Kawasaki Versys 1000
Traction Control und ABS Serie. Locker 250 km/h auf der Autobahn. 4-Zylinder. Big-Enduro???
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Kawasaki Versys 1000 |
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4 Zylinder in Reih' und Glied in einer Big-Enduro? Wir konnten es nicht glauben. Und wir glauben es immer noch nicht - nämlich, dass es uns völlig Wurst war. |
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Supermoto Staatsmeister. Sieger des internationalen GSX-R Cups. Top
Platzierungen auf Serienmaterial in der IOEM, ansatzweise in der Superbike
WM, 2012 Neustart in der IDM. Alles in Form eines bis ins Groteske
durchtrainierten Athleten dicht hinter mir. Aber nicht an meinen Hüften
(Ähnliches könnte sich abends bei einer ebenso ominösen wie warmen Begegnung
des noch unverdorbenen Rolo Resch in der Sauna des Spa-Hotels abgespielt
haben. Im Dampfbad stand es plötzlich zwei gegen Resch, Holländer oder so,
mehr konnten und wollten wir nicht in Erfahrung bringen.) Das hier ist
weniger lustig. Der Verlag schickte die R-Rakete ins Kawasaki Trainingslager
nach Teneriffa und hetzte sie erholungsbedürftigen Journalisten auf den
Hals. Es gab nur einen einzigen Grund, warum der Triple-Threat-Triathlet
hinter und nicht vor mir war: Er hatte kein Navi (mehr) auf seinem Motorrad
und kannte den Weg nicht. Simple as that. Was in jedem Hobbycup 25 Plätze
hinten ist (=ich), kann nicht plötzlich vorne sein, nur weil ein paar
Verkehrsschilder im Weg herumstehen, da machte ich mir keinerlei Illusionen.
Da beide Piloten auf identischem Serienmaterial unterwegs waren, war die
Performance am Lenker exakt mess- und vergleichbar.
Ich beobachte genau jede Bewegung der blau geschalten Rakete im Rückspiegel und versuche auf dem Navibildschirm den Streckenverlauf abzulesen. Wenn es sich dazwischen irgendwie ausgeht, werfe ich einen Blick auf die Realität in der Gestalt einer engmaschigen, perfekt asphaltierten Straße mit hohem Griplevel zwischen Bergen und Schluchten. Ein grober Fehler bei diesem Tempo endet im besten Fall in einem Karriereende. Wenn ich weiterhin mit 3-S-Blick (Spiegel-Spiegel-Scheiss Navi) unterwegs bin, stehen meine Chancen gut und ich muss Teneriffa nicht mehr verlassen. |
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Optisch diskutabel, technisch fabelhaft. |
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Andererseits gibt es auch Vieles, was dagegen spricht, also pro life. Denn
die Kawasaki Versys 1000 hat technisch viel mehr zu bieten, als man das
vorurteilsbehaftet aufgrund der Optik annehmen möchte. Zuerst zum
klitzekleinen Wermutstropfen. Der Motor aus der räudigen Z1000 wurde
entschärft. Und damit nicht genug. Die Leistung von ursprünglich 138 auf 118
zu kürzen reicht in der heutigen Zeit nämlich anscheinend nicht aus. Der
Fahrer muss immer auch die Möglichkeit haben, auf freiwilliger Basis - und
wir wollen hoffen, dass das ewig so bleibt und nicht irgendwann der Computer
entscheidet, unter welchen Bedingungen wieviel Leistung gut für uns ist -
mit noch weniger Leistung unterwegs zu sein, bei der Versys 1000 sind das so
ca. 75 % der Maximalleistung, das wären also 89 PS.
Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, ist eine persönliche Entscheidung, ich finde es nur überflüssig. Warum sollte man die Leistung reduzieren wollen, wenn eine Traktionskontrolle an Board ist, mit deren Hilfe sich die 118 PS perfekt kontrollieren und einsetzen lassen. Die Kawasaki Traction Control, kurz KTRC, bietet 3 Einstellungen für alles außer Glatteis. In den Modi 1 und 2 genießt man volle Beschleunigung und die Regelung entspricht praktisch dem Sport-KTRC in der Ninja ZX-10R. Alle 5 Millisekunden berechnet das System anhand mehrerer Parameter, wie der Geschwindigkeiten beider Reifen oder der Gasgriffstellung, ob es notwendig ist, Leistung zurückzunehmen. Um maximale Beschleunigung zu ermöglichen, wird aber ein minimaler Schlupf zugelassen. So ist es dann auch für den Fahrer kaum wahrnehmbar, ob das System gerade arbeitet, zumal die Versys aus der Kurve gerne und problemlos auf's Hinterrad geht. |
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KTRC umgeht den Fahrer nicht, es unterstützt ihn. |
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Das KTRC leistet sich also keine peinlichen Eingriff in die Handlungsweise
sportlicher Fahrer, sondern unterstützt diese noch. Modus 3 ist schließlich
mit dem System in der 1400GTR vergleichbar, was mehr Sicherheit auf
unsicherem oder rutschigem Untergrund bedeutet. Der Motor kommt nicht mehr
brutal, aber äußerst druckvoll. Da tat Kawasaki gut daran, das Fahrwerk
nicht zu zierlich zu dimensionieren. Der Doppelrohrrahmen aus Aluminium
verläuft über dem Motor und erlaubt eine schlankere Bauweise. Die 43 mm
Kayaba Upside-Down Gabel ist voll einstellbar und unterstreicht den
sportlichen Anspruch der Versys. Anders als bei der kleinen Schwester ist
das Federbein mit einem Federweg von 150 mm hier nicht dezentral angebracht,
sondern direkt über der sauber gearbeiteten Gabel und soweit vom
Auspuffsystem entfernt, dass die Hitzeentwicklung die Funktionsweise der
Dämpfung nicht beeinflussen kann. Apropos: Der Auspuff ist diesmal nicht ganz so gut gelungen. Schade, dass sie hier nicht mehr von der Kleinen geerbt hat, die dieses "Problem" elegant gelöst hat. Aber solange uns die EU die Abgase zuschnürt, werden die Hersteller die Auspuffe aufblasen -müssen. Das Heck mag etwas breit geraten sein, aber das sind die meisten Hinterteile der Beifahrerinnen ebenso, und das ist nichtmal bös gemeint. Auf der großzügigen Sitzfläche im Heck finden tatsächlich Sozias jeglicher Bauweise ausreichend Platz. Großzügig dimensioniert sind auch die zwei semischwimmend gelagerten 300 mm Doppel-scheibenbremse im Petal-Design, die von radial montierten Vierkolben-Festsätteln gezangelt werden. Zusammen mit dem serienmäßigen ABS bilden die Bremsen ein echtes Highlight an der Versys 1000. |
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250 km/h nach dem Beschleunigungsstreifen. |
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Sonst wäre es wirklich eng geworden auf den Straßen von Teneriffa. Es war
das erste, deutlich ausgeprägte Merkmal, das uns aufgefallen ist. Noch vor
dem erst im Laufe des Tages immer wichtiger werdenden, haarfein
ausbalancierten Handling. Die Versys lässt sich trotz ihrem Gewicht von 239
Kilo fahrfertig blitzschnell und mühelos aufrichten, um sie anschließend in
die nächste Kurve zu reißen. Fällt einem nicht sofort auf, welche Agilität
in dem Big-Enduro-Tourer steckt, denn von Nervosität oder Unruhe ist bei
normaler Fahrt nichts zu spüren. So scheint einem die Versys 1000 immer das
zu geben, was man gerade braucht, drängt einem nichts auf, überfordert nie,
hat keine bösen Überraschungen parat. Wo wir gerade von Überraschungen
reden. Der Reihenvierzylinder war schon eine große. Doch Drehmoment fehlt
wirklich nur im untersten Drehzahlkeller, im Normalfall sollte man dort
sowieso nie reinfallen. Dafür geht ab Mitte richtig was weiter, auf der
Autobahn verließen wir den Beschleunigungsstreifen mit 250 km/h. Deshalb,
warum nicht? Das dürfte sich Kawasaki gedacht haben und hat damit eine
Alleinstellung erreicht. So wie Triumph. Und BMW. Und jetzt auch Honda. Wir
trauen ihr locker zu, in diesem Bullfight zu bestehen. Man muss das auf
jeden Fall probefahren, denn auch wir waren sehr positiv überrascht. Im Kern ist die große Versys tatsächlich ein bisschen Z1000. Und auch wenn die Parameter hier ein bisschen geschwollen (gut 240 Kilo voll) und da ein bisschen geschrumpft sein mögen (von 138 PS bleiben 20 auf der Strecke), so ist die Big-Enduro ein überraschend agiler Straßenelefant, der mit verstörender Eleganz ordentlich auf seinen niederen resp. niedrigeren Artgenossen herumtrampeln wird. Und jetzt entschuldigt mich, der Resch ist schon wieder so groß im Rückspiegel... |
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Interessante Links: |
Fotos: Kawasaki |
Fazit: Kawasaki Versys 1000 2011
Im Kern ist die große Versys tatsächlich ein bisschen Z1000. Und auch wenn die Parameter hier ein bisschen geschwollen (gut 240 Kilo voll) und da ein bisschen geschrumpft sein mögen (von 138 PS bleiben 20 auf der Strecke), so ist die Big-Enduro ein agiler Straßenelefant, der mit verstörender Eleganz ordentlich auf seinen niederen resp. niedrigeren Artgenossen herumtrampeln wird.- Optimales Fahrwerk
- sehr hohe Geschwindigkeiten erreichbar
- angenehmes, sicheres Fahrwerk
- .
- Optisch nicht allzu anspruchsvoll
- verringerte PS-Anzahl
- Auspuff nicht allzu gelungen.
Bericht vom 22.12.2011 | 25.187 Aufrufe