Harley-Davidson und Indian zittern - EU-Strafzölle drohen

Pan America und Co bald deutlich teurer?

Ab Anfang Juni sollen Einfuhrzölle auf fast alle Harley-Davidson und manche Indian Modelle in Höhe von 56% erhoben werden. Ein herber Schlag für die Wettbewerbsfähigkeit der Traditionsmarken am europäischen Markt.

Strafzölle seit Jahren Thema - Handelskrieg trifft Harley hart

Im Jahr 2018 führte die EU Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Motorräder mit einem Hubraum über 500 Kubikzentimetern, die aus der USA nach Europa importiert wurden ein. Zuzüglich zu den 6% regulärer Einfuhrabgabe ergab sich dadurch in Summe also eine Abgabequote von 31%. 2018 stemmte Harley die Mehrkosten noch selbst, suchte aber nach einem Ausweg. Die Verlagerung der Produktion der Motorräder für den europäischen Markt nach Thailand brachte Linderung (es waren unter Nutzung der Binding Origin Information (BOI) ab 2019 nur noch 6% Einfuhrabgabe zu entrichten), trieb den damaligen Präsident Trump allerdings zur Weißglut. Der aktuelle Handelskrieg zwischen der EU und den USA bringt nun aber das Ende für dieses Schlupfloch. Das BOI wurde auf Beschluss der EU am 31. März 2021 Harley mit Wirkung zum 19. April entzogen.

Zusätzlich steigen die Zölle zum Juni 2021 um eine weitere Stufe auf 50 Prozent Strafzoll und damit insgesamt 56 Prozent Einfuhrabgaben. Das Skurrile: Wo das Motorrad wirklich hergestellt wird, wird künftig nicht mehr relevant sein. Weshalb die EU Harley die BOI entzog, ist unklar. Betroffen wären alle Harley-Davidson Modelle da HD in Europa mit Ausnahme der Livewire nur Fahrzeuge mit über 500 Kubik, anbietet.

Die Reaktion von Harley ließ nicht lange auf sich warten

Der Harley-Chef Jochen Zeitz, nutzte die Ankündigung guter Quartalszahlen, um sein Unverständnis über die Maßnahmen auszudrücken, er meinte in einem Statement:

Das ist eine noch nie dagewesene Situation und zeigt den bald sehr realen Schaden eines eskalierenden Handelskriegs für die Stakeholder von Harley-Davidson auf beiden Seiten des Atlantiks auf. Die potenzielle Auswirkung dieser Entscheidung auf unsere Fertigung, unseren Betrieb und unsere allgemeine Wettbewerbsfähigkeit in Europa ist erheblich. Die Einführung eines Importzolls auf alle Harley-Davidson Motorräder widerspricht allen Vorstellungen von freiem Handel, und wenn sie umgesetzt wird, werden diese erhöhten Zölle einen gezielten Wettbewerbsnachteil für unsere Produkte gegenüber denen unserer europäischen Wettbewerber darstellen." Am Montag legte der Harley-Boss nach - er sucht nun den Weg zu Gericht.

Händler und Kunden gleichermaßen nervös - wird nun alles teurer?

Die Ankündigung der EU ist nicht nur eine Hiobsbotschaft für die Börse, sondern auch für alle 369 europäischen Harley-Davidson Vertragshändler und auch (künftige) Harley-Käufer. Im Endeffekt wird sich die neue Regelung massiv auf die Preise auswirken (müssen). Die neue Pan America wird preislich wohl nicht so attraktiv positioniert bleiben können, wie zunächst angedacht. Kurzfristig wird Harley-Davidson bzw. werden die Händler herbe Verluste einstecken müssen, langfristig zahlen aber immer die Konsumenten die Rechnung.

Warum Indian Motorcycles (etwas) besser dran ist

Aufmerksame Leser werden sich jetzt denken: Moment, warum ist hier nur von Harley-Davidson die Rede, Indian müsste als US-amerikanischer Hersteller doch ebenso betroffen sein. Nun ja, nicht ganz, Indian Motorcycles fertigt seine kleineren Kubaturen (Scout, FTR,...) seit Jahren in Polen und entgeht damit den Einfuhrzöllen in die EU. Nichtsdestotrotz wären sie z.B. mit ihren neuen Chief Modellen ebenso von den neuen Zöllen erfasst.

Wie geht es nun weiter? Versuch eines Ausblicks

Die ACEM, die Vertretung der Motorradindustrie in Europa, gab in einer Stellungnahme bekannt: Diese Entwicklung bestätigt die Dringlichkeit, alle zusätzlichen Zölle auf unverbundene Sektoren auszusetzen, um schädliche Eskalationen zu vermeiden. Wir rufen die Europäische Kommission und die neue US-Regierung dazu auf, einen positiven transatlantischen Handelsdialog wieder aufzunehmen. Wir setzen uns weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass beide Parteien zur Vernunft zurückkehren und eine Lösung finden", sagte Antonio Perlot, Generalsekretär der ACEM. Die US-Amerikanische Schwesterorganisation USMMA schloss sich den Forderungen an. Zu lange wird hier schon auf dem Rücken der Motorradhersteller aggressive Handelspolitik gemacht.

Seit 31.3. arbeiten also diverse Lobbyisten auf beiden Seiten des großen Teichs wie wild daran, dass die angekündigten Maßnahmen so nicht umgesetzt werden. Parallel wird Harley-Davidson versuchen den Fall vor Gericht für sich zu entscheiden. Tausende Jobs hängen an dieser Entscheidung. Wir hoffen, dass im Handelskrieg eine Einigung erzielt werden kann, denn bekanntlich gibt es im Krieg niemals Gewinner.

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Bericht vom 29.04.2021 | 16.008 Aufrufe

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