Kawasaki KX 250F

1000PS testet als eine der Ersten die neue kleine Eingespritzte im Hochofen von Mailand.
Kawasaki KX 250F

An kleinen grünen Spritzer, bitte!

 
Ich war der Erste am Buffet und der Letzte auf der Strecke. Viele Liter Schweiß tränkten meine Klamotten und brachten damit mein Gepäck ans Gewichtslimit am Check In. Die WM Strecke von Gallarate (ITA) kostete Blasen an den Händen und Bremsspuren in der Boxershort. Aber die Mühe hat sich gelohnt. Am Vorabend wurde mir in der Pressekonferenz schon mal der Mund ordentlich wässrig gemacht. Und das beruht nicht auf der Tatsache, dass dahinter schon das Buffet aufgebaut war. Die Kawasaki KX 250F sieht zwar auf den ersten Blick nicht viel anders aus als letztes Jahr, doch unter dem grünen Kleid blieb kein Stein auf dem anderen.

Optik gleich, ansonsten alles neu.


Grundlegend wurden die 2 wesentlichsten Baugruppen fast schon revolutioniert. Die erste betrifft den Motor, der nun auch per Einspritzung befeuert wird. Andererseits verbaute Kawasaki nicht nur eine neue Schwinge und einen neuen Hinterradstoßdämpfer um bessere Traktion zu erhalten, sondern setzt als erster Hersteller eine SFF-Gabel von Showa ein. SFF steht für Separate Function Front Fork. Einfach ausgedrückt, der linke Gabelholm enthält die Dämpfer Baugruppe und im rechten Holm steckt die Feder. Dies bietet einen Gewichtsvorteil, und weniger Reibung. Aber das wesentliche für den Fahrer ist die weit einfachere Einstellung der einzelnen Eigenschaften an der Gabeloberseite. Rechts wird der Rebound als auch Vorspannung eingestellt, und links die Compression. Das geht bequem und schnell.

Mit der KX250-F verbaut Kawasaki einen der leisesten Auspuffanlagen die ich je an einer Kawasaki Motocross in den letzten Jahren gehört habe. Bislang waren die Kawas ja die lautesten. Doch mit den neuen Geräuschlimits der FIM kam man zur Einsicht, dass ein humaneres Rohr auch reicht um schnell zu sein.

Während der Geräuschpegel verringert wurde, wurde die Leistung angehoben und zwar im ganzen Drehzahlbereich. Dies war aber nicht so einfach. Der leisere Auspuff absorbiert nicht nur Lärm sondern auch Leistung. So haben die Techniker tief in die Trickkiste gegriffen und an vielen kleinen Rädchen gedreht um wieder mit einem Leistungsplus am Abend beruhigt nach Hause gehen zu können. Erreicht wurde das durch eine höhere Verdichtung, einem bereits im Werksteam erprobten Bridget-box Kolben und der Änderungen an der Einspritzung.

 
Einstellmöglichkeiten gibt's nun mit der FI ja genug. Kawasaki bietet hier gleich den passenden Calibration Kit an. Damit kann man in einem für das Motorrad verträglichen Bereich sämtliche Parameter verstellen, und an die jeweilige Strecke oder an den Fahrer anpassen. Die Stecker hierzu finden sich hinter der vorderen Numberplate.

Leiserer Topf und trotzdem mehr Leistung.


Zur Kontrolle ob man auch genug am Gas zieht, zeichnet die Software auch Zeiträume bis zu 6h auf. Da gibt's keine Ausreden mehr im Fahrerlager! Eine Kontrollleuchte gibt's gegen Aufpreis. Wenn etwas nicht passt, warnt die Lampe vor eventuellen Schäden die man dem Motorrad zufügen könnte. Weiters neu ein Tank mit 7,2L Inhalt, neue Sitzbank, Motoraufhängung und hinterer Bremsscheibenschutz. Als Zubehör gibt's auch noch 3 verschiedene Schwungmassen für die neuen Kawa, das find ich besonders toll wenn man das Motorrad auch ein wenig abseits der MX Strecken bewegen möchte und die Leistung smoother abgegeben werden sollte. Neu ist auch die Kettenführung. Zeichnete sich diese im Vorjahr durch sehr hohen Verschleiß aus, wurde die Haltbarkeit ums 2 1/2fache verlängert.
 


Mit der Hoteleigenen Limousine erfolgte die Anreise zur Strecke. Beim Eintreffen lief noch die Bewässerungsanlage. Also nix wie rein in die Sonntagspanier und hin zu den Bikes. Kawasaki bot mit der Strecke in Gallarate eine super faire Strecke an auf der jegliche Schwachstellen sofort zum Vorschein treten. Eine Hartbodenstrecke die zwar gut in Schuss war, aber dennoch in der Brems- und Beschleunigungszone die nötigen Unebenheiten aufwies, wie man es halt im Rennfahreralltag so gewohnt ist. Zu Beginn nass und schmierig, am Ende des Tages knüppelhart und rutschig, dazwischen super Grip.

Es war an diesem Tag heiß - so richtig heiß - und wir hatten 7 Sitzungen a' 20 min zur Verfügung. Also genug Zeit um der Kawa auf den Zahn zu fühlen. Sie springt schon mal super an. Damit hat sie schon mal bei mir einen Pluspunkt. Tritt man zu lasch hinunter kann es schon mal 3 Kicks benötigen damit der Motor läuft, doch ordentlich durchgezogen läuft sie beim ersten Mal, egal ob kalt oder heiß. Sehr gespannt war ich natürlich auf die neue Gabel. Wer Wunder erwartet den muss ich an dieser Stelle enttäuschen. Sie fühlt sich nicht anders an als herkömmliche Systeme. Generell ist die Kawa in Europa von der Grundeinstellung eher auf der weichen Seite unterwegs. Doch wo die Gabel überrascht ist, wie sensibel die auf wenige Klicks reagiert. Die Gabel war zu Beginn des Federwegs etwas steif und nicht sehr feinfühlig. Auch kamen bei mittlerer Belastung etwas Schläge durch, die geringfügig Nervosität in den Lenker brachte. Ein großer Vorteil ist aber die unkomplizierte und schnelle Verstellmöglichkeit an der Gabel, somit kann man schnell und einfach das Setting auf sich und die Strecke abstimmen.

Das Federbein hingegen arbeitet super progressiv. Auch wenn man mal bei den Step up's zu kurz war, blieb das Heck am Boden und hatte keine Tendenz zum Kicken. Kawasaki hatte Tests durchgeführt bei denen  in der Rundenzeit markante Unterschiede in den Zeiten zum Vorjahresmodell feststellten ließen. Dies ist einerseits auf die neue Schwinge, Umlenkung und Enddämpfer Einheit zurückzuführen. Andererseits wurde das Getriebe neu angepasst. Zum Getriebe muss man sagen, dass dies hervorragend zum Motor passt. Die 5 Gänge haben

alle einen tollen Anschluss und der Motor zieht jeden Gang von Anfang bis Ende gleichmäßig und potent durch.

Der Motor fühlt sich unheimlich linear an, hängt aber durch die Einspritzung sehr direkt am Gas, darauf muss man sich einstellen. Auf griffigen Böden genial, auf harten Böden mit Staubschicht ist aber Vorsicht geboten. Das Kraftwerk passt schon, wie erwähnt, perfekt zum 5 Gang Getriebe - lediglich oben raus wirkt der Motor etwas gebremst. Dies ist vermutlich auf den neuen Auspuff zurückzuführen der ihr ein wenig an Spritzigkeit im oberen Drittel nimmt. Dazu hat Kawa aber den passenden Akrapovic schon im Regal. Beim langen bergauf Stepups, wo der 5. Gang richtig gewimmert hat, war dennoch genug Leistung da.
   
War schön -  bleibt schön. Kleiner Stecker verrät die neue Spritversorgung.
Kawas neues System für die Gabel.
 
Ergonomisch ist die Kawasaki ideal für mittlere Körpergrößen ausgelegt, die neue Sitzbank bietet einen super Grip, ist zwar immer noch auf der weichen Seite, doch schon etwas härter als das Sofa vom Vorjahr. Generell ist das Fahrwerk sehr neutral, es fällt leicht die gewünschte Spur zu fahren, fällt schön in die Anlieger und gibt von Beginn an viel Vertrauen. Die vordere Bremse wirkte ein wenig schwammig.

Fahrwerk schafft Vertrauen.


Nach mehreren Umläufen habe ich die Gabel um 8 Klicks, das Federbein um 4 Klicks zugedreht. Damit ist die Kawasaki bei meinem Nettogewicht von 77kg zwar noch immer auf der weichen Seite gelegen, dadurch war etwas mehr Ruhe im Fahrwerk wenn es mal ins Flache ging. Top ist auch die Traktion welche die Kawasaki beim Beschleunigen aufbaut. Gewöhnen muss man sich an die Direktheit der Gasannahme. Wem diese auf rutschigen Untergrund zu direkt ist, kann mit dem Calibration Kit die Einspritzung so ändern, dass sie im unteren Bereich sanfter zu Werke geht.

 
 

Ich muss gestehen ich hatte nach dem Mittagessen einen leichten Motivationseinbruch. Die Kawa Leute riefen schon, dass die Bikes wieder bereit wären. Doch je länger der Tag dauerte, desto mehr machte die Kawasaki Spaß. Ich fühlte mich schon nach wenigen Runden wohl auf Ihr, aber gegen Abend wurde der Spaß immer größer. Als ich als letzter abgewunken wurde, war ich trotz der Blasen und der Hitze wehmütig als ich die KX wieder in die Hände der Kawa Crew abgab.

Die KX 250 F besticht durch jede Menge technischer Neuerungen, revolutionärer Gabel und einigen super Goodies aus dem Zubehörkatalog. Der Motor läuft sehr linear und kräftig, die Einspritzung und Getriebe passen. Der Auspuff ist endlich leiser, auch wenn er etwas am Punch im oberen Bereich nimmt. Das Fahrwerk braucht ein wenig Feintuning um zu überzeugen. Die Basis stimmt um an der Spitze der MX2 mitkämpfen zu können. Verfügbar ist die neue KX ab Ende August/Anfang September, der Preis steht noch nicht fest. 

 


 

Text: edi-e
Fotos:edi-e, kawa

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Bericht vom 06.07.2010 | 14.564 Aufrufe

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