Yamaha MT-125 Test

Yamahas Streetfighter in der 125er-Klasse.

Wenn man sich den aktuellen Markt der 125ccm Naked Bikes ansieht, wird man bald merken, dass ein deutlicher Mangel vorherrscht. Will man ein modernes Bike, steht neben Hondas CB125F und der 125 Duke von KTM, nur mehr die Yamaha MT-125 zur Auswahl, der als Teil der erfolgreichen MT-Familie eine große Bürde auf den Schultern lastet: sie muss den MT-Virus an die jüngste Generation der Motorradfahrer weitergeben.

Nun war es also so weit. Als Jungredakteur bei 1000PS.at durfte ich mein erstes Pressemotorrad abholen, welches ich auch für mehrere Wochen testen konnte. Ein Dauertester ist es zwar nicht (Dauertester fährt man für eine ganze Motorradsaison), trotzdem war es für mich eine ganz besondere Freude, der MT-125 für einige Wochen auf den Zahn zu fühlen. Das einzige Problem: Aprilwetter. In Regenmontur, in der ich dem Michelin Männchen sehr ähnlich sehe, beginne ich meinen Test bei Yamaha im niederösterreichischen Biedermannsdorf.

Design: Schöner als auf Bildern

Die Yamaha MT-125 fällt für mich in die Kategorie der Motorräder, die live besser aussehen als auf Bildern. Als Teil der MT-Familie von Yamaha trägt auch die MT-125 das optisch auffällige Design ihrer Schwestern weiter, am auffälligsten an der Front. Zwar hat sie den kleinsten Motor der Hyper Naked Klasse, aber scheinbar den größten Scheinwerfer. Ein kleines Motorrad mit riesigem Gesicht? Sah auf Bildern für mich nie gut aus, in "echt" stört das aber nicht. Das Begrenzungslicht umrahmt den Hauptscheinwerfer zum Teil, wirkt sportlich! Allgemein ist die Linie der MT-125 sehr aggressiv, große Lufteinlässe, die auch der Beatmung des Motors gelten, unterstreichen den sportlichen Anspruch.

In der Entwicklungsphase war den Yamaha-Ingenieuren von Anfang an klar, dass sie auf der Basis der YZF-R125 einen Streetfighter für die Stadt bauen wollen. Diesen Streetfighteransatz merkt man unter anderem auch am hohen Heck. Einzig die lange Kennzeichenhalterung stört, der Zubehörmarkt wird bestimmt die Lösung haben. Optisch wirkt sie deutlich schneller als sie ist und selbst vor dem Eisgeschäft macht sie, wie ich finde, eine gute Figur. Komplimente von sowohl erfahrenen Motorradfahrern als auch Rookies waren keine Seltenheit, oft wurde sie sogar für ihre große Schwester, die MT-07 gehalten.

Deswegen sind die Leistungsdaten auch wenig überraschend. Yamaha gibt die Leistung mit 15 PS und das Drehmoment mit 12,4 NM an. Das zieht zwar den Hering nicht vom Teller, aber es reicht komplett aus, um im Verkehr mitschwimmen zu können, wenn man den Motor entsprechend bei Laune hält. Schneller als das erlaubte Tempo auf Freilandstraßen von 100 km/h sollte es jedoch nicht werden. Es wäre zwar vielleicht noch 20 bis 30 km/h mehr möglich, aber auch nur wenn man sich wie ein Origamikranich hinter dem LCD-Display zusammenfaltet. Meine Empfehlung: Sechster Gang, Vollgas und gemütlich mit 100 km/h cruisen. Umso erstaunlicher ist daher, dass selbst mit bis zum Anschlag geöffnetem Gashahn der Verbrauch nicht über 2 Liter/100km steigt. So standen bei fast leerem Tank 355,5 Kilometer auf dem Tripzähler. Hätte ich auch die letzten paar Liter verbraucht, wäre wahrscheinlich eine Reichweite von 370km (Stadt u.Landstraße komb.) möglich gewesen.

Sitzposition der MT-125: hart, aber fair.

Mit einer Sitzhöhe von 810mm sitzt man auf der Yamaha gleich hoch wie auf ihrer direkten Konkurrentin, der KTM Duke 125. Im Unterschied zur Duke ist der Sitz der MT aber deutlich nach vorne geneigt. Das gibt durchgehend das Gefühl, in Angriffsposition zu sein auch wenn man es nicht will. Denn wenn man sich für die Yamaha entscheidet muss man wissen, worauf man sich einlässt, nämlich auf die Sitzposition eines Streetfighters. Der Fahrer ist eher nach vorne geneigt, der Kniewinkel ist eng. Mit 175cm Größe passen die Ausmaße für mich, doch viel größer oder kleiner sollte man denke ich nicht sein. Ist man kleiner, ist der Sitz zu hoch, ist man jedoch größer, könnte der Kniewinkel auf langen Ausfahren ermüdend sein.

Trotz Vollgas nur 2 Liter Verbrauch

Für viele Menschen sind sowohl Autos als auch Motorräder, die nach wenig Leistung aussehen, in Wahrheit aber echte Raketen sind, ein ganz besonderer Reiz. Namen haben sie viele, im Englischen zum Beispiel Sleeper, bei uns sind sie als Wölfe im Schafspelz bekannt. Die MT-125 sieht eher nach mehr aus, als sie tatsächlich ist, was auch seinen Reiz hat. Man fährt ein sportlich aussehendes Motorrad, dem man zutrauen würde, die 200 km/h Grenze locker zu knacken, aber trotzdem hat man einen sehr vernünftigen 125ccm großen Einzylinder unter sich sitzen. Vorteil davon ist, dass die MT-125 somit für den A1-Führerschein (Motorradfahren ab 16 Jahren) und den B-Führerscheincode 111 zugelassen ist.

Wie leicht sich 140kg anfühlen

In Österreich sind zwei Versionen der Yamaha MT-125 erhältlich. Mit ABS und ohne ABS. Ich hatte das Vergnügen die Variante mit ABS zu testen, welche mit allen Flüssigkeiten auf ein Gewicht von 140kg kommt (ohne ABS 138kg). Nun, ich muss gestehen, dass ich in den letzten Jahren nur mehr wenig Fahrrad gefahren bin, aber die MT-125 hat mich wieder sehr an diese Zeiten erinnert. Sowohl beim Rangieren als auch während der Fahrt merkt man, wie wenig Motorrad man unter sich hat. Dementsprechend spielerisch kann man sie mit nur leichten Impulsen am Lenker von Kurve zu Kurve wedeln. Auch im engen Stadtverkehr bei niedrigem Tempo fühlt sie sich pudelwohl, man hat nicht das Gefühl als würde sie kippelig werden.

Fahrwerk und Bremsen in Top Qualität

Sieht man sich das Fahrwerk der MT-125 an, würde man nicht denken, dass es sich um ein Einsteigermotorrad handelt. An der Front arbeitet eine nicht einstellbare Upside-Down-Telegabel, die den Einsatzbereich des Motorrads ideal abdeckt. Allgemein ist die Abstimmung eher auf Sport ausgelegt, Bodenunebenheiten machen sich in Handgelenken und Rücken bemerkbar.

Auch die Bremse macht ihren Job sehr souverän und hat mich in ihrer vorbildhaften Dosierbarkeit überrascht. Mit den Durchmessern von 292mm vorne und 230mm sind die Scheiben ordentlich dimensioniert. Der Druckpunkt der Vorderbremse ist transparent, das verleiht viel Sicherheit beim Fahren.

Ist die MT-125 also perfekt?

Ist die MT-125 also perfekt? Leider nein, das beweist der Platz unter der Sitzbank. Laut KFG §§ 102 (10), 103 (1) muss jeder Lenker während der Fahrt ein Verbandszeug mit sich führen. Meist finden die kompakten Erste-Hilfe-Taschen Platz unter der Sitzbank, wo sie hoffentlich nie in Gebrauch kommen. Versucht man das bei der MT-125, wird man jedoch schnell enttäuscht. Neben Batterie und Werkzeugtasche findet sich kein Platz, um selbst das kleinste Pflaster zu verstauen. Ärgerlich, die Alltagstauglich wird somit ein bisschen getrübt.

Preislich steht die Yamaha MT-125 teurer als ihre direkte Konkurrentin, die KTM 125 Duke, da. Die kleinste Duke kostet mit serienmäßigem ABS in Österreich 4248,00€ (Deutschland: 4295€), während die Japanerin schon ohne ABS 4699,00€ kostet, mit ABS stolze 4999,00€ (Deutschland: 4295€). Als Trostpflaster bietet Yamaha ihre 125er aber in drei verschiedenen Farben an, die jeden Geschmack bedienen sollten.

Fazit: Yamaha MT-125 2016

Im Englischen gibt es den sogenannten ‚Street Cred‘. Ein Wert, der den Respekt und die Coolness auf der Straße misst. Die Yamaha MT-125 hat davon eine Menge, sie besticht durch ihre erwachsene Optik, die schwer an ihre größeren Modellschwestern erinnert. Das Fahrverhalten und die Sitzposition sind sportlich, eben ein Streetfighter für die Stadt. In diesem Gebiet fühlt sich die kleine Japanerin auch am wohlsten. Mit ihrem niedrigen Gewicht wieselt sie durch den Stadtverkehr, kurze Überlandstrecken sind auch kein Problem. Einzig der fehlende Stauraum und der relativ hohe Preis drücken den allgemein sehr positiven Eindruck des A1-Bikes.


  • Überragendes Design
  • Sportliches Fahrverhalten
  • Niedriges Gewicht
  • Gute Bremsen
  • Fehlender Stauraum
  • Hoher Preis

Bericht vom 25.05.2016 | 101.359 Aufrufe

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