Honda Transalp 750 vs. Yamaha Tenere 700 Vergleichstest 2023

Kampf der Legenden!

Sowohl die brandneue Honda XL750 Transalp als auch die, für die heurige Saison aufgefrischte Yamaha Tenere 700 sind Paradebeispiele für gute Reiseenduros der Mittelklasse, dennoch könnte man das Thema kaum unterschiedlicher angehen! Welche ist denn nun die Bessere?

Adventurebikes mit großer 21 Zoll-Bereifung vorne und 18 Zoll hinten sind doch alle gleich gut für gemütliches Reisen und starken Fokus auf Offroad, oder? Mitnichten! Während die Yamaha Tenere 700 nämlich schon seit mehreren Jahren den puristischen und rauen Charakter zelebriert, positioniert Honda die neue Transalp 750 doch mehr auf der Straße und weniger im Gelände.

Die neue Honda Transalp 750 kann eh alles, am besten aber Asphalt

Auf der Straße tritt bei der Transalp nämlich ein Vorteil zutage, der auch bei ihrer Naked Bike-Schwester Hornet 750 schon äußerst positiv aufgefallen ist. Der 755 Kubik große Reihen-Zweizylinder mit Hubzapfenversatz schiebt mit seinen 92 PS bei 9500 Umdrehungen schon von unten ordentlich an, generiert dann bei 7500 Touren das höchste Drehmoment von 75 Newtonmeter und packt im oberen Drehzahlbereich nochmals ein Schäuferl Power aus, das sich durch vehementen Vortrieb und auch geilen Sound bemerkbar macht. Der Yamaha fehlt mit 689 Kubik zwar nicht viel Hubraum, dafür 7 Newtonmeter und fast 19 PS - und das merkt man natürlich im direkten Vergleich deutlich. Dennoch erfreut man sich bei dem berühmten CP2-Triebwerk (ebenfalls ein Parallel-Zweizylinder) über einen ordentlichen Punch von unten und braven Vortrieb ab der Mitte. Der etwas rauere Charakter der Yamaha passt ohnehin sehr gut zum sehr Offroad-orientierten Auftritt der Tenere 700.

Das Fahrwerk der Yamaha Tenere 700 kann eindeutig mehr!

Und im Gelände schlägt ohnehin die Stunde der Yamaha, die für ihre zahlreichen Fans das Optimum an Onroad/Offroad-Verhältnis darstellt. Da reichen dann eben auch die 73,4 PS Output, denn das schmalzige Drehmoment von unten ist im Gelände ohnehin weitaus wichtiger. Natürlich kann auch die Transalp mit ihren zahlreichen Modi (Sport, Standard, Rain, Gravel, User - einstellbar) auf alle Wünsche abgestimmt, also auch sanft und von unten kraftvoll bewegt werden. Allerdings spielt das Fahrwerk nicht ganz so souverän mit wie jenes der Yamaha. Die Federwege sind mit 200 Millimeter vorne und 190 hinten gar nicht so weit weg von der Yamaha mit 210 Millimeter vorne und 200 hinten, jedoch kann die Tenere vorne und hinten jeweils voll verstellt werden, die Transalp 750 hinten nur in der Federvorspannung.

Die Bremsen passen zu den Charakteren von Honda Transalp 750 und Yamaha Tenere 700

Das macht die Güte des Fahrwerks bei der Yamaha insgesamt besser und es passt bei ihr auch die Ergonomie weit besser für den Offroad-Bereich als bei der Honda. Bei der Bremse zeichnet sich ein ganz ähnliches Bild ab, die vordere 310er-Doppelscheibenanlage der Honda packt ärger zu als jene der Yamaha mit 282 Millimeter-Scheiben - wobei es Offroad wiederum mehr Sinn macht, wenn eine Bremse nicht allzu giftig ans Werk geht.

Technische Daten Honda XL750 Transalp und Yamaha Tenere 700:

Honda XL750 TransalpYamaha Tenere 700
Bauart2-Zylinder, Reihe, 4V, DOHC2-Zylinder, Reihe, 4V, DOHC
Hubraum755 ccm689 ccm
Bohrung87 mm80 mm
Hub63,5 mm65,6 mm
Leistung92 PS bei 9500 U/min73,4 PS bei 9000 U/min
Drehmoment75 Nm bei 7250 U/min68 Nm bei 6500 U/min
RahmenStahlStahl
Lenkkopf / Nachlauf63° / 111 mm63° / 105 mm
Durchmesser Gabel43 mm43 mm
Federweg vorne200 mm210 mm
Einstellmöglichkeiten vorneZug-, Druckstufe, Federvorspannung
Federweg hinten190 mm200 mm
Einstellmöglichkeiten hintenFedervorspannungZug-, Druckstufe, Federvorspannung
Bremse vorne DurchmesserDoppelscheibe 310 mmDoppelscheibe 282 mm
Reifen vorne90/90-2190/90-21
Reifen hinten150/70-18150/70-18
Reifen MarkeDunlop Trailmax MixtourPirelli Scorpion Rally STR
Radstand1560 mm1590 mm
Sitzhöhe850 mm875 mm
Tankinhalt16,9 l16 l
Gewicht fahrbereit laut Werk208 kg204 kg
Gewicht gewogen vollgetankt211 kg219 kg (mit Sturzbügeln und Kofferträgern)

Elektronik auf den beiden Adventurebikes - unterschiedliche Ansätze

Beim Thema Elektronik wurde die Yamaha Tenere 700 zwar für 2023 ordentlich erweitert und besitzt nun ein 5 Zoll Farb-TFT-Display, eine Connectivity-Möglichkeit und das ABS kann entweder nur hinten oder ganz abgeschaltet werden. Mit dem Elektronik-Umfang der Honda kann die Yamse aber nicht einmal ansatzweise mithalten. Bei der XL750 Transalp sind neben den bereits erwähnten fünf Riding Modes auch noch vier Power Modes, eine fünffach verstellbare Traktionskontrolle, ein, in Onroad und Offroad (hinten aus) einstellbares ABS und sogar eine dreifach verstellbare Motorbremse. Nicht von schlechten Eltern in dieser Klasse, allerdings könnte die Bedienung etwas intuitiver von statten gehen. Allerdings ist die Menüsteuerung der Yamaha per schwergängigem Handrad am rechten Lenker auch nicht ganz schlau gewählt. Ein Feature, das für viele mittlerweile unbedingt dazu gehört, ist der Schaltassistent, den es bei der Honda für relativ wenig Geld (knapp 350 Euro) samt Blipper gibt, auf der Yamaha ist lediglich eine Version zum Hinaufschalten gegen Aufpreis zu bekommen.

Elektronik im Detail - Honda XL750 Transalp vs. Yamaha Tenere 700:

Honda XL750 TransalpYamaha Tenere 700
Handy Connectivityjaja
USB im Cockpitoptional 37 Euroja
Lautstärke (Wersangabe)94 dB(A)93 dB(A)
Integration Heizgriffeoptional 260 Eurox
Anti Hopping Kupplungjaja
IMUxx
RbWjax
Schaltassistent mit Blipperoptional 350 Eurooptional, nur hinauf
Display5 Zoll TFT5 Zoll TFT
Serviceintervalle12.000 km10.000 km
Riding ModesSport, Standard, Rain, Gravel, User (einstellbar)x
Engine Mappings1,2,3,4x
Traction Control1,2,3,4,5x
Engine BrakeE 1,2,3x
ABSOnroad / Offraod (hinten aus)ON, hinten OFF, OFF

1000PS zu Gast beim MoHo Motorradhotel Deixelberger in Kärnten

Den Test der beiden Japanerinnen führten im Übrigen fünf 1000PSler beim MoHo Gasthof Deixlberger in Kärnten durch. Wir möchten uns hiermit ganz herzlich für die hervorragende Unterkunft bedanken, die uns vor und nach unseren Motorradtouren geboten wurde. Das Engagement für Motorradfahrer und die erstklassige Gastfreundschaft haben unseren Aufenthalt zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht.

So wurden die Noten vergeben!

Jeder Tester durfte für verschiedene Kriterien mit Schulnoten von 1 bis 5 seine Wertung abgeben. Der Durchschnitt daraus zeigt sehr deutlich, wo offensichtlich die Vorteile und Nachteile der Honda Transalp 750 und der Yamaha Tenere 700 liegen!

Die Benotung der beiden Reiseenduros Honda Transalp 750 und Yamaha Tenere 700:

Honda XL750 TransalpYamaha Tenere 700
Motor Komfort und Dosierung2,605,00
Drehfreudigkeit Motor2,804,40
Motor Durchzug3,403,40
Motorleistung2,204,60
Getriebe2,203,60
Quickshifter2,805,00
Kupplung2,003,20
Regelung Traktionskontrolle4,205,00
Einstellmöglichkeiten Traktionskontrolle2,805,00
Qualität Schalter2,204,80
Logik Bedienelemente4,204,40
Offroad Fähigkeiten5,002,40
Stabilität3,603,60
Handling3,603,20
Präzision3,004,00
Fahrwerk Qualität4,202,60
Fahrwerk Einstellbereich4,402,40
Bremse Dosierbarkeit2,803,60
Wirkung Bremse3,804,80
Verbrauch2,203,20
Windschutz Wirkung und Einstellbereich2,803,40
Sitzbank2,803,60
Offroad Ergonomie4,401,60
Onroad Ergonomie3,183,77
Durchschnittliche Platzierung3,223,76
Endnote12

Einer muss am Ende gewinnen, völlig eindeutig ist die Sache aber keineswegs. Man merkt bei den beiden Mittelklasse-Reiseenduros, dass sie sehr gut und professionell auf die Anforderungen zugeschnitten sind - die Honda soll eher eine REISE-Enduro sein, die Yamaha eindeutig eine Reise-ENDURO. Die Tenere 700 überzeugt die Tester vor allem durch ihre Offroad-Fähigkeiten, die Fahrwerks-Qualität, dessen Einstellbereich und ihre Offroad-Ergonomie. In den Kapiteln Leistung, Drehfreudigkeit, Getriebe, Bremse, Verbrauch, Windschutz und Komfort hat aber eindeutig die Honda XL750 Transalp die Nase vorn.

Die Preise von Honda Transalp 750 und Yamaha Tenere 700:

Der aktuelle Preis der Honda Transalp 750 liegt bei 10.890 Euro in Deutschland, 11.590 Euro in Österreich und 11.990 Franken in der Schweiz - ein interessantes Angebot für ein so umfangreich ausgestattetes Reise-Motorrad, das sich auch gegen die alteingesessene Yamaha Tenere 700 keine ganz argen Schwächen leistet. Die Yamaha punktet stattdessen immer noch mit ihrem, von Anfang an zelebrierten Purismus, denn die Ausstattung ist weniger umfangreich, dennoch ist sie mit 11.374 Euro in Deutschland und 12.099 Euro in Österreich sogar teurer als die Honda, nur in der Schweiz mit 11.790 Franken geringfügig günstiger.

Ein Blick hinter die Kulissen des Vergleichtests

Auf Calimoto könnt ihr einen groben Überblick über die gefahrene Strecke bekommen. Beachtet jedoch, dass die Offroadpassagen hier nicht enthalten sind. Um unsere Smartphones zu befestigen, haben wir die Halterungen von Quadlock verwendet.

Außerdem möchten wir HJC für die schnelle Lieferung des Touren-Klapphelms HJC RPHA 91 danken. Wir haben den großartigen Komfort und die reibungslose Klappmechanik sehr genossen.

Für ein angenehmes Klima direkt am Körper (und auch für die Kollegen in näherer Umgebung) vertraut 1000PS auf Bamigo. Üble Gerüche haben da keine Chance!

Während des Tests haben wir Tankrucksäcke von Hepco & Becker verwendet.

Fazit: Yamaha Tenere 700 2023

Die Tenere 700 wirkt im Vergleich zu anderen Reiseenduros auf den ersten Blick nicht mehr konkurrenzfähig. Sie ist preislich mittlerweile deutlich nach oben gerückt und bietet nicht diese Ausstattung, die man in dieser Klasse mittlerweile erwartet. Doch sobald das Motorrad ins Gelände abbiegt ist man im Sattel einfach begeistert. Das Motorrad ist hart im Nehmen und meistert auch anspruchsvolle Passagen sehr zuverlässig. Ein richtig gutes Abenteuermotorrad. Wer jedoch so tut als sei er ein Abenteurer und fährt eigentlich nur Asphalt der könnte sich das Leben mit einem anderen Motorrad leichter machen.


  • sehr robuster und zuverlässiger Auftritt
  • sportliche und schlanke Optik
  • spielerisches Fahrverhalten
  • erstaunlich sportlicher und spaßiger Motor
  • gute Verarbeitung
  • gutes Fahrwerk mit einem praxistauglichen Einstellbereich
  • vergleichsweise geringes Gewicht
  • sehr hart im Nehmen
  • ABS abschaltbar
  • sehr geländegängig
  • sehr gute Ergonomie im Gelände
  • wenig Sitzkomfort auf längeren Touren
  • Bremse wirkt etwas lasch, magere Bremsleistung
  • Tankverschluss unpraktisch
  • Ausstattungsliste in Sachen Elektronik sehr kurz
  • Gasgriff hat großes Spiel
  • Ansprechverhalten ist etwas rau
  • das Bedienkonzept mit dem fummeligen Rad kam beim Test nicht gut an

Fazit: Honda XL750 Transalp 2023

Die Honda XL750 Transalp schafft den Spagat zwischen verschiedenen Disziplinen des Motorradfahrens und brilliert überall dort, wo es nicht zu extrem wird. Ihre größten Stärken sind der zugängliche, doch spaßige Motor, ihr niedriges Gewicht und das daraus resultierende einfache Handling. Diese Zugänglichkeit und nicht zu vergessen der vergleichsweise preiswerte Kaufpreis haben aber zur Folge, dass die Transalp nicht die feinsten Komponenten mit an Bord hat. Das weiche Fahrwerk und die Bremsen bieten viel Komfort und bewältigen alle gemäßigten Fahrsituationen souverän, doch gnadenlose Kurvenjagd oder hartes Gelände sind zu viel des Guten. Hinzu kommt noch der japanische Fokus auf Sicherheit, wodurch die Elektronik sehr vorsichtig und konservativ ausfällt. Doch die Aufgabe der Transalp ist ja nicht, Rennen oder Rallyes zu gewinnen, sondern Alltagsfahrer und Langstrecken-Tourer souverän durch die Welt zu tragen. Und das kann sie! Nur eines schmerzt hier: Der fehlende Tempomat.


  • zugänglicher, spaßiger Motor
  • gut geeignet für kleine Piloten, doch gleichzeitig auch Platz genug für große Fahrer
  • gute Verarbeitung
  • gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • niedriges Gewicht
  • leichtes Handling in allen Situationen
  • niedriger Verbrauch
  • kein Tempomat, auch nicht im Zubehör
  • auf Komfort getrimmte Komponenten kommen unter härteren Bedingungen an ihre Grenzen
  • Top-Quickshifter leider nur optional
  • relativ wenig Schräglagenfreiheit
  • sehr vorsichtig abgestimmte Elektronik

Bericht vom 18.10.2023 | 25.000 Aufrufe

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