Ducati Desert X Rally in den Westalpen - Reisetauglichkeit Test
Test der Ducati Desert X Rally im Offroadparadies Westalpen
An einem verlängertes Wochenende wurde die Ducati Desert X Rally auf ihre Reisetauglichkeit im Offroadparadies Westalpen getestet
Als die Ducati Desert X Rally auf den Markt kam, war schnell klar: Dieses Bike ist für den harten Geländeeinsatz gemacht. Besonders im DACH-Raum spielt jedoch die Reisetauglichkeit bei Enduros dieser Größenklasse eine entscheidende Rolle. Oft müssen erst viele Kilometer auf der Autobahn abgespult werden, bevor man zu den anspruchsvollen und legalen Offroadstrecken gelangt. Kurze Testfahrten reichen meist nicht aus, um ein umfassendes Urteil zu fällen. Deshalb haben wir die Ducati Desert X Rally über vier Tage auf den Prüfstand gestellt und sie von der Schweiz in die Westalpenregion gebracht. An der Grenze zwischen Italien und Frankreich nahmen wir die ligurische Grenzkammstraße unter die Räder.
Erste Disziplin: Längere Autobahnfahrten
Für unser Vorhaben musste die Ducati Desert X Rally zunächst rund 500 Kilometer Autobahn bewältigen. Als erfahrener Adventurebike-Fahrer machte ich mir vorab Sorgen wegen der einteiligen Rally-Sitzbank, die nicht gerade nach Komfort schreit. Doch zu meiner Überraschung war die rund sechs Stunden lange Fahrt in puncto Sitzkomfort völlig unproblematisch. Die Sitzposition erwies sich als sehr angenehm für die Autobahn, und der Windschutz war akzeptabel. Natürlich gibt es effizientere Windschilder, doch ich bevorzuge den direkten Fahrtwind gegenüber den unangenehmen Verwirbelungen direkt über dem Helm.
Auf der Autobahn fiel auch sofort die hohe Bremsleistung der Ducati auf. Die aggressiven Bremsen arbeiteten zusammen mit dem ABS hervorragend, selbst in heiklen Situationen. Der Tempomat funktionierte zuverlässig, allerdings nur in 5er-Schritten, was etwas unflexibel war. Besonders willkommen war an diesem kalten Morgen die Griffheizung. Jedoch stieß ich auf ein kleines Problem: Die Tankanzeige ist nicht besonders linear, sodass man lieber etwas früher an die Tankstelle fährt, als die Reserve auszureizen.
Zweite Disziplin: Von der Straße auf den Schotter – Elektronik und Co.
Wer oft zwischen Asphalt und Schotter wechselt, kennt das Problem: Nichts ist nerviger als eine komplizierte Menüführung und ständig zurücksetzende Fahrmodi. Die Ducati Desert X Rally teilt dieses Problem leider mit ihrer Standardversion. Die Menüführung war für mich anfangs äußerst verwirrend, und ich hatte Schwierigkeiten, das ABS und die Traktionskontrolle auszuschalten. Erst nach einigen Versuchen verstand ich die Logik und konnte die Einstellungen nach Bedarf anpassen.
Erfreulich ist jedoch, dass das ABS, sobald es im Offroad-Modus deaktiviert wurde, auch nach dem Ausschalten der Zündung deaktiviert bleibt. Das ist ein großer Vorteil für den Offroad-Einsatz, da man sich so nicht nach jedem Neustart erneut durch das Menü quälen muss. Dennoch wäre ein einfacher ABS-On/Off-Knopf eine willkommene Ergänzung, um den Wechsel zwischen Straße und Schotter noch unkomplizierter zu gestalten.
Dritte Disziplin: Reisetauglichkeit der Ducati Desert X Rally
Die Reisetauglichkeit der Ducati Desert X Rally bewerte ich anhand zweier Kriterien: Gepäckanbringung und Wartungsfreundlichkeit. Für unseren viertägigen Trip haben wir Blizzard-Satteltaschen von Enduristan montiert. Diese universelle Lösung ließ sich relativ einfach anbringen, allerdings zeigten sich einige Schwächen. Die Taschen flatterten merklich im leeren Raum des Radkastens, was nicht nur unpraktisch, sondern auch störend war. Hier wäre eine Montageplatte zur Stabilisierung definitiv hilfreich gewesen.
Das Design des Hecks mit der hochgezogenen Rahmenstange erschwert zudem das Anbringen eines Gepäckträgers. Das ist ein klarer Nachteil für längere Reisen, bei denen eine Gepäckträgerplatte vielseitig eingesetzt werden könnte, sei es für ein Tailpack, Topcase oder einen größeren Seesack. Wenn Seitentaschen nicht ausreichen, bleibt nur die Befestigung von weiterem Gepäck am Ende der Sitzbank. Zudem verhindert der Öhlins-Lenkungsdämpfer das Anbringen einer Lenkertasche, wie sie Enduristan in verschiedenen Größen anbietet. Solche Taschen wären perfekt, um Powerbanks oder griffbereite Werkzeuge zu verstauen.
Ein weiteres Kriterium der Reisetauglichkeit ist das Handling bei Pannen. Auf diesem Trip hatten wir das Pech, uns einen Nagel ins Hinterrad zu fahren. Die Desert X Rally hat Schläuche in den Reifen, was ein wichtiger Punkt ist. Zwar hatten wir einen Ersatzschlauch dabei, doch das Hinterrad ließ sich nicht mit dem Standardwerkzeug der Ducati abmontieren, da eine 36-mm-Zwölfkant-Mutter verwendet wird. Das Bordwerkzeug der Desert X Rally besteht lediglich aus drei Imbusschlüsseln das wars.
Glücklicherweise fanden wir in der Nähe eine Werkstatt, doch dieses Erlebnis zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Reisevorbereitung ist. Insbesondere in abgelegenen Regionen ist man darauf angewiesen, das richtige Werkzeug für Pannen zur Hand zu haben. Die Desert X Rally erfordert hierbei spezielle Ausrüstung, die nicht im Bordwerkzeug enthalten ist.
Vierte Disziplin: Vielseitigkeit im Gelände
Auf Reisen muss man sich ständig auf wechselndes Terrain einstellen, und das war in den Westalpen nicht anders. Wir fuhren meist auf klassischen Schotterwegen, aber es gab auch härtere Abschnitte mit Geröll, steile Auffahrten auf Gras, tiefe Schlaglöcher und sogar Wasserdurchquerungen. Hier zeigt die Ducati Desert X Rally ihre wahre Stärke. Das Fahren im Gelände ist durch das beeindruckende Öhlins-Fahrwerk ein echter Genuss. Auf Schotter bietet das Motorrad ein einzigartiges Feedback, und dank der einstellbaren Gasannahme schwebt die Desert X Rally nahezu über Bodenwellen, selbst mit Gepäck und einem 85 kg schweren Fahrer.
Besonders beeindruckend: Kein Durchschlagen des Fahrwerks, kein nervöses Vorderrad. Selbst mit dem eher straßenorientierten Pirelli Scorpion Rally STR meistert die Desert X Rally locker steile Anstiege und losen Untergrund. Die fein einstellbare Heckausbruch-Kontrolle lässt gerade so viel Wheelspin zu, dass man kontrolliert durch den Schlamm kommt, aber riegelt sofort ab, wenn es auf nasser Wiese gefährlich werden könnte.
Interessant war auch die Vielseitigkeit des Rally-Modus. Man kann die Desert X Rally ordentlich hochdrehen, aber mit der richtigen Einstellung bietet sie auch bei niedrigen Drehzahlen und sanfter Gasannahme ein genüssliches, aber dennoch dynamisches Fahrerlebnis, das sowohl Spaß macht als auch Vertrauen schafft.
Fazit: Reisetauglichkeit im Gelände mit der Ducati Desert X Rally
Bei der Ducati Desert X Rally muss man nicht lange überlegen es ist sofort klar: Dieses Motorrad ist wie gemacht für den harten Geländeeinsatz. Doch überraschenderweise überzeugt die Maschine auch auf der Autobahn durch Komfort, Sparsamkeit und Reichweite. Das bedeutet, dass man ohne Bedenken auch längere Strecken zum gewünschten Offroad-Ziel zurücklegen kann.
Einmal im Gelände angekommen, lässt die Desert X Rally kaum Wünsche offen. Dank einem der besten Offroad-Fahrwerke, das momentan serienmäßig erhältlich ist, meistert das Motorrad jede noch so harte Linie mit Leichtigkeit. Es gibt dem Fahrer so viel Vertrauen, dass man schnell merkt, wie hoch das eigene Limit mit dieser Maschine gesetzt ist.
Dennoch ist bei der Vorbereitung auf eine Reise mit der Desert X Rally besondere Sorgfalt nötig. Das spärliche Bordwerkzeug und die speziellen Werkzeuge, die für einen Radwechsel benötigt werden, erfordern eine gute Vorbereitung. Auch das Gepäckmanagement erfordert einige Kompromisse. Für alle, die jedoch gerne leicht und spartanisch reisen, bietet die Desert X Rally ausreichend Möglichkeiten zur Gepäckanbringung und sollte im Normalfall keine Probleme bereiten.
Die Westalpen als legale Offroaddestination - unsere Route über vier Tage
Für alle Offroad-Fans im deutschsprachigen Raum sollten die Westalpen definitiv ganz oben auf der Liste stehen. Die Kombination aus legalen Schotterstrecken, historischen Militärpfaden und atemberaubenden Panoramen macht diese Region zu einem perfekten Ziel für Abenteurer auf zwei Rädern.
Unser Abenteuer begann am ersten Tag um 6 Uhr morgens in der Nähe von Solothurn, Schweiz. Von dort aus machte ich mich auf den Weg nach Bardonecchia, wo ich meine Kumpels zur Mittagszeit traf. Unser erster gemeinsamer Stopp war der Monte Jafferau, ein Highlight der Region, das besonders für seine Offroad-Routen bekannt ist. Leider war der Gipfel zu dieser Jahreszeit noch mit Schnee bedeckt, sodass wir den selben Weg zurückfahren mussten. Anschließend ging es weiter zum Col de Sommeiller, einem der höchsten befahrbaren Pässe der Alpen. Doch auch hier hinderte uns der Schnee daran, die letzte Etappe zum Gipfel zu meistern.
Der Grund, warum wir beide Berge am ersten Tag in Angriff genommen haben, liegt in den lokalen Restriktionen der italienischen Behörden. Der Monte Jafferau darf nur am Mittwoch und Samstag befahren werden, während der Col de Sommeiller zwischen dem 1. Juli und dem 30. September jeweils am Donnerstag für motorisierte Fahrzeuge gesperrt ist. Diese Regeln sollte man unbedingt beachten, um Bußgelder zu vermeiden.
Am zweiten Tag setzten wir unsere Reise auf dem Trans Euro Trail (TET) Italien fort, der uns von Oulx aus über die Gebirgszüge in Richtung Süden führte. Die Strecke bot spektakuläre Ausblicke und abwechslungsreiche Schotterpisten. In Perero hatten wir allerdings einen Platten, den wir direkt vor Ort reparierten, bevor wir unsere Fahrt fortsetzten.
Am dritten Tag starteten wir von Saluzzo aus weiter Richtung Süden. Nach einigen asphaltierten Abschnitten, die jedoch jederzeit mit atemberaubenden Aussichten bestachen, erreichten wir die Schotterstrecke von Canosio, eine malerische Route, die sich durch karge Berglandschaften schlängelt. Diese Etappe war besonders beeindruckend, da sie abseits der Hauptstraßen durch einsame Täler führte und die wahre Schönheit der Westalpen offenbarte.
Unser letzter Tag endete in Borgo San Dalmazzo, wo wir in einer charmanten Unterkunft übernachteten, um am nächsten Morgen erholt und voller Energie die Heimreise anzutreten. Die vier Tage in den Westalpen boten alles, was das Offroad-Herz begehrt von anspruchsvollen Strecken über unvergessliche Ausblicke bis hin zu einem echten Gefühl von Abenteuer und Freiheit.
FUNKYFRANKEE
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