Stefan Pierer tritt als KTM-Chef zurück
Neumeister übernimmt, Pierer bleibt Co-CEO
Nach wochenlangem Schweigen und einigen Spekulationen gibt Pierer Mobility bekannt, dass Stefan Pierer, der langjährige Lenker von KTM, seine Posten räumt. Wie geht es jetzt weiter?
Lange kein Statement - jetzt folgt Pierers Schritt zur Seite
Seit Dezember vertröstet KTM uns bei 1000PS mit Terminen für ein Interview mit Stefan Pierer. Jetzt tritt der Retter der 90er Jahre vom Spitzenposten zurück. Dies geschieht inmitten der anhaltenden finanziellen Turbulenzen des Konzerns, die sich in der Insolvenz der KTM AG sowie deren Tochtergesellschaften KTM Forschungs- & Entwicklungs-GmbH und KTM Components manifestieren.
KTM stellte trotz der schweren wirtschaftlichen Lage auf der EICMA eine Vielzahl neuer Modelle für 2025 vor. Doch mit der zweiten Gläubigerversammlung am 24. Januar in Ried im Innkreis rückte die Insolvenzproblematik wieder ins Zentrum der Öffentlichkeit.
Ein taktischer Schachzug?
Pierers Entscheidung, sich in die zweite Reihe zurückzuziehen und die operative Verantwortung an Gottfried Neumeister zu übertragen, ist wohl auch eine strategische Maßnahme, um die Kritiker zu besänftigen. Die tausenden Gläubiger, die Forderungen angemeldet hatten, darunter Banken, Zulieferer und zu etwa zwei Drittel Mitarbeiter, üben massiv Druck auf Pierer aus. Bereits im September 2024 hatte er Neumeister als Co-Vorstand installiert, nachdem der damalige Finanzvorstand Viktor Sigl das Unternehmen verließ. Pierer betont jedoch, dass er die Sanierung des Unternehmens weiterhin begleiten werde, was auf seinen anhaltenden Einfluss als Co-CEO hindeutet.
Welche Auswirkungen hat der Rückzug auf die Verfügbarkeit von KTM Modellen 2025?
Konkrete Aussagen, welches Modell, wann auf den Markt kommen wird, sind generell schwierig. Alle Fahrzeuge, die in Österreich gefertigt werden (Einzylinder offroad und 690er, große Zweizylinder) werden höchstwahrscheinlich erst im zweiten Halbjahr erhältlich sein. Die 790er Plattform, die in China gefertigt wird, sowie die 125er und 390er Modelle, die aus Indien kommen könnten hingegen schon zu Saisonstart bereit stehen. Zumindest wurde das seitens KTM so in aktuellen Pressemeldungen kommuniziert. Wir halten euch auf dem Laufenden.
Ernüchternde Geschäftszahlen bei KTM und Pierer Mobility
Die ersten vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2024 zeigen nach dem Rekordjahr 2023 das Ausmaß der Krise:
- Umsatzrückgang von 2,7 Milliarden Euro (2023) auf 1,9 Milliarden Euro
- Ein Verlust von 300 Millionen Euro
- 1.800 verlorene Arbeitsplätze
- Reduzierte Produktionszahlen: 230.000 Motorräder (25 % weniger als 2023)
- Absatzrückgang um 21 % auf 292.500 Stück
Obwohl KTM Lagerbestände um 40.000 Einheiten abbauen konnte und die Nachfrage auf Endkundenseite stabil bleibt, erkauft sich das Unternehmen diesen Erfolg durch massive Rabatte, die seit Sommer 2024 gewährt wurden. Die Margen sind dadurch stark unter Druck geraten.
KTM: Sanierungsverfahren und neue Entwicklungen
Im Rahmen des KTM-Sanierungsverfahrens haben etwa 1.200 Gläubiger Forderungen in der Gesamthöhe von rund 2,2 Milliarden Euro angemeldet, von denen nicht ganz 1,7 Milliarden Euro anerkannt wurden. Zusätzlich wurden Forderungen der Dienstnehmer in Höhe von über 12 Millionen Euro registriert. Die Eigenverwaltung bleibt weiterhin bestehen, und der Sanierungsverwalter Peter Vogl hat angekündigt, dass der Betrieb am 17. März wieder aufgenommen werden soll.
Gläubigerschützer halten dieses Datum jedoch für ambitioniert, da die endgültige Entscheidung zur Sanierung erst am 25. Februar getroffen wird. KTM hat eine Sanierungsquote von mindestens 30 Prozent angeboten und plant, diese innerhalb von zwei Jahren zu begleichen.
Neue, aber bekannte Investoren als Rettungsanker?
Mit der außerordentlichen Hauptversammlung am 27. Januar könnte sich die Eigentümerstruktur von KTM nachhaltig verändern. Neben den langjährigen Partnern Bajaj aus Indien und CFMoto aus China, ist der österreichische Auspuffhersteller Remus unter der Führung von Stephan Zöchling als potenzieller Investor im Gespräch. Zöchling gab an, dass seine 65 Millionen Euro schwere Finanzspritze am Jahresende 2024 eine unmittelbare Insolvenz verhinderte. Zusammen mit Bajaj plant er angeblich, 600 Millionen Euro in die Sanierung zu investieren.
Laut Sanierungsverwalter Peter Vogl gibt es mehrere Investoren, die bereit sind, KTM finanziell zu unterstützen. Aufgrund rechtlicher und vertraglicher Gründe sind jedoch bisher keine konkreten Namen bestätigt worden.
Zukunftsszenarien: KTM am Scheideweg
Die kommenden Monate werden zeigen, ob KTM seinen Claim "Ready to Race" aufrechterhalten kann oder ob es künftig eher "Here to Stay" heißen muss. Sicher ist: Die Dynamik der Ereignisse und die finanzielle Lage lassen wenig Spielraum für Fehler.
Stefan Pierers Rücktritt markiert das Ende einer Ära, aber nicht unbedingt den Neuanfang für KTM. Die Herausforderungen bleiben gewaltig: Hohe Schulden, unsichere Marktbedingungen und der Druck der Investoren. Der neue CEO Gottfried Neumeister muss nicht nur das Vertrauen der Gläubiger gewinnen, sondern auch eine langfristige Strategie entwickeln, um KTM wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Der Ausgang ist aktuell ungewiss, Ende Februar werden wir mehr wissen.
Bericht vom 24.01.2025 | 7.253 Aufrufe