Royal Enfield Rider Mania 2019

8000 Motorradverrückte feiern drei Tage lang in Goa

Das Wort Manie stammt aus dem Altgriechischen und kann mit Raserei oder Wahnsinn übersetzt werden. Und tatsächlich kann man bei der jährlich im indischen Goa stattfindenden dreitägigen Veranstaltung beides erleben. Hauptsächlich geht es aber um die Begeisterung der Royal Enfield-Fahrer für ihre Marke und die innige Beziehung zu ihren Bikes. Ich durfte dem Spektakel Ende November beiwohnen.

Goa - da denkt man zunächst an exotische Strände, Aussteiger, Hippies und eindringliche Elektro- und Trancemusik, eventuell auch an spirituelle Erfahrungen und andere Rauschzustände. All diese Dinge existieren dort auch, aber einmal im Jahr steht der kleinste Bundesstaat Indiens ganz im Zeichen des Motorrads. Bereits zum 11.Mal oranisiert der zweitgrößte Motorradhersteller der Welt, Royal Enfield (Ende des Jahres werden ca. 900.000 Stück verkauft sein, ein Großteil davon in Indien) die Rider Mania genannte Veranstaltung.

Rider Mania 2019 - Ein Motorradtreffen der anderen Art

Auf der 16-stündigen Anreise hatte ich genug Zeit mir Gedanken zu machen, was mich bei einem Biker-Treffen auf dem Sub-Kontinent wohl erwarten würde. Würde es mit der Bike Week in Faak am See vergleichbar sein, auf der ich Anfang September war, nur etwas heißer uns staubiger? Nein, weit gefehlt die Rider Mania ist eine Veranstaltung, wie es sie so wohl kein zweites Mal auf der Welt gibt. So gibt es zum Beispiel kaum Zubehör- oder Bekleidungsstände auf dem Gelände, auch Menschen in Lederkluft sucht man vergeblich, dafür treten die - im Durchschnitt übrigens 24-jährigen - Teilnehmer in diversen Wettbewerben gegen einander an.

Weltpremiere der Himalayan FT 411 und Driftkönige in Action

Flat Track Rennen, die in unseren Breitengraden eher ein Minderheitenprogramm darstellen, genießen in Indien enorme Beliebtheit. Royal Enfield nutzte das Festival für eine Weltpremiere: Die Royal Enfield Himalayan FT 411, ein auf der Himayalan basierender Flat Track Racer, wurde unter großem Jubel von Geschäftsführer Vinod Dasari auf der Bühne vorgestellt und von internationalen Profis bei Demo-Fahrten auch in Action gezeigt. Derzeit handelt es sich noch um ein Vorserienmodell, das allerdings in der, ebenfalls auf dem Festival ins Leben gerufenen, "Royal Enfield Slide School" von Jedermann gefahren werden kann. Bei der Slide School handelt es sich um an mehreren Punkten in Indien errichteten Trainingszentren, wo die Kunst des Driftens und Flat Track-Fahrens von Profis gelehrt wird.

Dirt Track - die MotoGP Indiens

Wie bereits erwähnt, bot die Veranstaltung jedem Teilnehmer und jeder Teilnehmerin die Möglichkeit in Wettbewerben gegen einanderanzutreten. Beim Dirt Track gab es die Klassen 350 Kubik, 550 Kubik und Himalayan- jeweils geteilt in Anfänger und Experten. Gefahren wurde auf einem etwa 900 Meter langen Kurs. Die Piste war eine Mischung aus Gras und Erdreich, an manchen Stellen feucht und matschig, meist jedoch staubtrocken. Das fahrerische Niveau reichte von Fahranfänger bishin zu Profi. Teilnahmevoraussetzung war Schutzbekleidung und eine Startnummer - sonst nichts. Das führte dazu, das auch Maschinen in abenteuerlichem Zustand und mit normaler Straßenbereifung teilnahmen. Für gute Unterhaltung war jedenfalls gesorgt und es kam glücklicherweise zu keinen nennenswerten Verletzungen. Jeder Teilnehmer wurde beklatscht und gefeiert - die Stimmung war großartig.

Wettbewerbe aller Art

Neben den Rennen gab es noch weitere (Spaß-)Bewerbe, wie Armdrücken, Slow Races, Biertrinkwettbewerbe, die Cleanest Bike Competition, Geschicklichkeitsrennen über einen kurzen Gelände-Parkour inklusive Wippe und Schotterhügel, Motorrad-Tragen im Vierer-Team und die Challenge "Ace the Hill", wo der Hügel, an dessen Fuße das Festival stattfand, in einem Run bezwungen werden musste - ein Heimspiel für die Himalayan. An dieser Stelle würde ich empfehlen einen Blick in die umfangreiche Bildergalerie zu werfen, um die Stimmung vor Ort erahnen zu können. Wenngleich der Männeranteil auch bei der Rider Mania, ähnlich hoch wie bei anderen Motorradttreffen ist, gab es beinahe alle Wettbewerbe auch für Frauen. Die Mädls standen den Herren der Schöpfung in Sachen Einsatz und Kampfgeist in nichts nach.

Moto Ball

Auf einen Wettbewerb möchte ich aber doch noch näher eingehen, da er so wunderbar verrückt ist. Moto Ball ist, wie der Name bereits vermuten lässt, eine Kombination aus Fußball und Motorrad fahren. Es spielen zwei Teams mit jeweils 8 Spielern gegeneinander, nur die Torleute haben kein Motorrad unter sich. Der Spielball ist in Größe und Gewicht mit einem Gymnastikball vergleichbar. Bei der Rider Mania 2019 kam es im Finale zur Neuauflage des Endspiels von 2018, wobei sich diesmal der Zweitplatzierte des Vorjahres im Elfmeterschießen durchsetzen konnte. Ich habe selten Leute so jubeln sehen wie nach diesem Spiel- herrlich!

DJs und Live Acts heizten dem Partyvolk nach Sonnenuntergang mächtig ein

Wenn um 17:30 die letzten Wettbewerbe zu Ende gingen, konzentrierte sich das Geschehen auf die beiden riesigen Bühnen am Gelände. Zu späterer Stunde packte das Tanzfieber die Teilnehmer (manche zogen sich gar nicht erst um, sondern tanzten in voller Montur inklusive Helm) und der, bis dahin vorbildlich geringe, Bierkonsum stieg merkbar an. Um 22:00 war, für uns Reporter doch überraschend, Schluss- man fühlte sich ein wenig in die Zeit der Skikurs-Discos zurückversetzt, als die Lehrer um 22 Uhr den Stecker der Anlage zogen und einen zum Schlafen aufs Zimmer schickte.

#leaveeveryplacebetter - Royal Enfields Engagement für die Umwelt

Da bei einem Event dieser Größenordnung das Thema Abfall problematisch werden kann, entschloss sich Royal Enfield die Rider Mania 2019 unter das Motto "Leave every place better" zu stellen. Jeder Teilnehmer erhielt eine wiederverwendbare Alu-Trinkflasche, es gab über das ganze Areal verteilt gratis Trinkwasserstationen und auch die Stände an denen man sich kulinarisch verwöhnen lassen konnte, nutzen Besteck aus Holz und Geschirr aus gepressten Bananenblättern. Auch das lokale Kingfisher Bier wurde direkt aus der Flasche genossen. Die Teilnehmer wurden zudem immer wieder über Lautsprecherdurchsagen ermutigt Müll, den sie auf dem Boden finden, in dafür aufgestellte Körbe zu werfen. Insgesamt konnte auf diese Weise während des Wochenendes über 3 Tonnen wiederverwertbares Material gesammelt werden.

Stimmungsbild und Fazit

Die Rider Mania führte mir eindrucksvoll vor Augen, wie sehr das Motorrad in Indien als Fortbewegungsmittel im Zentrum der Gesellschaft steht. Beinahe jeder Inder hat einen unmittelbaren Bezug zum Thema Zweirad. Dabei spielt es natürlich eine große Rolle, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung schlicht kein Auto leisten kann und zum Teil bis zu fünf Personen auf einem Motorrad sitzen. Das bedeuted aber nicht, dass es keine Motorradfahrer aus Überzeugung gibt. Im Gegenteil, das Motorrad gilt vielen als Schlüssel zur individuellen Freiheit. Entsprechend werden die Bikes gehegt und gepflegt. Obwohl Royal Enfield keine große Modellpallette vorzuweisen hat - neben den auch bei uns bekannten Modellen Himalayan, Interceptor 650, Continental 650 und den klassischen 500/535 Einzylindern Bullet und Classic, gibt es noch ein Modell Namens Thunderbird 350 - waren auf der Rider Mania nicht zwei idente Motorräder zu sehen. Jeder tunet, schmückt, verziert oder adaptiert seine Royal Enfield nach seinen individuellen Vorstellungen. Diese Bemühungen resultieren in einem Straßenbild, dass die herrliche Vielfalt des fantastischen Landes wunderbar widerspiegelt. Ich komme mit Sicherheit wieder.

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Bericht vom 21.02.2020 | 14.005 Aufrufe

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