Sport-Nakeds im Duell - Ducati Monster SP vs. Yamaha MT-09 SP

Welche ist 2023 das schärfere Naked Bike für die Landstraße?

Zweimal SP im Namen, zweimal sportliche Naked-Power in einem agilen Chassis - Welche schlägt sich wohl besser im Winkelwerk? Wir haben das auf Kataloniens Straßen überprüft.

Nicht nur namentlich, auch bei den technischen Eckdaten ähneln sich MT-09 SP und Monster SP ziemlich stark. Nur 2 Kilogramm Unterschied, ähnliche Leistung, ähnliche Ausmaße und zweimal das Ziel, ein sportliches Landstraßenbike mit veredelten Komponenten auf die Straße zu stellen. Dennoch offenbaren sich bei näherer Betrachtung eklatante Unterschiede in Konzept und Ausrichtung der SP-Nakeds.

V2 vs. Dreizylinder - Motor-Vergleich zwischen Ducati Monster SP & Yamaha MT-09 SP

Dabei sind die zwei unterschiedlichen Motorkonzepte nicht die größte Differenz. Das Fahrgefühl ist zwar auf der Yamaha durch das seidige Hochdrehen des 889 cc Reihen-Dreizylinders anders, als auf der Ducati Monster SP, dessen 937 cc V2-Motor sich mit etwas rauerem und bauchigerem Charakter bemerkbar macht. Doch trotz eines gefühlt klitzekleinen Drehmoment-Vorteils für die Ducati, bleibt die Leistung der beiden Motoren sehr vergleichbar. 119 PS leistet die MT-09 bei 10.000 Touren, 111 PS bei 9.250 U/min sind es bei der Italienerin. Das Maximaldrehmoment liegt bei beiden Motorrädern bei 93 Nm, nur liegen diese bei der Monster SP schon um 500 Umdrehungen früher bei 6.500 Touren an.

Im Fahrbetrieb fahren sich die beiden quirligen Motoren ähnlich, dennoch klar unterscheidbar. Der Dreizylinder begeistert vor allem durch seine Spritzigkeit, die Drehfreudigkeit und die Elastizität der Gänge. Von ganz tiefen Drehzahlen bis zum Begrenzer schnellt die digitale Anzeige im TFT-Display, ohne dass der Motor auch nur einmal ins Schwitzen gerät. Typisch japanisch wurden hier alle Wellen aus der Leistungskurve herausgebügelt. Die Diva aus Bologna kann diese Perfektion vielleicht nicht ganz bieten, zaubert dafür aber mit ihrem starken Antritt in der Drehzahlmitte breite Grinser unter den Helm. Bleibt man im Wohlfühlbereich des Motors zwischen 4.000 und 9.000 Umdrehungen, wird die Monster zur pfeilschnellen Kurvenräuberin.

Fahrzeuggeometrie & Ergonomie der Ducati Monster SP & Yamaha MT-09 SP im Vergleich

Die größte Auswirkung auf das Fahrgefühl im Sattel haben aber die sich unterscheidenden Ansätze bei der Fahrzeuggeometrie. Die Yamaha MT-09 ist für ihre zurückgelehnte, sehr aufrechte Sitzposition bekannt. Der Fahrer sitzt auf einer Sitzhöhe von 825 mm relativ tief in der Maschine. Die Hände liegen hoch oben auf dem breiten Lenker, während der Rücken sehr gerade und die Sitzposition entspannt bleibt. Sportliche Piloten bemängelten schon früher, dass durch diese eher heckorientierte Positionierung das Gefühl für das Vorderrad verloren geht. Die SP-Variante minimiert dieses Problem durch das hochwertigere Fahrwerk zwar, dennoch bleibt sie das zurückgelehnte Bike im Vergleich mit der Monster SP. Diese geht nämlich schon bei der Ergonomie auf Angriff, ohne aber zu übertreiben.

Auf 840 mm Höhe sitzt der recht harte, sportliche Sattel. Nach hinten hin bietet die Soziusabdeckung halt, nach vorne hin läuft der Sitz schmal zu und passt sich an die schmale Taille der Monster an. Der ebenfalls breite Lenker der Italienerin sitzt gefühlt 5 bis 10 cm tiefer, als der der Yamaha, ist aber dennoch in einem Bereich, wo noch nicht zu viel Druck auf den Handgelenken lastet. Die Monster ist ein Naked Bike, das dem Fahrer die Angriffsposition in Richtung Vorderrad zwar ermöglichen, sie aber nicht aufzwingen soll. Schön aufrecht lässt es sich entspannt auf ihr thronen, doch eine leichte Neigung des Oberkörpers reicht aus und schon rutscht das Messer zwischen die Zähne. Das dabei spürbare und großartige Gefühl für das Gripniveau der Räder entspringt aber nicht nur der Ergonomie der Ducati.

Ausgerüstet für sportliche Ausfahrten: Fahrwerk & Bremsen der Ducati Monster SP & Yamaha MT-09 SP im Vergleich

Denn die sportliche Performance der Ducati wird von feinsten Bauteilen erweitert, die die SP-Variante ab Serie mit an Bord hat. An der Front federt eine NIX 30 Upside-Down Telegabel von Öhlins mit 140 mm Federweg und hinten ein Öhlins Federbein mit 150 mm am Heck, beides voll einstellbar. Im Serientrimm ist das Fahrwerk auf der härteren Seite und harmoniert dadurch ganz gut mit der brachialen Bremserei der Monster. Die hintere Bremsanlage mit der 245 mm Einzelscheibe ist zwar unverändert von der normalen Monster übernommen, doch vorne werden die 320 mm Doppelscheiben von mächtigen Brembo Stylema Bremssätteln in die Zange genommen. Damit lässt es sich mit kaum Kraft am Bremshebel schon mächtig verzögern. Der Druckpunkt und die Dosierbarkeit der Brembo Bremserei lassen dabei keine Wünsche offen. Auf der Monster SP lässt es sich so echt radikal in den Radius hineinbremsen. Die Gabel sinkt dabei kaum ein, lenkt sehr agil und stabil ein und zieht bis zum Kurvenende eine saubere Linie. Durch die hohe Stabilität des Fahrwerks und der Bremsperformance schafft die Monster SP auch ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle, wodurch ihre extreme Agilität erst voll ausgenutzt werden kann. Sobald die sportlichen Pirelli Diablo Rosso IV Serienreifen warm sind, lässt es sich mit der Monster SP pfeilschnell durchs Winkelwerk wirbeln. Etwas, das auch die Yamaha MT-09 SP gut kann, wenn auch sie der Ducati nicht ganz das Wasser reicht.

Nicht nur hat die Japanerin bei der sportlichen Fahrt einen Nachteil durch ihre zurückgelehnte Geometrie, auch ihr Fahrwerk und ihre Bremsen schaffen es nicht ganz auf das hohe Niveau der Italienerin. Vorne arbeitet bei der MT-09 SP eine voll einstellbare Upside-Down-Gabel von Kayaba mit 137 mm Federweg, hinten ein ebenfalls voll einstellbares Öhlins Federbein mit 142 mm Federweg. In der Serieneinstellung ist die Yamaha etwas weicher eingestellt, bleibt aber auch bei flotter Gangart noch stabil. Das wirkliche Limit beim beherzten Anrauchen sind definitiv die Bremsen der Japanerin. Die 298 mm Doppelscheiben-Bremsanlage an der Front und die 245 mm Einzelscheibe am Hinterrad sind zwar definitiv nicht schlecht und konnten beim Einzeltest der Yamaha auch überzeugen, kommen im direkten Vergleich aber nicht an die feine Brembo-Ware auf der Ducati ran. Sie beißen bei mehr notwendiger Handkraft am Hebel schlussendlich schwammiger und schwächer zu. Die Bremskraft wird für die meisten Landstraßenpiloten aber definitiv ausreichen, harte Vollstrecker oder besonders präzise Bremskünstler könnten aber einen harten Bremspunkt vermissen.

Elektronik der Ducati Monster SP & Yamaha MT-09 SP im Vergleich

Mit schräglagenabhängigen Assistenzsystemen sind beide Motorräder ausgestattet, die Ducati hat jedoch das umfangreichere Elektronik-Paket. Drei Fahrmodi, Sport, Road und Wet, passen alle Parameter für den jeweiligen Fahrmodus an, zusätzlich können Kurven-ABS, 8-stufige Traktionskontrolle, Wheelie-Kontrolle und Launch-Control auch noch separat über das 4,3-Zoll TFT-Display gesteuert werden. Die Yamaha besitzt mit vier Stück einen Fahrmodus mehr, dafür jedoch "nur" eine dreistufige schräglagenabhängige Traktionskontrolle, Wheelie-Control, Kurven-ABS und einen Tempomaten, der auf der Ducati gänzlich fehlt.

Selbst am spärlicheren Elektronik-Paket der Yamaha gibt es im realitätsnahen Gebrauch kaum etwas auszusetzen. Im schärfsten Fahrmodus wird das Gas vielleicht etwas übertrieben hart angelegt, Lastwechsel machen sich bemerkbar. Der größte Negativpunkt hier ist das Bedienkonzept der Elektronik. Durch Fahrmodi und Traktionskontrollstufen schaltet man sich anhand der zwei Schalter am linken Lenkerende noch problemlos, doch das Steuerrad am rechten Lenkerende, wodurch das Menü und alle anderen Funktionen gesteuert werden, macht die Bedienung der MT mühsam. Hinzu kommt noch die eher schlechte Lesbarkeit des kleinen, kontrastarmen TFT-Displays. Da hat die Ducati das intuitivere, schon von anderen Ducati-Modellen bekannte System. Die Fahrmodi Sport und Road erfüllen dabei ihre Rollen, wie man es sich erwarten würde. Der Wet-Modus ist für die widrigsten Bedingungen sehr vorsichtig ausgelegt.

Abseits des sportlichen Winkelwerks - Ducati Monster SP & Yamaha MT-09 SP im Vergleich

Bis jetzt sieht es fast nach einem klaren Sieg für die Ducati Monster SP aus. Doch auch hier ist nicht alles eitel Wonne. Denn während die Italienerin mit ihren edlen Bauteilen im Winkelwerk brilliert, bleibt sie eine Diva aus Bologna. Das heißt, sie kann nicht nur, sondern möchte dezidiert sportlich bewegt werden. Gemütliche Ausfahrten oder dichten Stadtverkehr mag sie eher nicht. Der V2 läuft ruppig unter 3.000 Touren, die strenggängige Kupplung lässt meine zarten Journalistenhände nach wenigen Ampeln schmerzen und der Motor heizt mir auch im Stand ordentlich ein. Da gestaltet sich die Fahrt durch Barcelonas wildes Stadtgetümmel mit der Yamaha wesentlich leichter und angenehmer. Der Dreizylinder zieht auch aus tiefsten Touren sauber davon, die Sitzposition ist noch entspannter und der Quickshifter lässt sich nie aus der Ruhe bringen, im Gegensatz zum sonst toll funktionierenden Ducati-QS, der manchmal zwischen den ersten zwei Gängen rumzickt. In Summe ist die Yamaha bei langsamen Geschwindigkeiten und dichtem Verkehr wesentlich unangestrengter zu bewegen.

Zielgerichteter Winkelräuber oder vielseitiger Gelegenheitssportler? - Ducati Monster SP & Yamaha MT-09 SP im Vergleich

Die Summe der vielen kleinen Unterschiede bei zwei solch prinzipiell ähnlichen Bikes lassen verschiedene Grundphilosophien zwischen der Yamaha MT-09 SP und der Ducati Monster SP erkennen. Die Japaner haben mit der MT-09 ein agiles, jedoch nicht übertrieben sportliches Naked-Bike aufgestellt. Die SP-Version erweitert zwar ihr sportliches Potenzial, sie bleibt im Kern aber ein ausgeglichenes, zugängliches Naked-Bike, das sich genauso gut zum Alltagsgerät, wie zur Kurvenräuberin eignet. Die Monster SP geht die ambitionierte Landstraßenfahrt aber deutlich zielgerichteter an und möchte keine Kompromisse eingehen, sondern bläst mit edlen Bauteilen zum Angriff. Beide Bikes fühlen sich wohler, je enger die Radien werden. Die Monster SP schlägt sich dort aufgrund der höheren Schräglagenfreiheit, frontorientierter Fahrzeuggeometrie und hochwertigerer Komponenten besser, die MT-09 SP überzeugt dafür auch abseits der Jagdreviere mehr.

Fazit: Yamaha MT-09 SP 2023

Das Funbike MT-09 läuft in der SP-Variante zur Höchstform auf! Der extrem spaßige, quirlige Dreizylinder-Motor fühlt sich durch das viele Drehmoment nach mehr als nur 119 PS an. Hinzu kommt ein grandioses, fahrradgleiches Handling und phänomenale, fein dosierbare Bremsen. Die aufrechte, nach hinten orientierte Sitzposition nimmt in der MT-09 SP nicht so viel Gefühl für das Vorderrad weg, da das hochwertige Fahrwerk sauberes Feedback von der Straße gibt und jeden Radius stabil durchfährt. Yamaha-typisch lassen leider die Klarheit des TFT-Displays und das Bedienkonzept der üppigen Elektronik zu wünschen übrig. Auch die Sitzbank und der Sozius-Komfort könnten besser sein. Sonst ist die MT-09 SP aber das (nahezu) perfekte Bike für massiven Fahrspaß.


  • Quirliger, drehmomentstarker Motor
  • Extrem agiles Handling
  • Top Bremsen
  • Hochwertiges Fahrwerk
  • Fahrspaß pur!
  • Schlecht lesbares TFT-Display
  • Für so ein sportliches Bike relativ wenig Schräglagenfreiheit
  • Steuerung der Elektronik könnte intuitiver sein

Fazit: Ducati Monster SP 2023

Die Ducati Monster SP ist ein scharfes Naked Bike, das auf der richtigen Strecke maximalen Fahrspaß bieten kann. Vor allem Landstraßenräuber, die in engen Winkelwerken und auf verschlungenen Strecken auf die Jagd gehen, werden die extreme Agilität und die tolle sportliche Performance von Motor, Fahrwerk und Bremsen genießen. Abseits der sportlichen Gangart ist die Monster SP aber weniger zufrieden und zeigt das auch dem Fahrer. Sie will getrieben werden und sieht sich in keinster Weise als Daily-Driver.


  • Spritziger, drehmomentstarker Motor
  • Fein ansprechendes Öhlins-Fahrwerk
  • Sehr gut dosierbare, bärenstarke Brembo-Bremserei
  • Schöner Klang aus dem Termignoni
  • Vielseitige Ergonomie
  • Guter Quickshifter
  • Schwergängige Kupplung
  • Ruckeln im niedrigen Drehzahlbereich
  • Seltene Schaltprobleme mit Quickshifter beim sportlichen Herunterschalten in den 1. Gang

Bericht vom 07.03.2023 | 14.070 Aufrufe

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