Triumph Daytona600 vs. Speed Four

Triumph Daytona 600, die Macht von der Insel, und warum man am Ende auf einer Speed Four sitzt!

 

Alles begann mit der harmlosen Anfrage vom Nils ob ich nicht Lust hätte die neue Triumph Daytona 600 zu testen. Natürlich sagte ich ja, wusste aber auch noch nicht was da auf mich zukommen wird.

Ich soll ja angeblich immer sehr nervös auf die Umwelt wirken und extrem unruhig schlafen wenn's daran geht ein Radl Probe zu fahren, noch dazu wenn im Unterbewusstsein Gedanken der möglichen Untermotorisierung aufkommen. Diesmal war es aber besonders schlimm, nicht nur inständig hoffend, daß die englische Prinzessin in Silber vor mir stehen wird, da Gelb für den Straßenkampf viel zu auffällig ist, kamen auch große Zweifel bezüglich des Motorlayouts auf.

Ein reihen Vierzylinder mit 600ccml von Triumph?!?! Wie wird das sein, wie wird das gehen und wie wird das liegen?

 

Aber mal ehrlich, kann ein 2rad mit dem auf der "Isle of man" gewonnen wird und auch noch Rundenrekord gefahren wird, schlecht sein?

Dann stand sie vor mir, in Silber, einfach herrlich, markant eckig und von vorn bis hinten einfach wunderbar. Ein absolut eigenständiges und durchdachtes Design! Einzig über die Rückspiegel kann, und wird auch ständig, gestritten.

Dann das erste Mal starten. Schlüssel rein, Zündung an. Der Drehzahlmesser dreht von allein in den roten Bereich, die Sensoren der Einspritzung sprechen an. Es pfeift, es piepst, Klappen verstellen sich. Bei der Geräuschkulisse tät sogar der Käptn Kirk samt Mr. Spock neidisch werden, weil deren Enterprise sicher nicht solche Stückln spielt, wenn gezündet wird. Da Scotty würde ja überhaupt gleich kündigen und in Hinkley vorstellig werden.

 

Auf Knopfdruck springt sie an und der Klang aus der originalen 4-1 Anlage ist den Engländern wunderbar gelungen! Bei 4000 U/min durchs Ortsgebiet rollend möchte man gar nicht glauben nur auf einer 600´er zu sitzen, so heiss und dumpf röhrt sie aus dem Dämpfer! Wenn es dann rausgeht aus der 50´er Beschränkung tut sich unten nicht viel, aber ab ca. 8000 U/min geht's wirklich ab. Reißt mörderisch an, legt bei 10500 U/min nochmals leicht zu und dreht brachial bis in den etwas unsanft eingreifenden Begrenzer bei 14500 U/min. Die Beschleunigung wird von einem derart rauen und aggressivem Kreischen untermalt, das es einem die Ganselhaut über den Rücken treibt und man, ob man will oder nicht, einfach auf jeder längeren Geraden die Gänge bis kurz vor den Begrenzer ausdreht und man ständig im Führerscheinentzugsmodus unterwegs ist! Macht wirklich schwer süchtig. Der Motor lässt sich aber auch gemütlich zwischen 6000 und 8000U/min fahren, will aber immer auf Drehzahl gehalten werden, wenn's wieder einmal etwas schneller gehen soll.

 

Nicht nur der Motor sondern auch die verbaute Bremserei ist vom Feinsten, klarer Druckpunkt und hartes Ankern stellt für die beiden 308mm Scheiben, obwohl sie im Vergleich zu einer 320mm Scheibe rein optisch mehr als nur klein ausschauen, und die vier Kolben Sättel, kein Problem dar.

Was für Motor und Bremsen gilt, trifft auch auf das Fahrwerk zu! Es kommt nie das Gefühl auf, daß die Gabel auch nur irgendwie mit der harten Verzögerung Probleme hätte und leichte Unebenheiten und Schläge werden locker von Teleskop und Federbein weg gesteckt. Die kleine Daytona ist herrlich einfach zu fahren und lässt sich beinahe so brutal in die Ecken schmeißen wie eine Supermoto. Diverse S-Kombinationen gehen einem derartig leicht von der Hand, daß es schon fast erschreckend ist, aber der extra für die Daytona entwickelten Pirelli Diablo lässt einen so gut wie nie gripmässig im Stich und falls es hinten mal droht zu wenig zu werden, kündigt sich das angenehm langsam und gutmütig an.

Ich muß zugeben, immer entschieden gegen 600ccml Eisen gewesen zu sein, aber die kleine Daytona hat mich schwer beeindruckt und vom Gegenteil überzeugt! Die Sitzposition ist angenehm sportlich und man braucht nur kurze Zeit um sich gegenseitig kennen zu lernen. Es war einfach Liebe auf den ersten Blick, auch wenn sie nicht lang anhalten sollte, dabei hat alles so schön begonnen!

Erstes kennen lernen am Leithagebirge und sofort war klar, wir passen einfach zusammen. Auf der Autobahn einen tiefergelegten Honda CRX in Gelb getroffen mit der Aufschrift "Bad Hornet" am Heck. Der Käfig Treiber wollt sich aber leider auf nichts einlassen, war sicher von der mörderisch geilen Optik und dem Klang der Triumph eingeschüchtert. Dann ein Alptraum, wach schweiß gebadet in der Nacht auf. Hab geträumt, daß ich irgendwo in Wien neben dem CRX an der Ampel den hinteren Gummi in Rauch aufgehen lies und bei der Aktion in Fetzen riss. War zwar nur geträumt, aber wie sich noch rausstellen sollte ein eindeutiges Zeichen.

Am nächsten Tag wollte ich ihr unbedingt die Kalte Kuchl und Mariazell zeigen. Kalte Kuchl rauf sah alles danach aus, als ob das unser Tag werden würde. Die Strassenmarkierung wurde neu aufgemalt und überall standen die orange weißen Hüte am Mittelstreifen, mir war sofort klar, daß da heute nicht wirklich mit Gegenverkehr auf meiner Seite zu rechnen ist und prügelte die Engländerin zum Topfenstrudel hinauf. Dann kurz vorm Annaberg Regen. Also umdrehen und Richtung Leithagebirge. An den Ort wo alles begann. Dort breites Grinsen im Gesicht. Ein EU Kennzeichen mit ambitioniertem Knieschleifer vor uns am Weg nach Eisenstadt. Schieben uns auf der Bremse vorbei und machen Meter. Muss dazusagen das auf der Dytona ein deutsches Kennzeichen drauf war. Hätt zu gern das Gesicht unterm Helm gesehen, als sich das Germanische Kennzeichen aus dem Hessischen Landkreis an ihm vorbeischob. Bei der Re-Überquerung der burgenländischen Alpen plötzlich schwammiges Fahrverhalten. Bei der Rauchpause war dann alles klar. Schleichender Patschen hinten. Hab irgendwo am Rückweg einen Metall Splint kassiert. Meld mich frustriert beim Nils, der natürlich sofort an eine von mir zusammengefaltete Daytona dachte. Halbe Stunde später der Rückruf vom Nils mit den Anweisungen was zu tun ist. Daytona zum "il moto" stellen und Speed Four ausfassen. Frustriert, negativ eingestellt und wieder willig die Daytona Schlüssel gegen die der Speed Four getauscht. Frustmenü beim Mäci eingeworfen und mach mich erneut auf Richtung Leithagebirge. Hab dann allerdings aufgrund einer Regenfront zwischen Leithgebirge und der Südautobahn den Heimweg angetreten.

 

Am nächsten Tag strahlend blauer Himmel aber irgendwie will sich nicht so recht die richtige Freude einstellen. Die Wunden sind noch nicht verheilt und ich trauere immer noch der Daytona nach. Prügel die Speed Four im leichten Nieselregen die Kalte Kuchl rauf. Oben immer noch nicht von der nackten Engländerin überzeugt. Muss ständig an die Daytona denken. Ein paar Kilometer weiter, Richtung Mariazell unterwegs, ständig Regen, dann wieder kurze Passagen trocken, wieder Regen. Aber irgendwie, trotz des schlechten Wetters kam doch etwas Symphatie für die nackte 600´er auf. Am Heimweg, dann plötzlich im Höllental Sonnenschein und trockener Asphalt. Die Welt war wieder in Ordnung und die Speed Four begeisterte mich doch. Und das soll was heißen bei mir. Wenn ich einmal etwas nicht mag, dann bleibt das so und wird immer so sein. Spricht also für die Speed Four, das sie mich vom Gegenteil überzeugt hat.

 

Vom Getriebe her ist die Speed Four etwas kürzer übersetzt als die Daytona und geht unter 8000U/min merklich besser. Liegt aber auch sicher daran, daß sie mehr auf Drehmoment ausgelegt ist, was allerdings Spitzenleistung kostet. Aber die 98PS reichen alle mal. Für den gemütlichen Landstraßenbetrieb genügen schon 7000-9000U/min. Der Motor läuft absolut ruhig und wandelt jeden Befehl der rechten Hand sofort in Schub um. Dank der "fly screen" Verkleidung über den beiden Scheinwerfern lassen sich auch höhere Geschwindigkeiten gemütlich für längere Zeit fahren. Mein top speed inklusive Rucksack liegend war bei 235km/h, ist aber sicher noch was drin, nur hat es der Verkehr im Deutschen Eck nicht zugelassen.

Die Fahrwerksabstimmung ist nicht so hart wie bei der Daytona sondern eher auf der komfortablen Seite zu Hause, umso erstaunlicher aber das beim Anbremsen der Ecken die Gabel nicht ins Unendliche eintaucht, und plötzlich gewaltigen Widerstand der nach vorne rutschenden und zu verzögernden Masse leistet. Die Fahrwerkskomponenten verrichten überhaupt fantastische Arbeit. Trotz der eher weichen Abstimmung kommt beim beherzten Gas geben nie ein Gefühl der Unsicherheit auf, was da jetzt eigentlich unter einem genau passiert.

 

Es herrscht, egal ob auf ebenem oder unebenem ausgebesserten Asphaltbändern immer Ruhe und man vermisst nie die nötige Transparenz im knocking on heavens door modus. Einzig beim harten rausfeuern aus den Radien wird das Vorderrad zu leicht und die kleinste Unebenheit genügt um Unruhe aufkommen zu lassen. Hätte mir da echt hin und wieder einen Lenkungsdämpfer gewünscht.

 

Die Bremsen sind Triumph like absolut top. Der Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage ist aber deutlich höher als bei der Daytona. Überhaupt benötigt die Speed Four etwas mehr Kraft beim Umlegen als die Daytona, aber einmal auf Kurs gebracht verlässt sie die gewählte Linie nur mehr auf Wunsch des Reiters.

Ich muss gestehen zu Beginn der Speed Four viel zu negativ entgegengetreten zu sein. Sowohl Daytona als auch Speed Four sind absolute Spitzenware von der Insel. Müßte man sich zwischen den beiden entscheiden, wird es schwer. Wahrscheinlich entscheidet dann rein die Optik. Wobei rein optisch gesehen jede etwas für sich hat und total eigenständig ist. Das Einreiten vor dem Eis Saloon ist mit beiden eine Freude, ziehen einfach alle Blicke auf sich! Zu schön wenn den Anwesenden vor lauter schauen das Vanillekugerl vom Stanitzl rutscht!

 

Das Schönste sind allerdings die zirka 70 jährigen Opas samt ihren Omas: "Mama, geh do schau her! A Triumph, jo das des no baut wird, sagn´s amal ghöhrt die ihnan? Is des wirklich a Echte, weil wissens, damals, … , verliern die immer no so fü Öl?!" Die dann folgenden Dialoge sind die Welt, die Oma schildert einem dann, daß ihr Franzl früher vor 50 Jahren der Schnellste und Beste war. Damals in der guten alten Zeit, wie die Straßen noch Schotterpisten gewesen sind, ja und erst das Gwandl damals, da gabs ja noch nicht so was wie heute, da waren Lamberjack´s der letzte Schrei und alle sind nur mit diesen Öl- und Gummimänteln unterwegs gewesen!

Triumph gab es damals schon! Aber wir haben heut zu Tage eindeutig die besseren Triumphs, ohne Schotter und ohne der Gummimäntel! Also so gut können die Guten alten Zeiten doch wieder nicht gewesen sein!

 

Ja, ja, es ist wahr! Triumph is in da house, and the empire strikes back!

Fazit: Triumph Speed Four 2003

Ich muss gestehen zu Beginn der Speed Four viel zu negativ entgegengetreten zu sein. Sowohl Daytona als auch Speed Four sind absolute Spitzenware von der Insel. Müßte man sich zwischen den beiden entscheiden, wird es schwer; wahrscheinlich entscheidet dann rein die Optik.


  • Ruhiger Motor
  • "Fly Screen" Verkleidung über Scheinwerfer
  • kann sehr schnell werden
  • Komfort
  • optimale Bremsanlage
  • super Fahrwerk.
  • Leichtes Vorderrad beim Rausfeuern aus Radien
  • Unruhe auf Unebenheiten.

Fazit: Triumph Daytona 600 2003

Ich muss zugeben, immer entschieden gegen 600ccml Eisen gewesen zu sein, aber die kleine Daytona hat mich schwer beeindruckt und vom Gegenteil überzeugt! Die Sitzposition ist angenehm sportlich und man braucht nur kurze Zeit um sich gegenseitig kennen zu lernen. Es war einfach Liebe auf den ersten Blick, auch wenn sie nicht lang anhalten sollte, dabei hat alles so schön begonnen!


  • Eigenständiges Design
  • geiler, harter, lauter Sound
  • feine Bremsanlage
  • einfaches Handling
  • sehr leistungsfähig
  • angenehm sportliche Sitzposition.
  • Rückspiegel relativ suboptimal gebaut
  • hart abgestimmtes Fahrwerk.

Bericht vom 14.07.2003 | 17.120 Aufrufe

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