CB1000R vs. GSR750

Ein Duell ungleicher Rivalinnen. Honda Qualitätshammer gegen Suzukis Preis-Leistungsknüller.
 

Honda CB1000R vs. Suzuki GSR750

Welches Potenzial in modernen Superbike- und Supersportmotoren steckt, erkennt man an den nackten Ablegern der jeweiligen Maschinen vom heiser röchelnden Kraftwerk bis zur lautstark kreischenden Drehorgel ist alles möglich.
 

Die Bezeichnung Spitzenmodell kann zugegebenermaßen viele Assoziationen wecken: Der geile Stelzbock wird vermutlich an das hübsche Mädel in reizvoller Spitzenunterwäsche auf Seite 7 des Lieblings-Schundblatts denken. Der Süßigkeiten-Fan wird hingegen eher an die Tortenspitzen unter seiner letzten, auf 13.000 Kalorien reduzierten Malakofftorte denken. Und wir, woran denken wir bei Spitzenmodellen? Genau, wir denken natürlich an Motorräder. Hightech-Superbikes mit knapp 200 PS kommen uns als erstes in den Sinn, dann vielleicht noch Naked Bikes mit mindestens 150 Pferden. Aber zwei nackte Japanerinnen mit 125 und gar nur 107 PS? Tja, die kommen uns vermutlich nicht gleich in den Sinn, aber auch solche Motorräder sind Spitzenmodelle. Im Segment der sportlichen Naked Bikes nämlich stellt die CB1000R für Honda die Speerspitze dar, bei Suzuki ist es sogar nur die GSR 750.

 



Aber halt, wir wissen doch alle nur zu gut, dass sich die reine Leistung am Papier allzu oft besser anhört als sie in Wahrheit ist und so manch belächelte Maschine am Ende besser fährt als die vermeintliche Favoritin. Daher seien die 107 PS der Suzuki GSR 750 auch mit Vorsicht genossen, immerhin stammt deren Triebwerk von der supersportlichen Schwester GSX-R 750 ab. Und die geigt mit stolzen 150 PS auf, kommt somit leistungsmäßig fast an das Niveau der 1000er-Superbikes heran. Wer es also in Kauf nimmt, dass er seine GSR 750 hoch drehen muss, um Sturm zu ernten, wird mit dem Resultat seine helle Freude haben.
 


Motor aus der 150 PS GSX-R750.


Denn vor allem im oberen Drehzahlbereich geht die nackte Susi ab wie eine Rakete. Natürlich kann sie auch von ganz weit unten aufgezogen werden und bestraft uns dabei nicht gleich mit Ruckeln oder Stampfen. So wirklich geht die Post aber erst oben ab. Da steigert sich auch die Klangkulisse plötzlich vom braven Schnurren zum hellen Kreischen und wir hegen keinerlei Zweifel, dass es sich dabei nicht um ein supersportliches Triebwerk handeln könnte.

Display: Nicht nur wegen der Wassertropfen schlecht ablesbar. Das Honda Logo in Hochglanz auf dem matten Lack kann man auch ertasten.



Die Honda ist hingegen aus ganz anderem Holz geschnitzt. Zwar bekommt auch sie ihr Triebwerk von einer supersportlichen Schwester geschenkt, der Murl schöpft seine 125 PS allerdings aus einem fast vollen Liter Hubraum und präsentiert sich dadurch weit gelassener als der Suzuki-Motor. Souverän zieht das Triebwerk der CB1000R kraftvoll hoch und schiebt über die Mitte hinweg ordentlich an. Und dann, wenn es ans ordentliche Auswinden geht, zeigt das Triebwerk auf beeindruckende Weise, dass es von der Teilespenderin CBR1000RR Fireblade auch sportliche Gene mitbekommen hat. Dennoch überzeugt vor allem dieser sonore, ruhige Lauf des Motors, der sowohl beherztes Anrauchen als auch gemütliches Bummeln erlaubt.
 


Mehr Härte im Fahrwerk gewünscht.


Dementsprechend wurde auch der Sattel erstaunlich bequem ausgelegt. Man kann nicht nur Tagestrips sondern sogar weite Etappen mit der nackten Honda unter die Räder nehmen, ohne seinen Hintern womöglich nicht mehr zu spüren. Auch die Sitzposition ist gelungen, der Kniewinkel passt, der Abstand zum breiten Lenker ist gelungen und ausreichend bequem. Selbst das Fahrwerk ist eher auf der softeren Seite, was im Alltag und selbst bei sportlicher Fahrweise nicht weiter stört, sondern sogar freut. Lediglich im harten Gefecht, beim Duell um den Titel auf der Hausstrecke würden wir uns ein Quäntchen mehr Härte im Fahrwerk wünschen.

 

Die Suzuki macht ihre Sache in dieser Disziplin ähnlich gut, auch bei ihr sitzen wir gemütlich aufrecht, haben genügend Platz, greifen zielsicher zum etwas schmäleren Lenker und bekommen trotz des etwas härteren Sitzpolsters genügend Komfort durch die eher sanfte als sportliche Auslegung des Fahrwerks. Denn auch bei ihr würden wir uns beim harten Angriff etwas mehr Schärfe im Fahrwerk wünschen. Allerdings wirkt die GSR 750 im Vergleich zur CB1000R etwas wendiger und kann im engen Winkelwerk mit ihrer besseren Handlichkeit punkten.



Theoretisch müssten wir somit im besonders kurvenreichen Geläuf mit der Suzuki der Honda davon ziehen, wären da nicht die vielen harten Anbremsmanöver vor den Kurven, die bei der Bremse der GSR 750 die dafür nötige Bissigkeit vermissen lassen. Wie gewohnt ziehen wir den rechten Hebel mit zwei Fingern bis unsere Augen wie bei einer Salatschnecke ausfahren und wir greifen sicherheitshalber mit allen vier Fingern hin und wundern, vielmehr ärgern uns über die seltsam schwache Auslegung der Bremsanlage.

Viel besser funktioniert das auf der Honda CB1000R, da können wir mit zwei Fingern alles bestens kontrollieren, sowohl Druckpunkt als auch Dosierbarkeit sind bestens und das sehr sanft eingreifende ABS fällt so gar nicht auf. Ein fettes Minus holt sich die Honda hingegen bei den Armaturen. Die halbrunde Form sieht ja sehr nett aus und die blaue Beleuchtung beeindruckt uns in der Garage ungemein, im echten Leben sind sie aber schlicht und ergreifend ganz mies ablesbar. Der Tacho ist schlecht positioniert und viel zu klein, der digitale Drehzahlmesser ist überhaupt völlig entbehrlich.

Die Armaturen der Suzuki GSR 750 sind vielleicht nicht so spacig wie jene auf der Honda, dafür mit ihrem großen Display und dem analogen Drehzahlmesser hervorragend ablesbar und mitsamt der Ganganzeige, auf die man bei der Honda verzichten muss, fast schon überkomplett. Da muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, was ihm wichtiger ist, für uns zählt aber die Funktion immer noch mehr als die Optik.

Suzuki macht's richtig. Digitaler Tachometer und Drehzahlmesser im Halbkreis. Auch hier ist das Markenlogo nicht einfach ein Pastikpickerl.


Der Sieg ist eine Leistungs- und Geldfrage.


Apropos Optik, auch die Gesamterscheinung der beiden Naked Bikes ist schwer zu bewerten. Beide sehen modern aus, beide sind eher kantig als rund und beide wurden sehr eigenständig gestaltet, was sie kaum verwechselbar macht. Bei der Honda wirkt alles aber ein wenig hochwertiger, der Scheinwerfer im Alien-Stil wirkt edel, die Verkleidungsteile fein gearbeitet und die Vierspeichenfelgen sind einzigartig. Bei der Suzuki sieht man bei genauer Betrachtung, dass der Rotstift etwas öfter angesetzt wurde, vor allem bei der Kastenprofil-Hinterradschwinge wurde kräftig gespart, was sich dafür beim viel niedrigeren Preis widerspiegelt.

Insgesamt können also beide Nackten überzeugen, neben den sehr subjektiven Designs auch durch handfeste Werte. Sind sie sich bei Komfort, Sitzposition und Fahrwerksabstimmung noch ziemlich einig, kommen bei Motor, Handling und Bremsen hingegen größere Unterschiede zu Tage: Das Triebwerk der Honda strotzt vor Drehmoment und Souveränität während der Motor der Suzuki seinen Schwengel erst bei hohen Drehzahlen auspackt. Bei den Bremsen stampft die CB1000R die GSR 750 regelrecht ein, während sich die Suzuki wiederum mit etwas besserer Kurvenagilität revanchiert. Das bessere Motorrad? Alles in allem eindeutig die Honda. Bezieht man den Preis aber mit ein, ist eindeutig die Suzuki das bessere Angebot. Aber wer muss heutzutage schon aufs Geld schauen…


 

Text: Vauli
Fotos:
Cpt. Kukla

Autor

Bericht vom 26.08.2012 | 14.615 Aufrufe

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