Aprilia Caponord 1200 Rally Test 2015

Das neue Caponord 1200-Topmodell "Rally" im Offroad-Look

Aprilias Caponord 1200 und Caponord 1200 Travel Pack bekommen eine willkommene Verstärkung: die Caponord 1200 Rally macht ihrem Namen nicht nur optisch alle Ehre. Alu-Kofferset, Motorschutz, Sturzbügel, LED-Zusatzscheinwerfer und ein Speichen-Felgensatz, der Ästheten dahin schmelzen lässt!

Vielen von uns wird es gar nicht auffallen, der Name eines Motorrades ist aber auch zu einem gewissen Anteil für den Kauf des jeweiligen Modells verantwortlich. Besonders kryptische Kürzel haben da natürlich weniger Chancen als gut klingende Namen. Bei den Reiseenduros darf es daher auch mal ein bisserl verwegener klingen: Super, Multi, Explorer und Adventure sind da nur einige wohlklingende Zusätze, die den mehr oder weniger ausgeprägten Fähigkeiten der Maschine Ausdruck verleihen sollen. Auch der Name Caponord, also Nordkapp auf italienisch klingt äußerst verwegen - allerdings wird hoffentlich niemand versuchen, mit der 17 Zoll-Straßenbereifung dorthin zu fahren.

Am ehesten würde man es aber mit dem neuesten Mitglied der Capo-Familie schafften, der Aprilia Caponord 1200 Rally. Nicht nur der fesche schwarze Unterfahrschutz, die Sturzbügel an der Seite und der stabil wirkende Alu-Koffersatz deuten auf die etwas robustere Auslegung hin, sondern auch besonders fesche Speichenfelgen, vorne sogar in 19 Zoll-Ausführung suggerieren Geländetauglichkeit. Die Bereitung an sich müsste dafür allerdings geändert werden, der hintere 17-Zöller mit 170 Millimeter Breite ist nach wie vor eher auf der Straße daheim und auch die Dimension des Vorderreifens, 120/70-19 sorgt eher für gute Performance auf befestigten Wegen als auf losem Untergrund. Aber schon alleine die Optik des größeren Vorderrades mit den herrlichen, außen gespeichten Felgen gibt der Rally einen betörenden Touch von Abenteuer und macht sie zu Recht zum Topmodell der Caponord-Familie.

Das dynamische Fahrwerk ADD schluckt einfach alles

Die Optik alleine ist es allerdings nicht, auch die Fahreindrücke passen bei der Caponord 1200 Rally ausgezeichnet. Das liegt zum einen an der, bereits erwähnten straßenorientierten Bereifung, die der Rally ein sehr harmonisches, einfaches Handling ohne Allüren beschert, zum anderen an einem sehr ausgeklügelten Elektonik-Feature, das auf der Caponord 1200 Rally serienmäßig verbaut ist, das dynamische Fahrwerk ADD (Aprilia Dynamic Damping). Aprilia legt großen Wert darauf, zu erwähnen, dass es sich dabei nicht um ein semi-aktives Fahrwerk sondern um ein aktives Fahrwerk handelt, das den Untergrund noch besser "lesen" kann und die Dämpfung somit blitzschnell auf die Fahrbahn abstimmt. Die Funktion mit den vielen Sensoren und Potentiometern scheint zwar äußerst kompliziert, das Ergebnis kann sich aber durchaus sehen, oder besser spüren lassen.

Der Computer berechnet permanent den Beladungszustand

Ist das Fahrwerk auf guten, befestigten Straßen nämlich noch sehr komfortabel und Fahrern, die es gerne auch mal härter mögen, sogar etwas zu weich, werden auf schlechten Wegen die Schlaglöcher so gut weggefedert, dass man sie kaum noch spürt. Jedenfalls fuhren wir auf einer Rüttelpiste, die wir mit normaler Federung und Dämpfung vermutlich nicht einmal mit halber Geschwindigkeit hätten fahren können, ohne, dass uns dabei der Lenker verschlägt und wir die Hälfte unseres Gebisses einbüßen. Eine eindrucksvolle Show. Dass es abgesehen von der einstellbaren Federvorspannung (Fahrer, Fahrer mit Gepäck, Fahrer mit Beifahrer, Fahrer mit Beifahrer und Gepäck und schließlich auch noch vollautomatisch - es wird ständig der Beladungszustand berechnet) keine Möglichkeit gibt, das Fahrwerk etwa hart oder weich einzustellen, könnte, wie schon erwähnt, die Fans der ganz harten Fahrwerke stören, auf die Rennstrecke wird man mit einer Caponord 1200 Rally aber ohnehin nicht oft fahren.

Der V2-Sound läuft über den Rücken direkt ins Herz

Auch beim Motor kommt eine Menge Elektronik wie eine dreistufige Traktionskontrolle, Ride-by-Wire und daraus resultierend Leistungsmodi zum Einsatz, die in drei Stufen T für Touring, S für Sport und R für Rain die Kraft des Motors bändigen. Wobei 125 PS bei 8000 Touren und 117 Newtonmeter Drehmoment bei 6800 Umdrehungen in Zeiten von bis zu 160 PS und 140 Newtonmeter auf Reiseenduros nicht mehr wirklich stark beeindrucken. Dafür punktet das 1197 Kubik große 90°-V2-Triebwerk mit etwas ganz anderem: Der Sound geht über die Ohren, den Rücken rauf und runter direkt ins Herz. Wer dieses herrliche V2-Bollern nicht mag, der mag wohl allgemein keine V2-Motoren, alle anderen werden von dem heiseren Klang verzaubert. Einzig dieses ganz kurze Zwitschern zwischen 3000 und 4000 Touren konnten uns nicht einmal die Techniker erklären, allzu störend ist es aber ohnehin nicht.

Breitere Scheibe = besserer Wind- und Wetterschutz

Fahrwerk, Optik und Motor passen also ausgezeichnet zu dieser Reise-Enduro, die sich den Beinamen Rally gönnt, und auch die Ergonomie kann im Wesentlichen voll punkten. Das wiederum liegt vor allem am vergrößerten Windschild, das im oberen Bereich spürbar verbreitert wurde und somit einen richtig guten Windschutz bietet. In unserem Fall war es vor allem ein guter Wetter- und Regenschutz, der selbst größeren Piloten ausreichend Schutz bietet. Somit kann der Fahrer angenehm aufrecht auf der Caponord 1200 Rally thronen und ganz bequem den breiten Lenker erreichen.

Weite Reisen oder kurze Touren - die Capo kann alles

So wie bei der schon gut ausgestatteten Caponord 1200 Travel Pack gehört auch bei der noch besser ausgestatteten Rally serienmäßig ein Tempomat zum Umfang. Leicht mit nur einem Knopf am rechten Lenker zu aktivieren, macht er langweilige Autobahnetappen erträglicher. Denn für die Aprilia Caponord 1200 Rally sind dank der vollen Ausstattung samt Koffersystem mit je 33 Liter Fassungsvermögen weder weite Reisen noch flotte Tagestouren ein Problem. Und selbst wenn man mal in die Dämmerung kommt, helfen die serienmäßigen LED-Zusatzscheinwerfer, gute Sicht zu bewahren.

Schließlich funktioniert auch die Bremse mit abschaltbarem ABS ausgezeichnet. Freut man sich im Trockenen noch über die gute Dosierbarkeit der vorderen 320er-Doppelscheiben mit Brembo-Monobloc-Vierkolbenzangen und vermutet daraus folgernd auf Nässe ein angenehmes Benehmen, stellt man dann bei strömendem Regen tatsächlich fest, dass ein sanftes Ansprechen für eine stressfreie Bedienung unerlässlich ist. Und genau das kann die Caponord 1200 Rally ausgezeichnet Spaß machen, ohne zu überfordern.

Fazit: Aprilia Caponord 1200 Rally 2015

Die Aprilia Caponord 1200 Rally tritt unübersehbar als Topmodell der Capo-Reihe auf den Plan: Edles Kofferset, Sturzbügel, Motorschutz, LED-Zusatzscheinwerfer und ein extravaganter Speichenfelgen-Satz schmeicheln dem Auge ungemein. In Sachen Performance ist die Rally mit Traktionskontrolle, ABS und Temopomat nicht weit weg von ihrer „normalen“ Travel Pack-Schwester. Und auch der Motor ist und bleibt mit seinen 125 PS ein kräftiger Geselle, der vor allem durch seinen kernigen V2-Sound und den guten Durchzug betört. Das komfortable Fahrwerk muss man mögen - während die Fans der brettharten Liga die Nase rümpfen werden, erfreuen sich alle anderen am genialen aktiven Fahrwerk, das selbst die gröbsten Schläge ausbügelt. Offroad-Einsätzen steht eigentlich nur die Straßenbereifung im Weg, das vordere 19 Zoll-Rad würde mit anderer Bereifung gewiss auch den einen oder anderen Geländeausflug gerne mitmachen.


  • Kräftiger V2-Motor mit herrlichem Sound
  • sehr sensibles und komfortables Fahrwerk
  • großes Windschild
  • angenehme Sitzposition
  • Traktionskontrolle und ABS serienmäßig und abschaltbar
  • Leistungsmodi
  • Tempomat
  • LED-Zusatzscheinwerfer
  • Alu-Kofferset
  • Fahrwerk wirkt auf guten Straßen etwas weich
  • Motor hat ein leises "Zwitschern" zwischen 3000 und 4000 Touren

Bericht vom 25.02.2015 | 27.943 Aufrufe

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