Yamaha XSR 900 GP im Test: Retrosportler auf der Rennstrecke
Etwas Feintuning eröffnet tolles Potenzial, optisch wie technisch
Die Yamaha XSR 900 GP ist für die Landstraße konzipiert doch auch auf der Rennstrecke zeigt sie überraschend sportliche Qualitäten, die ich beim Test auf dem Pannonia-Ring genauer unter die Lupe genommen habe. Mit den richtigen Anpassungen und einem Hauch von Feintuning offenbart dieses Bike ein enormes Potenzial...
XSR 900 GP Retro-Optik wird mit Akrapovic und feinen Highsider Teilen vollendet
Sie ist bereits in Serie ein echter Hingucker. Ein glaubwürdiges Styling im Stile der 500er GP Maschinen aus der Zeit rund um 1990 trifft auf mondernste Zutaten. Doch wie sagt der Österreicher? Ein bisserl was geht immer noch! Somit wurden direkt aus dem Zubehör ein paar feine Stücke an die XSR geschraubt.
Ohne zwei essentielle Bauteile, war für mich nicht an die erste Ausfahrt oder gar ein Fotoshooting zu denken. Das Verkleidungsunterteil für einen durchgehenden Racing-Style und die hochgezogene Akrapovic Anlage komplettieren die herrliche Neo-Retro-Optik. Ganz wichtig! Ein kompakter Kennzeichenträger von Highsider mitsamt dezenten LED Blinkern sorgen für einen cleanen Auftritt. Eine optische Wohltat, speziell am Heck, denn dort übernehmen die hübschen Highsider Apollo Classic LED Blinker auch direkt die Rücklicht-Funktion, womit der hintere Teil des Motorrads nochmal schlanker und aufgeräumter wirkt.
Agilität und Präzision: Ein erstaunlich sportliches Erlebnis
Für den Test auf der Rennstrekce wurde ein Satz frischer Bridgestone V02 Slicks aufgezogen und das voll einstellbare KYB Fahrwerk ein paar Klicks in Richtung strafferer Dämpfung abgestimmt. So vorbereitet, stand dem hochsportlichen Prozedere nichts mehr im Wege. Von Anfang an beeindruckt die XSR 900 GP mit ihrer enormen Stabilität. Ein Gefühl, das man von einem Retrosportler, welcher auf Basis eines agilen Naked-Bikes gebaut wurde, vielleicht nicht unbedingt erwartet. Bereits beim Einbiegen in die ersten zwei Rechtskurven am ungarischen Pannonia-Ring vermittelt die XSR GP sofort Vertrauen. Besonders die Präzision in schnellen Radien mitsamt dem wunderbar neutralen, beinahe mühelosen, Einlenkverhalten lassen mich auf der Rennstrecke direkt von Beginn weg überraschend zügige Rundenezeiten in den Asphalt brennen.
Produkttipps
XSR 900 GP Fahrwerk: Der Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Langstrecke
Was mich wirklich positiv überrascht hat, ist die Balance zwischen Sportlichkeit und Komfort, welche die XSR 900 GP bietet. Egal ob im intensiven Einsatz auf der Rennstrecke oder, ein paar Tage zuvor, noch bei ausgedehnten Touren auf der Landstraße - die Sitzposition erscheint stets passend. Keine Frage, das Arrangement auf dem Retro Racer ist sportlich. Doch die Ergonomie erweist sich tatsächlich als sehr gelungener Kompromiss, der sich auch noch auf 500 Kilometer Tagestouren als absolut tauglich entpuppt. Die Vorwärtsneigung des Oberkörpers, welche durch den Griff auf die beiden Lenkerstummel entsteht, gibt ein ausgezeichnetes Gefühl für die Frontpartie. Die vergleichsweise geringe Breite des Lenkers trägt ebenfalls zum stabilen Handling bei und lässt einem als Fahrer selbst weniger Unruhe einbringen. Zusammen mit dem entspannten Kniewinkel bedeutet das auch, dass man nach einem vollen Tag auf der Rennstrecke wieder recht entspannt vom Bock steigt.
Schräglagenfreiheit der Yamaha XSR 900 GP: Das Limitiert für sportlichen Einsatz
Ein Thema, das auf der Rennstrecke deutlich wird, ist die begrenzte Schräglagenfreiheit - die Kehrseite der zuvor erwähnten, komfortablem Sitzposition. Trotz sportlich kurzer Fußrasten, den R-Fighter von Puig, die ich bereits im Vorfeld montiert hatte, sowie der höheren von zwei serienmäßigen Montage-Optionen, schleift die Pedalerie immer noch bei sportlich gefahrenen Radien. Besonders im Scheitelpunkt der Kurve, wo die Schräglage am intensivsten wird und man gerne dort und da noch etwas enger ziehen würde, bemerkt man die bauartbedingten Limits der XSR 900 GP. Am Hinterrad waren noch etwa drei, vier Millimeter ungenutzter Slick vorhanden, was auch am Reifen gut aufzeigt, dass die Möglichkeiten nicht vollständig ausgeschöpft werden können.
Dies zeigt, dass die XSR 900 GP zwar sportliche Ambitionen hat aber in der Essenz eher für den Einsatz auf Landstraßen konzipiert wurde. Auf der Rennstrecke muss man hier mit den kleinen Limitierungen leben, was aber nicht bedeutet, dass man mit der XSR GP keinen Spaß auf Trackdays haben kann! Ganz im Gegenteil - mit konstanten Rundenzeiten zwischen 2:08 und 2:09, welche ich bei unserem Test am Pannonia-Ring gefahren bin, ist man durchaus gut im Hobbysport-Bereich dabei.
Yamaha XSR 900 GP Bremsen im Check: Noch Luft nach oben!
Ein weiterer kleiner Schwachpunkt an der XSR, welcher auf der Rennstrecke schnell auffällt, ist die Bremsleistung. Die Serienbremse mit Gummileitungen und den relativ kleinen Scheiben ist für den Alltag absolut ausreichend. Sobald man die XSR aber auf Slicks an die Strecke bringt und über mehrere Runden hinweg hart bremst, wird die fehlende Präzision am Druckpunkt deutlich. Das Bremssystem fühlt sich schwammig und wenig transparent an, besonders wenn es um die wirklich heftigen Verzögerungsmanöver geht.
Dem schwammigen Druckpunkt habe ich mit Stahlflexleitungen von HEL Performance entgegen gewirkt. Zudem wurden auch noch dickere Wave Bremsscheiben von Galfer, die mehr Temperatur aufnehmen können und sportliche RST Sinterbeläge von SBS montiert. Damit konnte die Performance der Bremse spürbar verbessert werden. Der initiale Biss fällt mit diesem Setup ebenfalls knackiger aus. Ich würde also von einem lohnenden Investment sprechen. Vergleicht man die Bremsleistung mit aktuellen Superbikes, fehlt aber klarerweise dennoch einiges von der Performance und Präzision, die man von einem ernsthaften Sportmotorrad gewohnt ist.
Elektronik und Assistenzsysteme der XSR 900 GP: Ein solides Paket für sportliche Fahrer
Ein weiterer Pluspunkt der XSR 900 GP ist die umfangreiche Elektronikausstattung, die auch auf der Rennstrecke beeindruckend funktioniert. Im vorkonfigurierten Sportmodus oder einem selbst zusammengestellten Custom-Modus lässt sich das Bike präzise und sportlich bewegen. Die Traktionskontrolle auf Stufe 1 dient dabei als gutes Backup. Sie lässt ein kurzes Momentum zu, welches dem Fahrer zu verstehen gibt, dass die Haftgrenze erreicht ist - danach wird mit feiner Regelung zur Korrektur eingegriffen. Die Elektronik regelt somit wirklich nur im Ernstfall und zudem ausgesprochen sanft, ohne den Fahrfluss zu stören. Ein großes Lob an Yamaha für diese perfekt abgestimmte, schräglagenabhängige, Regelung, welche bereits hier in der Mittelklasse zum Einsatz kommt. Mitsamt dem sauber arbeitendem Fahrwerk kann aus den Kurven heraus mit vollem Vertrauen ans Gas gegangen werden. Ein echt freudiges Erlebnis den Dreizylinder der XSR aus den Radien zu feuern!
Resümee nach einem harten Tag auf der Strecke
Die Yamaha XSR 900 GP hat mich am Pannonia-Ring positiv überrascht. Ihr präzises Handling und die gute Ausstattung machen sie zu einem sehr sportlichen Begleiter, der auch auf der Rennstrecke für gehörigen Fahrspaß sorgt. Doch es gibt auch klare Grenzen: Die Bremse und die Schräglagenfreiheit sind nicht ganz auf dem Niveau, das man für den dauerhaften, intensiven Einsatz auf der Rennstrecke bräuchte. Wer jedoch ein vielseitiges Bike sucht, das sowohl auf der Landstraße als auch gelegentlich auf Trackdays eine gute Figur macht, wird mit der XSR 900 GP mehr als zufrieden sein!
Fazit: Yamaha XSR900 GP 2024
Ein glaubwürdiges Styling im Stile der 500er GP-Maschinen aus der Zeit rund um 1990 trifft auf modernste Komponenten aus dem CP3-Baukasten. Bei den Fahrwerkskomponenten griff Yamaha auf hochwertige, voll einstellbare Teile von KYB zurück. Die Gabel ist die gleiche, wie sie auch in der MT-09 SP zum Einsatz kommt. Das sportliche Grundsetup passt hervorragend zu diesem bildhübschen Retro-Racer. Die serienmäßige Elektronik-Ausstattung kann sich ebenfalls sehen lassen. Alle Fahrhilfen agieren schräglagenabhängig, der Quickshifter funktioniert erstklassig und sogar ein Tempomat ist an Bord. Wer mit der sportlichen Sitzposition klar kommt, darf sich an einem traumhaften Motorrad erfreuen. Abgesehen von der Bremse, welche noch etwas mehr Biss haben könnte, finden wir keine echte Kritik anzubringen.- hochwertiges und voll einstellbares Fahrwerk
- druckvoller und kultivierter Motor
- glaubwürdiges Retro-Styling
- liebevolle Details
- serienmäßig umfangreiche Ausstattung
- Bridgestone S23 Bereifung ab Werk
- Blinker-Schalter gewöhnungsbedürftig
- Bremse dürfte kräftiger sein
Bericht vom 09.11.2024 | 8.854 Aufrufe