Ray 7.7 Elektroroller Test 2022

Kommt das Beste aus Spanien?

Jamon Iberico, Paella und Sangria – nur drei von zahlreichen spanischen Exporten, nach denen es den Rest Europas sehnt. Etwas sehr Begehrenswertes könnte nun aus der Fabrik von Ray rollen: Der neue 7.7 Elektroroller. Wir haben ihn "verkostet".

Über Ray Electric Motors

Im aktuellen Elektro-Boom scheinen neue Hersteller regelrecht aus dem Boden zu schießen - einer davon ist Ray Electric Motors. Seit 2019 hat sich die spanische Marke das Ziel gesetzt, Innovation zu fördern und für eine leise Zukunft zu sorgen. Seit jeher liegt der Fokus am 7.7 - das derzeit einzige Modell des Herstellers.

Und auch wenn uns bei Hess Motorrad (wo wir den Roller ausborgen durften) gesagt wurde, dass man bei Ray das Wort "Roller" nicht in den Mund nimmt, sondern nur "vom Ray" spricht, werde ich mich in diesem Text dagegen stellen. Wir haben klar einen Elektroroller vor uns stehen...

Der 7.7 - das Erstlingswerk des spanischen Herstellers

So steht er nun vor uns: Der 7.7. Kein klingender Name, aber mit einer klaren Bedeutung; doch dazu später mehr. Beim ersten Anblick sticht sofort die extrovertierte Optik ins Auge: Der Doppel-LED-Scheinwerfer findet in einer spitz zulaufenden Nase Platz und wird von dem ebenfalls in doppelter Ausführung vorhandenen LED-Rücklicht beinahe gespiegelt. Die Lauflicht-Blinker erstrahlen ebenso in LED und runden das Bild ab. Ansonsten finden wir einen klassischen Cityroller vor: Tiefer Durchstieg, hoher Lenker und eine breite Sitzbank. Wobei Letztere eine ganz besondere Überraschung parat hält...

Ray 7.7 mit verstellbarer Sitzhöhe

Für Kurzgewachsene - wie mich mit 175 cm - sind verstellbare Sitzbänke eine praktische Sache. Hauptsächlich auf Reiseenduros zu finden, können die Sattel mit ein paar Handgriffen ein paar Zentimeter gesenkt werden, um einen sicheren Stand zu garantieren. Doch auf einem Roller? Hier hebt sich Ray von der Konkurrenz ab, denn auf ihm braucht es nur einen Zug am Hebel und schon lässt sich der Polster von 800 mm Sitzhöhe auf 785 mm oder sogar 770 Millimeter absenken. Hat man Lust darauf, kann das sogar beim Warten an der Ampel geschehen - so unkompliziert funktioniert der Mechanismus. Es sollte jedoch erwähnt werden, dass selbst die höchste Einstellung für meine Körpergröße easy zu managen war.

Sitzbank Verstellung Ray 7.7
Der Hebel zur Verstellung ist gleich unter der Sitzbank platziert.

Apropos Sitzbank: Als Stauraum bietet der Ray 7.7 neben einem absperrbaren Handyfach in der Beinverkleidung auch ein Fach unter der Sitzbank, das einen Vollvisierhelm fasst. Grund dafür: Der Akku ist nicht im Weg.

Spannende Akkulösung mit echten Vorteilen

In dieser Klasse an Elektrofahrzeugen gibt es zwei Orte, an denen man meist nach dem Akku sucht: Unter dem Sitz oder im Trittbrett. Ray wählt eine andere Lösung. Entlang der Schwinge findet sich beidseitig das Batteriepack, was in erster Sekunde befremdlich wirkt, beim zweiten Anblick jedoch klare Benefits aufzeigt. Einerseits umgeht man das Platzproblem dieser Kompakt-Klasse, weshalb man eine Kapazität von 7.7 kWh (daher auch der Name Ray 7.7) unterbringt - ein gewaltiger Wert in dieser Fahrzeugkategorie. Andererseits profitiert der Schwerpunkt ungemein, da dieser so niedrig wie nur möglich gehalten wird. Positive Auswirkungen auf die Fahrdynamik dürfen also erwartet werden.

Und wer sich fragt, was mit den exponierten Akkus bei einem Umfaller passiert: Kompakte Crashpads schützen die Hülle, die selbst auch sehr robust wirkt. Kleine Hoppalas sollten also ohne größeren Folgen enden. Der größte Nachteil der Konstruktion ist jedoch der Fakt, dass der Akku dort bleibt, wo ihn Ray verbaut hat. In der Wohnung laden kann man sich also abschminken, außer die Wohnung bietet genügend Platz für den ganzen Roller.

Der Ray 7.7 wird etwas anders geparkt

Direkt über der Schwinge und dem Akku verbaut man den bürstenlosen Elektromotor, der eine Nennleistung von 14 PS, beziehungsweise eine Maximalleistung von 23 PS liefert und das Hinterrad per Riemen antreibt. Der Großteil des Gewichts des 165 Kilogramm schweren Rays befindet sich also im Heck, weshalb der Hauptständer auch näher zum Vorderrad platziert wurde. Während man den 7.7 ganz herkömmlich nach dem Absteigen aufbocken könnte, bietet sich aber eine Variante an, die Ray extra integriert hat. Über eine Aussparung im Trittbrett kann im Sitzen der Hauptständer zum Boden geführt werden, während das Aufbocken vom Retourgang erledigt wird. Der Elektroroller parkt somit am Ständer und am Hinterrad, die Front schwebt in der Luft.

Ray 7.7 Hauptständer
Im Sitzen aufbocken - so einfach geht's.

Das Losfahren passiert ähnlich unkompliziert: Einfach starten und vom Hauptständer herunterfahren - schließlich hat das Hinterrad Traktion. Ein Prozess der etwas Übung bedarf, aber im Alltag bestimmt die ein oder andere Anstrengung erspart.

Überraschend dynamisch! Unterwegs in der Stadt und am Land

Unsere Testrunde führte uns vom Hess Moto Stützpunkt in Ostermundingen Richtung Emmental, wo wir einen schönen Mix aus engem Stadtverkehr und kurvigen Landstraßen erfahren konnten. In der City profitiert er von der 15 Zoll Bereifung vorne und 14 Zoll hinten - stabil fährt er durch Schlaglöcher und über Straßenbahnschienen. Keine Selbstverständlichkeit in dieser Klasse ist eindeutig das hochwertige Fahrwerk, das nicht nur federt sondern auch komfortabel Straßenunebenheiten ausbügelt. Bravo, Ray!

Doch schon vor der Abfahrt hat uns Michel Moser, Geschäftsführer der Hess Moto AG, großartiges Fahrverhalten auf der Landstraße versprochen. "Du kannst dich mit 100 km/h in die Kurve werfen und fühlst dich absolut sicher", heißt es von Moser. Gesagt, getan und siehe da: Der 7.7 liegt satt am Asphalt und bietet echten Fahrspaß! Der niedrige Schwerpunkt spielt ihm definitiv in die Karten, wobei mit dem Pirelli Angel Scooter auch keine schlechte Ware als Bereifung gewählt wurde. Im Sport Modus pflügen wir also über die Schweizer Hügel und nutzen 290 Nm Drehmoment, um uns aus den Kurven zu feuern. Den Fahrer freut's, die Reichweite eher nicht.

Ray 7.7 Elektroroller Reichweite und Laden

Da kommen wir schon zum lästigen Thema des Ladens und der Reichweite. Beides Punkte, die eine Kaufentscheidung besiegeln. Wie bereits erwähnt, kann der Akku nicht entfernt werden, es muss also eine Lademöglichkeit in der Nähe des Fahrzeugs gegeben sein. Schon beim Kauf muss man jedoch entscheiden wir man laden möchte: Per integriertem 1.8 kW Ladegerät und Schuko-Stecker (Ray 7.7 Standard) oder per integriertem 3.3 kW Ladegerät und Typ-2 Stecker (Ray 7.7 Premium). Sowohl Ladestärke, als auch Ladeziel lassen sich im 5 Zoll Farb-TFT-Display konfigurieren, die Ladezeiten laut Hersteller sind angegeben wie folgt:

Ladezeit 1,8 kW4h 20min (100%)
3h 30min (80%)
Ladezeit 3,3 kW2h 35min (100%)
1h 50min (80%)

Egal ob man sich für Standard oder Premium entscheidet, auf Extras wie ABS oder Traktionskontrolle muss man verzichten - es bleibt nur zu hoffen, dass Ray diese Sicherheitsfeatures in den kommenden Jahren verbaut. Bezüglich Reichweite ist es bekannt, dass zu 100 Prozent genaue Angaben bei Elektrofahrzeugen schwer sind. Zu viele Faktoren wie Außentemperatur, Fahrweise und Beladung beeinflussen das endgültige Ergebnis. Dennoch gibt man bei Ray eine Reichweite von rund 150 Kilometer im gemischten Betrieb an. Ein vorbildlicher Wert für diese Fahrzeugklasse.

Preis des Ray 7.7

Mit dem 7.7 will Ray ein Premium-Produkt anbieten, das sich bewusst im mittleren bis oberen Preissegment platziert. In Deutschland kostet der 7.7 Standard 9.990 Euro inkl. Nebenkosten, der Premium liegt bei 11.990 Euro inkl. Nebenkosten. In der Schweiz liegt der Preis des Standards bei CHF 9'990.00 (inkl. MwSt.), der Premium bei CHF 10'990.00 (inkl. MwSt.).

Fazit: Ray 7.7 2022

Ein Elektrofahrzeug mit genügend Reichweite und echtem Fahrspaß! Mit dem 7.7 macht das junge Unternehmen Ray bereits sehr vieles richtig. Alle nötigen Features eines Stadtrollers sind gegeben, einzig ABS und Traktionskontrolle könnte man die kommenden Jahre noch anbieten. Eines ist klar: Ray sollte man im Auge behalten!


  • kraftvoller Antrieb
  • hohe Reichweite
  • clevere Akkulösung
  • hochwertiges Fahrwerk
  • stabiles Fahrverhalten
  • verstellbare Sitzhöhe
  • genügend Stauraum
  • Kein ABS
  • keine Traktionskontrolle
  • gehobener Preis

Bericht vom 17.09.2022 | 33.786 Aufrufe

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