Daytona Stiefel Maßanfertigung - ein Blick hinter die Kulissen

1000PS zu Besuch im Familienbetrieb Frey

Daytona kann getrost als absolute Legende am Motorradstiefel-Markt bezeichnet werden. Seit über 50 Jahren wird hier auf höchstem Niveau Schuhwerk für den anspruchsvollen Biker gefertigt. Vielfältigste Auszeichnungen sowie mehrfache Testsiege belegen die Qualitätsgüte der Produkte. Zusätzlich zum umfangreichen, regulären Produktportfolio bietet Daytona auch die Option der Maßfertigung. Redakteur MEX ließ sich für seine schmalen Waden einen Security EVO G3 anfertigen und durften der Familie Frey dabei gleich einen Tag lang über die Schulter schauen. Schritt für Schritt entsteht in rund 80 Arbeitsgängen mit viel handwerklichem Geschick und bewundernswertem Perfektionismus etwas Einzigartiges.

Da haben wir uns schnell mal für 350 Kilometer in´s Auto gesetzt und sind zu Daytona nach Deutschland gefahren. Keine Seltenheit, wie von Firmeninhaber Reinhard Frey, welcher nach Möglichkeit seine Gäste immer persönlich begrüßt, zu hören ist. Des Öfteren kommen Kunden auch noch weitere Strecken angereist um sich den perfekt sitzenden Stiefel fertigen zu lassen. Denn kaum ein zweiter Betrieb bietet heutzutage noch maßgefertigtes Schuhwerk für uns Biker. Diesen Service wissen neben Rennfahrern auch Problemkunden sehr zu schätzen, doch dazu später mehr.

Daytona ein Traditionsbetrieb

Im niederbayrischen Städtchen Eggenfelden beschäftigt die Berta Frey & Söhne OHG aktuell 135 Mitarbeiter, welche pro Tag rund 300 Paar Schuhe für uns Motorradfahrer fertigen. Das Familienunternehmen der Gebrüder Reinhard und Helmut Frey ist im Übrigen eine der letzten Schuhfabriken, die noch in Deutschland produzieren. 1963 begann man damals die Produktion von Motorradstiefeln. Unter der Bezeichnung Daytona werden die Produkte seit 1973 angeboten. Rückblickend betrachtet eigentlich keine besonders glückliche Namenswahl, wenn man den Geschichten der Familie Frey gehör schenkt. Denn nach einigen Jahren meldete sich der Daytona International Speedway in Daytona Beach (Florida) wegen namensrechtlichen Problemen. Lange Prozesse vor Gericht waren notwendig, um an der Bezeichnung, mit welcher man sich zwischenzeitlich in der Zweirad-Welt einen Namen gemacht hatte, festzuhalten zu dürfen.

Daytona Stiefel Qualität

Der erste Blick in die riesige Produktionsstätte macht sofort klar, hier herrscht deutscher Perfektionismus. An knapp 80 einzelnen Stationen wird gearbeitet. Jeder Handgriff ist geübt und sitzt. Die Regale mit Leisten, Stanzeisen und Co. sind sorgfältig beschriftet und sortiert. Neben klassischen Näh- und Stickmaschinen findet man auch einige High-Tech-Geräte, deren Funktion sich für den ungeübten Betrachter erst auf Nachfrage ergibt. Die beschäftigten Mitarbeiter sind im Übrigen mit großer Mehrheit weiblich - die "Nähwelt" war und ist eben immer schon eine Frauendomäne.

Daytona Stiefel Maßanfertigung - eine exakte Zeichnung als Basis

Die Maßfertigung beginnt mit einem leeren Blatt Papier. Hierauf werden mit Bleistift die exakten Umrisse beider Füße abgebildet und weitere Anmerkungen wie etwa Problemzonen (Überbeine, Druckstellen) entsprechend eingezeichnet. Im Anschluss wird der Umfang des Vorfußes an 4 Stellen im Abstand von etwa zwei Zentimetern gemessen, so dass das benötigte Volumen präzise berechnet werden kann. Die Ermittlung der grundsätzlichen Schuhgröße kann anhand der genauen Abzeichnung leicht vorgenommen werden. Jedoch wird immer eine Größe hinzugerechnet bzw. aufgerundet, da ein gewisser Raum für den Komfort bleiben muss.

Problemzone von Redakteur MEX: Der kompakte Umfang an Knöchel und Wade. Hier erkannte das geschulte Auge von Herrn Frey, dass die Standardversion des Security EVO G3 zu weit war. Anhand eines Serien-Modells wird im Abstand von 5 Zentimetern vom Knöchel hinauf bis zur Wade gemessen, wie viel Material eingespart werden kann. Die Führungsbahn des Reißverschlusses dient dazu als perfekter Anhaltspunkt. Ist die Zeichnung dann fertig gestellt, wird sie noch mit einigen Informationen für die weitere Verarbeitung versehen und bildet so die essenzielle Basis für ein gelungenes Endergebnis.

Daytona Stiefel selbst designen? Beim Security Evo G3 ist´s möglich!

Im Anschluss an die Vermessung geht´s ums Design. Um Zeit zu sparen, versucht man sich im Idealfall bereits vorab am Konfigurator, welchen die Firma Daytona auf der eigenen Website zur Verfügung stellt. Hier kann man sich das Premium-Modell Security EVO III schon mal in der gewünschten Variante zusammenstellen. 16 Teile des Stiefels können dabei in unterschiedlichsten Farben gestaltet werden.

Bei speziellen Vorstellungen hinsichtlich der Farbwahl oder auch zur Abstimmung auf das restliche Outfit ist es hilfreich die eigene Lederbekleidung bzw. den eigenen Helm mitzubringen. Der Chef persönlich, Herr Frey, findet dann mit geübtem Griff ins Regal das passende Grundmaterial für individuelle Wünsche. Die Auswahl an Farbtönen und Ledervarianten im hauseigenen Lager ist riesig - von schimmerndem Chrom bis Neongelb ist alles dabei. Mindestens 100 verschiedenen Sorten und Farben sind ständig vorrätig. Die Lieferanten sitzen hauptsächlich in Italien (Rind) und Australien (Känguru).

Soll zusätzlich noch der eigene Name, die Startnummer oder ein spezielles Logo auf den Stiefel gestickt werden, so ist dies ebenfalls möglich - wird aber mit einem kleinen Aufschlag verrechnet.

Blick in die Kreativabteilung

Währenddessen wurde in der Kreativ-Abteilung bereits mit der Fertigung von Schneide-Schablonen begonnen. Die Vorlagen aus steifem Papp-Karton werden auf Basis der zuvor angefertigten Fußabzeichnung erstellt und dienen im Anschluss für den Zuschnitt des Leders. Hier, in der Kreativ-Zentrale von Daytona entstehen im Übrigen auch alle Schuhe für Rennfahrer sowie Prototypen für neue Serienmodelle. Soviel sei verraten: Auf der Intermot im Herbst erwarten uns aller Voraussicht nach wieder zwei neuen Modelle.

Lederzuschnitt, Qualitätskontrolle, Näh- und Stickarbeiten

Der Lederzuschnitt per Hand, wie er hier für unsere Sonderanfertigung notwendig ist, verlangt einiges an Kraft und Erfahrung. Aktuell sind es nur noch 2 von den 135 Mitarbeitern, welche diese Technik beherrschen. In liebevoller Kleinarbeit wird so aus der Känguru-Haut Teil für Teil unseres Security EVO III Außenstiefels in Form geschnitten.

In der Serienfertigung wird hingegen nahezu ausschließlich mit Stanzmessern gearbeitet. Diese werden auf dem Material aufgesetzt und dann von einer hydraulischen Presse durch das Leder gedrückt. Damit lässt sich die Arbeit etwa zehn mal so schnell erledigen, abgesehen vom Geschwindigkeitsplus macht es in der Praxis aber keinen Unterschied ob das Leder geschitten oder gestanzt wird. Auf gleichem Wegen entstehen übrigens im Anschluss auch sämtliche Einzelteile für die Daytona Schriftzüge, Klettverschlüsse und auch die Lederstücke für die Fertigung des Innenschuhs.

Sind alle Teile beisammen, werden sie von einer Arbeiterin nochmals auf Beschaffenheit und Materialstärke kontrolliert. Das Känguru-Leder für unseren Security EVO G3 sollte zwischen 0,9 und 1,2 mm dick sein. Für schöne Materialübergänge und bessere Vernähbarkeit werden an einigen Einzelteilen die Kanten des Leders geschärft.

Mit flinken Handgriffen werden im darauf folgenden Arbeitsgang Protektoren für Knöchel und Wade, sowie die Schaltverstärkung im linken Vorfußbereich aufgenäht. Währenddessen geht es an einer der großen Stickmaschine schon ordentlich zur Sache. Sämtliche Daytona-Schriftzüge bekommen eine hübsche zwirnerne Einfassung. Mit insgesamt 3.717 Stichen pro Schriftzug bei 1.300 Umdrehungen pro Minute entsteht so in kurzer Zeit ein toller Kontrast-Effekt.

Parallel dazu kommt auch der Innenschuh voran. Einzelteile werden zusammengefügt und Klettverschlüsse sowie diverse Verstärkungen am und im Innenschuh angebracht. Beim Security EVO G3, dem Top-Modell im Racing Stiefel Sortiment von Daytona, wird Micro-Velours mit feinem Ziegenleder vernäht. Das bietet besten Komfort und tolles Klima im Schuh.

Daytona Sicherheits-Schalentechnik

Eine Besonderheit am Innenschuh des Security EVO G3 ist auch die legendäre Schalentechnik. Dieses aufwändige Konzept bietet ganz einfach ein Optimum an Sicherheit bei dennoch hohem Tragekomfort. Die Aramidschale des Security Evo G3 ermöglicht perfekten Schutz bei gleichzeitig geringem Gewicht, sie wird von einem Zulieferbetrieb aufwändig per Hand laminiert und kosten pro Paar stolze 150 Euro im Einkauf (!).

Ist der Innenschuh soweit fertig gestellt, wird er dann mit der zuvor genannte Schale sowie einer ultra stabilen Zwischensohle mit feuerverzinkter Stahleinlage verklebt bzw. verpresst. Nach kurzer Aushärtezeit ist damit der erste Teil unserer Maßschuhe abgehakt.

Daytona Außen- bzw. Überschuh Fertigung

Sind dann auch alle Teile des Außenschuhs fertig vernäht, erwartet ihn eine der größten Maschinen in der Produktionshalle. Diese erhitzt die Stiefelschäfte, was das Material weich und dehnbar macht, und zieht im Anschluss das Leder über den Leisten (ein Formstück aus Holz oder Kunststoff). "Zwicken", so wäre der Fachausdruck für diesen Arbeitsgang.

Zu guter letzt werden Gummisohle und Stiefelschaft miteinander verbunden. Hier kommt Zwei-Komponenten-Kleber zum Einsatz, welcher unter 70 Grad Hitze aktiviert wird. Eine Presse, die beide Teile mit etwa acht Bar aneinanderdrückt, verfestigt die Verbindung. Jetzt können die Leisten aus den praktisch fertigen Stiefeln entnommen werden und es geht ab zur Endkontrolle.

Noch ein Wort zum generellen Design

Denn auch hier hat sich Daytona etwas überlegt! Die von manchen Betrachtern als eigenwillig oder altmodisch bezeichnete Optik hat nämlich einen klaren Sinn: Die glatte Oberfläche des Außenschuhs ohne großartige Ecken und Kanten verhindert ein Hängenbleiben am Motorrad oder an Curbs im Falle eines Sturzes. Der Security Evo G3 sieht zwar nicht so dynamisch aus wie die mit Kunststoff-Spoilern bestückten Stiefel manch anderer Hersteller, bietet aber ganz einfach die größtmögliche Sicherheit. Der Fahrer wird von seinen Schuhen in keiner Situation irritiert, behindert oder gar gefährdet.

Daytona Maßanfertigung - Kosten und Lieferzeit

Die Kosten unserer Maßanfertigung belaufen sich auf etwas über 1.000 Euro. Klingt im ersten Moment natürlich viel, wenn man sich aber vor Augen hält, welche Materialien verwendet werden und wie viel Aufwand in Form von deutscher Wertarbeit hier drinnen steckt relativiert sich das Ganze wieder. Zudem gibt es bei Daytona eine umfangreiche 2-Jahres-Garantie, sowie einen tollen Reparaturservice für Sturzschäden. Eine Detailübersicht der Kosten findet sich nachfolgend in der Tabelle. Die Lieferzeiten schwanke je nach Saison und Auslastung. Bei Interesse sollte man diese am besten selbst erfragen. Ein bis zwei Monate können es aber in der Praxis schon mal sein.

ArtikelbezeichnungPreis
Security Evo III Serienmodell komplett (Außenschuh + Innenschuh)€ 719,95
Security Evo III Außenschuh nach Maß gefertigt€ 363,94
Security Evo III Innenschuh mit zusätzlicher Vorfußverstärkung€ 540,00
Aufpreis für Sonderfarben (nur bei Anfertigung)€ 83,55
Aufpreis für Kevlarferse (nur bei Anfertigung)€ 68,20
Aufpreis für Hartmetallschleifer (nur bei Anfertigung)€ 78,50

Weitere Infos und Verlinkungen

Bericht vom 18.07.2018 | 42.501 Aufrufe

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