Aprilia Dorsoduro

Einfach zu fahren, trotzdem sehr cool. Aprilia schließt die Lücke.

Aprilia SMV 750 Dorsoduro

Motorradfahrera aufgepasst! Aprilia erweitert das Segment Supermoto um eine 750 ccm Maschine. Der Clou daran: Einfach zu fahren und trotzdem ein großer Freudenspender.

   

Ist die Maschine schon fertig?

Wenn italienische Motorräder in Italien vorgestellt werden, dann kann es schon mal spannend werden für testende Journalisten. Kommt jemand zum Flughafen um Dich abzuholen? Sind genug Motorräder vorhanden und wird es möglich sein den Fotographen zu finden? Und passt beim Motorrad schon alles perfekt oder muss "bis zur Serienproduktion noch an der Abstimmung gearbeitet werden"?

Der Dorsoduro Trip begann gut. Mein Flieger kam pünktlich in Rom an und sogar mein Gepäck war mit dabei. Am Ausgang wartete auch schon ein freundlicher Aprilia Mann und brachte mich geradewegs zum Dorsoduro Start.

Keine Diva aber trotzdem nicht 08/15

Ich ging geradewegs zu der einen Aprilia Dorsoduro mit den goldenen Felgen, dem goldenen Federbein und dem roten Design. Außerdem entdeckte ich viele edle Teile die an der Maschine auf keinen Fall serienmäßig sein konnten - stimmt genau, schon winkt die strenge Eventlady und scheucht mich von der mit Zubehör aufgemöbelten Dorsoduro hinüber zur Standardversion. Doch auch hier machte sich keine Enttäuschung breit. Denn die Aprilia Dorsoduro möchte zwar ein leistbares Motorrad für alle Tage sein, ist aber trotzdem kein ordinäres 08/15 Motorrad. Auch ohne Zubehör.

Rahmen, Schwinge und Felgen wirken hochwertig, alle Ecken und Kanten wirken liebevoll verarbeitet. Schön wenn auch bei vernünftigen Motorrädern zum vernünftigen Preis viel Liebe mit im Spiel ist. Den 750 ccm Motor kenne ich schon aus der Shiver. Dort hat er im Premieren-Modelljahr noch für ein paar Probleme gesorgt. Die ersten Modelle überzeugten in Sachen Ansprechverhalten noch nicht wirklich. Doch bei der Dorsoduro merkt man schon bei den ersten Gasstößen, dass hier Routine mit im Spiel ist. Der Motor arbeitet mit elektronisch gesteuerten Drosselklappen und hängt somit am Tropf der CPU. Hier ist Know-How und Erfahrung gemacht damit man die theoretischen Möglichkeiten auch wirklich in eine feine Abstimmung umsetzen kann.

Steriler Motor ohne Macken

Bisher waren viele Techniker schon zufrieden, wenn sie das Niveau eines stinknormalen Vergasers erreichen konnten. Der Motor der Dorsoduro wirkt sofort so, als hätte die CPU die Sache fest im Griff. Diesen Eindruck gewinne ich beim Starten, auf den ersten Metern und dann auch beim Anbremsen der ersten Kurve. Hier kommt die Elektronik vor allem jenen Fahrern entgegen, die mit guten alten Zweizylinder nix am Hut hatten. Sanft und ohne Ruckeln rollt man zur ersten Kurve. Die geschmeidig schließenden Drosselklappen besänftigen die Motorbremswirkung spürbar. Insgesamt fühlt sich die Abstimmung des Motors fast schon steril an. Also Zweizylinder-Fans könnten ein wenig enttäuscht sein, wie sanft und geschmeidig der Motor seine Arbeit verrichtet. Alle anderen erfreuen sich am Fortschritt der Technik.

Sport, Touring oder Regen?

Apropos technischer Fortschritt. Als Abfallprodukt des ganzen Elektronikgrams bekommen wir auch eine Wahlmöglichkeit für 3 verschiedene Mappingkurven spendiert. Das heißt, man kann zwischen SPORT, TOURING und REGEN wählen. Die unterschiedlichen Einspritzkurven kann man auch im Fahrbetrieb, bei geschlossenem Gasgriff selektieren. Also sinnvollerweise fährt man rechts ran, lässt den Motor laufen, drückt auf den Anlasserknopf und wählt aus. Sport fühlt sich dann so an wie ein Zweizylinder immer war. Harter Leistungseinsatz der ungeübte Fahrer fordert und Motorenfreaks begeistert. Touring ist eigentlich die richtige Wahl für uns alle. Auch für Freaks - wenn sie ehrlich zu sich selbst sind. Der Motor hat zwar die gleiche Spitzenleistung wie im Touring-Modus aber man muss dem Motor viel weniger Aufmerksamkeit schenken und sich mehr den Kurven widmen. Der Motor spricht sehr sanft und kontrollierbar an. Der Regenmodus ist für Mädchen und solche die es werden möchten. Mag sein, dass er im Regen hilfreich ist - ansonsten ist es einach irre wie so ein paar Bits and Bikes so ein geiles Eisen auf Knopfdruck kastrieren.

Ganze Tour mit einem Gang

Aprilia gibt bei der Dorsoduro 92 PS und 82 Nm an. Klingt beides nach vernünftigen Werten. Im Fahrbetrieb fällt dann einfach wieder die tolle Motorabstimmung in Kombination mit dem guten Durchzug auf. Ich fuhr im Prinzip die halbe Tour ohne zu schalten. Mag sein, dass die hektisch im Getriebe rührenden Kollegen manchmal 1 oder 2 PS mehr auf den Asphalt drückten, schneller waren sie aber trotzdem nicht. Man kann ab 3.500 U/min schön beschleunigen und hat dann eigentlich noch das ganze Drehzahlband vor sich. Ich steh auf den Motor und auf das was die Elektroniker daraus gemacht haben.

Das Motorrad passt sogar für die lange Tour - wenn Tankstellen in Griffweite sind.

Anders als bei der Shiver ist auf der SMV Dorsoduro ein 12 und kein 15 Liter Tank montiert. Mag sein, dass der schlanke Tank besser aussieht und mag auch sein, dass die Reichweite von über 200 km im Aprilia Prospekt richtig ist, aber hier hatte bei Aprilia ganz klar der Designer und nicht der praxisorientierte Testpilot das letzte Wort. Denn die Dorsoduro gibt ein wunderbares Tourenmotorrad ab, auf der man auch die Anreise in die Berge genießen kann. Bei unserer Testfahrt haben wir jedoch offen gesagt auf eine Autobahnetappe verzichtet. Bundesstraßen bis Tempo 160 und phasenweise 180 stellten kein Problem dar, zu einem Reiseschiff mit super Windschutz wird aber die ansonsten sehr flexible Dorsoduro nicht.

Keine Wahl bei der Bremse: Kräftiger SM-Biss

Deutlicher schon die Ansage die Bremse. Hier gibt es keine Wahlmöglichkeiten und schon gar keine gemütliche Variante. Die Bremse hat Biss wie ein scharfer Supermoto-Anker. Die Sitzposition jedeoch gleicht der Position der Dorsoduro im Marktumfeld. Also irgendwo zwischen Naked-Bike und sportlicher Supermoto. Der Lenker hat genau die richtige Breite für die gnadenlose Kurvenhatz, die Bodenfreiheit passt und eine typische Sonntagstour strengt überhaupt nicht an. Diese Auslegung kommt verschiedensten Kundengruppen entgegen. Neulinge und Wiedereinsteiger haben das Motorrad sofort im Griff und fühlen sich immer als Herr der Lage. Sportpiloten die keine Freude mehr am gebückten Fahren haben werden aber ebenso zufrieden sein. Fahrkomfort und Fahrspaß stehen in keinem Gegensatz zueinander.

Selbstbewusste Streckenwahl der Italiener

In Sachen Streckenwahl zeigten sich die Aprilia-Leute sehr selbstbewusst. Mir war diese Gegend hier am Lago di Bracciano bisher gänzlich unbekannt. Wunderschöne Kurven, wunderschöner See aber teilweise auch wunderbare Buckeln im Asphalt. Oft bekommen wir Journalisten Motorräder auf spiegelglattem Asphalt präsentiert. In Fürteventura zum Beispiel oder auch in Sardinien gibt es einige Strecken wo vermutlich jedes Fahrwerk perfekt funktioniert, weil es ja ohnehin nichts zum ausbügeln gibt. Hier aber ist das Dorsoduro Fahrwerk ordentlich gefordert. Beim Anbremsen stoßen wir öfters mal auf Bodenwellen und Buckeln und bei höherem Tempo fühlt sich die Dorsoduro vorne einen Tick zu straff an schafft es auch nicht mehr 100% an Stabilität zu vermitteln. Mag sein, dass ich mich ein wenig mit der voll einstellbaren Gabel hätte beschäftigen sollen. Doch ich vertraute den bisher makellos arbeitendem Organisationsteam und blieb bei dem gewählten Setup.

Keine Racingsupermoto mit 750 ccm

Doch uns geht es im Sattel immer noch deutlich besser als den italienischen Local Herös hier auf ihren Supersportlern. Einer hat sich in einer von Bodenwellen übersäten Kurve kurz vor in den Strassengraben verabschiedet und fährt nun mit der Rettung die Tour zu Ende. Doch trotz des welligen Bodes erkennt man deutlich - Fahrwerksgeometrie und Federelemente gehören zu keiner Racingsupermoto sondern zu einem Motorrad mit dem man viele Bedürfnisse befriedigen will. In der Klasse der "grossen Supermotos" haben wir ja zum Beispiel auch eine Hypermotard zur Auswahl. Dort ist das Fahrwerkslayout deutlich aggressiver und kann Anfänger sehr schnell überfordern. Die Dorsoduro schafft es ein sehr einfach zu fahrendes Motorrad zu sein ohne trotzdem uncool zu wirken. Diese Grätsche schaffen nicht viele Hersteller.

Zwischen Versys und 990 SM

Beim Vergleich mit anderen Motorrädern tut man sich ein wenig schwer. Genau so etwas gibt es noch nicht. Die Dorsoduro ist irgendwo zwischen Hypermotard, 990er SM von KTM und Kawasaki Versys angesiedelt. Vom Antritt her nicht ganz so aggressiv wie die erst genannten, vom Auftritt her dafür cooler und fescher als die Versys. Auch der Preis wird sich zwischen den genannten Motorrädern bewegen, also um die 10.600 Euro bewegen. Beim Vergleich mit den anderen Kollegen im Aprilia Stall tendiert die Dorsoduro mehr in Richtung Shiver als in Richtung SXV. Hart andrückende Streetracer greifen aber immer noch besser zur Tuono. Die Tuono ist zwar nicht neu, aber immer noch sauschnell. Die Kurven müssen schon sehr eng sein, um die Handlingvorteile der Dorsoduro gegenüber der Tuono in einen Sieg umsetzen zu können. Werden die Kurven schneller glänzt eine Tuono mit dem hochwertigeren Fahrwerk und mehr Kurvenspeed.

Die beste Wahl beim Thema Preis / Leistung

Beim Thema Preis / Leistung sieht die Sache schon wieder anders aus. Eine SXV kostet 10.500 und eine Tuono 13.950. Da kriegt man bei einer Dorsoduro deutlich mehr fürs Geld. Für unter 150.000 Schilling (man denke nur an die guten alten Zeiten) kriegt man wieder ein Motorrad mit knapp 100 PS, 750 ccm, einem tollen Design und einer optimalen Kombination von Fahrkomfort und Fahrspaß sowie Coolness und Beherrschbarkeit.

Die schlechte Nachricht zum Schluss: Aprilia spricht von Mai - Juni, der realistische Insider von Sommer wenn es um das Eintreffen der ersten Modelle geht. Zu spät also um bei den Testtagen vom österreichischen Importeur Ginzinger (Info: http://www.ginzinger.at/ ) mit von der Partie zu sein, aber sicherlich noch rechtzeitig um bei den Testtagen am Pannoniaring (10. Juli und 30. September) eine Rolle zu spielen. Unsere deutschen Leser können die SMV 750 Dorsoduro bei den Test & Ride Events von Aprilia Deutschland ausprobieren. Jedoch auch hier erst bei jenen Terminen ab Sommer 2008.

 

Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg eben zum Propheten. Viel Schräglage ist nicht nötig, wenn man vor Fahrantritt anständiges Stretching betreibt.

 Rot gefällt sie uns am besten, fahren durften wir sie nur in schwarz. Das hübsche Heck passte aber in jeder Farbe.

Aprilia Dorsoduro - Slideshow

Alle Details, das schärfste Zubehör und alle Ansichten haben wir für euch zusammengestellt. Einfach auf eines der Bilder klicken und Slideshow starten.

 

Technische Daten Aprilia Dorsoduro

Motor 90° V2, 4-Takt, wassergekühlt, 4 Ventil Zylinderkopf, Doppelnockenwelle
Hubraum (cm³) 749,9
Leistung 92 PS bei 8.750 U/min
Drehmoment 82 Nm bei 4.500 U/min
Kupplung Mehrscheiben in Ölbad
Getriebe 6-Gang
Kraftstoffaufbereitung elektronische Einspritzung mit "Ride by Wire" Technik zur Steurung der Drosselklappen
Bremsen vo. 2 ø 320 mm Stahlscheibenbremsen, schwimmend gelagert mit Vierkolben Radialbremszange
Bremsen hi. ø 240 mm Stahlscheibenbremse
Reifen vorne 120/70 ZR 17
Reifen hinten 180/55 ZR 17
Sitzhöhe 870 mm
Trockengewicht 186 kg
Tankinhalt 12 Liter
 

Fazit: Aprilia Dorsoduro 750 2008

Eine SXV kostet 10.500 und eine Tuono 13.950. Da kriegt man bei einer Dorsoduro deutlich mehr fürs Geld. Für unter 150.000 Schilling (man denke nur an die guten alten Zeiten) kriegt man wieder ein Motorrad mit knapp 100 PS, 750 ccm, einem tollen Design und einer optimalen Kombination von Fahrkomfort und Fahrspaß sowie Coolness und Beherrschbarkeit.


  • Steriler Motor ohne Macken
  • verbesserte Technik
  • hochwertige Verarbeitung
  • 3 versch. Mappingkurven
  • kräftiges Bremswerk.
  • Sehr geringer Tankinhalt
  • optisch nicht für jeden anspruchsvoll.

Bericht vom 22.04.2008 | 48.829 Aufrufe

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