Big-Enduro Melken 2016: BMW F 700 GS

Die BMW F 700 GS auf der Rennstrecke

10 Motorräder an einem Tag bei der 1000PS Bridgestone Gripparty am Wachauring 2016. K.OT und Vauli melken die Big-Enduros von Aprilia, BMW, Honda, Kawasaki, Suzuki und Triumph.

K.OTs Meinung zur BMW F 700 GS

Ein Motorrad, das man als FuFM bezeichnen kann, steht bei Motorradfahrern nicht unbedingt hoch im Kurs. Denn FuFM bedeutet Frauen- und Fahrschulmotorrad. An sich ist das nichts Schlimmes, denn es steht für Zugänglichkeit (Sitzhöhe, Geometrie, Gewicht, Preis), Fahrbarkeit und Zuverlässigkeit. Ich selbst habe meine Karriere mit einem FuFM begonnen, nämlich einer Honda CBF600. Sogar heute coole Eisen wie die Harley Sportster galten lange als Motorräder für Mädchen, heute ist die Sporty bei Gattinnen wie Gangstern extrem beliebt und die wahrscheinlich populärste Basis für Umbauten aller Art. Aber im Falle der F 700 GS kommt noch dazu, dass sie die kleine Version der ohnehin schon kleinen F 800 GS ist. 75 statt 85 PS maximale Leistung (Leistungsreduktion auf 48 PS möglich), 77 statt 83 Nm Drehmoment, Sitzhöhe 820 statt 880 mm.

Frauen- und Fahrschulmotorrad?

Passt also genau in das eingangs beschriebene Schema. Auf der Rennstrecke war also nicht allzu viel von ihr zu erwarten, zumal sie mit einer Bereifung in den Dimensionen 110/80-19 vorne und 140/80-17 nicht unbedingt für diesen besohlt ist. Doch es kam ganz anders, als erwartet. Wir reden hier von einer sehr kurzen Rennstrecke, eher für Supermotos geeignet und auch genutzt, ich würde sie eher als Teststrecke bezeichnen. Aber eine kurze Gerade, eine schnelle, lange Rechtskurve, eine ab- und wieder ansteigende Wechselkurve und zwei 180-Grad-Kurven mit schlechtem Asphalt reichen, um die Qualitäten und Schwächen eines Motorrades herauszufiltern.

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Überraschend straff

Dass eine Bigenduro nicht hierher gehört, wissen wir, aber wenn sie sich hier beweisen kann, ist das Leben auf der Straße ein Kinderspiel. Als eine der schwächsten Teilnehmerinnen im Feld musste man mit der GS flüssiger fahren, zügig in die Kurven eintauchen und genug Schwung mitnehmen, um auf den kurzen Zwischenstücken nicht zu verhungern. Durch die stabile, überraschend straffe Straßenlage und die Geometrie mit der vergleichsweise niedrigen Sitzhöhe gelang mir das sehr gut und ich fühlte mich ab der ersten Runde wohl. Ich hatte ein wackelndes, knatterndes Schaukelpferd erwartet, die GS fuhr sich aber fast wie ein Naked Bike.

Die Schräglagenfreiheit war zwar etwas eingeschränkt sobald mein Knie am Boden war, war es auch die Fußraste aber es ging sich gut aus, um jede Kurve so zu nehmen, wie ich sie zu nehmen imstande war. Die schlanke Bauweise ermöglichte mir viel Bewegungsfreiheit, der breite Lenker wirksame Impulse an der Front. Bremsen (zwei 300 mm Scheiben, 2-Kolbenschwimmsättel vorne) und ABS (abschaltbar) waren BMW-typisch verlässlich stark. Insgesamt also unbedingt für Einsteiger, Frauen und Fahrschulen zu empfehlen, aber kein Fehler für erfahrene Männer.

Vaulis Meinung zur BMW F 700 GS:

So wie die überraschend gut auf der Rennstrecke funktionierende Honda NC750X DCT benimmt sich auch BMWs Einstieg in die Zweizylinder-Enduroklasse, die BMW F 700 GS erstaunlich sportlich. Völlig überraschend ist diese Performance zwar nicht, mit 75 PS aus dem 798 Kubik großen Parallel-Twin sowie einem fahrfertigen Gewicht von nur 212 Kilo samt 16 Liter Sprit sind die Voraussetzungen für ein flottes Vorankommen durchaus gegeben. Alerdings überrascht dann doch, dass die F 700 GS auch bei harten Anbremsmanövern und in engen Wechselkurven - wie es auf einer Rennstrecke nun mal üblich ist - so präzise arbeitet. Da profitiert die günstigste F GS offensichtlich von der direkten Verwandtschaft zu den höher positionierten F 800 GS und F 800 GS Adventure, die ebenfalls mit Zweikolben-Bremszangen an den 300er-Doppelscheiben auskommen, weil diese eben sehr gut abgestimmt sind.

Für die ausgeprägte Wendigkeit zeichnen mehrere Faktoren verantwortlich, einerseits sorgt der schmale 140er-Hinterreifen für wieselflinkes Umlegen von der einen auf die andere Seite, andererseits ist die Sitzhöhe von 820 Millimetern eher auf dem Niveau eines Naked Bikes als einer hochbeinigen Enduro. Das schafft bei kleineren Piloten ebenso Vertrauen wie bei Fortgeschrittenen - die F 700 GS ist ein angemessen motorisiertes, äußerst spaßig zu fahrendes Motorrad. Das einzige Problem - für mich persönlich - ist die biedere Optik, erstaunlicherweise hat es BMW geschafft, der F 700 GS ein langweiligeres Äußerses zu verpassen, obwohl sich die beiden Modelle im Grundaufbau gleichen. Wer also nicht nur bessere Komponenten sondern auch eine hochwertigere Optik wünscht, muss zur F 800 GS greifen, wer ein überraschend sportliches Funbike sucht und dabei weniger Wert auf Äußerlichkeiten legt, ist mit der BMW F 700 GS bestens bedient.

Fazit: BMW F 700 GS 2016

Die kleinere der beiden F GS-Schwestern, die F 700 GS überzeugt mit einer gelungenen Gesamtperformance. Sie orientiert sich optisch an der großen Schwester, ist im Kern aber mehr ein quirliges Naked Bike als eine große Enduro. Das Herauswachsen aus dem Einsteigersegment erkennt man an der Bremsanlage – mit zwei Bremsscheiben an der Front ist sie der großen 800er-Schwester ebenbürtig und verzögert nun ebenso souverän. Beim fahrwerk überzeugt sie mit gutem Federungskomfort bei gleichzeitig straffer Abstimmung in engen Kurven. Aufrüsten ist bei BMW nie ein Problem, neben der Antischlupfregelung gibt es auch das elektronische Fahrwerk ESA für die F 700 GS.


  • sehr handlich
  • erstaunlich kräftig
  • gemütliche Sitzposition
  • niedrige Sitzhöhe
  • gute Bremsen
  • guter Preis
  • beliebige Optik

Bericht vom 06.09.2016 | 52.838 Aufrufe

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