Nexus 300 i.e.

Die Gilera Nexus macht als 300 i.e. zwar weniger eine schlanke, doch eine beachtlich flotte Figur.

Gilera Nexus 300 i.e.

Zwischen Roller und Motorrad, zwischen Sportlichkeit und Pragmatismus, zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Demokratisch gehts zu im Piaggio-Konzern. Jeder (Roller-)Marke wird sukzessive der 278 ccm-Einzylinder mit knapp 22 PS zugeteilt. Heuer war Gilera an der Reihe: Im Nexus, der wie seine Brüder Runner & Co. bauartseitig näher am Motorrad als am Scooter liegt, wurde der 250 ccm-Antrieb durch den 300er-Quasar 4-Motor ersetzt. Zur hohen Transport- kommt damit eine würdige Antriebsleistung dazu.
Der Name Gilera stand einst für pfeilschnelle Rennmotorräder. Modellbezeichnungen wie Quattro Bulloni und Rondine sind vielleicht nur den altersmäßig fortgeschritteneren Eisenreitern ein Begriff, an die legendäre Saturno können sich möglicherweise auch die jüngeren erinnern. Die meisten aber sollten Namen wie Umberto Masetti, Geoff Duke, Libero Liberati, Manuel Poggiali, vor allem aber Marco Simoncello noch im Gedächtnis haben.

1909 gegründet, beendete die italienische Motorradschmiede 1957 nach 44 Weltmeister-Titeln das Renn-Engagement. Vorerst. 1969 stieg Gilera in den Piaggio-Konzern ein, man konzentrierte sich daraufhin mit der Produktion auf die kleine und die mittlere Klasse. Auch auf dem Enduro-Sektor, mit anfangs 350 und 500 ccm-Einzylindern, später mit einem 600er und auch einem 750er, mit denen auch bei der Rallye Paris-Dakar gewonnen wurde. Anfang der Neunziger des vergangenen Jahrhunderts stieg Gilera wieder ins Renn-Geschehen ein, 1992 und 1993 mischte man in der 250er-Weltmeisterschaft mit. Später, 2001, setzte es in der 125er-Klaase einen WM-Titel. Und nach der Integrierung von Aprilia in die Piaggio-Gruppe (2006) ritt Marco Simoncelli 2008 eine Gilera zum MotoGP-Titel in jener 250er-Klasse, die mit 2010 eingestellt wurde.

Sportlichster Roller auf dem Markt.


Ungeachtet des wechselvollen Renn-Engagements konzentrierte sich die Zwei-Ringe-Marke ab 1993 (mit der Übersiedlung der Produktion in die Piaggio-Zentrale, nach Pontedera) auf dem zivilen, dem Straßen-Sektor, auf die stark sportlich orientierte Roller-Klasse. Geradezu legendär ist der Runner. 2000 kam der DNA dazu, ein gestrippter Scooter oder vielmehr ein Zwitter aus Roller und Motorrad. 2003 folgte der Nexus, mit 500 ccm und einer Leistung von mehr als 40 PS. Der Hersteller bezeichnete ihn als den sportlichsten Roller auf dem Markt. Um vier Jahre später noch eins draufzusetzen, nämlich mit dem GP 800 den stärksten Roller aller Zeiten .

Diese Entwicklungen kosteten dem Nexus den Titel stärkster Roller des Hauses Gilera . Die 2007 markteingeführte Gilera-Version des Piaggio MP3 ist schließlich auch ein 500er. Mittlerweile ist der Nexus in die B-Schein- und in die untere A-Schein-Klasse eingestuft worden, und als nur 250er bezeichnete er in Österreich (als 500er wird er bei uns nicht mehr angeboten) eine Zeitlang das obere Leistungsende des Sportscooters mit den starken Motorradgenen.
Mit dem Modelljahr 2011 kam auch er in den Genuss des mittlerweile auf 278 ccm-Viertakt-Einzylinders mit knapp 22 PS, des Quasar 4, der in der Vespa GTS 300 Super vor vier Jahren sein Debut gefeiert hatte. Wohl bezeichnet Gilera den nunmehrigen Nexus 300 i.e. als neu. Ganz so neu ist er aber nicht, wohl jedoch in Details überarbeitet, wie zum Beispiel der Sitzbank.


Seine Grund-Ingredienzien sind geblieben, vor allem der Motorrad-verdächtige Rahmen samt Federelementen, die für Motorrad-artige Fahreigenschaften sorgen. Leichter und kleiner ist er nicht geworden. 188 Kilo sind nicht in die Federgewichtsklasse einzuordnen. Und 1.515 Millimeter Radstand kann man nicht als würzig kurz bezeichnen. Allerdings sind die Kilos wohl verteilt, sorgen für ausgewogene Balance und damit wirft er sein stolzes Gewicht im Fahrbetrieb nicht ins Gewicht (auch beim Rangieren nicht). Das Resultat ist vielmehr neben erstaunlicher Leichtfüßigkeit eine hohe Geradeauslauf-Stabilität. So lässt es sich ebenso elegant zwischen den Stau-Kolonnen durchtänzeln wie scharf um die Ecken biegen, zielstrebig über die Landstraße und auch souverän über die Autobahn pfeilen. Zumal der Mitteltunnel mehr Motorrad als Roller suggeriert und auch die Sitzposition eher zu straffer denn zu lümmelnder Haltung anspornt. Was der Nexus sonst noch kann, das ließ Gilera eindrucksvoll von einem unter Beweis stellen, ders kann: Marco Simoncelli, 250er-Weltmeister des Jahres 2008. Der führt vor, dass man mit dem 22 PS-Gefährt sowohl Knie schleifen als auch Burnouts machen kann.

Knieschleifen? Kein Problem!


Jetzt kann man über die Leibesfülle und größe des Nexus diskutieren. Mag sein, dass die im Verein mit dem Achteilliter-Motor eher zu verhaltenen Fahrleistungen sich addiert. Im 300er allerdings passen Motor und Statur sehr gut zusammen, zumal der 300er im Vergleich zum 250er genau dort seine Kraft ausspielt, wo man sie am besten verwerten kann: Im Drehzahl-Keller und in der Mitte.

Um beim Thema Größe zu bleiben: Wohl hat der Hubraum auf den Stauraum weniger Einfluss. Dennoch ist Zweiterer beachtlich. Unter die Sitzbank passt wirklich ein Integralhelm, auch einer mit einem kleinen Spoiler. Damit nicht genug können Jacke, Handschuhe und auch sonst noch ein paar Utensilien ohne Stopf-Mühe verstaut werden. Oder ein mittlerer Wochenend-Einkauf. Auch das eine oder andere Packerl. Kurzum: Die Kapazität des Gepäckfachs unterm Sattel misst 34 Liter. Die kann mit dem 33-Liter-Topcase aus dem Zubehör-Programm nahezu verdoppelt werden.
Was wir uns dazu sonst noch wünschen würden, das wäre eine Doppelscheiben-Bremse, wie sie zum Beispiel der Konzernbruder Derbi Rambla 300 i.e. hat. Man kann zwar über die Ankerleistung des Nexus nicht wirklich meckern, doch zu Fahrwerk und Leistung täte ein kräftigerer Front-Stopper sehr gut passen.

Gilera Nexus 300i.e. - Technische Daten

Motorbauart Einzylinder, Viertakt
Hubraum 278 ccm
Bohrung x Hub 75 x 63 mm
Leistung (homologiert)  16,1 kW (21,9 PS) @ 7.250 U/min
Max. Drehmoment 23 Nm @ 6.000 U/min
Getriebe Stufenlose Variomatik
Gemischaufbereitung elektron. Einspritzung
Steuerung 4 V / SOHC
Kühlung Flüssigkeit
Rahmen/Schwinge Stahl-Doppelschleife
Federung vorne Tele-Gabel, Ø 35 mm
Federung hinten Stereo-Federbeine, 3-fach einstellbare Vorspannung
Bremse vorne 1 x 260 mm-Scheibe
Bremse hinten 1 x 240 mm-Scheibe
Bereifung vorne 120/70 - 15
Bereifung hinten 140/60 - 14
Radstand 1.515 mm
Länge / Breite / Höhe 2.110 / 780 / 1.400 mm
Sitzhöhe 815 mm
Tankinhalt 15 Liter / 2,8 Liter Reserve
Gewicht 188 kg (fahrfertig)

Interessante Links:

Text: Beatrix Keckeis-Hiller
Bilder:
Piaggio

Autor

Bericht vom 12.09.2011 | 25.164 Aufrufe

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