KTM 450 EXC

Intensivtest in Bulgarien. Eine Woche im Sattel der KTM 450 EXC bei der Crazy Job Rallye.
KTM 450 EXC NastyNils
 

KTM 450 EXC Intensivtest

Warum nur die 450er? Mag sein dass sie in keiner Disziplin die beste Wahl aus Mattighofen ist - aber in keiner Disziplin ist sie auch die Schlechteste. Das Universaltalent genießt nach einer harten Hardenduro-Rallyewoche nun mein uneingeschränktes Vertrauen.

 
Penibel vorbereitet und mit einem frischen Service von der Motothek in Ternitz gesegnet wurde die KTM 450 EXC verladen. Andreas Härtl schlichtete sie zwischen ein gutes Dutzend Motorräder welche er ebenfalls mit zur Crazy Job Hardendurorallye nach Bulgarien nahm. Keine der geladenen KTMs glich der anderen. Die Auswahl im KTM Modellprogramm ist riesig und ich war noch nicht ganz überzeugt davon, dass die 450er die richtige Wahl für mich wahr. Nach meiner Verletzung vor 2 Jahren war ich nun etwas sensibel und wollte unbedingt am richtigen Motorrad sitzen. Bei so einem langen Rennen waren mir Speed weniger wichtig wie Sicherheit, Ausdauer und Ressourcenschonung.

Ein paar Tage später ist mir die 450er aber intensiv ans Herz gewachsen. Nur einmal am Berg hab ich sie wirklich unwürdig geschimpft, wofür ich mich ausdrücklich entschuldigen möchte. Aber die hervorragende Gesamtperformance hat mich in meiner Wahl bestätigt: Sie ist die Beste!

Unkenrufe im Fahrerlager - Sind die 2-Takter besser?

Im Fahrerlager musste ich einige Unkenrufe ertragen. Die 2-Taktfahrer waren ja der festen Überzeugung auf den besseren KTMs zu sitzen. Ich konnte ihren Argumenten auch viel abgewinnen, bis zu dem Zeitpunkt als sie begannen im Fahrerlager am Vergaser zu arbeiten. Denn die Rallye führt vom Tal bis hinauf in die Berge und ein wichtiges Kriterium war natürlich auch der Benzinverbrauch. Dort wo die 2-Taktpiloten tanken mussten fuhr ich einfach weiter. Die 4-Takter mit Einspritzung funktioniert in der Ebene genauso zuverlässig wie hoch oben in den Bergen und der Benzinverbrauch passt in jedem Fall. Ich gebe zu: auf kürzeren Rennen ist die 250er oder 300er EXC die bessere Wahl. Vermutlich auch dann, wenn man die Technik und die Logistik gut im Griff hat. Wenn man so wie ich aber einfach fahren möchte ohne seine Kanister an den Pausepunkten platzieren zu müssen, ist für so lange Events die 450er 4-Takter die bessere Wahl.

Schwerer als die 350er - aber trotzdem besser im Rennen?

Natürlich gab es aber auch viele Fans von der hypersportlichen 350er EXC-F. Die 350er ist eine echte Rennmaschine und auf der Sonderprüfung meiner 450er sicher deutlich überlegen. Sie ist handlicher, agiler und spürbar leichter. Ich mag die 350er sehr gerne und bin bei meinem letzten Antreten bei der Rallye auch pfeilschnell unterwegs gewesen. Aber die 450er fährt auf langen Etappen einfach wunderbar souverän. Spurrillen nimmt sie nicht ganz so nervös und auch das Ansprechverhalten vom Motor ist etwas träger was auf langen Distanzen nicht als Kritik verstanden werden soll. Ich hatte das Gefühl im Sattel der 450er EXC deutlich weniger Energie zu verbrauchen als bei der Rennmaschine 350 EXC-F. Die noch kleinere 250er Viertakter bietet auch viele Vorteile wie die 350er, aber fährt sich ebenfalls kräfteschonend und kam für mich auch in die engere Auswahl. Doch im Sattel der 450 EXC genoss ich oben auf den wirklich langen Auffahrten über die mit hohem Gras überwucherten Berghänge auf 1.500 Meter die nötigen Leistungsreserven. Ohne gekonnten Einsatz von Fahrtechnik sondern mit einem ordinärem Dreh am Gasgriff hob ich das Vorderrad immer über plötzlich auftauchende Hindernisse. Beeindruckend war auch, aus wie wenig Anlaufstrecke die 450er EXC infernalischen Schwung und Speed aufbauen konnte. Bei der Zick-Zack Auffahrt zu einem Kriegerdenkmal mussten wir steile Stufen erklimmen und natürlich bildete sich dort ein kleiner Stau. Auf den kompakten Podesten zwischen den Stufen war gerade genug Platz um die Maschine zu wenden und um den nötigen Impuls aufzubauen um angenehm nach oben zu tuckern.

KTM 450 EXC NastyNils

Traktion auch ohne Konzentration

Im Wald war ich begeistert von der Traktion der 450er. Ich sah zwar Kollegen die ihre 2-Takter scheinbar noch spielerischer den Berg hinauftuckern ließen, ich sah aber auch unkonzentrierte Kollegen denen ihre 300er und 250er immer aus der Komfortzone entglitten und wild auskeilten. Je länger die Etappe war und je länger die Aufstiege wurden umso größer war natürlich die Chance einen Fehler an der Kupplung oder am Gasgriff zu machen. Die 450er verzieh mir da jedoch viel.

Genauer betrachtet hätte ich mir dann aber auch gleich die 500er nehmen können. Sie bietet alle Eigenschaften der 450er plus noch mehr Leistungsreserven. Doch schon bei meinen ersten Testfahrten mit der 450er wurde mir klar, dass ich mit meinen zierlichen 76 Kilo mit den bärenstarken 59 PS der 450er in jeder nur denkbaren Situation das Auslangen finden werde.

Langeweile im Fahrerlager - nix zum Schrauben!

Zum Schluß noch ein Wort zur Qualität. Fast 20 Stunden knallharte Betriebsstunden fuhr ich hier in den bulgarischen Bergen auf die Uhr. Dutzende Felsbrocken wurden viel zu schnell inhaliert, täglich 2-3 mal viel die KTM bei einer kniffligen Stelle um. Zweimal schickte ich sie auch ohne mich oben über das letzte Stück vom Steilhang. Echten Sturz musste sie zum Glück nicht ertragen. Die Plastics sind leicht angekratzt, auch der Endtopf hat ein paar Schrammen aber ansonsten ging die Rallye spurlos an der KTM vorüber. Zweimal wechselte ich den Luftfilter und prüfte täglich die wesentlichen Teile vom Motorrad. Motoröl musste ich niemals nachfüllen, Kühlflüssigkeit zum Glück ebensowenig. Um nicht ganz untätig im Fahrerlager rumzustehen versorgte ich die Kette mit hochwertigem MOTOREX Offroad Kettenspray und zog die Schrauben der Handguards fest. Es ist die 3. Rallyeteilnahme mit einem Motorrad aus Mattighofen und erst einmal musste ich zur Werkzeugkiste greifen. Damals vor 4 Jahren war eine kleine Reparatur an der Kupplung einer 390er Husaberg nötig. Ansonsten musste ich das hochwertige Bordwerkzeug niemals angreifen.

Nun hoffe ich sehr stark, dass KTM die 450er in den nächsten Jahren NICHT wesentlich weiterentwickelt. Mein MY2014 Exemplar ist mir richtig ans Herz gewachsen. Alles sitzt perfekt, alles passt so toll. Bitte keinesfalls was deutlich besseres nachschieben - ich möchte nun mindestens 3-4 Jahre mit dieser treuen Begleiterin an diversen Mehrtagesrennen teilnehmen. Sie war die richtige Wahl!


NastyNils KTM 450 EXC Bulgarien
Hier war es vermutlich Pech und nicht der Unterschied beim Motorrad. NastyNils tuckert mit der 450er sicher durch den Fluß, Teamkollege Tobias ertränkt die 300er im Flußbett...
Siegesfeier Six Days Crazy Job
Es muss keine EXC sein um vorne mitfahren zu können. Platz 1 in der Teamwertung holte Peter Nesuta auf Suzuki RMX450 gemeinsam mit Kollegen Thomas Wais (KTM 300 EXC). Auf Platz 2 fand sich ein Bulgare mit einer alten und ausgelutschten 220er Kawasaki KDX. Mir persönlich hat die 450er von KTM aber grandios geholfen um gemeinsam mit Teampartner Tobias (300er EXC) aufs Podest zu fahren.

Text: NastyNils
Fotos:
NastyNils, Joro H., Yana Stancheva

 

Bericht vom 11.08.2014 | 9.086 Aufrufe

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