Wann haben Sie mit der Arbeit in der Welt der Motorräder begonnen? Juan Martinez: Ich begann damals 88 oder 89. Ich war 15 und habe Motorräder gemocht. Es begann in einem Sommer, als ich die Arbeit in einer Werkstatt gegenüber meinem Zuhause aufnahm, damit es meine Mutter leichter hatte, mich zu kontrollieren. Ich ging dorthin und hörte auf zu lernen. Ich würde das niemandem raten, aber ich war versessen auf Motorräder. Es war eine normale Werkstatt, die Fantic importiert und Yamaha verkauft hat. Ich habe dort drei Jahre gearbeitet, bis ich zum Militär musste. Als ich danach wieder zurückkam, begann ich meine Arbeit bei Showa. Sie gaben mir eine Chance in deren Sport-Abteilung. Sie brauchten einen Typen, der alles über die Aufhängung lernt und seitdem - das war 94 - habe ich in der Weltmeisterschaft gearbeitet. Mit welchen Fahrern haben Sie gearbeitet? Juan Martinez: Bei Showa hatte ich das Glück, mit vielen großartigen Fahrern zu arbeiten, wie Mick Doohan, Valentino Rossi, Luca Cadalora, Alex Barros, Loris Capirossi und Sete Gibernau. Diese Liste ist endlos, denn bei Showa halfen wir auch Teams wie Montesa-HRC im Trialsport und deswegen konnte ich mit Fahrern wie Amos Bilbao, Dougie Lampkin und Marc Colomer arbeiten. Können Sie erklären, was Sie machen und was Ihre Aufgaben bei den Repsol Honda 125cc- und 250cc-Teams sind? Juan Martinez: Ich bin der technische Koordinator im 125cc-Team. Ich bin der technische Konsulent im 250cc-Team: wenn die Techniker Fragen haben oder meine Meinung zu etwas wissen wollen, dann bin ich da und versuche, zu helfen. Wie sehen Sie die 125cc-Kategorie, das Niveau der Fahrer und Maschinen? Juan Martinez: Ich denke, im Moment gibt es ein Machtvakuum in der 125er. Was meine ich damit? Es gibt keinen wirklichen Anführer wie Pedrosa oder Bautista es waren. Jetzt ist es in einigen Rennen Talmacsi, in anderen Pasini... Es scheint, dass die ganze Generation an Fahrern mit etwas mehr Erfahrung auf die Ankunft eines neuen Anführers wartet. Das sind Zyklen, die alle paar Jahre kommen und im Moment gibt es ein Vakuum ohne Anführer. 250cc? Juan Martinez: Wir können alle sehen - wenn wir uns auf die Resultate beziehen -, dass Lorenzo die technischen Vorteile, die er hat, perfekt ausnutzt. Sobald man so einen Vorteil hat, muss man ihn auch nutzen und das Beste herausholen können. Das hat er bislang gemacht. Ich bin mir sicher, dass die Aprilia der Honda einen Schritt voraus ist. Hondas Geschäftspolitik bedeutet, dass die Maschinen-Entwicklung an den 250ern und 125ern gestoppt wurde, was bedeutet, dass wir im Nachteil sind. Was wir schaffen wollen, ist die beste Performance aus dem zu holen, was wir an unseren Fahrern haben. Auch Dovizioso kann nicht vorne dabei sein, wenn die Dinge hundertprozentig laufen. MotoGP? Juan Martinez: Das ist eine Ära des totalen Wandels. Wir haben einen neuen Hubraum, neue Regeln für die Reifen und ich denke, alles ist durch Dani Pedrosas Anpassung an die Kategorie bedingt. Die Tatsache, dass er in seinem zweiten Jahr ein Motorrad weiterentwickeln muss und das Hindernis, dass die Reifen für das ganze Wochenende am Donnerstag gewählt werden müssen, sind zusätzliche Probleme zu der grundsätzlichen Schwierigkeit, die das Rennfahren in dieser Kategorie darstellt. Bei Ducati hat man sehr gut gearbeitet und Stoner nutzt diesen Vorteil besser als jeder andere. Denn abgesehen davon, dass die Maschine gut funktioniert, macht er die Dinge auch perfekt. Valentino macht das, was er immer getan hat und ist so, wie er immer war. Er ist ein geborener Kämpfer, unabhängig von den technischen Schwächen an der Maschine oder dem Fehlen von Speed im Vergleich zur Ducati. Trotz alldem ist er immer noch da und in Wartestellung und wenn Stoner einen Fehler macht, kann er ihn jederzeit überholen. Als Experte für die höchste Kategorie, wie sehen Sie den Wechsel zu 800cc? Juan Martinez: Ich kenne das wahre Motiv für den Wechsel nicht. Sicher, jeder Wechsel in einer Klasse stimuliert die Leute, die dort arbeiten, er regt die Lust zum Arbeiten an, daran, Dinge zu verändern... Falls nicht, dann wird die Kategorie auf eine Art stagnieren; bei den Leuten in allen Bereichen, nicht nur bei den Mechanikern, auch die Fahrer und so weiter... Es kommt eine Zeit, wenn man in einer Klasse etwas ändern muss, damit die ganze Weltmeisterschaft stimuliert wird. Auch um Leute außerhalb der Welt der Motorräder anzuziehen. Vermissen Sie ihre ehemalige Arbeit in der MotoGP? Juan Martinez: Nicht wirklich. Von außen sieht es natürlich wie eine Degradierung aus, wenn man nicht mehr in der MotoGP ist. Ich denke aber, es ist wichtig, wie man jede Herausforderung im Leben angeht, was auch immer man tut. Die Kategorie hat mehr oder weniger Einfluss. Wenn man alles, was man im Leben angeht, mit einer guten Einstellung beginnt, dann fühlt man sich am Ende mit sich im Reinen. Man sollte nicht leben und über das Hätte, Wäre und Wenn nachdenken oder über das, was man gemacht hat. Man muss versuchen, den Moment zu genießen, wo auch immer man ist. Nach der langen Zeit in der höchsten Kategorie muss es sich wie eine andere Welt anfühlen, wenn man mit den kleinen Teams arbeitet? Juan Martinez: Der Zugang ist sehr anders. In vielen Situationen muss man von den Fahrern lernen, die schon ganz oben sind, wie Valentino Rossi, Sete Gibernau und Mick Doohan. Jeder von ihnen hat mir viele Dinge gezeigt. Was das Erfahrungs-Niveau betraf, so waren sie mir in vielen Dingen voraus. Jetzt haben die Rollen etwas gewechselt. Die Erfahrungen und Situationen, die diese Fahrer durchlaufen, sind Situationen, die ich schon erlebt habe. Jetzt liegt meine Arbeit also darin, zu versuchen, ihnen das zu vermitteln, was ich damals von den anderen gelernt habe, damit sie den gleichen Vorteil oder die gleiche Leistung herausholen können, die die Top-Fahrer herausholen konnten. Wenden wir uns nun den Repsol Honda Fahrern zu. Was können Sie über Esteve Rabat sagen? Juan Martinez: Seine beste Tugend ist sein Enthusiasmus und er ist versessen darauf, in allem gut zu sein. Das bedeutet nicht, dass die anderen Fahrer nicht wie er sind, aber im Moment sind die Dinge für Tito, der sein erstes volles Jahr in der Weltmeisterschaft fährt, völlig klar und sein einziger Wunsch ist es, Motorrad zu fahren und er hat keine Vorstellung von etwas Anderem, dass nicht Motorradfahren ist. Außerdem lernt er schnell. Vielleicht fehlte ihm eine gute Arbeitsmethode und er musste etwas darüber nachdenken, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Weil er zu übereifrig war, hat er zu Beginn ein paar Fehler gemacht und das ließ ihn nicht so schnell vorankommen, wie er es hätte können. Im Moment denke ich, dass er sich gut einfindet und er holt das Maximum aus dem Material, das er hat. Er macht auch das Beste aus dem, was wir ihm zu vermitteln versuchen und daraus zieht er seine Vorteile. Bradley Smith Juan Martinez: Bradley Smith ist das Gegenteil von Rabat, er ist etwas kühler. Er hat das gleiche Verlangen wie er, aber er kontrolliert es mehr. Alles was er tut, passiert mehr mit Köpfchen. Bevor er einen Schritt setzt, muss er genau verstehen, warum er das tut. Er ist tatsächlich ein Kind mit der Reife eines älteren Jungen. Die Tatsache, dass Bradley in der MotoGP Akadamie gefahren ist, bedeutet, dass er schon einige Konzepte kennt, an denen wir mit Tito noch arbeiten. Shuhei Aoyama Juan Martinez: Shuhei ist im Moment das große Fragezeichen, da wir alle erwartet haben, dass es ihm viel besser ergehen würde, als es in dieser Saison passiert ist. Es ist nicht klar, was er wird erreichen können. Für die japanischen Fahrer ist es natürlich viel schwieriger, hier zu fahren, weil sie aus einer anderen Kultur kommen und nach Europa ziehen müssen. Viele von ihnen können sich damit nicht anfreunden und das schwächt ihre Chancen, ganz oben mitzufahren. Julian Simon Juan Martinez: Ich denke, er ist ein Bursche mit großem Talent. Er hat die angeborene und außergewöhnliche Fähigkeit, jede Art von Maschine fahren zu können. Das bedeutet, er konnte große Fortschritte machen und dabei einige Schritte auslassen, die andere erst lernen mussten. Als er Erfahrungen brauchte und verstehen musste, warum er dort hingekommen ist, wo er ist und deswegen einen Gang höher schalten musste, war er zunächst etwas schockiert. Das macht ihn nervös und diese Anspannung bedeutet, dass er sich etwas zurückentwickelt. Dann muss er lernen, was andere schon zu Beginn wussten, denn er hatte es schon davor gelernt, wusste aber nicht warum. Wenn er diese Dinge aber zusammenfügen kann, dann wird sein angeborenes Talent gemeinsam mit dem Wissen, wie das funktioniert, was er tut, Julian zu einem Fahrer der Zukunft machen, denke ich. Es wird viel über die Traktionskontrolle gesprochen. Jene, die dafür sind, meinen, es ist gut für die Sicherheit. Jene, die dagegen sind, sagen, dass es das Sliding hat verschwinden lassen und dass die Rolle des Fahrers unwichtiger geworden ist. Was ist Ihre Meinung dazu? Juan Martinez: Ich bin für alles, was die Leistung der Maschine auf der Strecke verbessert. Ich denke, dass wir irgendwie alle der Vergangenheit nachtrauern und es gibt jene, die sagen, die alten 500er waren spektakulärer. Es gab auch eine Zeit, wenn nur ausgesuchte Fahrer Zugang zu einem bestimmten Typ Reifen hatten und die Leute haben das verschwiegen. Die alten Motoren, auch wenn die keine Traktionskontrolle hatten, hatten auch eine optimierte Kraftentwicklung, die durch eine Verstellung der Zündung geregelt wurde. Die Traktionskontrolle ist das Ergebnis des technischen Fortschritts und dagegen können wir nicht sein. Wenn zwei Motorräder eine Traktionskontrolle haben und die anderen nicht, dann wäre ich dagegen. Wenn sie aber alle haben, dann ist am Ende der der Sieger, der am Sonntag am besten gefahren ist. Wir können nicht gegen die Traktionskontrolle oder eine andere Art von technischer Verbesserung sein, die kommt. Sonst müssten wir auch gegen die neuen Reifen sein, da sie viel mehr Grip haben als zuvor. Das ist Nonsens. Was sollen wir machen? Gehen wir zurück und fahren mit den Maschinen von vor zehn Jahren? Das andere Diskussionsthema sind die Reifenregeln und ihre Beschränkung in der MotoGP. Glauben Sie, dass die Dinge dadurch ausgeglichener sind? Juan Martinez: Prinzipiell ging es darum, die Kosten zu senken. Was langfristig passieren wird, ist, dass es einen Vorschlag der Teams geben muss, damit man die Möglichkeit erhält, Testreifen zur Verfügung zu haben. Damit hätten sie bei der Ankunft an einer Strecke genug Informationen, um die richtige Entscheidung für das Wochenende zu treffen. Denn schließlich und endlich wollen wir ein eng umkämpftes Rennen, in dem jeder eine Chance auf den Sieg hat. Deswegen sind wir alle hier. Persönlich denke ich, dass die Reifenbeschränkung keine schlechte Sache ist. Bridgestone hat im Moment einen Vorteil. Wegen des Limits, dass ihnen im Vorjahr Probleme gemacht hat - sie mussten den gleichen Reifen oftmals verwenden, weil sie eine beschränkte Produktionskapazität hatten -, konnte sie viele Informationen über das Verhalten ihrer Mischungen auf vielen verschiedenen Kursen sammeln. Michelin hat das nicht, da man es so gehandhabt hat, eine völlig andere Mischung passend für jede Strecke mitzubringen. Außerdem hatte man in Europa die Kapazität, die Reifen über Nacht herzustellen. Würden Sie eine Regel ändern? Juan Martinez: Im Moment kann ich mich keiner entsinnen. Das ist nicht meine Weltmeisterschaft und deswegen mache ich nicht die Regeln. Wenn man an einer Weltmeisterschaft teilnimmt, dann muss man versuchen, aus den bestehenden Regeln das Bestmögliche zu machen. Ich kann sagen, ob ich die Änderung der Maschine entweder mehr oder weniger mag. Worauf ich aber bestehen würde, ist, dass die Sicherheit an den Strecken verbessert werden muss, denn das ist das Wichtigste. Denn wenn es keine Fahrer mehr gibt, dann haben wir auch kein Rennen. Mehr als auf eine Regeländerung würde ich für eine bessere Einstellung gegenüber der Sicherheit plädieren, damit die Fahrer sich nicht verletzen. |