz so elegant. Aber die Optik ist natürlich Geschmackssache und wer sich für eine Road Glide Special entscheidet, der will genau diesen distinktiven Look.


  • ikonisches Design
  • mächtig Bumms
  • stabiles Fahrwerk
  • starke Bremsen
  • starkes Soundsystem
  • Beifahrer-Komfort dürftig
  • Übersicht eingeschränkt
  • unausgewogene Silhouette

Fazit: Harley-Davidson Touring Electra Glide Ultra Limited FLHTK 2016

Mehr Luxus geht nicht. Ich war diesmal richtig überrascht, wie bequem so ein Touring-Motorrad sein kann. Ehrlich gesagt kann ich mich nicht erinnern, eine Fahrt im Ledersofa schon mal so genossen zu haben. Jetzt kann ich auch meine Frau verstehen, die mich immer drängt, endlich wieder einen Luxustourer auszuleihen, damit wir zu zweit einen gemütlichen Ausflug machen können. Sie thront nämlich noch komfortabler über mir, regelt Lautstärke der Boom!-Boxen und Level der Sitzheizung nach Bedarf selbst und fällt auch nicht runter, wenn sie mal wegdöst. Das ist wahrlich die Königinnenklasse des Touring-Segments. Hier ist von separat bedienbaren Lüftungsöffnungen, über einen Tempomaten und elektronisch versperrbare Koffer bis zum Handy-kompatiblen Soundsystem alles an Board, was ein 5*****-Cruiser braucht. Und obwohl der neue Motor selbst mit dieser Masse keine Schwierigkeiten hat, so sollte man sich doch entspannt zurücklehnen und gemütlich dahingleiten. Wäre schade um das schöne Motorrad. Und die Frau.


  • bestmöglicher Komfort
  • hohes Prestige
  • umfangreiche Ausstattung
  • mächtig Bumms
  • stabiles Fahrwerk
  • starke Bremsen
  • hohes Gewicht
  • hohe Kosten
  • einige billige Details

Fazit: Harley-Davidson Touring Street Glide Special FLHXS 2016

Es müsste die erste Harley gewesen sein, die ich je fahren durfte, damals in Blau mit einer schön lauten Screamin' Eagle-Anlage. Videos haben wir damals noch nicht produziert, nur ein Soundfile, aufgenommen um ca. 7.15 Uhr morgens in der Wohnhausschlucht um die Ecke. Die Street Glide 2017 in einem sagenhaften Metallic-Tangerine war zwar weniger laut, dafür aber eine der schönsten Harleys, die ich je gefahren bin. Ich konnte mich nicht satt sehen an den großen Flächen der Frontverkleidung und der tief sitzenden Koffer. Die Street Glide hat ein ausgewogeneres Profil als z.B. die Road Glide, die eine weniger harmonische Figur macht. Man hat nicht den vollen Komfort einer Ultra, aber mehr Fahrdynamik, eine angemessene Schräglagenfreiheit und eine ikonische Harley-Silhouette.


  • schönes Profil
  • guter Windschutz
  • mächtig Bumms
  • stabiles Fahrwerk
  • starke Bremsen
  • Beifahrer-Komfort dürftig
  • Übersicht eingeschränkt

Bericht vom 21.09.2016 | 69.708 Aufrufe

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