KTM RC390 Test

Erster Testbericht zum neuen Superleicht-Supersportler RC390 von

Testfahrt mit der neuen KTM RC390 auf der Rennstrecke.

Grundsätzlich keine Erwartungen zu haben, muss nicht zwingend etwas Schlechtes sein, zeugt aber nicht unbedingt von Vertrauen in die Qualität und Qualitäten von Produkten bzw. Menschen. Es bewahrt einen (scheinbar) vor Enttäuschungen und wenn man mit solchen nicht umgehen kann, ist das der einfachste Weg, sich davor zu schützen. Wenn es wenigstens fair wäre, aber ich kann nicht behaupten, dass ich von einem Motorrad mit 180 PS nichts erwarten würde, oder etwas Anderes als grenzenlose Euphorie. Anders bei einem Motorrad mit 44 PS aus einem Zylinder, das keine Enduro ist. Wir reden hier nicht mehr von Zweijahresmopeds für Sweet Sixteens oder mobile Modeaccessoires für Bobos und Bimbos (i.e. eine attraktive, aber bedingt intelligente weibliche Person). Wir reden von einem ausgewachsenen Motorrad für die Führerscheinklassen A2 und A, mit einer zulässigen Maximalleistung von 48 PS und einem Leistungsgewicht von 0,2 kw/PS. Während sich die RC390 4 PS spart, liegt sie mit dem Leistungsgewicht haarscharf an der legalen Grenze. 32 kw bei 160 kg vollgetankt ergeben ebendiese 0,2 kw/kg. Trocken sollen es 147 kg sein, dazu kommen 10 l Sprit und andere Flüssigkeiten.

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Superleicht also, aber nicht superstark. Nur haben wir die falsche Vorstellung von stark. Wir glauben ein Motorrad ist nur dann stark genug, wenn es zu stark ist, seine ganze Kraft also praktisch nie oder nur sehr selten sinnvoll einsetzen kann. Das hat durchaus seinen Reiz, ist aber der Grund, warum ich mich im Alltag dann gehemmt und unterdrückt fühle, weil ich der Versuchung ständig widerstehen muss, Vollgas zu geben. Bei der RC390 hatte ich dieses Gefühl nicht, ich gab oft und gerne Vollgas und musste selten Angst vor einer Einlieferung in die Geschlossene haben. Sicher könnte man theoretisch auch in der 30er Zone 160 blasen, ist aber nicht notwendig. Apropos wendig. Genau hier liegt die Stärke der RC390, im herrlichen Handling, das volle Kontrolle über das Fahrzeug vermittelt. Noch nie hatte ich mehr Rutscher auf einer Rennstrecke und trotzdem keine Sorge, nicht mehr richtig reagieren zu können. Die Metzeler M5 Interact stießen hier naturgemäß an ihre Grenzen. Die Flanken des 150/60er Reifens hinten sind sehr steil, weshalb gut ein Zentimeter des Gummis gar nicht genutzt wurden.

Neben den Reserven des Reifens waren es das steife Chassis, das angenehm straffe, stabile Fahrwerk und die feinmechanischen Korrekturmöglichkeiten in jeder Fahrsituation über den Popometer (hochsensibel aufgrund eines kaum gepolsterten, steinharten Sitzes) und den breiten Lenker, die das Fahren auch unter Druck zum Genuß machten. Schade - sehr schade - dass die Bremsen diesem Performance-Paket nicht gerecht werden. Schon in der 125er waren sie mir zu schwammig und für den sportlichen Einsatz zu schwach, in der 390er werden diese Mängel noch deutlicher. Abhilfe schafft die Bremsanlage aus dem ADAC-Cup, sowie andere Power Parts aus dem Zubehörangebot.

Nachrüsten würde ich persönlich auch den Akrapovic-Auspuff, da der Underfloor zwar nett versteckt und KTM-patentiert im Bugspitz eine gute Figur macht, aber in Schräglage irgendwann aufsitzt. So wie die Fußrasten, die nach hinten und innen versetzt wurden, aber dennoch zu oft Bodenkontakt hatten. Wohlgemerkt reden wir hier vom Einsatz auf der Rennstrecke, für den Einsatz auf der Straße sind diese Tuningmaßnahmen nicht zwingend notwendig.

Fazit: KTM RC 390 2014

Die RC390 hat mir die Augen geöffnet und ich hoffe, dass da noch ganz viel mit kleinem Hubraum auf uns zukommt. Wenig Gewicht führt halt immer noch zum größten Genuss beim Motorradfahren, wobei man auf ein bisschen Leistung auch nicht verzichten kann. Aber die 390er hat es irgendwie geschafft, mich mit ihren 44 PS zu begeistern und von der Sucht nach noch mehr Leistung zu lösen. Ich bau jetzt sofort eine kleine Rennstrecke von 2,5 km Länge und mit 14 Kurven und dann gibt's einen 1000PS-RC390-Cup.


  • Niedriges Gewicht
  • Ausreichend Leistung
  • Angenehme Geometrie
  • Einzigartiges Design, Tolle Ausstattung
  • Volles Performance-Zubehörprogramm
  • Schwammige und schwache Bremsen
  • Für Rennstrecke nicht ausreichende Schräglagenfreiheit
  • Steinharter Sitz

Bericht vom 04.09.2014 | 34.044 Aufrufe

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