Triumph Tiger 1200 Rally Pro Offroad-Test auf der Bosnia Rally

Großkatze auf Beutejagd

Diese Triumph Tiger 1200 trägt die verheißungsvolle Zusatzbezeichnung "Rally Pro". Aber bedeutet das wirklich, dass sie einer Rally gewachsen ist? Eine Frage, der wir natürlich nachgehen müssen – und melden die Tiger kurzerhand für die Bosnia Rally 2023 an.

Als wir diesen Berg von einem Motorrad im Basislager der Rally ausladen, sind die Blicke der umstehenden Teilnehmer ungläubig. Hier, wo etwa eine Yamaha Ténéré 700 zu den schwereren Bikes gehört, wirkt die laut Werksangabe 249 Kilogramm schwere Katze irgendwie deplatziert. Dieser Eindruck festigt sich beim Aufsitzen, denn vor dem Fahrer breitet die Triumph einen riesigen Tank aus, mit hoher Scheibe darüber. Ein echter "Brummer", so der erste Eindruck aller Testfahrer.

Technische Daten der Triumph Tiger 1200 Rally PRO

Die Triumph Tiger 1200 Rally PRO beeindruckt durch ihre umfangreiche Ausstattung. Angetrieben von einem 3-Zylinder-Motor mit 150 PS Leistung bei 9000 U/min und einem Drehmoment von 130 Nm bei 7000 U/min, bietet sie einen kraftvollen Antritt. Mit einem stabilen Stahlrahmen, einer Gitterrohrbauart, einem Lenkkopfwinkel von 66,3 Grad und einer 220 mm Telegabel Upside-Down von Showa vorne sowie einer Aluminium-Zweiarmschwinge mit Monofederbein hinten, erzielt die Rally PRO präzises Handling und Komfort. Die Bremsen, bestehend aus 320 mm Doppelscheiben vorne und 282 mm Scheibe hinten, ermöglichen verlässliche Verzögerung. Modernste Assistenzsysteme wie Berganfahrhilfe, ein elektronisch einstellbares Fahrwerk, Fahrmodi, Kurven-ABS, Ride by Wire, Schaltassistent mit Blipper, Tempomat und Traktionskontrolle komplettieren das Paket

Überraschung auf den ersten Metern

Doch schon kurz nach dem Start zeichnet sich ein anderes Bild der Tiger 1200 Rally Pro. Als man erstmals den Asphalt verlässt und aufsteht, findet man sich in einer angenehmen Position wieder. Den breiten Lenker vor der Brust und mit gutem Halt am Tank lässt sich die Tiger locker dirigieren und schwingt geschmeidig über Feldwege und auch steinige Passagen. Die Raddimensionen (21 Zoll vorne, 18 Zoll hinten) tragen hier zu sehr viel Stabilität bei und lassen das schwere Bike sicher bei niedrigem Tempo über größere Brocken schweben. Mit etwas Körpereinsatz hält man die Balance erstaunlich spielerisch und die Tiger fühlt sich deutlich leichter an als ihr Datenblatt es anzeigt.

Hat die Tiger 1200 Rally PRO zu viel Leistung für den Offroad-Einsatz?

Der Motor macht ebenfalls sofort einen guten, weil zugänglichen Eindruck. 150 PS Spitzenleistung und 130 Newtonmeter Drehmoment sind zwar selbst auf den weiten Hochebenen Bosniens zu viel des Guten. Das im Offroad-Fahrmodus sanfte Ansprechverhalten bei niedrigen Drehzahlen in Verbindung mit nicht zu aggressiver Leistungsentfaltung machen einem das Leben aber hier wie auch in langsamen Trial-Passagen leicht. Der 1160-Kubik-Dreizylinder mit unregelmäßigem Hubzapfenversatz (90/180/90) stampft untenrum mehr wie ein Twin und verfügt obenraus trotzdem über reichlich Drehfreude - die er nur auf den Asphalt-Verbindungsetappen zwischendurch mal ausleben darf.

Elektronisch ist die Tiger 1200 Rally Pro jeder Art von Untergrund bestens gewappnet. Offroad-Settings der Fahrassistenten spannen auf Wunsch ein Sicherheitsnetz um den Fahrer, die Traktionskontrolle lässt sich aber auch vollständig und das ABS immerhin am Hinterrad deaktivieren. Vorne greift das System dann selbst auf rutschigem Schotter nicht mehr unangenehm früh ein und so lassen sich steile Hänge nicht nur aufwärts sondern auch abwärts sicher bezwingen. Die performante Bremsanlage ist dafür nicht zu bissig und gibt gutes Feedback in Hand- und Fußbremshebel.

Wir danken Triumph für das hochwertige Fahrwerk!

Apropos performant. Dass das elektronisch verstellbare und semiaktiv dämpfende Showa-Fahrwerk dem üppigen Fahrzeuggewicht im harten Gelände so lässig trotzt, hätten wir nicht erwartet. Mit 220-Millimeter-Federwegen an Gabel und Federbein verfügt die Hardware über große Reserven, die sie nur selten vollends ausnutzen muss. Kurze, harte Schläge von spitzen Steinen filtern die Federelemente zuverlässig raus. Tiefe Wellen fordern sie bei mittlerem Tempo zwar heraus, doch zum Durchschlagen kommt es nur selten. Besonders für ein so großes und schweres Bike eine starke Performance.

Wo liegen die Schwächen der Triumph Tiger 1200 Rally PRO?

Doch ab und an kommt es bei einer Rally auch vor, dass man mal festhängt. In diesem Fall muss man Rangieren und hier macht sich das hohe Gewicht der Triumph Tiger 1200 Rally Pro dann doch bemerkbar. Gerade weil die Sitzhöhe von mindestens 875 Millimetern auch langbeinigen Piloten einen sicheren Stand erschwert. Droht die Tiger zu kippen, zieht man lieber die Füße weg, um keine Verletzung zu riskieren. Diesen Selbstschutzmechanismus verzeiht sie einem aber gerne. Sturzbügel und Kofferträger werfen sich zuverlässig zwischen die lackierten Teile und den rauen Untergrund und machen die Tiger sehr sturzresistent. Diverse Male wurde sie bei der Rally von verschiedenen Fahrern in dieser Hinsicht erprobt und zeigte sich ein ums andere Mal unbeeindruckt. So wie auch davon, die havarierte Harley Davidson Pan America ein paar hundert Meter den Berg hinauf zu ziehen. An der schleifenden Kupplung hingen dabei insgesamt rund 600 Kilogramm, trotzdem gab sie nicht nach.

Den Ritterschlag erhielt die Triumph Tiger 1200 Rally Pro dann am Ende der Rally von Testfahrer Robert, der für Continental das Test-Team ergänzte. Er kürte die Britin zu seiner Favoritin vor allen anderen, teilweise deutlich leichteren und damit offroadtauglicheren Bikes. Eine Überraschung und doch nachvollziehbar. Mit ihrer sehr guten Balance gelingt es der Triumph schließlich bestens, das hohe Gewicht zu kaschieren und stattdessen ihre Stärken auszuspielen.

Einheitsreifen für die Bosnia Rally 2023: Conti TKC 80

Während unserer Tour haben wir auf einheitlichen Continental-Reifen gesetzt, und unsere Wahl fiel auf den TKC 80. Angesichts der anspruchsvollen Offroad-Bedingungen benötigten wir ein bewährtes Produkt mit herausragenden Eigenschaften. Der TKC 80 hat sich über die letzten 36 Jahre mit kontinuierlichen Verbesserungen am Markt behauptet, und das aus gutem Grund, wie wir während unserer 6-tägigen Offroad-Expedition feststellen konnten. Dieser Reifen, von Continental als 50/50 Dualsport-Reifen klassifiziert, erwies sich als äußerst widerstandsfähig, langlebig und zuverlässig. Von insgesamt 8 unterschiedlichen Fahrzeugen eingesetzt, konnten wir lediglich einen einzigen Reifenschaden verzeichnen. Dieser Schaden trat aufgrund eines übersehenen Felsbrockens während einer schnellen Passage auf. Daher stehen wir mit voller Überzeugung hinter dem TKC 80 von Continental und empfehlen ihn wärmstens für Abenteuer dieser Art. Er bietet auf Asphalt eine vergleichsweise leise und kontrollierte Fahrt, und im Gelände zeigt er seine herausragende Vielseitigkeit. Ein wahrer Klassiker unter den grobstolligen Reifen!

Abweichungen auf Abenteuerpfaden - Navigieren bei der Bosnia Rally mit dem Garmin zumo XT2

Obwohl die Bosnia Rally sich selbst als Roadbook-Training beschreibt, besteht auch die Option, den Streckenverlauf einfach mithilfe eines Navigationsgeräts zu verfolgen. Während unserer Filmaufnahmen waren wir dazu gezwungen, einige Abschnitte mehrmals zu befahren. Da Roadbooks nicht besonders flexibel auf spontane Richtungsänderungen und Umwege reagieren, entschieden wir uns für das neue Motorrad-Navigationsgerät Garmin zumo XT2. Dank seiner stabilen Halterung, widerstandsfähigen Technologie und eines großzügigen, hochauflösenden Displays überstand das zumo XT2 problemlos die herausfordernden 1000 Kilometer voller strapazierendem Terrain und führte uns zuverlässig ans Ziel. Alle unsere Testeindrücke zu diesem High-Tech-Navigationsgerät findet ihr hier

Leicht, dennoch widerstandsfähig - Optimal angepasste Gepäcklösungen für die Bosnia Rally von Enduristan

Von Kameraausrüstung über Werkzeug bis hin zu Reifenreparatursets, Ersatzhebeln und dem gelegentlichen Snack - während der Bosnia Rally führten wir eine beachtliche Menge an Ausrüstung mit uns. Um unsere Rücken während der anspruchsvollen Etappen nicht unnötig zu belasten, haben wir den Großteil dieser Last auf den Motorrädern verteilt. Da geringes Gewicht im Offroad-Einsatz oberste Priorität hat, entschieden wir uns gegen sperrige Koffer und statteten unsere Bikes mit den Softgepäcklösungen von Enduristan aus. Seitentaschen, Gepäckrollen, Lenkertaschen und Tankrucksäcke boten ausreichend Stauraum und überstanden die Strapazen der Rally mühelos. Dadurch blieb genug Platz für 3-Liter-Trinkblasen und schlanke, passende Rucksäcke von Enduristan auf unseren Rücken. Dank ihrer vielseitigen Montagemöglichkeiten, durchdachten Features und robusten Verarbeitung erwies sich unsere Enduristan-Ausrüstung als perfekte Begleitung für die herausfordernde Bosnia Rally.

Fazit: Triumph Tiger 1200 Rally PRO 2023

Die Triumph Tiger 1200 Rally Pro kann in vielerlei Hinsicht mehr als man denkt. Ihr Fahrwerk steckt mehr weg, das Chassis gibt mehr Vertrauen und Stabilität und der Motor hat vor allem untenrum mehr Sanftmütigkeit. So bezwingt die Britin die Bosnia-Rally als bestes Bike der Schwergewichtsklasse (um 250 Kilogramm). Vor allem die Geschmeidigkeit, mit der sie Hänge, Feldwege und Felspassagen meistert, heben sie von der Konkurrenz ab. Auch die Elektronik hält sich angenehm zurück, die Bremse zeigt sich nutzerfreundlich und obendrein passt sogar die Ergonomie im Stand für große und kleine Fahrer wunderbar. Wer große Reiseenduros favorisiert und gerne mal die Straße gegen einen Trail eintauscht, der liegt mit der Triumph Tiger 1200 Rally Pro goldrichtig.


  • Angenehme, entspannte Ergonomie
  • Guter Windschutz
  • Elektronik State-of-the-Art
  • Üppige Ausstattung
  • Sehr potente Bremsen
  • Fein ansprechendes, semi-aktives Fahrwerk
  • Ok Reichweite
  • Schnell schaltender Quickshifter
  • Sehr hoch für kurzbeinige Piloten

Bericht vom 30.08.2023 | 12.880 Aufrufe

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