Die Ursprungsgeschichte der Suzuki GSX 750 S Katana

Zeitzeichen und Geschichtsstunde

Ein Produkt, dessen technische Brillanz auch optisch unterstrichen wird – Suzuki Deutschland warb für die Katana: „Ein Motorrad, mit dem man auf du und du ist.“ Das ist die Geschichte der Suzuki Katana.

Wir schrieben das Jahr 1980, als der ehemalige BMW-Designer Hans Albrecht Muth allen Mut zusammen nahm und ein Motorrad entwickelte, das wahrhaftig polarisieren sollte. Zusammen mit dem deutschen Target Design Team, dessen Chef Hans-Georg Kasten und dem Mitarbeiter Jan Olof Fellström, entstand ein Motorrad mit einer bis dato noch nie gesehenen Linienführung. Im Auftrag für Suzuki in Japan auf Basis der GSX Modellreihe entwickelt, sorgte das unter dem Namen KATANA 1981 vorgestellte Kraftrad direkt für Furore bei der Fachpresse ebenso wie bei den Motorradfans.

Warum heißt Du eigentlich Katana? Weil ich so „scharf“ bin!

Der Name KATANA spiegelt die Mystik des Samurai-Schwertes im verwendeten Symbol wider. Denn nur den Besten der japanischen Samurai-Krieger gelang es, mit dem KATANA-Schwert ein einzelnes vom Baum fallendes Blatt mit drei unglaublich schnellen Körperdrehungen in feinste Stücke zu teilen. Mit ihrer messerscharfen Formgebung wirkte diese Zweirädrigkeit entsprechend aufsehenerregend bis fast kriegerisch. 'Im' Motorrad richtig drin sitzen, sich ihm anschmiegen können, das war ebenso die Intention ihres Schöpfers. Geeignet für den, der sich bei High-Speed in scharfen Kurven im viel gerühmten 'Hanging-Off' neben die Maschine hängen wollte.

KATANA-Enthusiast Frank Letzner beschreibt mit Leidenschaft die Motorcharakteristik: Turbinenartig dreht der 750er GSX-Motor hoch. Vergleichbar mit den heutigen, weich zu fahrenden GSX-R-Motoren verkraftete der im Gegensatz zu den damals üblichen Vierzylinder-Reihen-Motoren auch fünfstellige Drehzahlen. Klar, man musste die kleinere Maschine höher drehen als die der 1100er KATANA, die mehr Dampf im mittleren Drehzahlbereich aufweisen konnte. Aber der 750er Motor war und ist von der Laufruhe her trotzdem angenehmer, eben butterweich zu fahren.

Suzuki Katana - Für ihre Zeit unüblich gut zu fahren

Das weitere Fahrverhalten beschreibt der Katana-Fan, der hier seine GSX 750 Katana aus Baujahr 1983 vorstellt, so: Etwas hart, aber sehr exakt und genau flutscht jeder Gang rein. Weich und gefühlvoll lässt sich alles bedienen und gibt einem so die Chance, sich nur auf das Fahren zu konzentrieren. Das war beim Erscheinen der Katana beim Motorradfahren damals durchaus nicht üblich. Umso mehr fasziniert auch heute noch die Maschine, die sein Besitzer 1986 erwarb und noch heute ununterbrochen seinem Fuhrpark angehört.

Funktionalität durfte laut Aussagen des Hans A. Muth aber keinesfalls zu unästhetischen Lösungen führen. Das rahmenfeste, scharfkantige Spoiler-Gesicht an diesem Hyper-Motorrad - erinnert an die Concorde - sollte gemäß ihrem Erfinder die Aerodynamik verbessern und die Auftriebskräfte am Vorderrad senken. Die Gabel wurde ursprünglich mit dem Anti-Dive-System ausgestattet, das ein zu starkes Eintauchen derselben beim Bremsen verhindern sollte. Eine optimal zu dosierende Bremse und ein gleich bleibender Druckpunkt waren dafür prognostiziert. Das Vorderrad sollte dabei nicht mehr so schnell überbremst werden können.

Suzuki Katana Tuning - Der eigene Touch ist Ehrensache

Der Hagener Frank Letzner überarbeitete dennoch seine Katana wie so ziemlich all ihre Besitzer im Laufe der Zeit: Bereits als ich die Maschine 1986 erwarb, waren die damals üblichen Modifikationen vollzogen. Ein Bugspoiler der Firma Speer war dereinst quasi unerlässlich. Auch die beim deutschen Modell übliche silberne Lackierung trug sie nicht mehr, war bereits in Marineblau-metallic umlackiert. Sie trug aber noch die originale 4-in-2-Auspuffanlage. Aber bereits nach einer Woche war dem Werkzeugmechaniker klar: Die lange langweilige Sitzbank muss da runter. Die wirkt an der Katana, als wäre sie am Heck nicht zu Ende gedacht worden. Das Speer-Heck musste ich haben! Und bei den Jungs sowieso üblich: Die Maschine habe ich daraufhin komplett zerlegt in ihre Einzelteile. Der Sache musste schließlich mit 'einmal alles!' auf den Grund gegangen werden. Bin heute noch stolz auf mich, den Motor da raus und frei von Macken wieder eingebaut bekommen zu haben. Der sitzt da wirklich super eng im Rahmen. Bei der Gelegenheit habe ich das Triebwerk direkt schwarz gemacht, auch die Seitendeckel, eigentlich alles. Da war ich damals einer der Ersten, der damit auf der Bildfläche erschien.

Im europäischen Ausland gab es die Katanas zwar bereits mit schwarzem Motor-Layout, die Maschinen waren im Gegensatz zu ihren deutschen Nachbarn oft auch zweifarbig in Rot-silber-metallic lackiert. Eher zweitrangig war damals zwar noch die 'Wagenfarbe', aber das Fahrwerk optimierte jeder für sich nach seiner Fasson. Frank griff zur seiner Meinung nach besser agierenden Vorderradgabel samt Bremsanlage der Suzuki GSX-R mit Baujahr 1986: Das Rad passte ich an einer 15er Steckachse an. Die Raddimensionen waren indes damals eine Glaubensfrage. Denn die Katana mit dem 1100 Motor für die reichte damals bei mir der finanzielle Hintergrund nicht so recht - hatte hinten eine 17 Zoll-Felge, vorne trug sie ein 19 Zoll-Rad. Die 750er lief vorn auch auf einer 19 Zoll-Felge, war aber mit einem 18 Zoll-Rad hinten bestückt. Zwischendurch waren auch mal die PVM-Felgen bei allen stark angesagt und Bereifung von Metzeler war eh gang und gäbe. Als weitere Reifenfreigaben erfolgten, entschied ich mich für vorne und hinten auf 18 Zoll-Felgen, bevorzuge dabei für hinten auf 4 ½ Zoll eine 160er Bereifung. Immer noch Metzeler-Pneus, die haben sich bewährt. Bei der schmaleren Hinterradkontur bleibt der Reifen beim Abfahren und schönen Schräglagen schön rund.

Linientreue

Klar war auch für den Hagener, dass die Auspuffanlage mit dem ursprünglich langen Endtopf nicht bleiben durfte. Erst recht nicht, weil die originale Kastenschwinge ausgetauscht wurde gegen eine von Krüger und Junginger. Mit Rundrohr und Unterzug auch ein Zeitzeichen der damaligen Auffassung zur modernen Fahrwerkskultur. Optisch musste also der Endtopf angepasst werden und mit einer Krümmerführung aus vier in eins eben auch die Sicht auf die tolle Schwinge frei gegeben werden: Der Topf von Haensle sollte ja auch dem Winkel im Verlauf angeglichen werden, sich aber auch - ganz wichtig - der Linienführung optisch anpassen. So, dass man auch nicht gleich entdeckte, dass das gar nicht mehr der Originaltopf war! Wir passten entsprechend die Krümmerrohre in Länge und Verlauf dem Einzeltopf an.

Oberstes Gebot bei allen Anhängern der Katana war und ist, die ursprünglich radikale Formensprache nicht anzugreifen, die Linie von der Frontspitze über den Tank bis hin zum Heck so nah wie möglich beizubehalten. Deshalb musste sich aber dennoch die Front einer Umarbeitung unterziehen: Mit meinem Bruder Markus, der handwerklich begabt und besonders in Spachtelarbeiten ein echter Kracher ist, nahm ich mir das Scheinwerfer-Layout vor. Denn, sind wir mal ehrlich, der kastenartige Originalscheinwerfer ist einen Tacken zu groß, unserer Ansicht nach. Schlau nahmen sich die Jungs den viereckigen aber viel schmaleren Scheinwerfer der Suzuki DR Big vor und modifizierten die Frontspitze drum herum dergestalt, dass sie das Gehäuse so aufnimmt, als wäre es immer schon so erdacht und gebaut gewesen. Die kleine Scheibe, von ihrem Erfinder Hans A. Muth als Deflektor bezeichnet, stellten die beiden Katana-Fans etwas flacher an, indem sie das originale Befestigungsmodul entsprechend anpassten.

Zeitzeichen

Einen reizvollen Aspekt bot von Beginn an der Blick auf die Anzeigeuhren, zusammengefasst in einem einzelnen Gehäuse. Die Skalen sind ineinander verschachtelt, die Zeiger stehen parallel zueinander, sie bewegen sich voneinander weg beim Beschleunigen. Im ersten Moment irritierend für den, der das nicht gewohnt ist. Genau deshalb beließ es der Hagener natürlich genau so. Auch die Schalter für die Leuchten sind noch originalgetreu erhalten. Nicht so die Blinker: Die liegen normalerweise in der Halbschalenverkleidung integriert. Bei einem Umfaller gingen die aber immer gleich als erstes kaputt. Deshalb und weil es einfach zeitgemäßer ist, kamen die kleinen Zubehörblinker ans Krad. Auch die Spiegelhalter erfuhren eine Verkürzung, damit sie nicht so weit abstehen. Das Gelenk der Halterungen verkürzten die Brüder adäquat wenn Frank nun auch nicht mehr den allumfassenden Rückblick hat. Apropos Rücken: Den Speer-Höcker änderten wir auch nochmal ab, da auch das Rücklicht zu überdimensioniert war, nach unserem Geschmack. Auch hier bewies Bruder Markus seine Geschicklichkeit im Spachteln, nachdem ein altes GSX-R-Rücklicht ins neue Design eingepflegt war.

Suzuki-Design, aus deutschen Landen

Mannigfaltige Modifikationen zeugten hernach von Persönlichkeitsentwicklung ihrer Besitzer gegenüber der Serie im silberfarbenen Outfit. Der Mehrheit gefiel die für ein supersportliches Styling zu lange Familien-Sitzbank nicht. In den meisten Fällen kaschierte der Höcker von Speer den Lapsus. Die Speer-Leute müssen sich damit eine goldene Nase verdient haben, aber der Höcker war die perfekte Ergänzung zu diesem Designer-Motorrad, gibt Markus die Meinung der Allgemeinheit wieder. Und die Alternativen der Firma Gimbel waren einfach keine, wirken bis heute noch negativ nach: Besucher von Katana-Treffen blieben zum Glück weitgehend verschont davon!

Außerdem galt: Koni-Stoßdämpfer waren bei allen KATANA unumgänglich, da die Originale selbst auf der weichsten Stufe noch so hart waren, dass es Dir den Rücken auseinander gerissen hat im Schlagloch. Im Endeffekt hat dieses damals innovative Design die gesamte Entwicklungsgeschichte im Motorradbau geprägt: Endlich war die waagerechte Linie der Tank-Sitzbank-Formation á la Gartenbank vom Planungstisch gestrichen.

Einen Wermutstropfen hat die Katana allerdings in ihrer gesamten Laufzeit beibehalten, wie Frank offenbart: In all den Jahren, die wir mit der Katana verbracht haben, auf Reisen in ferne Länder als auch einfach nur zu den beliebten Katana-Treffen, wusste jeder: Ein bestimmtes Ersatzteil war obligatorisch mitzuführen. Eine selbstsichernde Mutter gehörte immer und bei allen dazu. Denn die Schraube am vorderen Ritzel 'nudelte' sich im Laufe der Zeit gerne ab, so dass die Kette während der Fahrt einfach absprang. Das wussten alle, nur nicht, warum das immer wieder passierte. Uns hat es nicht gestört.

Suzuki Katana Owners Club und Forum

Zunächst im kleinen Kreis fanden sie zusammen zu kleineren Treffen, die Katana-Owner, die sich oft dem hämischen Gespött anderer Motorradfahrer ausgesetzt sahen. Entweder haben sich die Leute nach der einzigartigen Fahrmaschine mit den markanten Gesichtszügen vor Begeisterung die Hälse verrenkt oder gleich daneben gekotzt..., berichten Markus und Frank, die Brüder Letzner, die damals auf Anhieb von der ganzen Optik und der Linienführung begeistert waren. Und ihren Kulteisen bis heute die absolute Treue halten.

Der bahnbrechenden Design- und Technologie-Philosophie der KATANA folgend fanden sich immer mehr Anhänger zu Treffen und diversen Interessengemeinschaften zusammen. Vor 20 Jahren, im Frühjahr 1987, startete das erste Katana-Treffen im Bayrischen Rohrdorf am Chiemsee, berichten Christian Schriefer und Michael Golz. Sie gehören ebenso dem Katana Owners Club und dessen Forum an. 1997 entstand der Club aus den Freundschaften zwischen verschiedenen Katana-Fahrern im Raum Ostwestfalen: Die Intention ist die Pflege der Suzuki Katana Motorräder der achtziger Jahre. Natürlich geht es aber auch um gemeinsame Aktivitäten innerhalb der Katana Szene. Der Club besteht zur Zeit aus 15 Mitgliedern, die inzwischen nicht mehr ausschließlich aus der Region kommen. Christian erläutert: Von Husum bis Reutlingen reichen heutzutage die Kontakte. Innerhalb von Deutschland. Das Jubiläum '20 Jahre Katana-Owners Club' feiern wir in diesem Jahr Mitte Juni beim Treffen in der Nähe von Landau in der Südpfalz. In den ersten Jahren - bis 2005 - fanden unsere Deutschlandtreffen sogar zweimal jährlich statt, immer im Frühjahr und dann nochmal im Herbst.

Die Jungs zeigen den Wanderpokal, den es seit 1987 immer für die schönste Katana gibt. Sie sind stolz darauf, dass die damals entstandenen Freundschaften teils heute noch bestehen, erzählen von den Kontakten aus ganz Europa, die bei den jährlichen EuroKat - Meetings gepflegt und aufgefrischt werden, von Vossy aus England, Alexandre aus Frankreich. Und den Japanern von 'Unicorn Japan' (s.u.): Von denen besucht uns in diesem Jahr auch eine kleine Abordnung. Die verfügen noch über jede Menge Originalteile der Katanas, auch von den kleinen 250er und 400er-Modellen, die es aber nur auf dem Asiatischen Markt gab. Dereinst hatte sich in Deutschland Berlin zu einer Hochburg der Katanas entwickelt. Katanas bereicherten von Beginn an auch Messen wie damals die IFMA - aber auch heute noch werden sie auf Clubständen präsentiert wie bei der Motorradmesse in Dortmund. Am Suzuki-Clubstand gehören die Katana-Modelle dort einfach dazu und überzeugen noch heute mit dieser bahnbrechenden Entwicklung im Motorraddesign vergangener Zeiten.

Suzuki Katana 1983 technische Daten

Suzuki GSX 750 S Katana
Baujahr1983
MotorVierzylinder-Viertakt-Reihe, DOHC, 4 Ventile, Fünfganggetriebe, Kette
Hubraum747 ccm
Leistung60 kW (82 PS) bei 9.200 U/min 66 Nm bei 8.500 U/min
Höchstgeschwindigkeit200 km/h
Radstand1.520 mm
Gewicht249 Kilo
Tankinhaltk.A.
Reifen v/h2,50 18/ 4,50 - 18
Preis 198310.000 DM
Autor
sabinewelte

SABINEWELTE

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