Retrobike 2018 Vergleich: Suzuki SV650X

Der fesche Cafe Racer mit quirligem V2

Es muss nicht immer jede Schraube radikal geändert werden, um ein gutes und glaubwürdiges Retrobike auf die Räder zu stellen - Suzuki macht es mit der neuen SV650X eindrucksvoll vor: Sitzbank im Old-School-Look, niedrige Lenker und eine dezente Lackierung im Stil vergangener Tage - fertig ist die SV650 im Retro-Stil. Ist sie aber auch die bessere SV?

Was ist nur los mit Suzuki, könnte man meinen. Während andere Hersteller für 2018 wieder eine Neuheiten-Flut über uns hereinbrechen ließen, bringt Suzuki nur Updates bekannter Modelle und eine neue Spielart der SV650, die sich im boomenden Retro-Segment etablieren will. Tja, klein aber fein würde ich den Umfang der Suzuki-Neuheiten für die heurige Saison bezeichnen, denn mit der SV650X schlagen die Japaner genau in die Kerbe, in die es zur Zeit zu schlagen gilt.

Behutsame Änderungen an der Suzuki SV650X mit großer Wirkung

Dabei mussten die Ingenieure gar nicht so viel an der bestehenden SV650 ändern, um diese fesche Version im Oldie-Style aufzubauen - ein vertretbarer Aufwand für einen mächtigen Auftritt. Mit der SV650 hat Suzuki ohnehin eine ausgezeichnete Basis für ein weiteres gutes Bike im Köcher, vor allem der quirlige V-Zweizylindermotor trägt enrom viel zum kräftigen und sportlichen Charakter bei. Man muss natürlich die Kirche im Dorf lassen, 645 Kubik Hubraum muten im Vergleich mit fast doppelt so großen Murln einiger Konkurrentinnen in unserem Retrobike 2018 Vergleich wie Triumph Thruxton 1200 R, BMW R nineT oder Ducati Scrambler 1100 fast schon herzig an - allerdings handelt es sich dabei um ein sehr strammes Herz.

Die Testcrew ist sich einig: Der V2-Motor ist ein Traum!

Mit 76 PS bei 8500 Touren und 64 Newtonmeter maximalem Drehmoment bei 8100 Umdrehungen ist die SV650X am Papier keine ernstzunehmende Konkurrenz für die großvolumigeren und stärkeren Retrobikes, in freier Wildbahn ist sie es hingegen schon. Vor allem, wenn die Kurven auf der Landstraße enger werden und die Radien handliche, kleine Maschinen bevorzugen. Dann schlägt die Stunde der SV650X, die viel weniger Arbeit und somit mehr Spaß als andere Cafe Racer macht. Lediglich Scrambler mit Supermoto-ähnlicher Sitzposition a la Ducati Scrambler 1100 können da mithalten und mit einer noch bequemeren Haltung aufwarten.

Beim Fahrwerk der Suzuki SV650X wurde der Rotstift angesetzt

Dafür schafft die SV650X mit ihrer vorderradorientierten Sitzposition mehr Gewicht auf die Front und bringt damit so richtiges Racebike-Feeling auf die kleine Suzuki. Doch gerade dann, wenn es guter Asphalt und weitere Radien erlauben würden, so richtig flott und präzise um die Ecken zu wetzen, wünschte man sich ein etwas strafferes Fahrwerk, das der Sitzposition angemessen sportlich ausgelegt wäre. Leider wurde genau da der Rotstift angesetzt, lediglich am hinteren Federbein ist die Federvorspannung 7-fach verstellbar, die vordere konventionelle Telegabel mit 41 Millimeter Durchmesser ist und bleibt ein zwar guter aber vielen vermutlich doch etwas zu braver Kompromiss zwischen Sport und Komfort.

Suzuki SV650X mit guten Bremsen und schlauen Elektronik-Features

Man merkt also schnell, dass die SV650X trotz der geschickten Neuausrichtung sehr viel mit ihrer Basis SV650 gemeinsam hat. Neben dem Chassis wird auch die Bremse übernommen, die Doppelscheibe samt Doppelkolbenzangen an der Front gehen sehr sanft und unaufgeregt, also alles andere als brachial ans Werk und das moderne Antiblockiersystem verhält sich gewohnt unauffällig, musste auf den trockenen Straßen nicht eingreifen. Ebenso besitzt die SV650X so wie ihre nackte Schwester zwei nette Gimmicks, die das Leben erleichtern: Zum einen hat sie ein sogenanntes "Easy Start System", also das Starten per einmaligem Antippen des Startknopfs. Wer das vergisst, startet einfach ganz normal, die SV650 springt ohnehin so schnell und tadellos an, wie man es von einer Japanerin erwartet. Zum anderen ist ein "Low RPM Assist" mit an Bord, der die Daten der TI-ISC (Throttelbody Integrated Idle Speed Control), also des Leerlaufdrehzahl-Kontrollsystems nutzt, um die Drehzahl beim Anfahren leicht anzuheben und somit ein mögliches Abwürgen unterbindet. Für erfahrene Piloten in der Regel nicht nötig, für Einsteiger aber gewiss eine große Hilfe.

Trotz niedriger Stummellenker bietet die Suzuki SV650X ein herrlich agiles Handling

Unerfahrenen oder kleineren Piloten kommt auch die vergleichsweise niedrige Sitzhöhe von nur 790 Millimeter entgegen, womit die SV650X lediglich 5 Millimeter höher ist als die nackte SV650. Der Hauptunterschied ist eben die geänderte Sitzposition mit den niedriger angebauten Lenkerenden, die diesen typischen Cafe Racer-Stil zelbrieren, ungleich vielen anderen Umbauten die SV650X dadurch aber nicht viel unhandlicher machen. Vielmehr haben es die Ingenieure geschafft, der SV650X trotz der vorderradorientierten Auslegung ein sehr agiles Handling mit auf den Weg zu geben. Mir persönlich sagt vor allem der Winkel, in dem die Griffe an der Gabel montiert sind, ausgezeichnet zu - da ist abgesehen von der tieferen Montage nicht viel um zur normalen SV 650 mit ihrem ebenfalls nicht allzu breiten Lenker. Der schmale 160er-HInterreifen und die, dank niedrigem Hubraum vergleichsweise geringen oszilierenden Massen des Motors geben ihr sozusagen den Rest und machen die SV650X zum wahren Handlingwunder unter den vielen Cafe Racern.

Die Suzuki SV650X ist eine der günstigsten Möglichkeiten, modernes Retro zu fahren!

Bleibt schließlich noch das Design, das insgesamt sehr stimmig wirkt und Fans des unaufgeregten Stils ansprechen dürfte - unserem schrillen NastyNils hat sie jedenfalls zu wenig Lametta. Auch hier zeigt sich, dass es nicht vieler Änderungen bedarf, um eine völlig andere, aber trotzdem gelungene Erscheinung zu kreieren. Eine etwas größere Verschalung rund um den Scheinewerfer, eine hübsche Zweifarb-Lackierung mit sportlich rotem Zierstreifen, dezente Seitenverkleidungen am Tank und ein herrlich gerippter Sattel, der den Retro-Stil wie den Nagel auf den Kopf trifft - fertig ist der moderne und vergleichsweise günstige Oldie. Falls daher noch etwas Kohle übrig ist, sollte man sie vermutlich am besten in einen anderen, nicht so beliebigen Endtopf (wie die gesamte Testcrew befand) investiert - nur als kleiner Tipp angemerkt...

Was kosten die Maschinen, die beim Retrobike 2018 Vergleich dabei waren?

Hier findet ihr eine aktuelle Preisübersicht aller Modelle, die bei unserem Test dabei waren.

Retrobike 2018 Vergleich Preise Österreich

Retrobike 2018 Vergleich Preise Deutschland

Retrobike 2018 Vergleich Preise Schweiz

Das war die Testcrew des Retrobike 2018 Vergleichs:

Neben Firmengründer und Zeremonienmeister NastyNils waren auch die "alten Hasen" Zonko und Vauli sowie der Horvath als tatkräftige Unterstützung mit von der Partie. Als Neuzugang bei 1000PS durfte sich Juliane gleich einmal mit dem hohen Arbeitstakt (8 Bikes an einem Tag) anfreunden - und erledigte ihre Arbeit mit Bravour. Als Gaststarter war diesmal der Viechdoktor Thomas Enders mit dabei, der als Hobbyracer und Besitzer (unter anderem) einer Yamaha XSR900 prädestiniert war, unsere 8 Bikes zu fahren und zu bewerten.

Fazit: Suzuki SV650X 2018

Retro liegt voll im Trend, Retro ist cool. Das haben auch die Leute bei Suzuki erkannt, die zwar für 2018 nicht viele Neuheiten auf den Markt werfen, dafür eine richtig fesche - die SV650X. Es musste nicht viel geändert werden, um sie dennoch in die Riege der modernen Cafe Racer einzuordnen: Scheinwerferverkleidung, Lackierung, Seitenverkleidungen, Sattel und niedrige Lenkerenden reichen für das tolle Ergebnis. Vor allem die vorderradorientierte Sitzposition steht ihr gut, macht sie aber nicht erheblich unbequemer. Das Fahrwerk ist zwar nur hinten in der Federvorspannung verstellbar, dafür ist der quirlige Motor eine Wucht und der Preis stimmt.


  • agiler, quirliger und charismatischer V2-Motor
  • einfaches Handling, trotz niedriger Lenker leicht zu fahren
  • angenehme Sitzposition mit niedriger Sattelhöhe
  • gelungene Getriebeabstufung
  • niedriges Gewicht
  • unauffälliger Auftritt
  • Auspuffoptik
  • Telegabel zu weich
  • keine Antihopping-Kupplung

Bericht vom 04.05.2018 | 83.297 Aufrufe

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