KTM 1050 Adventure vs. Suzuki V-Strom 1000

Der Einstieg in die Oberliga

Suzuki brachte die V-Strom 1000 als neues Top-Modell des hauseigenen Reiseenduro-Sortiments, KTM positioniert die brandneue 1050 Adventure hingegen als Basismodell der Adventure-Reihe. Zwei völlig konträre Ausgangssituationen und dennoch viele Gemeinsamkeiten, wie der 1000PS-Vergleichstest zeigt.

Dass bei der technologischen Weiterentwicklung von Motorrädern offensichtlich noch lange kein Ende in Sicht ist, merkt man in der heurigen Saison 2015 besonders stark: Superbikes mit über 200 PS und Elektronik aus den WM-Maschinen lassen erahnen, dass die Ingenieure ein "Jetzt reicht´s dann aber" bestimmt nicht gelten lassen. Selbst vermeintlich gemütliche Reiseenduros kommen nun mit sagenhaften 160 PS und Elektronik-Paketen daher, die vor wenigen Jahren noch nicht einmal in Luxusautos verbaut wurden.

Doch gerade in solch fetten Jahren stellt sich die Frage: Wie viel Motorrad braucht man eigentlich? Suzuki wagte mit der neuen V-Strom1000 einen erstaunlichen (Rück-)Schritt, mit lediglich 100 PS bei 8000 Touren war die Japanerin weit davon entfernt, der immer stärker werdenden Konkurrenz die Stirn bieten zu können. Stattdessen lockte sie mit dem besten Preis in der Klasse der großen Reiseenduros - und sie lockte gut, die ausgezeichneten Verkaufszahlen gaben und geben Suzuki durchaus Recht.

Natürlich blieb dieser Erfolg auch vor der Konkurrenz nicht verborgen und so entschloß sich KTM, der V-Strom 1000 mit der 1050 Adventure ordentlich Druck zu machen. Ihr Vorteil ist, dass sie von den großen 1190er- und sogar 1290er-Schwestern abstammt, deren Prestige natürlich auch auf die "kleine"1050 abfärbt. Wäre nicht der fette 1050-Schriftzug, könnte es auch eine 1190er sein. Allerdings muss man sich für die 1050 Adventure keineswegs genieren, die sportliche Performance steht auch bei ihr im Vordergrund und macht das Einstiegsmodell zur ernsthaften Alternative.

Vaulis Meinung zu KTM 1050 Adventure und Suzuki V-Strom 1000:

Da ich die Suzuki V-Strom 1000 bereits im Vorjahr als treue Dauertesterin fuhr, weiß ich, wie gut sie funktioniert und wie wenig Tuning notwendig ist, damit sie ausgezeichnet funktioniert. Eigentlich ist es nur das etwas größere Windschild und schon kann man auf Reisen gehen. Mit der KTM 1050 Adventure steht nun aber plötzlich eine weitere unkomplizierte und vergleichsweise günstige Reiseenduro am Start, die mit ihrem sportlicheren Charakter noch mehr zu den viel stärkeren Konkurrentinnen aufschließen kann.

Dass sie mit 95 PS nochmals 5 PS wengier als die Suzuki hat, spürt man keineswegs, bis 6000 Touren benimmt sie sich sogar eher wie ihre 150 PS starke Schwester 1190 Adventure, erst dann flaut die Euphorie des Motors rapide ab. Immerhin kann sich auch das Drehmoment von 107 Newtonmeter bei knapp unter 6000 Touren sehen lassen. Da punktet die V-Strom aber fast noch mehr, ihre 103 Newtonmeter liegen bereits bei 4000 Umdrehungen an und sorgen für eine noch ausgeprägtere Souveränität. Im Drehzahlkeller macht die Österreicherin nämlich keine so gute Figur wie die Japanerin. Dazu passt auch die restliche Performance der V-Strom: Stabil, sicher und mit einer bequemen Sitzposition, die auch auf weiten Strecken Freude macht.

Die KTM hingegen zelebriert den Spaß am Motorradfahren, mit 16 Kilo weniger Gewicht und ihrer aktiveren Sitzposition geht sie weitaus agiler um die Ecken und benimmt sich auf Wunsch fast wie eine Supermoto. Natürlich kann man auch mit ihr ganz gemütlich auf große Reisen gehen, wenn auch nicht so bequem wie mit der Suzuki.

Bei der Elektronik profitiert die KTM 1050 Adventure von ihrem Stammbaum: Einstell- und abschaltbare Traktionskontrolle, verschiedene Leistungsmodi und ein abschaltbares ABS sind für eine Basisversion nicht übel, da kann die Suzuki nicht ganz mithalten. Allerdings hat auch sie eine einstellbare Traktionskontrolle und ABS serienmäßig mit an Bord. Bei den Bremsen schenken sich die beiden überhaupt nicht viel, sowohl bei der Suzuki als auch bei der KTM können mit sehr wenig Handkraft hohe Bremsleistungen erzeugt werden, die Dosierbarkeit ist bei beiden tadellos.

Insgesamt würde ich als Freund der sportlichen Gangart die KTM wählen, beim "Downsizing" ist erstaunlich viel von den größeren Schwestern übrig geblieben und weitere Strecken sind dank der langen Federwege auch kein Martyrium. Die Suzuki bleibt aber immer noch das günstigste Angebot ihrer Klasse, das mit den typischen japanischen Tugenden wie Zuverlässigkeit und Unkompliziertheit lockt - und sie lockt bekanntlich gut...

K.OTs Meinung zu KTM 1050 Adventure und Suzuki V-Strom 1000:

Als die V-Strom 1000 ABS mit nur 100 PS präsentiert wurde, waren viele enttäuscht. Als die KTM 1050 Adventure mit nur 95 PS kam, auch. Aber anders. Bei der Kanten war klar,dass es sich um eine abgespeckte Version der beiden größeren Schwestern 1190 und 1290 handelte, die mit elektronischem Großrechner an Board auf gut Deutsch alle Stückeln spielen. Die Suzuki war eine echte Überraschung. Als die Großmächte der Zweiradbranche gerade dabei waren, sich mit schier endloser Leistungsaufrüstung ihrer Bigenduros gegenseitig niederzuringen, trat plötzlich Suzuki mit der stillgelegten V-Strom 1000 selbstbewusst zwischen die Fronten und versetzte die Kriegstreiber kurzzeitig in Schockstarre. War das Absicht, das mit den 100 PS? Ja, genauso wie es Absicht war, 103 Nm bei nur 4000 Touren abzuliefern. Suzuki erinnerte an etwas, das einige schon vergessen hatten: Nutzbare Leistung. Dazu ein ordentliches Fahrwerk, viel Komfort, eine durchdachte Ergonomie und abschaltbares ABS wie dreistufige Traktionskontrolle (die auch auf Schotter gut funktioniert) serienmäßig. Ein bisschen Zubehör und in 80 Tagen um die Welt wird zum Klacks.

KTM wählte einen anderen Zugang. Sie ist eigentlich die neue alte Adventure. 1190er und 1290er sind schon dermaßen over-the-top, dass die 1050er klein und schmächtig wirkt, was sie ganz und gar nicht ist. Man muss sich ohnehin fragen, wie es soweit kommen konnte, dass uns 95 performanceorientierte PS aus einem V2 in einer Bigenduro mit Rallye-Chassis und nur 212 kg vollgetankt (zu) wenig vorkommen. Auch die hat ein ABS und eine mehrstufige Traktionskontrolle an Board, sie ist aber wesentlich sportlicher ausgerichtet, als die V-Strom. Sofort habe ich das Gefühl, gegen die Zeit zu fahren, wenn ich mich mit der Österreicherin vermähle. Die Entspannung im Sattel der V-Strom ist sofort wie weggeblasen, alles passiert viel direkter, man spürt kleinste Informationsfunken von Reifen (Metzeler Tourance Next), Fahrwerk, Rahmen, Bremse, Lenker…und macht sich sofort auf die Suche nach dem Grenzbereich. Die KTM reizt ihren Fahrer und schenkt ihm gleichzeitig extrem viel Selbstvertrauen. Schon provoziert man die ersten Hinterradrutscher. Am Asphalt sind die Unterschiede noch marginal, am Schotter fährt die KTM der Suzuki aber locker davon. Weltreisen geht mit beiden, das Erlebnis ist aber ein gänzlich anderes und richtet sich nach den persönlichen Präferenzen. Der eine genießt mehr, der andere gast mehr. Und genießt auch.

Fazit: Suzuki V-Strom 1000 2015

Im Großenduro-Segment belegt die Suzuki V-Strom 1000 die Position des günstigsten Angebots, bei dem man dennoch auf nichts verzichten muss - sogar eine Traktionskontrolle und ABS sind serienmäßig mit dabei. Ausgezeichnete Bremsen, toller Komfort und ein herrlich antrittsstarker V-Zweizylindermotor sind Zutaten, die fast jedem schmecken dürften. Dass sie mit 100 PS nicht in der Oberliga mitspielt, wird durch die herrliche Kraftentfaltung wettgemacht, die auf weiten Reisen für ein entspanntes Klima sorgt. Lediglich der Windschutz ist mit der originalen Scheibe nicht optimal, da sollte man in den erschwinglichen, etwas größeren Windschutz investieren.


  • durchzugsstarker Motor
  • Traktionskontrolle serienmäßig
  • sehr gute Bremsen
  • straffes und gleichzeitig komfortables Fahrwerk
  • hohe Reisetauglichkeit
  • komplette Armaturen
  • Windschutz sorgt für Verwirbelungen am Kopf
  • dem Motor geht im oberen Drehzahlbereich die Puste aus, beliebige Optik

Fazit: KTM 1050 Adventure 2015

Die "kleine" Adventure knüpft dort an, wo die 990er-Adventure vor einigen Jahren aufgehört hat: 95 PS Leistung, ein spielerisches Handling und so viel bzw. wenig Elektronik wie gerade State-of-the-Art ist. Der Motor ist nämlich alles andere als schwachbrüstig, ABS und Traktionskontrolle regeln sicher und unauffällig und das Fahrverhalten ist unter anderem wegen der relativ schmalen Bereifung extrem spaßorientiert. Und das alles zu einem Preis, der in der Liga der großen Reiseenduros nur von wenigen Konkurrenten unterboten wird. So traurig es nämlich auch ist, die beiden 1190er-Adventures und vor allem das Flaggschiff 1290 Super Adventure sind beim Preis in empfindlich hohe Sphären entschwebt. Und genau deshalb ist die KTM 1050 Adventure vielleicht sogar das stimmigste der vier Adventure-Modelle.


  • kräftiger, kultivierter Motor
  • : abschaltbares ABS
  • einstellbare Traktionskontrolle
  • agiles Handling
  • verstellbare Ergonomie
  • prestigeträchtige, den großen Schwestern ähnelnde Optik
  • höhenverstellbares Windschild
  • niedriges Gewicht
  • günstiger Preis
  • Drehzahlbegrenzer schreitet bereits bei 8500 Touren ein
  • Winschutz nicht ganz optimal

Bericht vom 03.06.2015 | 24.426 Aufrufe

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