Fazit zum KTM 1290 Super Duke R (R) TuneUp
WP Fahrwerk, Powerparts und optischer Feinschliff
Nach mehr als einem Jahr in der Garage ist mir die Super Duke R wahnsinnig ans Herz gewachsen und nach der intensiven Testsaison 2021 muss ich fast sagen, dass ich sie noch mehr schätze als zuvor. Selbst nach zwei Jahren am Markt muss das sportliche Topmodel der Mattighofner keinen Vergleich scheuen. Luft nach oben gibt es freilich trotzdem und vielleicht erkennt sich der ein oder andere Leser wieder, wenn ich sage, dass das Tüfteln rund um individuelle Verbesserungen und optische Details erst das Salz in der Suppe des Motorradfahrerdaseins ausmacht. Hier die Geschichte zum 1290 Super Duke R TuneUp Projekt aus der Saison 2021.
1290 Super Duke R mit reichlich Motorleistung aber ohne Superlative am Datenblatt
Bikes mit 180PS und noch mehr sind mittlerweile keine Seltenheit. Jedes Jahr bringen die Hersteller neue Superlative aufs Datenblatt. Die Nakedbikes folgen den Superbikes, die Reisenenduros folgen den Nakedbikes und so fort. Die Übermotorisieriung am Motorradmarkt also beinahe ein omnipräsenter Begleiter? Den physikalischen Gesetzen folgend, kommt die Leistung entweder aus größerem Hubraum und/oder aus mehr Drehzahl. Ersteres ist meistens nur fürs Portemonnaie und die laufenden Kosten ein Thema. Zweiteres stellt aus meiner Sicht aber fast immer eine Herausforderung in Sachen Fahrbarkeit dar, weil zusammen mit der tendenziell länger werdenden Übersetzung, welche wiederum für die Abgasvorschriften notwendig ist, die Leistung erst spät, sprich im hohen Drehzahlbereich, kommt. Davon haben wir Straßenfahrer dann im legalen Geschwindigkeitsbereich eher selten etwas.
Nutzbarkeit der Motor-Leistung als Schlüssel zum Erfolg
Ist die 1290 Super Duke R hier anders? Und warum begeistert sie mich so sehr? Ab 3500 Touren bis zum Ende des Drehzahlbandes stellt der mächtige V2 konstant ein Drehmomentplateau mit über 110 Newtonmeter zur Verfügung. D.h. es liegt de facto immer üppig Leistung an, welche Bike samt Fahrer augenblicklich nach vorne katapultiert. Gemessen an den brachialen Eckdaten, hat man es bei KTM geschafft die Laufkultur, für V2-Verhältnisse, sehr geschmeidig auszulegen. Nicht zuletzt hat der Motor ebenfalls fühlbar an erweiterter Drehfreudigkeit gewonnen, sodass sich in der Praxis ein deutlich breiter nutzbares Drehzahlband ergibt. Und genau diese Nutzbarkeit von besagten 180 Pferden und 140 Newtonmetern macht zusammen mit der vergleichsweise kurzen Übersetzung in den ersten 5 Gängen die Magie der Super Duke aus.
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KTM 1290 Super Duke R Ergonomie? Passt wie ein Handschuh!
Der zweite Punkt, in welchem es mir die Super Duke voll angetan hat, ist die Sitzposition. Passt schlichtweg wie ein Handschuh. Wie wenn einer der KTM Entwickler extra für mich gezeichnet hätte. In Sachen Beinpositionierung liegt das Geheimnis mitunter sicherlich am schmalen V2. Der verhilft zu einer schlanken Fußrasten-Position nahe der Fahrzeugmitte, wodurch sich trotz entspanntem Kniewinkel viel Schräglagefreiheit machen lässt. Darüber hinaus finde ich an den aggressiv gestalteten Tankverkleidungen perfekten Halt mit den Schenkeln. Obenrum ein ähnliches Spiel. Genau in dem Maße sportlich, dass sich ein gutes Gespür für die Frontpartie einstellt aber ohne jemals auf Dauer unangenehm zu werden. Von Nachteil wird bei der ganzen Ergonomie-Frage sicher auch nicht gewesen sein, dass bei KTM ein ausgewachsener 2-Meter-Kerl, Hermann Sporn, Projektleiter für die Super Duke Reihe ist.
KTM 1290 Super Duke R Tuningpotential Fahrwerk
Motor, Bremsanlage, Ergonomie, Komfortausstattung, eigentlich alles vom Feinsten - wo also ansetzen beim Tuning? Tatsächlich hat KTM auch beim Fahrwerk stark nachgebessert. Das war in der letzten Super Duke mit ruppigem Ansprechverhalten der Serien-Komponenten noch etwas unwürdig. Nach dem Update mit neuer Fahrwerks-Hardware und ergänzter Umlenkung im Heck spielt das Beast 3.0 zwar ab Werk noch nicht in der Königsklasse mit, bietet aber für die Landstraße ein sehr solides Setup mit gutem Restkomfort.
Da die Super Duke von mir auch regelmäßig bei unseren 1000PS Bridgestone Trackdays bewegt werden sollte, haben wir uns bereits im Frühjahr als ersten Punkt die Fahrwerks-Thematik vorgenommen. Bei KTM Braumandl habe ich auf Federbein, Cartridge Kit und Lenkungsdämpfer von WP Pro Components umrüsten lassen. Das 7746 Federbein bringt nochmal spürbar mehr Reserven für den engagierten Ritt auf Trackday-Veranstaltungen mit. Zudem kann mit getrennt justierbarer High- und Low-Speed Druckstufen- sowie auch Zugstufendämpfung deutlich feiner auf die Ansprüche des Fahrers abgestimmt werden. In meinem Fall suchte ich insgesamt mehr Dämpfung um beim harten Beschleunigen am Kurvenausgang mehr Ruhe im Chassis zu haben. Der Closed Cartridge Kit 7500, welcher an der Front zum Einsatz kam, sorgt bauartbedingt für mehr Konstanz bei den Federleistungen, ganz einfach dadurch, dass das Öl im inneren unter Druck steht und so ein Aufschäumen effektiv unterbunden wird. Ebenfalls wird damit die Geometrie des Fahrzeugs leicht angepasst, da mit dem Kit die Front etwas höher steht, was wiederum dem überagilen Grundkonzept etwas entgegenwirkt.
Trotz einem deutlich strafferen Gesamtsetup bieten die Federelemente durch das merklich feinere Ansprechverhalten immer noch ein gutes Maß an Restkomfort, so dass ich die KTM auch auf der Landstraße mit nur wenigen Klicks wieder als perfekten Begleiterin unter mir wiederfinde. Abschließend könnte man also resümieren, dass sie nun mit deutlich weniger Bewegung im Chassis und merklich verbesserter Präzision etwas mehr als das reine Funbike-Dasein zu bieten hat und auch für ernste sportliche Ansprüche auf Rennstrecken wie dem Pannonia-Ring taugt.
KTM 1290 Super Duke R Powerparts & Optik
KTM-typisch ist natürlich ab Werk eine ganze Ladung an PowerParts, also feinen Zubehörteilen, verfügbar. Ehrlicherweise glänzte das orangefarbene Eloxal in vielen Bereichen leider zu verführerisch, als dass ich die Finger davon hätte lassen können. Kleine, feine Details, wie die Alu-Abdeckungen für Brems- und Kupplungsflüssigkeitsbehälter tragen meiner Meinung nach viel zur aufregenden Optik bei. Einen tieferen Griff in die Hosentasche verlangte die CNC-gefräste und ebenfalls orangefarben eloxierte Gabelbrücke. Jedoch empfand ich diese als echtes Muss, wenn schon das gesamte Fahrwerk angepackt wurde. Eine etwaig aufflackernde Nachkaufdissonanz konnte ich mit einem Blick ins Prospekt beruhigen. Laut KTM bringt sie nämlich mehr Steifigkeit bei weniger Gewicht und zudem soll sie auch eine bessere Druckverteilung im Klemmbereich bieten. Na dann...
Unter der Bezeichnung "Braumandl Kustoms" bekommt man bei KTM Braumandl, wo auch das Fahrwerk umgebaut wurde feine Individualisierungen für sein Fahrzeug. Der orange lackierten Frontkotflügel unterstreicht die aggressive, frontorientierte Linienführung der Super Duke R aus meiner Sicht perfekt. Zusätzlich wurde dem Projekt noch eine blau matt lackierte Soziusabdeckung spendiert, welche wiederum auch die horizontale Designlinie des Tanks aufgreift, bei welchem die obere Hälfte in besagtem mattblau Metallic schimmert.
Kennzeichenträger und Crashprotektoren ebenfalls aus den KTM Powerparts
Im späteren Verlauf der Saison habe ich bei der Motothek in Ternitz, also sozusagen dem KTM Händler vor der 1000PS Haustüre, noch weitere Teile zur Verschlankung der Optik bestellt. Der obligatorische kurze Kennzeichenträger gefiel mir tatsächlich unter allen Anbietern im Netz aus dem Powerparts Sortiment am besten. Nicht zu kurz, nicht zu lang, voll mein Geschmack. Ebenfalls hat KTM neue Motor- und Achs-Protektoren aus Kunststoff ins Sortiment mit aufgenommen. Diese schmiegen sich optisch unaufdringlich in die Erscheinung der Super Duke und bieten dennoch ein gutes Maß an Schutz im Falle das Falles.
KTM 1290 Super Duke R Bereifung - Erfahrung mit Michelin Power Cup 2 und Power GP
Da nach dem intensiven Sommer auch die Bereifung ausgedient hatte, montierte man in der Motothek gleich einen Satz neuer Pneus. Als extrem stimmige Paarung für das agile Fahrverhalten der Super Duke R habe ich die Michelin Produkte aus der Power-Range wahrgenommen. In den Hochsommer-Monaten und auf Trackday-Events überzeugte besonders der Power Cup 2 mit schier endlosem Grip. Ich fand mit einem Luftdruck von 2,4 bar vorne und 1,9 bar hinten (beides warm gemessen) auf der Rennstrecke das Optimum. Damit war das Grip-Niveau dem von Hobby-Slicks sehr, sehr ähnlich. Technisch wäre laut Michelin hinten sogar noch weniger Fülldruck machbar, das brachte aber in meinem Fall ungewollte Bewegung ins Chassis. Überzeugt hat mich der Power Cup 2 auch bei beherzten Ausfahrten auf der Landstraße. Die Aufwärmzeit ist überschaubar und das Grip-Niveau speziell in den wärmeren Monaten phantastisch. Für den gemäßigteren Straßeneinsatz hat sich der Power GP als verlässlicher und treuer Begleiter erwiesen, so dass ich diesen jetzt auch wieder für den Frühling aufziehen ließ. Soweit ein kurzes Fazit nach einer erlebnisreichen Saison 2021
Bericht vom 31.01.2022 | 28.622 Aufrufe