BMW K 1600 GT
Sechs Zylinder! Erster Test mit dem Supertourer von BMW. NastyNils fährt in Südafrika.
BMW nennt die neue K 1600 GT "Supertourer". Die Umgebung konnte würdiger nicht sein. Wir fuhren das neue Dickschiff an der Whalecoast in Südafrika. Souverän und spaßig zugleich. |
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BMW K 1600 GT Test |
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Die Front ist eigentlich gigantisch, sieht aber durch die unterteilten Elemente gar nicht so üppig aus. Von vorne vermittelt der Supertourer sogar noch einen Hauch von Sportlichkeit. Bei der Sitzbank reagiert der Komfort und bei den abnehmbaren Koffern der praktische Nutzen. Insgesamt gibt es jedoch kein Detail welches nicht hochwertig und fesch gestaltet ist. |
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Sechszylinder am Küchenkastl |
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Auch andere Tourenmotorräder oder auch die Goldwing haben einen tollen und ruhigen Motorlauf, aber das hier stellt alles bisher dagewesene in den Schatten. Eigentlich wollte BMW nur einen neuen Motor in die alte K 1300 GT stecken, doch bei dieser Antriebseinheit lag die Latte einfach zu hoch. Kunden die solche Motoren schätzen und lieben sind Genießer und Freunde von vollendeter technischer Perfektion. Da muss wirklich alles passen und es darf im Sattel an nichts fehlen. So kam es, dass dieses neue Motorrad mit unzähligen technischen Leckerbissen vollgestopft wurde. |
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Vollgas auch bei Nacht |
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Beginnen wir beim Exkurs in die Featureliste mit dem adaptiven Kurvenlicht. Im Automobilbau ist es bei Luxuskarossen Standardausstattung, bei der oberen Mitteklasse als Option zu bestellen. Auch in der GT ist es gemeinsam mit der dynamischen Traktionskontrolle und dem Reifendruck Kontrollsystem als "Sicherheitspaket" erhältlich. Der Aufpreis beträgt in Deutschland 850 Euro, in Österreich wegen der NOVA eben dementsprechend mehr. Leider ist es wie bei all diesen Dingen. Wenn man sie mal ausprobiert hat, möchte man sie nicht mehr missen. Das adaptive Kurvenlicht lenkt den Lichtstrahl des kräftigen Xenonscheinwerfers über einen servogesteuerten Spiegel immer in die Kurve hinein und gleicht auch die Schräglage des Motorrades aus. Dabei bedient sich das schlaue System an den Daten des Schräglagensensors von der Traktionskontrolle und passt den Lichtkegel ständig der Schräglage an. Anders als beim Auto, gilt es Bewegungen in 2 Dimensionen auszugleichen. In der Praxis funktioniert das fantastisch. Unter uns gesagt ist es aber eher weniger ein Sicherheitsfeature als ein Geschwindigkeitsfeature. Man fährt die Kurven dann in der Nacht ganz normal genauso schnell wie man es bei Tageslicht gewohnt ist. Bei der Tourenplanung eröffnen sich einem da komplett neue Möglichkeiten. Man könnte früher starten oder eben später ins Hotel kommen. In Sachen Sicht gibt es quasi keine dramatische Behinderung mehr. Hier in Südafrika überließen wir trotz der tollen Möglichkeiten welche das Licht uns bietet, die Straßen bei Nacht den zahlreichen Pavianherden. Üppig ausgestattet ist die K 1600 GT auch mit allen nur erdenklichen Komfortzubehör. Die Griffheizung sowie die Sitzheizung sind via Bordcomputer in 6 Stufen regelbar. Doch nicht nur für kühle Alpentouren ist man mit der K 1600 GT gerüstet. Hier in Südafrika stieg die Temperatur bei der Fahrt von der Küste hinein in Richtung Franchhoeck von 25 auf 38 Grad. Zwischen Seitenverkleidung und Frontverkleidung kann ein kleines Verkleidungselement ausgeklappt werden. Das Motorrad erinnerte mich dann ein wenig an den vor mir fahrenden Bravomaxa vom Reitwagen - dem Erfinder der Ohren. Die Ohren der BMW sind jedoch deutlich kleiner aber erstaunlich effektiv wenn es darum geht frische Luft auf den Körper des Piloten zu lenken. |
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Das BMW Navi ist optimal ins Fahrzeug integriert und wird beim Abstellen des Fahrzeuges automatisch versperrt. |
Wird es zu heiß, kann man mit Teile der Verkleidung ausklappen und einen Luftstrom auf die Kommandobrücke leiten. |
Am Tag danach: Zugabe mit der K 1600 GTL. Der Test folgt im nächsten 1000PS Newsletter. |
Neue Liga! Der Lichtstrahl des Xenonscheinwerfer in der Mitte wird mit einem servogesteuerten Spiegel in die Kurve gelenkt. Außerdem bleibt der Leuchtkegel des Scheinwerfers auch bei starker Schräglage gerade. |
Die Kommandobrücke! Die Bedienelemente am linken Lenkerende wirken zwar am ersten Blick etwas verwirrend, sind aber in der Praxis absolut logisch zu bedienen. Durch die üppige Ausstattung ist es leider nicht mehr möglich, jede einzelne Funktion mit einem eigenen Schalter zu bedienen. Oft muss man dazu in den Tiefen des Bordcomputermenüs stöbern. Doch wie bei vielen Dingen, ist es auch hier eine Frage der Zeit bis es zur Gewohnheit wird. |
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Schildkrötenbremsung im Testprogramm |
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Klar kann man viele der Dinge an dem neuen Motorrad als Spielerei bezeichnen. Doch wir, und mit wir meine ich uns Männer, stehen nun mal auf solches Zeug. Doch auch in der Praxis erfreut man sich in einigen Situationen an den High-Tech-Gimmicks der K 1600 GT. Als zum Beispiel die kleine aber im Falle einer Berührung unheimlich gefährliche Schildkröte die Strasse passierte, musste ich im Sattel der BMW rasch und energisch reagieren. Zuerst warf ich den Anker aus. Die 400 Kilo (319 macht das Motorrad aus, den Rest Fahrer und Ausrüstung) stemmen sich gegen die Bremsscheibe, gegen das Fahrwerk und gegen die Reifen. Man merkt, dass hier gewaltige Kräfte im Spiel sind. Der Reifen gibt in solchen Situationen ein leichtes Wimmern von sich, das ABS regelt punktgenau an der Haftgrenze. Die Front taucht fast nicht ein und lässt somit die Fahrzeuggeometrie ebenso unverändert wie die Reserven beim Federweg. Heck und Front bleiben stabil, das liegt nicht nur an der Masse und dem langen Radstand sondern auch am ABS der letzten Generation welches die Bremskraft nach vorne und hinten optimal verteilt. Erst als die Schildkröte begann ihren Kopf einzuziehen, löste ich die Bremse ein wenig und schlug einen Haken um das verängstigte Tier. Die dicke Fuhre wird überraschend leicht, ganz einfach mal um einen Meter nach rechts dirigiert. Ohne feinste Ware bei Bremserei, Fahrwerk und Elektronik kann so eine Situation auch ganz anders ausgehen. |
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Aufrecht sitzend andrücken bis 260! |
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Was wäre ein Motorradtest ohne eine zünftige Andrückerei. Tatort war diesmal die Auffahrt von der Gordon's Bay hinauf zum Sir Lowry's Pass. Die Passstraße ist eigentlich eine Autobahn ohne Mittelleitschienen und mit 2 Fahrstreifen in jede Richtung. Die Radien sind weit, doch die Kurven noch weiter. Oft hatte ich das Gefühl im Kreis zu fahren als ich mich mit der K 1600 GT nach oben beamte. Die Straße war stark frequentiert, doch ausgerechnet hier liefen wir auf einen Pulk deutscher Kollegen auf. Es kam wie es kommen musste und der Gasgriff wurde ordentlich gemolken. Irgendetwas an diesem Motorrad sorgt dafür, dass man im Sattel keinerlei Bedenken in Sachen Grip entwickelt. Es wird einfach in jeder Kurve umgelegt, bis die Rasten ihr Veto einlegen. Das liegt möglicherweise zum Teil an der stoischen Ruhe des Motors. Man spürt nichts als die direkte Verbindung von Reifen zu Asphalt welche durch keinerlei Vibrationen überlagert wird. Die K 1600 GT findet ihre Linie ohne hohen Kraftaufwand. Nur bei Linienkorrekturen fühlte ich mich hier im dichten Gewühl etwas unwohl. Wir waren eben doch auf keinem Supersportler unterwegs, auch wenn die Tachoanzeige uns das glauben lassen wollte. Beeindruckend war für mich die Stabilität der GT bei hohen Geschwindigkeiten. Egal ob auf der Geraden oder in den Kurven, egal welche Sitzposition oder Stellung des Windschildes wir auch ausprobierten, die 1600er blieb stabil und einfach zu kontrollieren. Bei den Fahrleistungen lässt BMW übrigens die Kirche im Dorf. Der Tacho reicht bis Tempo 260 und damit wird schon im Vorhinein klar, dass der 6-Zylinder mit 160 PS nicht bloß über schiere Leistung definiert. Der Sprint von 0 auf 100 gelingt jedoch auch Fahranfängern in 3,2 Sekunden. Der lange Radstand und das hohe Gewicht verhindern gemeinsam mit der DTC Wheelys und qualmende Reifen. Jedoch sind Könner in Sachen Beschleunigung als auch in Sachen Spitzengeschwindigkeit auf einer K 1300 S besser ausgestattet. Das höhere Gewicht und natürlich vor allem der irre Luftwiderstand des fahrenden Wohnzimmers sorgen dafür, dass der Supertourer ein Tourer bleibt und kein Supersportler wird. Doch in dieser Klasse der Supertourer setzt die BMW ganz klar neue Maßstäbe was Agilität und Fahrspaß betrifft. Die BMW Techniker sind auch keine Halbgötter, doch das Motorrad wurde nun mal neu entwickelt und das Rad der Zeit dreht sich eben unaufhaltbar weiter. Elektronisch einstellbares Fahrwerk, topmoderner Motor samt Elektronik, ABS und DTC sowie hochwertige und ausreichend dimensionierte Chassiselemente sorgen dafür, dass man auch bei ausgesprochen flotten Touren richtig Spaß hat. Die K 1600 GT ist also kein Motorrad für die Angebergarage oder den Autobahnliebhaber sondern in der Tat auch ein ganz normales Motorrad mit dem man Kurven genussvoll inhalieren kann. |
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Der Motor |
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Das Aggregat der BMW K 1600 GT ist eine echte Neuheit im Motorradbereich. Noch nie gab es einen solch schmalen Sechszylinderreihenmotor im Serienbau. Der Motor ist relativ langhubig (67,5 mm Hub, 72 mm Bohrung) und dadurch sind Kolben und Zylinder relativ schlank. Der Motor hat exakt 1.649 ccm Hubraum. Das maximale Drehmoment beträgt 175 Nm und steht bei 5.250 U/min zur Verfügung. Die Spitzenleistung beträgt 160 PS. Alle Nebenaggregate des Motors wurden platzsparend hinter die Zylinderbank verlegt sodass die Breite des Motors von der Breite der Kurbelwelle definiert wird. Insgesamt ist der Motor 555 mm breit. Der Motor kommt ohne Ausgleichswelle aus und bietet (siehe oben) eine himmlische Laufruhe. Die Zylinderbank ist mit 55 Grad stark nach vorne geneigt. Das sorgt für einen niedrigen Schwerpunkt und Platz für die Sauganlage direkt über dem Motor. Die vier Ventile pro Zylinder werden von 2 obenliegenden Nockenwellen über Tassenstößel bedient. Die Kupplung erfordert einiges an Handkraft, sie liegt aber trotz des hohen Hubraumes und der üppig dimensionierten Kupplung noch im Bereich des Erträglichen. Unsere Gruppe bestand sowohl aus Männern und Frauen und das Feedback zur Kupplung war durchaus positiv. Einige Stimmen äußerten sich kritisch über ein Pulsieren am Kupplungshebel. Das liegt an der Konstruktion der Kupplung welche eine selbstverstärkende Mechanik im Kupplungskorb integriert hat. Wenn diese eingreift, spürt man das eben mit einem leichten Pulsieren an der Kupplungshand. Aus dem Vollen schöpften die BMW Techniker bei der Motorsteuerung. Man nennt es BMS-X Motorsteuerung und das beinhaltet auch ein E-Gas und eine vollsequenzielle und zylinderselektive Einspritzung. Ein Sensor am Gasgriff nimmt den Drehmomentwunsch entgegen und die Elektronik setzt das gemeinsam mit ein wenig Benzin und dem Motor in die entsprechende Ausgabe am Hinterrad um. Zuwenig wird das selten sein, bei 1.500 U/min werden zum Beispiel bereits 125 Nm angeboten. |
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Echte Schwächen sind bei dem ganzen Elektronikzeug nur sehr schwer zu entdecken. Zum Beispiel bei Sonderfällen wie beim Rangieren am Schotterparkplatz ist mit der Traktionskontrolle Vorsicht geboten. Wer es mit dem Gasgriff zu gut meint, bewirkt das genaue Gegenteil und die Traktionskontrolle würgt den Motor ab. Schätzen gelernt haben wir mittlerweile das elektronisch einstellbare Fahrwerk "ESA 2". Mittels kleiner Servomotore an den Fahrwerkselementen wird das Fahrwerk auf Knopfdruck "eingestellt". Zur Wahl stehen die Modi Comfort, Normal und Sport. Auch der Beladungszustand kann gewählt werden. Ein echter Komfortgewinn auf abwechslungsreichen Touren. |
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Der Preis ist heiß! |
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Nach all der Lobhudelei kommt nun normalerweise die Schattenseite der Medaille. Der Preis! Vor Bekanntgabe des Preises rechnete ich innerlich ein wenig durch, verglich das Motorrad mit anderen Motorrädern in der obersten Liga der Tourenmotorräder und legte dann noch ein wenig Sechszylinderbonus oben drauf. Trotzdem machte ich mir keine Sorgen, dass dieses Motorrad genug Käufer finden würde. Doch dann die Ankündigung: 23.900 Euro inkl. NoVA und 20% MwSt. kostet das Motorrad in Österreich. Unser deutschen Leser dürfen sich wieder mal bei ihrer starken Autolobby bedanken und sich über die vergleichsweise niedrigere Besteuerung freuen. In Deutschland kostet die 1600er GT 19.900 Euro. Klar ist das immer noch kein Schnäppchen, aber dieses Motorrad hat an allen Ecken und Enden Hightech und Luxus in verschwenderischen Ausmaß implementiert und ich hätte bestimmt mit 5.000 Euro mehr gerechnet. Allen Motorradfreaks und Technikfreunden empfehle ich aber in jedem Fall eine Probefahrt mit der K 1600 GT zu buchen. Das Fahrerlebnis mit dem Sechszylinder ist eine tolle Erfahrung welche man einmal erlebt haben muss, um am Experten-Stammtisch mitsprechen zu dürfen. Ab 19. März nehmen die BMW Händler erste Terminanfragen entgegen. |
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BMW K 1600 GT Bilder |
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Viele Bilder und technische Infos in der Slideshow zur BMW K 1600 GT. Link: Fotos BMW K 1600 GT |
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BMW K 1600 GT und K 1600 GTL Videos |
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BMW K 1600 GT und K 1600 GTL - Video mit vielen Impressionen aus Südafrika, vielen Details und Fahraufnahmen. |
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BMW K 1600 GT - Onboard Video - unzensuriert und ungeschnitten mit der GT auf den Franchhoek Pass |
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BMW K 1600 GTL - Onboard Video - Ungeschnitten! Nimm Platz als Sozia bei NastyNils und fahr mit ihm zum Gipfel. |
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BMW K 1600 GT - Technische Daten |
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Im Bereich Modellnews präsentieren wir alle technischen Daten, Features und Sonderausstattungsmöglichkeiten.
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Fazit: BMW K 1600 GT 2011
Elektronisch einstellbares Fahrwerk, topmoderner Motor samt Elektronik, ABS und DTC sowie hochwertigeChassiselemente sorgen dafür, dass man auch bei ausgesprochen flotten Touren richtig Spaß hat. Die K 1600 GT ist also kein Motorrad für die Angebergarage oder den Autobahnliebhaber sondern in der Tat auch ein ganz normales Motorrad mit dem man Kurven genussvoll inhalieren kann.- Dynamische Traktionskontrolle
- adaptives Kurvenlicht
- erdenkliches Komfortzubehör
- stabil
- feine Bremsananlage
- optimale Sitzposition
- gute Verarbeitung.
- Relativ hohes Gewicht
- in Sonderfällen ist der Traktionsstelle Vorsicht geboten.
Bericht vom 28.02.2011 | 34.497 Aufrufe