Suzuki V-Strom 1000 ABS

Suzuki verzichtet bei der neuen V-Strom 1000 ABS auf PS, aber auf sonst nichts. Tolles Gesamtpaket.
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Sieht nicht nur fitter aus, ist es auch. 8 Kilogramm abgespeckt
und maximales Drehmoment schon bei 4.000 Touren. Die neue Suzuki V-Strom 1000 ABS.
 

Suzuki V-Strom 1000 ABS 2014

Was Kunden wollen. Suzuki spricht mit seiner Klientel und führt die Gattung "Reiseenduro" zurück zu ihrem Ursprung. Heraus kommt ein in sich stimmiges Konzept.
 
Das vielleicht dunkelste Kapitel der jüngeren Motorradgeschichte ist jenes der freiwilligen Selbstbeschränkung der Hersteller und Importeure Deutschlands, keine Motorräder mit mehr als 100 PS Leistung auszuliefern, die von 1978 bis 1999 aufrecht war. (Auch in Österreich gab es diese Gentleman's Agreement) Obwohl ich das noch nicht bewußt miterlebt habe erst mit der Geburt von 1000PS im Jahre 2001 wurde ich mit dem Thema zwangsverheiratet läuft mir bei dem Gedanken daran der kalte Schauer über den Rücken und die Zahl 100 in Verbindung mit der physikalischen Größe PS ist meine persönliche Number of the Beast.

Wer hat Angst vor 100 PS?

100 PS waren also einmal eine feste Größe, ein Limit, das keiner zu durchbrechen wagte. 100 PS bedeuteten Unfahrbarkeit, wahnsinnige Geschwindigkeit und freiwillige Organspende, zumal es damals weder Bremsen noch Fahrwerk gab. Doch auch heute noch beunruhigen der menschlichen Spezies entfernt verwandte, meist zum Geschlechtsakt nicht mehr fähige Personen, die ernsthaft über eine erneute Leistungsbeschränkung diskutieren wollen, weil sie ihre geistige Beschränktheit und Unfähigkeit zur Freude auch für andere erlebbar machen müssen. Im Grunde bin ich der Meinung, dass sich niemand mehr Sorgen um uns Motorradfahrer machen muss, nur 0,2% aller Unfälle sind auf technische Gebrechen zurückzuführen und ein modernes Motorrad fährt besser als die meisten flotten Normalverbraucher, ob mit 50 oder 150 PS. All diese Infos nur deshalb, um darzustellen, wie groß die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der desinformierten Öffentlichkeit und Leuten "vom Fach" ist.
 

Wer hat Angst vor 100 PS? Ich nicht, auch nicht vor 200, obwohl ich jeden verstehen kann, der eine hat. Ich freue mich schon jetzt auf das erste Motorrad mit 220 PS und hoffe eines Tages auf 250. Da war es natürlich gelinde gesagt irritierend, als Suzuki nach 6 Jahren eine neue V-Strom 1000 ABS präsentierte, in deren Datenblatt neben Leistung 100 PS zu lesen war. Ein Druckfehler? Der erste Nuller ist vielleicht ein Achter, oder zumindest ein Sechser. Es wird wohl nicht ein neues Zeitalter des schlechten Gewissens anbrechen?

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Die 2002 vorgestellte 'große' V-Strom wurde 2007 in Europa wieder außer Dienst gestellt und seither hatten die japanischen Ingenieure viel Zeit, Motor und Rad der Reiseenduro neu zu erfinden. Sie fanden 41 ccm mehr Hubraum und konnten nun aus 1037 statt nur 996 Kubik schöpfen. Nicht mehr nur 98 PS Spitzenleistung, sondern volle 100 PS. Da müssen die Korken geknallt haben beim Prüfstandslauf, als eine dreistellige Zahl am Bildschirm erschien. Wenigstens ist beim Drehmoment ein deutlicher Fortschritt zu erkennen, denn für 103 Nm braucht der Motor nur 4.000 Touren, während der alte für 101 Nm bis 6.400 U/min. drehen musste. Und mit nur 228 kg fahrfertig soll die V-Strom das neue Leichtgewicht unter den großen Enduros sein. Doch in einer Klasse, wo manch Mitbewerber bereits voll auf Steroide fährt und das Leistungsniveau von Superbikes Anfang des 21. Jahrhunderts erreicht hat, scheint es dennoch mehr als mutig, mit solchen Werten aufzukreuzen.

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Vorne wie hinten am Puls der Zeit. Vertikal angeordnete Scheinwerfer, fast 1 Kilo leichter als früher, dynamische Linienführung, sportliche Scheibe, LED Lichter im Heck. Eines jener Motorräder, die in natura wesentlich besser zur Geltung kommen, als auf Bildern. In Rot, Schwarz und Weiß gleichermaßen attraktiv, Desert Khaki scheint etwas unpassend.
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Die PS sind nur ein kleiner Teil eines Motorrades.

Deshalb war es spannend wie nie, ob die neue V-Strom damit überhaupt ein Leiberl gegen die Konkurrenz habe. Da die Basis 100 beträgt, kann sogar ich die prozentuelle Überlegenheit von KTM und Co. ausrechnen. Adventure und Multistrada sind um 50% stärker, die Triumph Tiger um 37% und sogar BMW hat um ein Viertel mehr Power in der GS. Am Papier! Und nur, weil sie viel in der Hose haben, heißt das noch nicht, dass sie gute Liebhaber sind. (Motorräder switchen gekonnt zwischen feminin und maskulin). Die V-Strom sollte uns klar machen, dass die PS-Zahl nur ein winziger Teil der Gesamtleistung eines Motorrades darstellt, je nach Type natürlich variabel. Aber besonders in der Kategorie der Reiseenduros, die am besten alles und noch mehr können sollten, werden an die Modelle Anforderungen wie an einen Zehnkämpfer gestellt; da heißt es nicht besonders viel Kraft haben, sondern diese effektiv einzusetzen und so vielseitig wie möglich zu sein.

Sportlich und einfach zu fahren, straff und bequem, voll ausgestattet und schlank von Statur. Ein Spagat, den bis heute niemand perfekt beherrscht. Weshalb sich die meisten Aspiranten bereits auf einzelne Disziplinen spezialisiert und sich damit teils vom eigentlichen Wesen einer Reiseenduro entfernt haben. Dieses Wesen hat Suzuki versucht sich in Erinnerung zu rufen und durch intensive Auseinandersetzung mit den Ansprüchen potenzieller Kundschaft die neuen alten Werte wiederbelebt.

 

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Oben: Die Traktionskontrolle läßt sich in Sekundenschnelle und auch während der Fahrt einstellen. Unten: Stille Innovation. Das Windschild kann durch Druck auf die Scheibe im Winkel verstellt werden, zur Höhenverstellung müssen Schrauben versetzt werden.
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Neue alte Werte einer Reiseenduro.

Das bedeutet: Größtmöglicher Komfort, dadurch maximale Langstreckentauglichkeit; einfache Fahrbarkeit und hoher technischer Standard (Fahrhilfen) fördern Vertrauen und Sicherheit; nutzbare Leistung und berechenbares Handling eliminieren Überforderung und eröffnen einen breiten Käuferkreis, durch alle Altersklassen. Da ich über empfindliche Knie und Hinterbacken und eine schlechte Haltung verfüge, habe ich mich auf eilig heruntergerissene Kurzstrecken spezialisiert. Durchladen, abfeuern und so schnell wie möglich verstecken. Das hat auch oft strafrechtliche Gründe, aber meist habe ich einfach nicht den Nerv, in diesem Tempo mehr als 100 km zurückzulegen, weil dann die Schmerzen kommen, auch ohne Sturz. Meine Knie brennen und scheinen jeden Moment zu explodieren, der Arsch beißt und der Rücken verkrampft und verkrümmt sich wie bei einem Z'sammpuderer vom Chef.

Es ist sensationell selten, dass eine Tour nicht irgendwann zur Tortur wird. Bei einer in ein enges Zeitkorsett geschnürter Testfahrt von 350 km Länge war es demnach zu erwarten, dass ich am Ende vom Sitz kippen und erbärmlich winseln werde. Echte Kilometerfresser und Iron-Butt Burschen werden mich jetzt auslachen, doch es ist leider so, ich kann eben nicht länger. Umso ertaunlicher war es, als ich zurück im Hotel völlig relaxed und entspannt wieder absteigen konnte. Mehr noch, ich hätte mir die gesamte Strecke sofort ein zweites Mal zugetraut, jetzt sofort. Dabei hatte ich nichts am Motorrad verändern oder anpassen müssen.

 

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Schräglagenfreiheit und Reifengrip (Bridgestone Battle Wing) erlaubten eine sehr sportliche Fahrweise. Auf der übersichtlich angeordneten Instrumenteneinheit mit analogem Drehzahlmesser, digitaler Ganganzeige und Geschwindigkeit und vielen weiteren Infos (Tankinhalt, Temperatur, Trip..), drängt sich auch die Abkürzung "TC" dazwischen.
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Mehr Komfort durch bessere Performance.

Suzuki selbst hat das in der Entwicklung erledigt. Die Position des Lenkers rückte um gleich 34,2 mm hin zum Fahrer und die Fußrasten um 15 mm nach hinten. Der 20 L Tank wurde im Kniebereich verschmälert, während die Sitzbank auf 850 mm Höhe angenehm breit und ergonomisch geformt wurde, was für angenehmen Halt sorgt. Sitzbankvarianten für 820 mm bzw. 885 mm Höhe sind ebenfalls erhältlich, bei einer Körpergröße zwischen 175 und 185 cm aber reine Geschmacksache. Perfekt gepasst hat mir auch das durch Druck auf die Scheibe im Winkel verstellbare Windschild, das ich nicht anrühren musste, um ausreichend Schutz vor dem Fahrtwind zu genießen. Durch Versetzen von ein paar Schrauben könnte man es zusätzlich dreifach in der Höhe verstellen.

Neben der gelungenen Geometrie tragen auch die Monoblock-Bremsen von Tokico plus überraschend sportlich eingestelltem ABS von Bosch (leider nicht abschaltbar) und die zweistufig einstellbare Traktionskontrolle zum entspannten Fahrgefühl bei, weil es das Vertrauen fördert. Mehr Komfort durch bessere Performance. Eingestellt wird die TC über zwei Schalter links am Lenker, auch während der Fahrt, dann aber ohne Gas zu geben. Bei 100 PS könnte man eine Traktionskontrolle für nicht notwendig halten, aber das sofort abrufbare Drehmomentmaximum schob den Reifen oft genug über die Haftungsgrenze hinaus, um über so ein System dankbar zu sein. Die Bereifung in Form der Bridgestone Battle Wing und in den Dimensionen 110/80R19M/C und 150/70R17M/C hielt tadellos, aber in den Bergen fiel die Temperatur auf 5 Grad. Modus 1 regelt, wie man sich das als sportlich orientierter Fahrer wünscht, erlaubt ein wenig Schlupf und hilft nur dann, wenn's im Helm kurz heiß und in den Handschuhen feucht wird.

In Modus 2 hingegen fühlte ich mich bald genervt von der ständig blinkenden TC-Warnlampe. Ein paar Unebenheiten im Asphalt reichten, um das System auszulösen, obwohl ich oft keinerlei Grund dafür sah. Es schien auch so, als würde das Licht noch ein paar Mal nachblinken, wenn die Traktionskontrolle eigentlich gar nicht mehr arbeitet. Dann lieber ausschalten, die Leistungsabgabe ist ohnehin sehr homogen. So wie in diesem Fall wieder gefahren wurde, im Schlepptau eines deutschen Suzuki Testfahrers, der mich und das Motorrad an die Leistungsgrenze brachte, wird die V-Strom bestimmt in sehr seltenen Fällen bewegt.

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Die V-Strom 1000 ist nicht hyperagil, trotzdem leicht zu fahren und berechenbar, was genau ins Gesamtkonzept passt. Neben Aufsteigern von V-Strom 650 Kunden, könnte es auch einige 'Downsizing'-Interessenten geben, denen KTM, Ducati und Co. zu radikal geworden sind.
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Für mehr Fahrstabilität wurden sogar die Achsen verstärkt. Vorne um 5 auf 25 mm, hinten um 8 auf 28 mm. Die 43 mm Upside-Down Gabel kommt jetzt von Kayaba statt von Showa.
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4,7 Liter Verbrauch im internen Test.

Zum Abschluss der Tour folgte noch ein engagiertes Autobahn-Gebläse (nicht zu verwechseln mit Autobahn-Rastplatz-Gebläse) im Bereich von 160+ (Vmax etwas über 200 km/h). Sogar im grenzwertig rasanten Riesenradius, wo der Fahrer den geraden Rücken ausfährt, die Pobackerl zusammenkneift und sich am Lenker festklammert wie am Rockzipfel Gottes, blieb die V-Strom fast schon gespenstisch stabil. Eine weitere Schwachstelle, die Suzuki erkannt und durch 20 mm mehr Radstand eliminiert hat. Dass ich zusehends aus dem Rückspiegel des Guides mit voll ausgestattetem Zubehör-Motorrad verschwand, dürfte Zeugnis genug für die aerodynamische Ausgereiftheit selbst mit Vollbekofferung sein. Am Ende war übrigens ein Verbrauch von etwas über 6 Liter / 1000 km abzulesen, Suzuki selbst erreichte in den Testfahrten bei zivilen Geschwindigkeiten Werte um ca. 4,7 Liter, was ich für durchaus realistisch halten. Damit liegt die theoretische Reichweite der V-Strom mit einer Tankfüllung bei über 400 km.

Suzuki tat gut daran, beim Wettrüsten nicht mitzumachen und verzichtete wohlweislich auf ein radikales Konzept. Man investierte viel Zeit in die Abstimmung der einzelnen Komponenten aufeinander und suchte statt PS lieber Balance und Mitte einer Reiseenduro. Natürlich reichen 100 PS für ein solches Motorrad, und 103 Nm richtig eingesetzt, bewirken Wunder, selbst wenn der Leistungskick ausbleibt. 2014 könnte sich zeigen, dass Suzuki die Wünsche der Kunden besser verstanden und umgesetzt hat als die Konkurrenz.

 

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Neue Bildergalerien auf 1000PS!
Wir haben die Bildergalerien überarbeitet, um euch eine bequemere Nutzung, größere Bilder und mehr Infos direkt unter den Bildern bieten zu können. Bei unseren Testberichten werden wir uns in Zukunft bemühen, alle Pics mit Bildunterschriften zu versehen und euch die Berichte auch in Kurzform zu liefern.
Siehe V-Strom 1000 Test Galerie

 
Technische Daten Suzuki V-Strom 1000 ABS
 
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Zubehör
 

 

Text: 1000PS
Fotos:
Suzuki

Fazit: Suzuki V-Strom 1000 2013

Suzuki tat gut daran, beim Wettrüsten nicht mitzumachen und verzichtete wohlweislich auf ein radikales Konzept. Man investierte viel Zeit in die Abstimmung der einzelnen Komponenten aufeinander und suchte statt PS lieber Balance und Mitte einer Reiseenduro. Natürlich reichen 100 PS für ein solches Motorrad, und 103 Nm richtig eingesetzt, bewirken Wunder, selbst wenn der Leistungskick ausbleibt.


  • modernes Fahrwerk
  • homogener Motor
  • Traktionskontrolle
  • ABS
  • geringes Gewicht
  • Windschutz nicht für hohe Geschwindigkeiten optimal.

Bericht vom 11.12.2013 | 38.636 Aufrufe

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