Neue Honda Africatwin im Test

Stärker und leichter mit 1100 ccm

Wir testen die neue AfricaTwin von Honda im Gelände. Die Maschine wurde 2020 etwas schärfer. Möglich macht dies die nun klare Positionierung der Adventure Sports.

Die Aufregung war umsonst! Als Bilder der neuen Adventure Sports auftauchten, befürchteten viele dass die beliebte Africatwin zu einem weichgespülten Langstreckentourer verkommt. Doch die Sorge war unbegründet. Denn Honda bringt für 2020 zwei neue Africatwin Modelle. Diese unterscheiden sich stärker als bisher und sind auch anders positioniert. Die Adventure Sports wurde niedriger und deutlich zugänglicher. Sie wirkt breiter und ist komfortabler. Sie ist eine ausgewachsene Reisemaschine geworden. Sie ist somit auch bereit für einen Angriff auf den Marktführer.

Honda Africatwin 2020 - Sie bleibt auch mit 1100 ccm ihren Wurzeln treu

Die Africatwin selbst bleibt ihren Wurzeln treu. Sie konnte sogar noch etwas nachgeschärft werden. Optisch fällt sofort das kompakte Windschild auf. In Kombination mit dem schlankeren Heck wirkt sie nun angriffslustiger als bisher. Beim Test auf Sardinien fuhren wir die Maschine auf Conti TKC80 Pneus. Die Maschine machte schon optisch einen richtig bösen Eindruck. Dieser bestätigte sich dann auch auf Schotter.

Hochwertige Elektronik erfreut in der Praxis auch die Skeptiker

Während auf der Adventure Sports die zusätzlichen Pferde etwas gedämpfter im Sattel ankommen, spürt man dank des niedrigeren Gewichtes die Power im Sattel der Africatwin doch etwas direkter. Der Motor liefert nun 102PS und 105Nm ab. Gleichzeitig wurde die Maschine auch etwas leichter. Doch das ist nur die eine Seite der Medaillie. Die elektronischen Features sind für viele Abenteurer an den Offroad-Bikes eigentlich ein rotes Tuch. Doch ABS ist gesetzliche Pflicht und wenn das System bereit steht, kann man daraus ja auch gleich eine Traktionskontrolle mit anbieten. Und was spricht dagegen, dass diese Systeme eben nicht hölzern und störend regeln sondern butterweich und dezent im Hintergrund ihren Dienst verrichten? Damit das möglich wird, war ein Upgrade in der Sensorik nötig. Sowohl in der Adventure Sports als auch in der AfricaTwin verrichtet nun ein 6-Achsen Gyroskop seinen Dienst.

Im Sattel muss man sich mit dem kleinen Wunderding nicht weiter beschäftigen. Es sorgt einfach dafür, dass die Eingriffe der Elektronik in die Bremse und in die Motorsteuerung abhängig von Schräglage, Steigung und Gefälle passieren. Womit am Ende genau jene Gruppe profitiert welche elektronische Systeme überhaupt nicht mag. Das ABS regelt nun später und tritt dezenter auf, die Traktionskontrolle bietet einen weiteren Einstellbereich und lässt sowohl Wheelies als auch grimmige Drifts zu. In Summe ist die neue Bosch IMU ein guter Fortschritt und das ganze Elektronikpaket ist fit für jegliche Vergleichstests im Jahr 2020.

AfricaTwin Vergleich Vorgängermodell

Wer eine aktuelle Africatwin besitzt, muss nicht sofort verzweifelt zum Händler laufen und um ein Angebot betteln. Die bestehende Maschine ist immer noch großartig. Doch im direkten Vergleich lässt sich der technische Fortschritt nicht leugnen. Ich fuhr beide Motorräder auf ähnlichen Streckenabschnitten und es gab nix was die alte Maschine besser konnte als das neue Modell. Auch das große Display bietet nur Vorteile. Es war in jeder Lebenslage besser ablesbar und auch übersichtlicher als beim Vorgängermodell. Wie ist das möglich? Wer die überbordende Kommandozentrale nicht möchte, kann sich das Display auch sehr spartanisch konfigurieren. Dann ist es nicht mehr als ein Drehzahlmesser und ein Tacho. Aber eben mit sehr großen Lettern, einer klaren Darstellung und einer perfekten Hinterleuchtung.

Freunde von digitalen Gadgets wird es freuen, dass es in beiden Africatwin Modellen zwei Anschlüsse im Cockpit gibt. Einen wasserfesten Anschluss für ein USB Kabel und einen klassischen 12V Stecker. Im original Honda Zubehör gibt es einen wunderbar kompakten Tankrucksack welcher sich harmonisch um den Tank schmiegt. Er wäre auch meine bevorzugte Gepäcklösung. Das Kabel reicht vom USB Stecker perfekt hinein in den Tankrucksack. Im Idealfall ist dort ein iPhone deponiert welches dann geschmeidig mit dem Apple CarPlay System harmoniert. Muss man nicht mögen. Man wird es aber sehr schätzen, wenn man in wenigen Sekunden das nächste Cafe samt Bewertungen und Anfahrtsplan aufs glasklare Display zaubert.

DCT punktet mit noch besserem Automatikmodus

Wirklich groß nach vorne war der Schritt jedoch beim DCT Getriebe. Denn hier ist die Hardware selbst ja nur ein kleiner Teil der Gesamtlösung. Im Automatikmodus kann die Honda Software nun auf deutlich mehr Sensordaten zurückgreifen. Das ist sowohl auf der Straße als auch im Gelände ein echter Segen. Wir fuhren mit der Maschine auf Sardinien sehr enge Spitzkehren auf Schotter. Teilweise war der Boden richtig tief. Nicht alle Journalisten waren versierte Offroadpiloten. Doch auch sie konnten die engen Kehren spielerisch meistern. Die Routiniers nutzen die freiwerdende Energie für den Fokus auf die Landschaft oder für noch mehr Speed. Es ist erstaunlich wie groß der Einfluss der neuen 6-Achsen IMU auf die Perfektion der DCT Automatik ist. Am Ende einer ausgiebigen Tour muss man feststellen, dass nicht ein einziges Schaltmanöver unpassend gewählt worden ist.

Perfektionisten finden Haar in der Suppe

Trotzdem lässt Honda immer noch Luft nach oben. Denn gerade um das Komplettpaket für konservative Kunden dezent zu verpacken wäre ein noch radikalerer Ansatz nötig gewesen. Es ist so, dass man die Motorbremse, das Ansprechverhalten vom Gasgriff, den Gravelmode vom DCT und das ABS in den einzelnen Fahrmodi praxistauglich hinterlegt hat. Man kann die Maschine also mit einem Tastendruck fit für die Fahrt im Gelände oder auf der Straße machen.

Trotzdem war es im Sattel so, dass ich dann zusätzlich noch die Traktionskontrolle und das DCT für makellose Perfektion feinjustieren musste. Denn die Traktionskontrolle wird unabhängig von den einzelnen Fahrmodi gesteuert. Und als Sahnehäubchen für das tolle System würde ich gerne automatisch den sportlichen S Mode für die DCT Automatik im Gelände nutzen und den wunderbar angenehmen D Mode für die Fahrt auf der Straße.

Africatwin 2020: DCT Getriebe auch im Gelände großartig

Insgesamt ist es aber sicher so, dass nun noch mehr Leute die Africatwin mit DCT Option kaufen werden. Die Chance, dass die Maschine bei der Probefahrt überzeugt ist mit dem neuen System definitiv gestiegen. Und es sind gerade Offroadfans, welche am meisten vom DCT profitieren. Denn die technischen Vorteile wirken hier noch klarer als auf der Straße. Bei kniffligen Bergaufpassagen sind Schaltvorgänge mit herkömmlichen Motorrädern immer wieder ein heikler Moment. Mit dem DCT Getriebe wird sowohl rauf als auch runter mit deutlich reduzierten Lastwechselreaktionen und ohne Traktionsabriss am Hinterrrad geschalten. Ein echter Segen im Gelände. Auch ist es unmöglich die Maschine abzuwürgen. Als Kritikpunkt bleiben nur zwei Themen übrig. Das DCT wiegt 10 Kilo mehr und kostet 1.300 Euro (in Österreich) Aufpreis.

Baumstamm Querung mit DCT Getriebe

Fahrdynamisch hat es nur in sehr speziellen Situationen Nachteile. Das ruckartige Anheben vom Vorderrad gelingt mit dem klassischen Getriebe besser. Wobei es leider so ist, dass jene Piloten welche Baumstämme mit einer Africatwin überqueren möchten dies auch mit einer DCT Version hinkriegen. Mein Praxistipp für alle die es gerne nachmachen möchten: Mit der Hinterbremse (ABS aus) das Motorrad zurückhalten und vorspannen. Knapp vor dem Hinderniss den Gasgriff ruckartig öffnen (klarerweise im straffen Mapping mit Traktionskontrolle auf der niedrigsten Stufe) und den Wheely mit der Hinterbremse dosieren. Diese Übung sollte man jedoch nicht im heimischen Garten durchziehen. Denn wenn die 105Nm in den feschen Rasen fassen sind fürchterliche Flurschäden vorprogrammiert.

Gefährlicher Moment: Die Probefahrt

In Summe ist die neue Africatwin auch im Modelljahr 2020 ein sympathisches und charismatisches Motorrad. Es ist bei Bedarf herrlich unvernünftig und übermotorisiert im Gelände. Auf der anderen Seite aber auch komfortabel und zugänglich für eine sehr breite Zielgruppe. Auch ohne DCT wird sie mit den zusätzlichen Pferden und der modernen Elektronik samt Kurven ABS etwas teurer. Aber wer im Netz von Preisen jenseits der 20.000 Euro liest, muss differenzieren. Der Preisunterschied der AfricaTwin ohne DCT zu einer voll ausgestatteten Adventure Sports mit elektronischem Fahrwerk und DCT beträgt 5.000 Euro. Wählt eure Probefahrt also mit Bedacht! Denn eines muss ich euch klar sagen - Egal welches Feature man probiert, man wird es nach der Probefahrt keinesfalls missen wollen.

Honda Africa Twin Adventure Sports 2020

Klarerweise haben wir auch die neue Adventure Sports 2020 getestet. Hier die Bildergalerie vom Test mit allen Informationen und Testeindrücken sowie Testbericht samt allen Preis-Informationen: Honda Africa Twin Adventure Sports Test 2020. Beim Test zum Einsatz kam der "Commander" Helm von Airoh.

Fazit: Honda CRF1100L Africa Twin 2019

Die AfricaTwin wurde von Honda noch sportiver Positioniert. Mit kleinem Windschild und schlankerem Heck sieht sie angriffslustiger als bisher aus. Der neue Motor macht die Maschine nicht böse aber doch energischer als bisher. Die aufgerüstete Elektronik erhöht die Praxistauglichkeit sowohl auf der Straße als auch im Gelände. Am meisten profitieren DCT Fahrer von dem Upgrade. Hier konnte Honda die Vorteile der neuen Sensorik am besten nutzen.


  • Die elektronischen Fahrhilfen wurden toll aufgewertet und begeistern im Gelände und auf der Straße
  • Hochwertiger Gesamteindruck
  • Makelloser Motor mit tollem Ansprechverhalten und linearen Drehmomentverlauf
  • Harmonisches Handling spendet Vertrauen
  • Tolle Kombination aus praktischem Nutzen und unvernünftigem Spaßgerät
  • Bedienung über die zahlreichen Schalter wirkt insgesamt auch nach 2 Testtagen komplex
  • Bewegungsfreiheit im Sattel in steilem Gelände etwas zu eingeschränkt

Fazit: Honda CRF1100L Africa Twin DCT 2019

Die AfricaTwin wurde von Honda noch sportiver Positioniert. Mit kleinem Windschild und schlankerem Heck sieht sie angriffslustiger als bisher aus. Der neue Motor macht die Maschine nicht böse aber doch energischer als bisher. Die aufgerüstete Elektronik erhöht die Praxistauglichkeit sowohl auf der Straße als auch im Gelände. Am meisten profitieren DCT Fahrer von dem Upgrade. Hier konnte Honda die Vorteile der neuen Sensorik am besten nutzen.


  • Die elektronischen Fahrhilfen wurden toll aufgewertet und begeistern im Gelände und auf der Straße
  • Hochwertiger Gesamteindruck
  • Makelloser Motor mit tollem Ansprechverhalten und linearen Drehmomentverlauf
  • Harmonisches Handling spendet Vertrauen
  • DCT mit neuer Elektronik noch besser
  • Tolle Kombination aus praktischem Nutzen und unvernünftigem Spaßgerät
  • Bedienung über die zahlreichen Schalter wirkt insgesamt auch nach 2 Testtagen komplex
  • Bewegungsfreiheit im Sattel in steilem Gelände etwas zu eingeschränkt

Bericht vom 16.10.2019 | 45.447 Aufrufe

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts