Naked-Bike-Konkurrenz aus dem fernen Osten? - Test CFMOTO 700CL-X

Müssen sich die Europäer vor dieser Ausstattung fürchten?

Die CFMOTO will am europäischen Markt punkten und bringt dafür die neue 700CL-X. Für Erfolg sollen nicht nur schnittige Optik und ein sportlicher Motor sorgen, sondern auch eine top Ausstattung dank zahlreicher Bauteile namhafter Hersteller ist mit an Bord. Ob dieses Gesamtpaket tatsächlich konkurrenzfähig ist, haben wir an der kroatischen Küste überprüft.

Motorräder aus China haben in Europa ein Image-Problem, das weiß auch CFMOTO aus Hangzhou. Das Rezept gegen die Vorbehalte: Bauteile bekannter Hersteller, Ausstattung in klassen-anführendem Ausmaß und ein attraktiver Preis. Falls euch diese Ausstattung und alle technischen Details der 700CL-X interessieren, dann findet ihr alle Informationen hier im MotoCon Bericht zur CFMOTO 700CL-X 2022. In diesem Testbericht konzentrieren wir uns aber auf die Fahreindrücke und die Frage, ob auch ein Motorrad aus China im heiß umkämpften Mittelklasse-Naked-Bike-Segment vorne mitfahren kann.

Gute Inspiration führt zu schickem Design! - Optik & Verarbeitung der CFMOTO 700CL-X 2022

Vauli hatte schon Ende 2021 die Möglichkeit einen Test mit dem Vorserienmodell der CFMOTO 700CL-X 2022 zu machen. Im Kommentar-Bereich unter dem Video ging es augenblicklich heiß her. Vor allem das Design der 700CL-X sorgte für Kontroversen, mögliche Parallelen zu bekannten Modellen wurden gesucht und gemutmaßt, wo denn die Inspiration für die Optik hergekommen sein könnte. Manche sehen in ihr eine Ducati Scrambler, andere im Heck eine Diavel, oder eine Monster von der Seite. Dabei sollte es eigentlich egal sein, woher die Inspiration stammt, solange ein selbstständiges und optisch ansprechendes Bike das Endergebnis ist. Die 700CL-X sieht mit ihren modern interpretierten Retro-Formen schick aus, macht mit der gesteppten Ledersitzbank oder der Verkleidung im Aluminium Look sogar einen edlen Eindruck und akzentuiert mit dem X aus der Modellbezeichnung verschiedene Teile des Bikes gekonnt. Sicherlich findet man, wenn man es darauf anlegt, Parallelen zu anderen Bikes. Zum Beispiel sind die Lenker-Armaturen und Knöpfe denen einer BMW schon sehr ähnlich. In Summe ist die CFMOTO optisch aber ein eigenständiges, schön anzusehendes Motorrad. Auch die Verarbeitungsqualität fällt bei einer genaueren Beobachtung nicht ungut auf, somit ist das erste Vorurteil gegenüber China-Eisen schon mal entschärft. Einzig das haptische Gefühl bei den Tasten könnte etwas besser sein. Gerade mit dickeren Handschuhen ist die Bedienung von Blinker und Co. etwas hakelig.

Nicht nur für Anfänger weichgespült - Motor & Leistung der CFMOTO 700CL-X 2022

Setzt man sich auf der 700CL-X in Bewegung, so gibt es zuerst keine Überraschung. Der Reihen-Zweizylinder liefert seine 70 PS laufruhig und gut dosierbar ans Handgelenk, entspannt lässt sie sich durch die kroatischen Küstenstädte bewegen. Erst wenn das Ortsgebiet endet und sich die kroatische Rivijera zum Winkelwerk entwickelt, dann zeigt das Aggregat seine rabiate Seite. Gerade das Mittelklasse-Segment der Naked-Bikes ist durch die Nähe zur A2-Führerscheinklasse stark auf Anfänger und Einsteiger ausgerichtet, also sind die Bikes dieser Gruppe tendenziell sehr zugänglich und sanft. Die CFMOTO geht hier jedoch gegen den Trend. Während sie keineswegs unbeherrschbar oder schwer zu fahren ist, hängt sie doch vergleichsweise direkt am Gas und bietet auch keine zu Tode geregelte Leistungskurve. Quirlig dreht sie von unten heraus hoch, bis der Motor bei ca. 6.000-7.000 Umdrehungen noch einmal einen Batzen Power nachlegt. Dieser Boost unterscheidet sich zu den äußerst linearen Leistungsentfaltungen von Einsteiger-Bikes, macht aber dafür auch richtig Spaß. Den richtigen Gang am Kurveneingang wählen, vom Scheitelpunkt aus beschleunigen und am Kurvenausgang die extra Power genießen. Fühlt sich fast nach mehr als "nur" 70 PS an.

Laid back, doch agil - Sitzposition und Fahrverhalten der CFMOTO 700CL-X 2022

Obwohl sich die 700CL-X im Kurvengeflecht nicht schlecht schlägt, ist sie nicht wirklich eine Kurvenjägerin. Zum einen ist die Sitzposition dafür zu gemütlich. Durch den tiefen Sattel sitzt man zwar schön im Motorrad, durch den hohen Lenker und recht weit vorne angebrachte Fußrasten bleibt die Haltung aber entspannt und eher vom Vorderrad wegorientiert. Feedback vom Vorderrad kommt dadurch nicht allzu präzise zum Piloten, das 18-Zoll Vorderrad hilft auch nicht. Auch die Bremsen von J.Juan sind zwar fein dosierbar, aber eindeutig nicht für Verzögerungen am Limit gemacht. All das ist jedoch bewusst von CFMOTO so designt, denn die getestete 700CL-X steht zwar noch alleine im CFMOTO_Sortiment, soll in der zukünftigen 700er-Modellreihe aber das "Heritage"-Modell sein, während eine Sport-Version mit Doppelscheiben-Bremse vorne, 17-Zoll Rädern und optimierter Sitzposition die Heizer glücklich machen soll.

Aber auch die jetzige 700CL-X braucht sich nicht verstecken. Durch den breiten Lenker lässt sie sich gut in Schräglage drücken, zieht stabil durch den Radius und trotz der Stollenoptik picken die Pirelli MT 60 RS Reifen brav am kroatischen Asphalt. Dass sich die CL-X auch in Schieflage so gut bewegen lässt, das liegt vor allem am voll einstellbaren Fahrwerk. So ein Ausstattungsmerkmal ist um den Preis, in der Klasse von Motorrad kaum zu bekommen und verbessert die Fahrdynamik der 700CL-X immens. Außerdem kann sie so auch ganz individuell an die Bedürfnisse des Fahrers eingestellt werden.

Fast wie bei den Großen - Elektronik & Assistenzsystem der CFMOTO 700CL-X 2022

Noch ein Bereich, in dem die 700CL-X für ihre Motorrad-Klasse fast schon zu gut ausgestattet ist, sind die elektronischen Systeme. Das im Querschnitt 75 mm messende LC-Display ist zwar wahrlich keine Schönheit, doch zwei Fahrmodi, Tempomat und Kurvenlicht in Serie gibt es sonst nirgends. Der ECO-Fahrmodus ist besonders nützlich, denn er entschärft die direkte Gasannahme und macht die CFMOTO zugänglich. Auch interessant ist, dass sich die Fahrmodi augenblicklich und ohne Unterbrechung des Gases umschalten lassen. Im Sport-Modus lässt es sich spaßig ballern und der Tempomat vereinfacht langweilige Autobahn-Passagen. Sehr viel dran für ein 700er-Naked-Bike. Das kostet doch sicher extra, oder?

Richtig positioniert? Preis der CFMOTO 700CL-X 2022

Betrachtet man die Ausstattung der CFMOTO 700CL-X, ist ihr Preis echt ein Hit. Mit 8.199 € in Österreich und nur 7.199 € in Deutschland liegt sie preislich zwischen z.B. Yamaha MT-07 und Triumph Trident 660. Keine Frage, ein voll einstellbares Fahrwerk hat bei der Konkurrenz in der Preisklasse niemand vorzuweisen. Dennoch könnte es die CL-X schwer haben, da die Kundschaft generell lieber zu etablierten Marken greift und gerade im Anfänger-Sektor ein voll einstellbares Fahrwerk nicht zu den absoluten Must-Haves gehört. Da könnten viele wohl schlussendlich trotzdem lieber zu bekannten Bikes greifen. Ob sich CFMOTO mit der 700CL-X erfolgreich am europäischen Markt behaupten kann, das wird sich im Laufe der Saison zeigen. Für sich genommen ist sie aber ein cooles Naked-Bike, mit einigen unkonventionellen Merkmalen, schicker Optik und ordentlich Spaß-Potential im Sattel.

Fazit: CFMOTO 700CL-X 2022

Als Motorrad von einem weniger bekannten Hersteller, wird die CFMOTO 700CL-X wohl eher ein Geheimtipp bleiben. Jene, die sich trauen zuzugreifen, finden in der CL-X aber ein schickes, gut verarbeitetes und agiles Naked-Bike mit top Ausstattung zum Kampfpreis. Gerade das voll einstellbare Fahrwerk ist einzigartig in der Klasse und könnte die richtige Nische an anspruchsvollen Piloten glücklich machen.


  • Charaktervoller Motor
  • Agiles Handling
  • Bremsen sind fein dosierbar
  • Üppige Ausstattung für den Preis
  • Gemütliche Sitzposition
  • Voll einstellbares Fahrwerk
  • Tasten könnten besseres Feedback geben
  • Bremsen nicht für sehr sportliche Fahrt geeignet

Bericht vom 04.03.2022 | 20.292 Aufrufe

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