Endurowandern 1

Straßenfahrer kot im Eckl Enduro Arbeitslager in Nagycenk. Dreckig.

Eckl Enduro Perfection

Der Blick in den Abgrund. Stell dich deinen Ängsten, stürz dich hinab und du bist am Gipfel der Gefühle.

 

Nils hatte mein Gerede vom gemütlichen Endurowandern endgültig satt. Ich musste endlich am eigenen Leib erfahren, daß Enduro nichts mit Gemütlichkeit zu tun hat. Überzeugungsarbeit sollte das Eckl Enduro Training am 31. März leisten, mein Arbeitsgerät hieß KTM EXC-F 250. Ja, die hat einen E-Starter. Man muss es sich schliesslich nicht schwerer machen als unbedingt notwendig.

Abfahrt 8.00 Uhr von der Avia Tankstelle bei der ehemaligen Zuckerfabrik. Natürlich wollte ich mich nicht ohne einen Buddy ins Offroad-Verderben stürzen, deshalb begleitete mich Arlo, der passenderweise gleich meine Kanten auf seinem Anhänger transportierte. Eine halbe Stunde später waren wir auch schon am Ziel, Nagycenk liegt nur 33 Kilometer von meiner Heimat Eisenstadt und 80 Kilometer von Wien entfernt. Also auch für Kurzentschlossene aus dem Osten problemlos zu erreichen.

Auf der Parkplatz-Wiese vor dem Endurogelände in Nagycenk erinnerte mich Vieles an eine Übung beim Bundesheer:  Man ist in einem fremden Wald. Es ist kalt. Man fühlt sich unwohl. Und man wird bald im Dreck liegen. Der oberste Befehlshaber dieser Übung hieß Matthias Vetiska. Hätte er für seine Teilnahmen an Endurorennen im In- und Ausland Auszeichnungen bekommen, wäre er ein hoch dekorierter Offizier. Er war schon auf jedem Schlachtfeld und bereit, uns zu schleifen.

 

kots Arbeitsgerät KTM EXC-F 250, vom übermütigen Arlo schon vorab getestet. "Hab auf dem Gerät echte Komplexe bekommen. War auf meiner eigenen Endurostrecke im Wald vom Papa um keine Sekunde langsamer als mit meinem 300er Zweitakter. Es war noch dazu weniger anstrengend. Und auf der Geraden zeigte der Tacho am Schluss 150." Seine proletuiden Stunts mußte er dann natürlich auch gleich mit der 250er vorzeigen.

Ganz wichtig für einen anstrengenden Tag im Gelände: Die richtige Ausrüstung und die richtige Verpflegung.
Die Fotos oben zeigen, wie man's nicht machen sollte.

 

Der Vormittag wurde ausschliesslich "Trockenübungen" gewidmet. Anfangs wurden die Grundlagen wie das Fahren im Stehen und im Sitzen, die richtige Haltung in weiten und engen Kurven sowie beim Beschleunigen und Bremsen durchgemacht. Besonders beim Kurventraining wurde mir bewußt, was mir beim Supermoto gefehlt hat. Hier wurden Lücken geschlossen. Und nur weil diese Übungen in der Ebene stattfanden, heißt das nicht, daß es nicht anstrengend war.

Nach den Basics gingen wir zu Phase 2 über und nahmen die Kinder-Motocross Strecke in Angriff. Dort beschleunigten wir aus den ersten Anliegern, bremsten enge Kurven an und hüpften schon ein bisschen durch die Gegend. Damit war die Pflicht erledigt, jetzt folgte die Kür.

 

Mit dem Kopf voran und vollen Hosen die Wand herunter.

 

Der Weg zum Endurogelände führt über die Motocross-Strecke. Für Anfänger die erste echte Herausforderung und die perfekte Gelegenheit, um sich gleich auf steile Bergauf- und Bergabfahrten einzustimmen. (Es wurde allerdings noch erheblich steiler.) Nach der MX-Strecke muß man über einen Waldweg, der immer unter Wasser steht. Wer wie ich glaubt, mit sauberer Ausrüstung den Wald wieder zu verlassen, der glaubt es bis hier. Ohne Kärcher geht da gar nichts mehr. Der Parcours selbst war bis auf ein paar Teilstücke trocken und bot meistens ausreichend Grip.

Jetzt wurde nicht mehr lange gefackelt und schon kurz nach unserer Ankunft im Gelände sammelten wir uns vor dem ersten Steilhang. Nach dem Motto "What goes up, must come down" ging es nach der Auffahrt auch gleich  ebenso steil wieder runter. Augen auf und durch, dachte ich und fuhr los. Ich fühlte mich wie auf dem Rücken eines Bergfex, der mich empor schleppt, während ich hilflos an seinen Schultern hänge. Irgendwie machte die KTM alles von alleine und sie machte es richtig. Unglaublich, das muss ich gleich nochmal machen!

 

Keiner kommt hier sauber raus.  Man stürzt immer dort, wo's weh tut.

Jedem anderen hätte ich geholfen. Bei Arlo machte ich lieber Fotos.

 

Nachdem ich mich sozusagen selbst entjungfert und meinen ersten Steilhang mehrere Male hintereinander erfolgreich bezwungen hatte, wollte ich mehr und folgte dem Trainer zum nächsten. Man wird da ziemlich schnell größenwahnsinnig. Nach ein paar Metern sah ich in der Ferne eine helle Wand aus Lehm, Sand und Stein. Sah aus wie ein kleiner Steinbruch, nur steiler. Unmöglich, das kann's nicht sein, da wird die Physik etwas dagegen haben, Gott hat sicher nicht gewollt, daß hier mal Menschen auf Zweirädern hinauf fahren. Doch tatsächlich, es war das Ziel unserer Albträume. Das war zuviel, ich wollte nicht, aber ich mußte, um zu Hause weiterhin blöd vom Endurowandern reden zu können. Ich mußte einfach alles mitmachen, ohne Ausnahme. Nach langem Zögern und dem von Arlo erbrachten Beweis, daß es doch möglich ist, senkrecht eine Wand empor zu fahren, legte auch ich den 1. Gang ein und ergab mich meinem Schicksal. Und siehe da, ich erreichte auch dieses Mal das Gipfelkreuz. Irre welche Steigungen mit so einer Enduro zu bewältigen sind, fühlt sich an wie an einer Seilwinde! Ist vorher undenkbar, muss man erlebt haben.

Ständig wurde der Schwierigkeitsgrad erhöht, immer wieder mußte ich mich überwinden. Gezwungen wird man übrigens zu nichts. Wer auf einen Hang verzichtet, der hat immer die Möglichkeit, eine andere, leichtere Route zu nehmen. Man sollte aber wirklich alles versuchen. Mit der richtigen Schutzkleidung kann praktisch nichts passieren.

Was mir aber besonders unangenehm auffiel, ist die Tatsache, daß das 5-minütige Aufzahn eines im Hang liegenden Motorrads ungefähr der Anstrengung eines 30-minütigen Turns unter Volllast entspricht. Entsetzlich wie Kräfte raubend das ist. Besonders auf rutschigem, weichem Untergrund hat man das Gefühl, das Motorrad wiegt plötzlich 400 Kilo und die Muskeln haben sich abgemeldet. 'Oben bleiben' ist also auch abseits der Straße oberstes Gebot!

Jede Abfahrt ist eine Herausforderung, jeder Steilhang ein Kampf, jedes Bezwingen ein Triumph. Vergesst Selbstfindungsseminare im Hochseilpark. Die wahre Action spielt sich hier unten ab. Wer genug Mut aufbringt, der wird reichlich mit Stolz und Selbstvertrauen belohnt. Ich freue mich schon auf die nächsten Herausforderungen, die mir die Natur stellen wird. Wir sehen uns am 14. April.

 

 

Interessante Links:

www.eckl.co.at

 

Text: kot
Fotos: kot, Arlo

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Bericht vom 11.04.2007 | 6.073 Aufrufe

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