Kawasaki Versys 650 Modelljahr 2020 Test
Wie der perfekte Schwiegersohn
Mit Service-Intervallen von jetzt 12.000 Kilometern aber sonst völlig unverändert schickt Kawasaki 2020 den Dauerbrenner Versys 650 ins Rennen um die Gunst der Tourenfahrer. Wir haben uns angesehen, ob das „Funbike“ immer noch dafür steht, wofür es schon 2007 auf den Markt gekommen ist…
Elektronische Helfer sucht man an der Versys 650 vergeblich
Gleich vorweg: Elektronische Helfer wie Traktionskontrolle oder Kurven-ABS sucht man auch 2020 ebenso vergeblich wie Ride by Wire bzw. Anti-Hopping-Kupplung. Die Versys 650 ist diesbezüglich noch ein puristisches Motorrad, das außer dem vorgeschriebenen ABS (nicht abschaltbar) nichts dergleichen mit an Bord hat. Die Geschwindigkeit wird über ein LCD-Display samt Ganganzeige und zwei Tripzählern angezeigt, darüber ist der analoge Drehzahlmesser angebracht alles gut ablesbar, aber eben nicht auf einem großen TFT-Farbbildschirm, wie das immer mehr in Mode kommt.
Aufrechte Sitzposition, breiter Lenker und 17-Zoll-Räder: Keine fade Kombination!
Doch das Konzept ist nach wie vor gut bzw. wirkt keine Sekunde wie in die Jahre gekommen. Durch die aufrechte Sitzposition und den relativ breiten Lenker sitzt man nicht nur auch auf langen Etappen gut im bequemen Sattel der Versys, sie sorgen im Zusammenspiel mit den 17-Zoll-Rädern für eine beispielhafte Agilität, die trotz des Reisecharakters fast Supermoto-Feeling aufkommen lassen. Hat irgendwie was vom perfekten Schwiegersohn, wenn sie so brav und unschuldig wirkend mit Windschild und Seitenkoffern vor dir steht aber kaum ist sie hinter der ersten Kurve verschwunden, hat sie es faustdick hinter den Ohren! Da kann es ihr gar nicht eng genug hergehen, im Kurvenwerk fühlt sich dieses Motorrad einfach am wohlsten, ist es auch schwups am Hinterrad.
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Ordentliches Fahrwerk und beispielhafte Zuladung
Da kommt ihr auch die gute Schräglagenfreiheit, bedingt durch eine ordentliche Bodenfreiheit von 170 Millimeter und die doch recht langen Federwege von vorne 150 und hinten 145 Millimeter, zu Gute. Diese bügeln Unebenheiten gut weg bzw. nehmen schlechten Straßen ihren Schrecken, die 41-Millimeter Upside-Down-Gabel von Showa ist dabei in Zugstufe und Federbasis einstellbar und bietet eine gute Rückmeldung, bleibt auch in flotten, langgezogenen Kurven stabil. Das Federbein ist per praktischem Handrad in der Vorspannung auf die jeweilige Beladung adjustierbar und macht auch zu zweit eine ordentliche Figur. Stichwort zu zweit: Die beispielhafte Zuladung von 210 Kilo, auf die manch größere Reiseenduro nicht kommt, macht das Motorrad auch für Reisen mit Sozia bereit.
Reihen-Zweizylinder mit gutem Durchzug von unten und in der Mitte
Da ist es eher eine Frage, ob einem dafür die 69 PS, die der 649-Kubik-Reihen-Zweizylinder bei 8.500 U/min ans Hinterrad bringt, ausreichen. Das maximale Drehmoment von 64 Newtonmeter steht bereits bei 7.000 U/min zur Verfügung, wodurch der Motor speziell in der Mitte und von unten raus gut am Gas hängt, einzig oben raus würde man sich ob der Agilität des Motorrads manchmal noch etwas mehr Punch wünschen. Insgesamt passt das Aggregat aber gut zum Gesamtkonzept und auch der Testverbrauch war mit 4,8 Liter auf 100 Kilometer im grünen Bereich, wenn auch in Anbetracht der Leistung keinesfalls überragend. In Verbindung mit dem 21-Liter-Tank sind damit jedenfalls Reichweiten von um die 400 Kilometer pro Tankfüllung realistisch, was erneut auch die Touren- und Reisetauglichkeit der Versys 650 unterstreicht.
Sehr guter Wind- und Wetterschutz
So wie der sehr gute Wind- und Wetterschutz mit dem stufenlos in einem Bereich von 60 Millimeter höhenverstellbaren Windschild wofür man jedoch vor das Motorrad gehen muss. Der Kniewinkel im Sattel der Kawasaki ist Fahrerfreundlich, die Bremserei (vorne sind zwei 300-Millimeter-Scheiben, hinten eine 250-Millimeter-Scheibe montiert) mag sich der eine oder andere für die Kurvenhatz womöglich einen Tick giftiger wünschen, die Nissin-Zangen verzögern aber recht punktgenau und harmonisch, haben die Versys jederzeit im Griff.
Kawasaki bietet maßgeschneiderte Ausstattungs-Pakete für die Reise
Mit dem 2020 von vormals doch recht dürftigen 6.000 auf nun 12.000 Kilometer erhöhten Service-Intervall (auch rückwirkend für die 2019er-Modelle!) ist die Versys 650 auch für lange Reisen bereit bzw. für Vielfahrer interessanter geworden. Zu diesem Zweck bietet Kawasaki ab Werk verschieden Ausstattungspakete (Tourer, Tourer Plus und Grand Tourer), mit denen man sein Motorrad für die große Tour fit machen kann. Von Seitenkoffer-Sets, die mit dem Zündschlüssel zu öffnen bzw. abzunehmen sind, wirklich robusten Handguards über LED-Zusatzscheinwerfer bis hin zum Topcase oder 12-Volt-Steckdose für das Laden elektrischer Geräte unterwegs bleiben keine Wünsche offen.
Kawasaki Versys 650 Preise
Nach 13 Jahren am Markt, ist die Auswahl gebrauchter Kawasaki Versys 650 sehr groß. Hier alle Angebote am 1000PS Gebrauchtmarkt: Neue und gebrauchte Kawasaki Versys 650 kaufen.
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Fazit: Kawasaki Versys 650 2020
Resümierend kann man sagen, dass die Versys 650 auch im verflixten 13. Modelljahr das hält, was sie von Beginn an versprochen hat, ein vielseitiges, agiles Motorrad ist. Das sich auf kurvenreichen Landstraßen daheim fühlt und dennoch auch für die große Tour gewappnet ist, das den täglichen Weg zur Arbeit durch den Stadtverkehr genauso gut erledigt, wie die flotte Afterwork-Runde. Wer auf elektronische Features wie Traktionskontrolle oder Fahrmodi ebenso verzichten kann, wie auf ein farbiges TFT-Display, der bekommt zum Basispreis von 7.999 Euro in Österreich einen verlässlichen Begleiter für alle Tage, der obendrein viel Spaß macht.- Vielseitigkeit
- bequeme, tourentaugliche Sitzposition
- Agilität auf kurvenreichen Straßen
- fairer Preis
- Motor von unten und in der Mitte durchzugsstark
- interessante Ausstattungpakete verfügbar
- Das Gewicht von 217 kg fahrfertig ist im Vergleich z.B. zur Yamaha Tracer 700 doch recht hoch
- Motor könnte oben raus mehr Bums vertragen
- ABS nicht deaktivierbar
Bericht vom 23.06.2020 | 55.340 Aufrufe